Okay, ich räume mal mit ein paar Ungenauigkeiten und eher fragwürdigen Informationen auf:
Generell fühlt sich eine Gitarre dort wohl, wo auch ein Mensch sich wohl fühlt. Also Raumtemperatur und eine Luftfeuchtigkeit zwischen 40% und 60%.
Die Luftfeuchtigkeit ist abhängig von der Temperatur:
Sagen wir im Raum ist ein Glas Wasser in der Luft (quasi verdunstet) und bei 20°C ergibt das eine Luftfeuchtigkeit von 50%
Wenn ich jetzt meine Heizung anmache und auf 30°C heize, ist immer noch ein Glas Wasser in der Luft, aber da die Luft wärmer ist, müsste sie mehr Wasser aufnehmen um prozentual dieselbe Luftfeuchtigkeit zu behalten. Sie kann aber nicht mehr Wasser aufnehmen als da ist. Die prozentuale Luftfeuchtigkeit sinkt also. Bei 30°C sind es dann vllt noch 40% Luftfeuchtigkeit.
Deshalb ist der Winter so kritisch, weil genau das passiert, wenn man die Fenster aufreißt: Die Temperatur im Raum sinkt, weil kalte Luft reinkommt. Diese kalte Luft erwärmt sich und die Luftfeuchtigkeit sinkt rapide.
Wenn ich hier im Winter 5 Minuten die Fenster aufreiße, stürzt die Luftfeuchtigkeit um 20-30% ab.
Das ist aber erstmal nicht schlimm. In den ganzen Möbeln und Gitarren steckt noch Feuchtigkeit. Die löst sich in die Luft und die Luftfeuchtigkeit steigt wieder. Nur sind dann die Gitarren etwas trockener. (Begreift das als Gleichgewicht.)
Das ist auch nicht schlimm, wenn es mal kurzfristig ist. Wenn ich aber ne Stunde das Fenster im Winter offen lasse, kommt viel kalte Luft rein und entsprechend trockener wird der Raum. Wenn ich das jeden Tag mache..
Für Gitarren ist es vor allem wichtig, dass sie nicht LANGFRISTIG deutlich unter 30% Luftfeuchtigkeit abbekommen. Je nach Gitarre (Holzart, Dicke des Holzes, Maserung etc) kann da schneller was reißen. Je dünner desto schneller, logischerweise. (hohe Luftfeuchtigkeit macht eigentlich wenig, außer, dass die Gitarre dumpfer klingt)
Und hier kommt eben ein Messgerät ins Spiel. Und das muss mMn gar nicht so genau sein. Ob ich nun 40% oder 45% hab, spielt nicht wirklich ne Rolle. Wichtiger ist, dass man ein wenig den Verlauf im Blick hat.
Ich hab z.B. ein Messgerät das über eine App die Daten sammelt. Dann sieht das z.B. für heute so aus:
Da sieht man, wie ich um kurz nach 8 Uhr geduscht habe (Luftfeuchtigkeit ging rapide hoch) und seit dem gleicht es sich wieder den ungefähr 50% an, die ich momentan hier hab.
Aber ihr seht den Peak, der fast 5% höher ist. Das macht absolut nix.
Ich bezweifle, dass das Messgerät auf 5% genau ist. Ich hab zwei andere, die noch daneben stehen, das eine zeigt grad 45% an, das andere 52%.. spielt mMn keine Rolle
Digitale Messgeräte sind eher nicht supergenau. Außer man gibt Unsummen für geeichte aus.
Kommen wir zum Koffer (und zu
@hatschipu s Frage):
Ein Koffer ist quasi ein kleiner Raum im Raum. Ja, die meisten sind nicht luftdicht, aber der Luftaustausch zwischen außen und im Koffer ist sehr gering.
Es ist kein Problem in einem Koffer eine Woche lang 20% mehr Luftfeuchtigkeit zu haben als außen. (wenn man ihn nicht so oft aufmacht)(die Feuchtigkeit steckt da im Styropor und im Stoff etc.)
(hier war hatschipus Irrglaube: Die Luftfeuchtigkeit im Koffer kann lange Zeit sehr weit von der Luftfeuchtigkeit im Raum verschieden bleiben, wenn er Koffer nur kurz geöffnet wird. Stell dir das vielleicht so ähnlich vor, wie mit der Temperatur in einer Kühltasche. Die ist auch nicht luftdicht. Trotzdem heizt sie sich nicht gleich von 5°C auf 30°C auf, nur weil man ein Bier rausnimmt.)
Es gibt auch zig Gründe Gitarren in Koffern zu lagern. Haustiere, kleine Kinder, oder eben auch, wenn man die Umgebung nicht so kontrollieren kann.
Und dann macht es auch Sinn ein Messgerät zu haben, das eben IM Koffer ist, wo denn sonst?
Man kann auch Gitarren die zu trocken sind mit ein paar Luftbefeuchtern in nen Koffer packen und die wieder befeuchten. Ist einfacher, als den Raum Tagelang auf 80% Luftfeuchtigkeit hochzudrehen.
Die ganzen Prozesse hier, Austausch von Luftfeuchtigkeit etc passieren alle langsam. Wir reden hier wirklich von Stunden und Tagen.
Man kann auch nen Gig im Tropenhaus spielen, ohne dass gleich die Gitarre kaputtgeht. Macht euch da keinen großen Kopf drum.
Es macht Sinn grob zu gucken, dass es nicht langfristig ZU trocken ist.
Bei meinen Eltern ist z.B. im Winter konstant die Luftfeuchtigkeit so bei 25%. Das ist nicht gut, und da haben auch schon zwei Gitarren gelitten.
Aber alles was so kurzfristige Aktionen sind (Transport, nen Gig im Winter auf der Freiluftbühne, Gig im Park bei direkter Sonne) ist alles eher unkritisch. So schnell passiert das alles nicht.
Hier so meine Prioritätenliste:
- Am besten ein Messgerät im Raum, wenn man die Gitarre da stehen lassen kann. Und wichtig: öfter mal draufschauen. Im "Notfall" entsprechende Maßnahmen ergeifen: Verdunstungsschalen auf der Heizung oder sowas.
Da freut sich dann nicht nur die Gitarre, sondern auch die Menschen über ein angenehmeres Raumklima.
- Das Messgerät sollte vor allem die Unterschiede gut zeigen. Man kann das ein wenig testen indem man mal en feuchtes Tuch vor den Sensor legt und guckt ob sich das schnell und deutlich bemerkbar macht.
- Wenn man die Gitarre im Koffer lagert immer das Messgerät im Koffer lassen. Wenn das Raumklima mal gut ist, kann man den Koffer auch ne Zeitlang offen stehen lassen.
Auch im Koffer kann man leicht Maßnahmen ergreifen, wenn es zu trocken ist. Alte Filmdose oder nen Äquivalent und da nen Schwamm reinstecken und leicht befeuchten.
Nur immer aufpassen, dass die Gitarre keine Wassertropfen abbekommt. Das tut ihr nicht gut.
- Haarhygrometer hab ich auch. Aber ohne Witz: mMn muss man das Ding einmal pro Woche kalibrieren, sonst zeigt es Müll an. Bin ich zu faul zu.
Lieber ein digitales, das vllt 5% ungenauer ist. Spielt für meine Anwendungszwecke keine Rolle.