An dieser Stelle erlaube ich mir, noch mal ´hinein zu grätschen´. Vorab möchte ich feststellen, dass alle Mikrofone, die hier bisher erwähnt wurden selbstredend sehr gute Mikrofone und ihr Geld wert sind. Ganz sicher weiß ich dass von den Produkten der Firma Microtech Gefell, deren Qualitätsniveau auf einem beeindruckend und gleichbleibend hohem Level steht. Außerdem kann ich es durchaus nachvollziehen, dass jemand sehr viel Geld in die Hand nimmt, wenn er überzeugt ist, dass ultimative Mikrofon für seine Stimme gefunden zu haben (wobei bei den aufgerufenen Preisen die Liebe schon sehr, sehr lange währen sollte).
Aber ich möchte aus dem Zusammenhang heraus die folgende Bemerkung aufgreifen:
Aber, in einer Situation, in der man schon fast verzweifelt - ich sag das jetzt mal so aus der Hüfte heraus - nach dem Klang sucht, ...
Es mag provokant wirken, ist aber sicher nicht provozierend gemeint, wenn ich hier mal einwerfe, ob die rund 1400-2400 ´Taler´ nicht möglicherweise bei einem Stimmbildungs- oder Gesangslehrer besser investiert wären (wahrscheinlich würde ein Bruchteil des Geldes reichen)?
Wenn man schon geradezu verzweifelt nach einem Klang sucht, würde ich
immer zuerst bei meiner eigenen Stimme anfangen und diese weiter formen und entwickeln. Da stecken womöglich Klang-Welten, Abstufungen, Nuancen und Ausdrucks-Varianten drin, von denen alle erwähnten Mikrofone hier nur träumen können. Zumal diese sich gerade ob ihres hohen technischen Niveaus sicher weniger um "Welten" als vielmehr um Nuancen unterscheiden mögen.
Ich bin immer noch der Überzeugung, dass das schon vorhandene C414 voll umfänglich in der Lage sein sollte, alle nur denkbaren stimmlichen Varianten adäquat einzufangen. Immerhin wird in einen anderen Forum (tonthemen.de) sogar das (in der Tat exzellente) MD441 als
voll taugliches Mikrofon für die Gesangsaufnahme gleich welchen Genres ins Gespräch gebracht nebst den üblichen "Verdächtigen" incl. hochwertigen Kleinmembranern.
Außerdem finde ich einen gezielten Einsatz von gutem EQ nach wie vor nicht "Pfui" wie es vielleicht der eine oder andere so empfinden mag (jedenfalls kommt es mir gelegentlich so vor beim Lesen mancher Beiträge in Threads über Mikrofone).
Interessanterweise bestärkt mich das weiter oben erwähnte Lewitt LCT 940 in dieser Meinung. Ich will auch hier nicht unterstellen, dass es sich um ein schlechtes Mikrofon handelt oder dass es sein Geld nicht wert wäre. Es ist sicher sehr hochwertig gefertigt und bringt ebenso vergleichbar gute Ergebnisse wie alle anderen erwähnten Mikrofone.
Dennoch macht mich an diesem Mikrofon etwas stutzig und lässt mich bei der Kombination Röhre/Fet eher an eine sehr gut gemachte Marketingstrategie denken als an eine echte und sinnvolle Innovation. Beim Betrachten der Frequenzgänge Röhre/Fet und der dazu gehörenden Polardiagramme fiel mir auf, dass 1. die Polardiagramme identisch sind und 2. die Frequenzkurve bei Röhre und Fet ebenfalls vom Verlauf/ihrer Gestalt her identisch sind, wobei der Röhren-Frequenzgang ab ca. 10KHz langsam aber stetig gegenüber dem Fet-Frequenzgang abfällt und bei 20KHz schließlich 5 dB unter der Fet-Kurve endet.
Wie sollte es auch anders sein, denn die Kapsel ist ja absolut identisch und die Charakteristik zeigt offensichtlich den Kapsel-Frequenzgang (resp. Kapsel + Gehäuse-Konstruktion-Frequenzgang). Nun will es mir aber überhaupt nicht einleuchten, warum der Frequenzgang alleine wegen der Röhre in dieser Art abfallen sollte. Üblicherweise wurden und werden die Röhren in Mikrofonen ausschließlich im linearen Bereich ihrer Kennlinie betrieben (anders als z.B. in Gitarrenverstärkern, wo sie in die Sättigung und darüber hinaus in die Übersteuerung gefahren werden und die Trioden dann ihre typischen geradzahligen Harmonischen produzieren). Eine 12AX7/ECC83 arbeitet auch locker bis hinauf in den MHz-Bereich und macht nicht schon ab 10KHz ´schlapp´, sofern das Schaltungsdesign nicht grottenschlecht ist.
Da drängt sich mir zwangsläufig der Gedanke auf, ob da nicht schaltungstechnisch nachgeholfen wurde durch einen ganz flachen Shelving-Filter im Röhren-Schaltkreis, also schlicht und ergreifend mit EQ!
Ein und dieselbe Kapsel sollte eigentlich an einer Fet- bzw. Röhren-Schaltung praktisch gleich klingen (bei jeweils guter Schaltungs-Auslegung), wenn man mal von dem typischerweise geringeren Rauschabstand der Röhre absieht, der hier aber immer noch groß genug ist um nicht aufzufallen bzw. effektiv hörbar zu werden. Als Verkaufsargument macht sich das natürlich nicht gut, wenn es keine hörbaren Unterschiede gibt, warum sollte man in so einem Fall so ein Mikrofon kaufen?
Also flugs etwas Shelving hinein gebaut und fertig ist der ach so "warme und angenehme" Röhrenklang, dem schlicht und ergreifend die Höhen bedämpft wurden.
Wie gesagt will ich damit nicht sagen, dass das LCT 940 ein schlechtes Mikro ist oder schlecht ´klingt´, oder nicht brauchbar wäre. Soweit ich ich mit Mikrofontechnik und Elektronik auskenne, machen mich die Daten und die Frequenzkurven der LCT 940 einfach stutzig und wecken meinen Argwohn.
Wenn es so wäre, wäre es aber allemal ein Beweis dafür, dass ein schlichter EQ-Einsatz ausreicht um die gewünschte Charakteristik zu schaffen und das wäre dann auch auf andere vergleichbare Mikrofone übertragbar.