Carl Verheyen Interview ...
Ich versuche hier erst mal einen Überblick, dann fällt es euch wahrscheinlich leichter dem in englisch geführten Interview zu folgen ...
Opener: Wir befinden uns in Wetzlar im Franzis, einem Club der schon viel Rock'n'Roll gesehen hat und der sich vom Jugendzentrum zum Live Music Club gemausert hat. Die Bühne ist ausreichend groß - es behält aber das intime Club Feel mit der unmittelbaren Nähe zum Geschehen. Genau das richtige für ein Trio das auch mal ein Thema ausleben und interpretieren möchte. Und so spielen sich die 3 (Carl Verheyen (guitars, vocals); Dave Marotta (bass); John Mader (drums)) sehr schön und extrem abwechslungsreich die Bälle zu. Eine der Regeln ist ... aus dem Drum Solo heraus darf John Mader sich einen Groove aussuchen und die anderen beiden müssen dazu eine Improvisation starten. Beim Soundcheck hatten wir Beatles über Reggae
.
Carl entscheidet sich für den
Gear Block als Starter: Der Einstieg ist die Frage von El Tedesco nach der Reduktion. Carl erzählt, dass er sein "Leben" in verschiedene Rigs aufgeteilt hat. Den Studio Part wo er alle Sounds braucht und dazu auch mal für nur 10 Noten auf eine 12 String Rickenbacker zugreift. Im Ergebnis ist das dann ein LKW mit Anhänger voll Spielzeug. Für den Live Teil hat er je ein Rig in Europa und eines in den USA. Die werden jeweils mit Pedal Board befeuert, welches zum Reisegepäck gehört. Ist der Club super klein, reduziert er weiter auf ein 4 Pedale Board (Reverb, OD, Delay, Tuner) und einen Amp (In diesem Fall wäre das ein Fender Twin - er hat im vollen Rig 2 Stück für Stereo Clean und einen Marshal Head der eine leichte Grund-Zerre mitbringt).
Im Video von Sweetwater hatte ich gesehen, dass er seine Strat im Sitzen gespielt hat, die LesPaul im Stehen. Er erzählt mir wie er wahrnimmt, dass die LesPaul viel weiter rechts ist und er mit der Greifhand einfach nicht in die "Komfortposition" kommt. Daher: "JA, es hat System ... die LesPaul im Stehen!"
Weiter geht es mit dem Thema Tremolo. Er selbst spielt 9-46 auf den Strat und 10-46 auf der LesPaul. Er sagt, dass die Federkraft und die längere Mensur die 9er für ihn "härter" werden lässt. Die Frage nach den Intervallen - "gesucht, gefunden" oder "Zufall" - klärt er mit der Aussage auf, dass er am Anfang nur versucht hat, dass am fünften Bund alle Saiten einen Halbton gemeinsam absinken - was bei gerader Kralle auch nicht der Fall ist. Der Rest kam dann durch experimentieren dazu.
Als Gitarre spielt er eine LsL Saticoy die genau nach seinen Vorgaben gebaut ist. Die 1961 SeaFoam die man sehr häufig in Videos sieht, war dabei die Vorlage. Fender wollte da auch schon mal, aber nur für eine Handvoll aus dem Custom Shop zu 6000 $. Lance von LsL hat ja mit Telecaster angefangen und als er sein Sortiment erweitert hat, hat er sich mit seinem Nachbarn Carl besprochen und versucht von ihm Tips zubekommen. Daraus resultierend war es nur ein kleiner Schritt aus den Einflüssen und Tips gleich ein Signature Modell zu machen. Alder, Rosewood Fretboard, Hals wie bei seiner 1961 (für eine LsL ist der Hals dünn
) und selbstgewickelte PickUps die der Vorlage entsprechen. Für die Leute mit Lötkolben Erfahrung
... Seine Tonblenden sind Hals/Mitte kombiniert und Bridge auf der unteren alleine. (Zur Erinnerung ... klassische Strat haben für die Bridge keine Tonblende - schreien soll er
).
An der Stelle
wechseln wir zur Musik und weil ich dachte er würde sich dafür am Anfang entscheiden, kommt die Gratulation zum aktuellen Album auch erst an der Stelle. Ich möchte euch noch mal Grand Design wärmstens ans Herz legen - wirklich sehr vielseitig und ein Schaufenster der Einflüsse die auf Carl wirken.
Mit Einflüssen geht es auch weiter, denn ich möchte gerne wissen, was sich bei ihm immer einschleicht, egal was er als Style spielt. Laut eigenem Bekunden ist dies Pop and Jazz. Im Konzert hätte ich gesagt, dass in den Blues Teilen durchaus immer auch ein Teil Jazz drin ist - seine Linien klingen oft "sophisticated" (anspruchsvoll) und nicht so "einfach", wie es der traditionelle Blues erwarten lassen würde. Aus seiner Rolle als Studiomusiker kann er aber auch nicht immer raus, denn er überlegt schon wie man hier und da noch ein Overlay auf die Scheibe bekommt die den Song noch besser machen. Im Sweetwater Video wird von 1000 Gitarrenparts geredet - bei ich glaube 12 Songs
.
Danach geht es weiter mit der Frage wie Sheet Musik ihn bindet und ob er da auch ausbricht. Für ihn ist dies eine Frage des Jobs. Gerade für Studio Jobs (Filmmusik) ist Disziplin das wichtigste. Hat er die Musik selbst geschrieben, dann kennt er sie und kann sich auch recht frei im Kontext bewegen. Im Konzert konnte man erkennen, dass er da auch Spaß dran hat, denn nicht alle gespielten Linien kannte ich von der CD
.
Gerade bei Studio Musikern habe ich welche gefunden die ein absolutes Gehör haben (und in Summe gibt es da nur ganz wenige Menschen). Bei ihm entwickelt es sich gerade und als Kostprobe stimmt er mit der Stimme ein C an. Ich habe am Soundfile nichts verändert - mein Telefon zeigt das C marginal "sharp".
Die Frage wo er sich Zuhause fühlt - Studio, Bar, Groß-Bühne - endet mit offiziellem Pari. Im weiteren Gesprächsverlauf glaube ich aber schon rausgehört zu haben, dass die größte Befriedigung da ist, wenn er im kleinen Club mit der Musik die er geschrieben hat die Leute abholen kann und sie Mitsingen.
Mit der nächsten Frage macht er wahrscheinlich einen Großteil von uns sehr neidisch. Musik vom Blatt lesen kann er ... und auch nahtlos das spielen was da steht - also Takt 4 spielen während man Takt 5 vom Blatt abliest. Der Erfolg stellt sich aber erst ein, wenn man nicht nur das kann, sondern auch den Vibe sofort erfasst und umsetzt. Die Aussage die hängen geblieben ist: "Du kannst es, wenn du beim ersten mal so klingst als würdest du es bereits 30 Jahre spielen ..." UUUFFFF ...
Man achte auf den Tip zur Umsetzung der Noten ... Achtet auf die Position in der ihr die Noten spielt und wo ihr euch nicht die Finger brecht.
Die Aufteilung der Übungszeit ist der letzte Punkt. Für ihn wichtig, dass er macht worauf er Lust hat und was ihn interessiert. Also Neues bis man es verinnerlicht hat. Die Zeit in Cluster zu zerlegen um "DoAll" zu trainieren ist nicht sein Ding.
Ganz zum Schluss noch ein kleiner Ausblick auf die geplante Factory Tour bei LsL und eine Einschätzung von ihm, was mich da beeindrucken wird.
Und jetzt ist es Zeit für Musik ... Carl, vielen Dank für deine Zeit.
Gruß
Martin