[Effekt] Tonee T. Over - das Gainchamäleon

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Vorgeschichte


Vor einiger Zeit war ich auf der Suche nach einem Overdrivepedal, das meinen Bedarf nach LowGainzerre abdeckt, dynamisch reagiert und dabei den Ampsound einigermassen intakt belässt.
Hierfür hatte ich seinerzeit auch einen Thread angefangen, der um dieses Thema kreist (und ab und an auch noch genutzt wird). Bei der Vorrecherche war ich auf den Tonee gestoßen. Aber leider gibt es nicht sehr viel Informationen darüber im Netz.
Bekannt ist, dass der Brew Gitarrist Jason Barwick einen zu spielen scheint und zudem gibt es auf YT ein paar wenige, handgefertigte Videos, die dem Pedal aber nicht gerecht werden.

Nach einiger Zeit bekam ich ein solches, in Polen handgefertigtes, Pedal in die Hände und habe kurzerhand zugeschlagen. Damit ein wenig mehr Berichte im Umlauf sind, falls sich jemand interessiert, habe ich beschlossen, ein paar Zeilen zum Tonee zu schreiben. Wenngleich auch ein bisschen kürzer als meist bei mir...

Beschreibung
Das Teil ist enorm flexibel, da es über eine ziemlich pfiffige Klangregelung verfügt.
Zum Einen hat es die typischen OD Regelmöglichkeiten mit Gain, Level und Tone, die sich dank hochwertiger, schraubenfixierter Chicken-Knobs auch schnell on-the-fly anpassen lassen.

Auf einer zweiten Ebene lässt sich das Pedal sehr flexibel tweaken.
Der Filter Schalter greift vor dem Zerrschaltkreis ins Geschehen ein. Es ist möglich neben einer frequenzneutralen Stellung (C) zwei unterschiedlich starke Bass-Cuts (A u. B) oder drei unterschiedliche Mittenbedämpfungen (D,E,F) voreinzustellen.
Damit ist es möglich, das Signal unbearbeitet in die Zerre zu schicken, bei höheren Gainsettings den Bass strammer zu halten, oder übermässig dicke Sounds etwas aufzuklaren.

Der Harmonic Regler steuert den grundlegenden Zerrgrad in drei Stufen.
Stufe I agiert vorwiegend als Boost. Wobei der Ton bei weiter aufgredrehtem Gainlevel schon schön Haare bekommt, sogar leichter Crunch möglich ist.
Stufe II ist dann sozusagen der Overdrive. Der Klang ist nicht so brav ausgelegt wie bei einem TS sondern erinnert in der Zerrstruktur an einen Plexi, der ganz schön ins Keuchen kommt.
Stufe III legt dann noch einen Schippe im Distortionlager drauf. Dann geht es schon ganz schön dicht in die Sättigung, mit dickem, cremigen Fundament. Aber das lässt sich bei Bedarf mit dem Filter ja wieder elegant aufklaren.

In allen Zerrstufen reagiert das Pedal sehr dynamisch, erhält auch beim Spiel mit dem Gitarrenpoti ausreichend Lautstärke (kackt also nicht gleich ab, nur weil ich etwas Saft rausnehme) und bildet das Spiel sehr gut ab. Auch im OD Modus sind so immer noch richtig klare Sounds möglich - nur durch Spieldynamik (zumindest mit SCs). Insofern kann man aufgrund der guten Reagibilität auf die Spieldynamik mit den Gainstufen auch so eine Art Vorauswahl treffen, wieviel Kompression man im Sound haben will. Bei ähnlichem Zerrgran komprimiert die dritte Stufe mehr als die erste oder zweite.

Zudem gibts den sehr eleganten Tone Mode Switch. Dieser arbeitet interaktiv mit dem Toneregler aka Höhenblende auf der ersten Ebene. Ist Tone komplett offen, macht auch der Mode Switch nichts.
Allerdings bestimmt dieser die obere Grenzfrequenz, ab welcher die Höhenbedämpfung einsetzt. Die Werte sind praxisgerecht gewählt, sodass man von körnigem OD bis zu einem weichen Klang alles Mögliche abbilden kann.
Was eigentlich immer erhalten bleibt ist ein ausreichender Biss in den Obermitten. Es ist also ein Pedal, das sich gut im Bandkontext einsetzen lässt. Singende Leadsounds sind jederzeit möglich.
Für mich klingt es obenrum eher hart (nicht im Sinn von Heavy, sondern eher kräftig statt luftig). Es liefert nicht unbedingt einen offenen Sound obenrum und kann eine sehr dichte Zerre abliefern.
Das ist einfach reine Geschmackssache. Aber insgesamt ist das schon so ne Art Schweizer Overdrivetaschenmessen, ein Soundchamäleon.

