Art & Lutherie 12 Cedar Antique Burst

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Art & Lutherie 12 Cedar Antique Burst

Meine letzte 12-saitige hatte ich vor vielen Jahren im Zustand akuten Geldbedarfs verkauft. Und tatsächlich spiele ich 12-saitige relativ selten, aber dennoch habe ich sie immer wieder vermisst. Manchmal muss es eben eine 12-saitige sein. Vor etwa einem Jahr fand ich bei einem Händler in der Nähe eine Art & Lutherie 12 Cedar Antique Burst. Das Ding war als B-Ware ausgepreist, doch weder ich noch der Verkäufer konnte einen Makel daran finden. Der Verkäufer meinte nur lapidar, dass sie manchmal auch einfach so als B-Ware auspreisen, wenn sie zu viele davon auf Lager haben.

Hersteller

Es handelt sich bei Art & Lutherie um eine etwas günstigere Marke aus dem gleichen Stall wie z.B. Godin, La Patrie und Seagull. Seit etwas mehr als 10 Jahren gibt es in unserem Haushalt eine Konzertgitarre von La Patrie, so dass ich mit dieser Markengruppe gute Erfahrungen hatte.

Produziert werden (auch) die Art & Lutherie Gitarren in Handarbeit in Princeville, Québec. Allerdings wird sowohl die Produktionsstätte, als auch die Handarbeit in den FAQ des Herstellers in gewisser Weise relativiert. Zu der Handarbeit heißt es dort: „We recently came across a disposable plastic lighter that was being promoted as a “Limited Edition”. Likewise we find ourselves surrounded by products that are touted as being “handmade” and when it comes to guitars you’ll have a tough time finding one that isn’t described as handmade. Our dictionary defines handmade simply as: “made by hand, not machinery”. If you accept that definition then it’s safe to say there is no such thing as a handmade guitar! In any case our recommendation would be to forget the whole “handmade” thing and focus on more relevant considerations such as: finish material, type of wood used (and whether it is genuine), and most importantly how does it feel and sound to you.“

Und zu der Produktionsstätte findet man folgenden Hinweis: „Since our factories are located in different parts of Quebec, a complete tour would entail about one thousand kilometers of driving and at least a complete weekend. We are hoping to offer tours in the future but at this point we haven't worked out the logistics.“

Der Hersteller wirbt damit, dass seine Produkte zu 95% aus kanadischem Holz gefertigt werden, und dass dieses Holz mit umweltschonenden Methoden gewonnen wird: „The eco-friendly method in which the wood is gathered, takes place when previously fallen trees are found in the forests of Eastern Canada. No clear cutting is involved. This not only benefits Canadian forests but also gives rain forests the world over a well-deserved break.“

Bauform

Bei der 12 Cedar Antique Burst handelt es sich um eine 12-saitige Westerngitarre in Dreadnought-Form ohne Cutaway.

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Decke

Diese Gitarre ist mit einer massiven Zederndecke ausgestattet. Der Hersteller bewirbt das Produkt unter anderem damit, dass die Decke druckgetestet ist: „All […] models feature pressure tested solid tops to ensure the highest levels of stiffness and rigidity along with maximum harmonic vibration. This benefits the overall tone and projection of these instruments.“ Zeder ist als Deckenmaterial bei weitem nicht so verbreitet wie Fichte. Ich vermag nicht zu sagen, warum das so ist. Eigentlich wundert es mich, denn man sagt der Zederndecke nach, sie klinge neu bereits so gut, wie eine über Jahre eingespielte Fichtendecke. Der Hintergrund ist der, dass Zedernholz schneller altert als Fichte. Allerdings habe ich bei unserer La Patrie (auch eine massive Zedernholzdecke) nach etwa 10 Jahren bisher noch keinerlei Alterserscheinungen feststellen können.

Rücken, Seiten und Hals

Seiten und Rücken der 12 Cedar Antique Burst bestehen aus einem dreilagigen Wildkirschenlaminat. Der Hals der Gitarre ist recht flach und aus Ahorn gefertigt. Die Saitenlage war von Anfang an suoper eingestellt für mich, so dass ich hier bisher noch nicht zu Werke gehen musste. Natürlich ist die Gitarre bis in die hohen Lagen bundrein. Sie lässt sich über das ganze Griffbrett toll spielen.

Steg und Sattel

Als Steg und Sattel wurden bei dieser Gitarre die TUSQ-Produkte der Firma Graphtech verbaut (vgl. http://www.graphtech.com/products/brands/tusq).

