Was kommerzielle (erfolgreiche) Synthesizer angeht, sind Röhren tatsächlich eher unüblich und haben sich nie wirklich durchgesetzt. Nennenswerte Exoten mit Röhren wären das Trautonium so wie das Hammond Novachord mit je nach Bericht etwa 160-180 Röhren. Aber das sind Geräte, die man bestenfalls in einem Museum findet, wenn überhaupt, davon gibt es weltweit nur noch eine sehr überschaubare Anzahl.
Etwas erfolgreicher, wenn auch immer noch sehr obskur ist das röhrenbasierte Ondes Martenot, das in einigen Film-Soundtracks eingesetzt wurde und von Jonny Greenwood auf zahlreichen Radiohead-Alben gespielt wurde.
Die Clavioline ist auch ein röhrenbasierter Synthesizer und fand in den 1950ern und 1960ern sehr begrenzt Anwendung, wurde aber auf ein paar etwas bekannteren Liedern eingesetzt. Bei
Telstar von den Tornados hört man es zum Beispiel als Hauptinstrument. "Baby You're A Rich Man" von den Beatles verwendet an manchen Stellen auch eine Clavioline.
Einige frühe
Theremine arbeiten ebenfalls mit Röhren. Das sind zwar absolut gesehen immer noch eher obskure und kommerziell nicht unbedingt erfolgreiche Instrumente, ihr sphärischer Klang taucht aber in recht vielen Soundtracks (gerade zu Science Fiction-Filmen der 50er) auf. Ansonsten ist
Good Vibrations von den Beach Boys vielleicht der berühmteste Song der Pop-Musik, in dem ein Theremin vorkommt: es ist das Instrument, das mit viel Glissando und Vibrato während dem Refrain (ab 0:25) spielt.
Insgesamt spielte Röhrentechnik bei Synthesizern der letzten 40 Jahre aber keine nennenswerte Rolle. Für die Pionierarbeit war sie sicherlich wichtig, aber der große Erfolg, wie beispielsweise bei Gitarrenverstärkern, blieb ihr verwehrt. Liegt vielleicht auch daran, dass Synthesizer erst Ende der 60er/Anfang der 70er populär wurden und die berühmtesten frühen Modelle bereits auf Transistortechnik gesetzt haben. Zudem waren selbst einfache Synthesizer damals schon sehr schwer und groß, so dass man die kompakteren Transistoren sicherlich dankend annahm.
Aktuell gibt es eigentlich fast keine in Massen gefertigten Synthesizer, die auf Röhrentechnik basieren. Korg hat beim King Korg, sowie auch davor bei dem Triton Extreme eine Röhre eingebaut, allerdings ist die Klangerzeugung bei beiden Geräten digital und die Röhre kann man nur ein bisschen zum Sättigen und Verzerren des Signals verwenden oder auch ignorieren. Daher ist die Röhre nicht wirklich ein integraler Bestandteil des Synthesizers.
Metasonix baut in Handarbeit röhrenbasierte Synthesizer, Drum Machines und Module, allerdings sind das eher Nischenprodukte.
Ansonsten gibt es zwar immer mal wieder Videos von handgefertigten, röhrenbasierten Synthesizern, allerdings sind diese ziemlich teuer und zielen nicht auf einen Massenmarkt ab. So kostet beispielsweise das
Knifonium mit 25 Röhren stolze 12.000€.
Da die populärsten Synthesizer der 70er und 80er auf Röhren verzichtet haben und viele Spieler die Klangästhetik ebendieser Synthesizer suchen, ist die Nachfrage nach röhrenbasierten Geräten wohl auch eher gering, daher denke ich nicht, dass es da in naher Zukunft mehr Röhrensynthesizer geben wird. Das ist anders als beispielsweise bei Gitarrenverstärkern, wo Röhren von vielen immer noch als der heilige Gral gesehen werden und sich weiterhin gut verkaufen.