Ich glaube, dass die Denkweise, dass ein Transistoramp nicht viel kosten darf falsch ist. Bei Gitarristen hat sich der Gedanke eingepflanzt, dass Transistoramps "billig" Teile mit schlechtem Sound sind. Das liegt u.a. daran, dass Gitarristen sehr konservativ sind und die ersten Transistoramps wirklich keine klangliche Offenbarung waren. In der Folge wurde diese Technologie daher auch gerne für Einsteigeramps verwendet, was natürlich nicht gerade positiv für das Image dieser Technologie gewesen ist. Da hat so mancher Rasierapparat einen besseren Sound
.
Es gibt aber auch "hochwertige" Amps mit Transistortechnologie. Das berühmteste Beispiel ist wohl der Roland JC 120 Jazz Chorus. Zwar verzerrt nicht zu gebrauchen, aber der Cleansound ist auf sehr vielen bekannten Produktionen zu hören. Randall hat den Pantera-Sound mitgeprägt und B.B. King hat den LAB Series L5 gespielt, der damals von Gibson produziert wurde. In den frühen 90ern haben auch einige professionelle Bands (Life Of Agony, Death, Prong...) auf den Marshall Valvestate 8100 gesetzt. Der hat zwar eine ECC83 im Zerrkanal sitzen, die aber wirklich nur die Funktion hat dass Zerrsignal ein wenig zu glätten, also mehr Alibifunktion denn klangformendes Bauteil.
Die Hersteller setzen natürlich vermehrt auf Röhrentechnologie, nicht nur weil es "besser" klingt, sondern weil es sich auch besser an den Mann bringe lässt. Man muss nur mal sehen, wie schnell ein Amp in Grund und Boden geredet wird, sobald rauskommt, dass da nicht nur Röhren für die Klangformung zuständig sind. Der Marshall Silver Jubilee kommt noch sehr gut weg, aber die 2-Kanal JCM 800er (2204/2210) und der JCM 900 Dual Reverb haben nicht so einen guten Ruf.
So viele "hochwertige" Transistoramps wird man leider nicht finden, da es sich wohl nicht lohnt dort viel in die Entwicklung zu investieren und mittlerweile wird auch vermehrt auf Modellingtechnologie gesetzt, die wirklich große Sprünge seit den 90ern gemacht hat.
Ein Röhrenamp ist aber oft nicht nur teurer, weil die Komponenten mehr Geld beanspruchen, sondern auch aus Marketingzwecken. Röhren=besser=teurer. Wenn man zwei identisch klingende Amps bauen würde/könnte, einmal mit Vollröhrentechnologie und einmal mit Transistoren, so würde sich der mit den Röhren bestimmt besser und teurer verkaufen lassen, obwohl der Transistoramp Vorteile hätte wie z.B. geringeres Gewicht und so gut wie keine Wartungskosten, weil man nicht in regelmäßigen Abständen die Röhren wechseln müsste. Gitarristen sind halt sehr konservativ und scheuen Veränderungen. Da ist älter ganz oft auch generell "besser" und selbst sehr gute Modeller wie der Kemper oder das AxeFX werden von einigen Leuten noch kontrovers diskutiert und mit Skepsis betrachtet.
Meiner Erfahrung nach haben Röhrenamps im Großen und Ganzen schon die Nase vorn, aber ich habe auch schon so einige Transistor-/Hybridamps gespielt, die wirklich sehr gut klingen, aber auch nicht in den Preisregionen angesiedelt sind, wie die großen Röhrenboliden. Orange hat z.B. tolle Sachen im Angebot. Vergleicht man nun aber mal Röhrenamps, die auf gleichem Preisniveau liegen, mit diesen Amps, so haben die Transistoren dann doch oft die Nase vorn. Es gibt genügend "schlecht" klingende Röhrenamps.
Damals haben sich auch viele auf die Peavey Valvekings gestürzt, weil das sehr günstig angebotene Röhrenamps waren. Die Ernüchterung hat sich aber schnell eingestellt.
Andere Hersteller versehen ihre Hybridamps mit dem Label "Vollröhre", um bessere Verkaufszahlen am Markt zu generieren. Beispiele sind die Blackstar HT-Serie, die ENGL Gigmaster oder die Hughes & Kettner Tubemeister.
Die Jet City-Amps sind da eine Ausnahme. Eigentlich waren die auch nie so günstig wie sie derzeit beim T. angeboten werden. T. ist da mittlerweile einziger Anbieter in Deutschland und wird da viel über die Marge machen können. Dafür muss man noch mit Folgekosten rechnen, da die Werksöhren kein Highlight sind und der Bias auch nur da steht, wo beim Zusammenbau gerade der Uhrzeiger stand.