Mechaniken

Zum Hersteller bzw. Model der verbauten Mechaniken habe ich keine Informationen finden können. Weder finden sich auf der Internetseite von Art & Lutherie, noch auf den Mechaniken selbst Hinweise dazu. Es handelt sich um geschlossene Mechaniken. Sie sind, wie eben bei 12-saitigen Gitarren üblich, recht klein und recht dicht beieinander. Sie laufen aber gut und gleichmäßig. Und sie sind stimmstabil. Passt also.

Lack

Ob einem das Antique Burst gefällt muss jeder selber wissen. Ich finde es hat Charme, wenngleich ich gestehen muss, dass ich schon hübschere Gitarren gesehen habe. Meine Frau z.B. findet es pottenhäßlich. Ja, Geschmäcker sind verschieden, und letztlich muss jeder wissen, wo er seine Prioritäten setzt. Für mich könnte diese Gitarre auch pink sein; bei dem Klang darf sie von mir aus aussehen wie sie will.

Es ist nicht ganz einfach zu sagen, was genau für ein Lack hier genommen wurde. In anderen Foreneinträgen findet man immer mal wieder die These, es würde sich hier um Nitrolack handeln. Möglich ist das, aber wirklich beurteilen kann ich das nicht. Auf der Seite des Herstellers findet man nur die Bezeichnung „Semi-Gloss Custom Varnish Finish“. In jedem Fall fühlt er sich samtig an und scheint wirklich recht dünn zu sein. Nach einem Jahr zeigen sich zwischen Schalloch und Schlagbrett deutliche Spuren im Lack. Das stört mich persönlich nicht wirklich, aber wer hiermit Leid hätte, der sollte sich eine Gitarre mit einem dickeren Lack zulegen.

Rosette

Bei der Rosette handelt es sich um einen aufgeklebten Kunststoffring. Das Ding ist wirklich das einzige, was mir an der Gitarre nicht so wirklich gut gefällt. Es wirkt irgendwie nicht stimmig auf dem Lack. Hier wäre für mein ästhetisches Empfinden weniger mehr gewesen. Aber damit kann ich leben, da hier weder Spielgefühl noch Klang beeinträchtigt werden, und auf der Homepage des Herstellers findet sich auch eine Begründung für diese relativ dicke Rosette: „This Arched or Dome rosette promotes added strength and stability to the area around the sound hole.“ Gut, wenn es denn sogar was bringt, dann soll es mir um so eher recht sein.

Verarbeitung

Die Verarbeitung ist wirklich makellos. Ich kann suchen sooft ich will, ich finde einfach keine Unstimmigkeiten. In meinen Augen eine wirklich sorgfältigst gezimmerte Gitte. Was ihr allerdings für meinen Bedarf fehlte, war ein zweiter Gurtpin. Diesen nachzurüsten war jedoch eine Sachen von nicht einmal fünf Minuten. Art & Lutherie stellt hierzu Informationen bereit: http://www.artandlutherieguitars.com/strap pin installation.pdf

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Saitenempfehlung

Ich weiß nicht mehr, welche Saiten ursprünglich auf dem Instrument drauf waren. Da ich bei meiner 6-saitigen Westerngitarre sehr gute Erfahrungen mit den Spectrum Bronze von Thomastik Infeld gemacht hatte, hatte es der SB210er Satz leicht, sich auf meiner Art & Lutherie zu etablieren (vgl. http://www.thomastik-infeld.com/sites/default/files/catalogue/ti_acou_git_folder_06_13sc.pdf).

Tonabnehmer

Da es sich wie oben beschrieben bei meiner Art & Lutherie um ein Sonderpreismodel handelte, hatte ich nicht die Option, das gleiche Model mit dem von Art & Lutherie angebotenen Tonabnehmer EPM Quantum 1 zu wählen. Statt dessen habe ich in meine nach einigen Wochen einen Fishman Sonitone GT1 eingebaut (vgl. http://www.fishman.com/fishman-equipped/oem/sonitone-onboard-preamp-system-oem/). Mit diesem hatte ich bereits gute Erfahrungen in meiner Ibanez AW 900 gemacht. Auch in der 12 Cedar Antique Burst macht er sich hervorragend. Erst Recht in Kombination mit dem tc electronic BodyRez (vgl. https://www.musiker-board.de/threads/kurzbericht-tc-electronic-bodyrez.620492/#post-7599115). Abgenommen spiele ich diese Gitarre meistens in meinen ACUS One 6T (vgl. https://www.musiker-board.de/threads/review-acus-one-6t.625323/#post-7675915). Die beiden vertragen sich super und passen auch optisch gut zusammen.