Hervorzuheben ist die Verarbeitung des Pedals, die man nur als hervorragend beschreiben kann. Es kann sowohl mit Batterie als auch über eine externe Standard (Boss) Stromversorgung mit 9v betrieben werden. Es finden sich hochwertige Teile, eine fette, hochwertige Platine und ein sehr massives, erdbebensicheres Gehäuse. Alle Potis sind mit Schrauben gesichert.

Innereien.JPG


An der Unterseite finden sich Löcher, mit denen das Pedal auf einem Stressbrett fest verschraubt werden kann. Geöffnet wird es seitlich. Und der Batterieclip gehört auch zum Besten, was ich bislang in einem Zerrer finden konnte. Die Bauteilqualität ist insgesamt sehr hoch, die Platine stabil.

Innereien Close up.JPG

Das Tonee eignet sich vor allen Dingen auch für Sessions, bei denen man möglicherweise über einen völlig fremden Amp spielt. Dann lässt sich der eigene Wunschklang mit wenigen Tweaks schnell wieder herstellen. Die Klangqualität ist sehr gut.

Am Ende des Tages mag ich es, wenn die Zerre obenrum etwas luftiger ist als beim Tonee - aber das auch nur, weil ich fast nur in dem Bereich zwischen Clean und gerade so Haare dran agiere - also eigentlich eher einen dirty Boost nutze als ein Zerrpedal - und wenn es auf die 12 geht gleich zum Fuzz greife.
Aus diesen Gründen durfte das Tonee nun auch bei mir wieder gehen und hat hoffentlich einen glücklichen Besitzer gefunden. Ich kann es auf jeden Fall empfehlen und finde, dass es ein gutklingendes, vielseitiges Pedal ist, das sehr durchdacht und anpassungsfähig ist.

Bei mir hatte es das "Pech", dass ich fast zur gleichen Zeit mein OverZoid akquirierte... das traf dann MEINEN Geschmack noch etwas mehr.
Was das Tonee besser macht als fast jedes andere Pedal ist, dass es beim Gainspiel mit dem Volumepoti an der Gitarre, das Signal hörbar oben hält, während die Zerre nachlässt. Wer Flexibilität im Bandkontext sucht, on the fly unterschiedliche Sounds auf kompett analoger Basis, direkte Interaktion und auf der Bühne seinen Amp anfeuern will, hat mit dem Tonee T. einen ganz heißen Kandidaten.

Vielleicht liefert das Pedal nicht die allerletzten 3% in den unterschiedlichen Sounds, die möglich sind. Vermutlich gibt es für jede Farbe, die das Pedal in wirklich hoher Qualität abdecken kann, einen oder zwei Kandidaten, die das die Spur besser machen (für meine Wünsche der OverZoid und der COD von MI Audio) - aber man wird kaum ein derart flexibles und dynamisches Pedal finden, das dabei die Sounds in dieser hohen Qualität abliefert.
97% all over the place ist kein schlechtes Ergebnis. :great:

Wer DEN EINEN Sound sucht, wird an anderer Stelle vermutlich NOCH glücklicher. Ansonsten bleibt das Tonee T. Over ein Treter, den man im Blick haben MUSS!

Übrigens ist der Hersteller sehr freundlich und antwortet schnell und fachkundig auf alle Fragen. Auch hier geht der Servicedaumen ganz weit nach oben.

Grüßlé
s´Zwieberl
 
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Danke, als großer The Brew Fan wollte ich schon länger mal etwas mehr über dieses Pedal wissen. Sauschade, dass es nix zu hören gibt! Wie du ja selbst schreibst, sind die Demos, die es gibt, alle nicht so das Wahre. Und dann auch noch einfach weiter verkauft! Ich hätte es nach dem Bericht wahrscheinlich gerne übernommen ;)
Danke für das schöne Review! :)
 

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