Da lobe ich es mir, zu Zeiten angefangen zu haben, als die Bedingungen noch deutlich schlechter - und die Leute deutlich weniger verwöhnt/verpienst waren
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@cracked_copper Ich verstehe dein Problem, habe es gerade gestern wieder mit einem Schüler im Studio erlebt. Das Problem ist sehr simpel, genau wie die Lösung: man gewöhnt sich an alles. Du bist es schon richtig angegangen, indem du Testaufnahmen gemacht hast
. Allerdings wohl nicht genug, so etwas braucht Zeit. Das ist genau einer der Gründe, weshalb ich hier im Forum (und auch im echten Leben) ständig postuliere, sich selbst immer aufzunehmen. Heißt das, einfach nur irgendwas mitlaufen lassen? Im einfachsten Fall schon, hilfreicher ist es, ständig so eine Art "inneren Schnappschuß" zu machen. Wenn etwas gut klingt/sich gut anfühlt, machst du dir bewußt, was du in diesem Moment gerade tust. Wie sind die Einstellungen, was fühlt sich genau wie an? Dadurch lernst/übst/trainierst du, dich vom Höreindruck zu lösen und nach Gefühl zu singen. Es ist zwar richtig, daß man sich vernünftig hören sollte - aber das genügt nicht. Simples Beispiel: wenn ich einen Ton ansinge und dann warte bis er in den Ohren analysiert wird, um zu bemerken, daß ich zu tief bin, damit ich ihn dann hochziehen kann, solange bis meine Ohren sagen, er stimmt.....
. Diese Einstellungen müssen vor dem Ton vorgenommen werden, und ich muß sicher sein, den Ton zu treffen - ohne erstmal (zusammen mit dem Publikum bzw. der Festplatte) probezuhören. Auch eine Art von Latenz
. Diese Art von Gefühl ist viel wichtiger als das Hören. Klar braucht man beides, aber man tut gut daran, sich vom Monitoring (egal ob live oder Studio) soweit als möglich unabhängig zu machen. Das gibt im übrigen auch ein schönes Gefühl der Sicherheit und Souveränität - und das kann man hinterher hören
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Das mag eine unpopuläre Position sein, in Zeiten, in denen kaum noch jemand in der Lage ist, ohne Fahrspurassistent, Rückfahrkamera und Stoßstangensensoren in ein Parkhaus zu fahren (auch das habe ich gestern erlebt
, putzig fand ich dann das 5-malige Probieren mit dem Fingerabdruck das Auto abzuschließen und dann immer wieder zu testen ob's denn jetzt endlich geklappt hat - in der Zeit hätte ich mit meinem Schlüssel abschließen und meine Einkäufe bereits erledigen können
. Je mehr Helferlein man hat, desto weniger macht man selbst, desto unselbständiger und hilfloser wird man. Es gibt Abkürzungen, die keine sind und einem Fähigkeiten abnehmen, die man eben doch braucht.
Du solltest auf jeden Fall dein Monitoring selbst in die Hand nehmen. Beschäftige dich damit, wie das bei eurem Equipment funktioniert und sei in der Lage, deine Einstellungen selbst vorzunehmen. Setz dich einfach mal einen Nachmittag damit auseinander, probiere Verschiedenes aus - mit und ohne Effekte, verschiedene Lautstärkeverhältnisse, mit und ohne Klick, verschiedene Kopfhörer, verschiedene Positionen im Raum, ein Ohr offen lassen etc. Und dann mach viele Aufnahmen und finde heraus, wie es sich anfühlt wenn etwas gut klingt. Denn das funktioniert auch umgekehrt: wenn du dann dieses Gefühl so reproduzierst wird es auch gut klingen