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Klang

Und nun zu dem für mich wichtigsten Aspekt an einer Gitarre, dem Klang. Um es ganz kurz zu sagen: Der Klang ist phantastisch. Hier ist der Moment erreicht, an dem ich meiner alten 12-saitigen Gitarre keine Träne mehr nachweinen werde. Bereits nach drei oder vier Tönen auf diesem Instrument wusste ich, dass ich sie haben will. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch nicht einmal auf das Preisschild gesehen. Ich hätte vom Klangbild her einen erheblich höheren Preis erwartet, und wäre auch bereit gewesen diesen zu bezahlen. Der Sound ist warm, präzise, transparent, bassig ohne Wummern, sehr schnell in der Ansprache. Vor allem löst er sehr detailreich auf. Er ist einfach der Hammer! Ja, hier komme ich ins Schwärmen, aber Klang ist ja immer ein subjektives Empfinden. Macht euch selbst ein Bild davon, aber ich hatte noch nie eine 12-saitige Gitte in der Hand, für die ich diesen Klang hergeben würde.

Fazit

Für diese Gitarre kann ich eine uneingeschränkte Kaufempfehlung geben. Sie ist toll verarbeitet und hat einen phantastischen Klang. Selbst wenn man vom Listenpreis ausgeht, ist sie zusammen mit unserer La Patrie das Instrument mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis in unserem Haushalt. Das soll aber nicht dazu verleiten anzunehmen, dass diese Kaufempfehlung in erster Linie auf dem Preis-Leistungs-Verhältnis basiert. Ganz im Gegenteil! Ich hatte im letzten Jahr manch eine andere 12-saitige Gitte im Preisbereich bis ca. 1800 € in der Hand. Manche waren hübscher. Besser geklungen hat keine. Im Gegenteil! Ich war immer wieder froh, meine 12 Cedar Antique Burst spielen zu können. Das einzige Manko ist, dass ich nun schon seit einer ganzen weile um die Ami Cedar Antique Burst herumschleiche und mir fast sicher bin, dass ich diese auf absehbare Zeit auch noch erwerben werde. Vermutlich werde ich bei Art & Lutherie zum Wiederholungstäter.

Preis

Die Gitarre wird im Internet derzeit ohne Tonabnehmer ab ca. 360 € angeboten. Der Listenpreis liegt bei rund 450 €. Mit dem Tonabnehmer EPM Quantum 1 werden gut 600 € aufgerufen. Der Fishman Sonitone GT1 ist für rund 60 € zuzüglich Einbau zu haben.

Produktinformation des Herstellers: http://www.artandlutherieguitars.com/dread12cedarantbst.html
 
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Schön beschrieben. Ich habe mir mal gebraucht für 220€ inkl. Koffer eine Seagull S12, also ein grundsätzlich ähnliches Instrument aus dem gleichen Stall mit anderen Hässlichkeiten (Kopfplatte statt Rosette), gekauft, von der ich auch sehr angetan bin. Das Klangbild würde ich ähnlich beschreiben; im Vergleich zu anderen 12strings mit Fichte/Palisander (z.B. alte Tama) haben die weniger Attack. Passt mit persönlich auch mehr.
 
Ein Problem vieler Zwölfsaiter ist die Kopflastigkeit. Kannst Du dazu bzw. zum Handling generell was sagen?
Ansonsten ein schönes Review :great:
 
Ein Problem vieler Zwölfsaiter ist die Kopflastigkeit. Kannst Du dazu bzw. zum Handling generell was sagen?

Wie auf dem einen Bild zu sehen, ist die Kopfplatte recht schmal gehalten. Als erwähnenswert kopflastig empfinde ich sie nicht.

Was meinst Du sonst noch mit Handling?
 
Nix Spezielles - ging eher darum, ob Dir irgendwas aufgefallen ist. Mögliche Punkte wären z.B. ein besonders schmaler oder besonders breiter Hals oder Korpus...
 
Ich liebäugele auch mit diesem Instrument. Wie lang ist denn die Mensur? Die meisten Gitarren von A&L sind doch kürzer als die üblichen 648 mm.

Die Webseite von denen gibt leider keine Auskunft, da sind gar keinen Zwölfsaiter gelistet. :-(
 
Die Webseite von denen gibt leider keine Auskunft, da sind gar keinen Zwölfsaiter gelistet. :-(

.. die sind auch der neuen Modellpalette von A&L zum Opfer gefallen ... Dennoch kann es Läden geben, die die noch New of Stock haben. Sonst einfach mal bei Seagull nachsehen oder bei Norman (gehören auch zur Familie)
 

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