Ich finde Ulis Seitenhieb auch schon ziemlich derb.
Nicht jeder Instrumenten-Hersteller ist Teil eines riesigen Konzerns, der es sich leisten kann, einen eigenen Fabrikenkomplex zu bauen, um die Kosten minimal zu halten. Handarbeit in den USA (oder Nordeuropa) ist eben teurer als Massenfertigung in Asien. Dafür sind aber auch die Arbeitsbedingungen und Umweltauflagen andere. Ganz davon zu schweigen, dass die Arbeitsleistung von
Moogs ~60 Mitarbeitern (Stand 2014) gegenüber den
4000 Mitarbeitern bei Behringers Music Group schwer zu vergleichen ist.
Und vor allem: wenn man als Firma eigene Produkte entwickelt und vermarktet, hat das auch seinen Preis. Hätte Robert Moog seine ersten Synthesizer zu Dumpingpreisen verkauft, wäre er vermutlich bankrott gegangen, bevor sich Musiker dafür interessiert hätten.
Wenn eine Firma wie Behringer andere Geräte klont und damit wirbt, es viel günstiger zu können, dann kann sie das nur, weil sie sich im Windschatten der Firmen aufhält, die das Original hergestellt haben.
Gut, der Minimoog mag bald ein halbes Jahrhundert alt sein. Aber Ende der 1990er war der Markt für neue, analoge Synths nahezu tot und wir haben es durchaus auch Moogs teurem (und damals riskanten) Voyager zu verdanken, dass sich Firmen wieder auf analoge Klangerzeugung konzentrieren.
Bei Moogs aktueller Minimoog-Reissue gibt es sicherlich auch Möglichkeiten zur Kosteneinsparung. Aber ein Gerät zu bauen, das den detaillierten Anforderungen an Sound und Spielgefühl eines Minimoogs gerecht wird, ist dennoch ein schwieriges Unterfangen, an dem schon manche Moog-Clones der letzten Jahre ihre Probleme hatten. Ich sage bewusst nicht "gescheitert sind", weil dabei immer noch gut klingende Instrumente rauskamen. Aber irgendetwas zum Meckern fand sich immer. Und das bei der aktuellen Reissue zu minimieren ist durchaus eine große Kunst. Da reicht es auch nicht, die frei verfügbaren Schaltpläne durchzugehen und einfach jedes Bauteil einmal beim nächsten Großhändler zum billigsten Preis zu bestellen. Erstens findet man vieles davon nicht mehr so leicht wie 1970, zweitens klingen Ersatz-Bauteile dann wieder anders als das Original.
Und selbst wenn Moogs neuer Minimoog nicht ~4000$, sondern ~2000$ kosten würde, würde sich Uli vermutlich immer noch damit rühmen, einen Klon für ein Viertel des Preises hinzubekommen. Immerhin wären 2000$ ja immer noch ein Zehnfaches des Preises für die Bauteile.
Nur: den Luxus, sich einen aktuellen, gelungenen Minimoog einer anderen Firma zu kaufen und dann über Reverse Engineering zu kopieren und im firmeneigenen Industriekomplex billiger zu produzieren hat Moog eben nicht.
Ich habe selbst zwei Behringer-Effektpedale (deren Originale nicht mehr erhältlich sind) und hatte einen Röhrenamp von Bugera, einer Tochterfirma der Music Group. Daher will ich gar nicht behaupten, dass mir Clones grundsätzlich zuwider wären.
Würde sich Behringer beim Nachbauen auf andere Geräte konzentrieren, die vom Rechteinhaber nicht mehr (in analoger Bauweise) hergestellt werden, beispielsweise TR-808, Jupiter-8 oder CS80, fände ich das auch weniger problematisch. Den DM-12 als konzeptuellen Juno-Nachfolger sehe ich daher in der Hinsicht auch nicht kritisch.
Aber ein Produkt auf den Markt zu bringen, dessen Technik nahezu identisch mit einem aktuellen Synthesizer ist, die Vorlage auch noch namentlich(!) zu erwähnen und damit zu werben, dass man es viel billiger kann als die Konkurrenz, mit der unterschwelligen Behauptung, die würde ihre Kunden mit absurden Gewinnspannen nur abzocken, ist etwas anderes.
Würde ein Behringer-Nutzer so argumentieren, könnte ich das noch nachvollziehen. Aber Uli selbst wird ganz genau wissen, dass seine billigeren Nachbauten vor allem dadurch möglich sind, dass andere Firmen höhere Kosten und höhere Preise haben. Sich dann noch als Beschützer des kleinen Mannes darzustellen, der von den großen Synthesizerherstellern abgezockt wird, finde ich schon recht dreist.
Ein Großteil der Sympathie, die ich für Behringers Synth-Abteilung nach dem DM-12 durchaus hatte, ist damit weg.