Weiß oder vermutet jemand, warum Hersteller mit ihrem Winkellbass werben, nie aber mit dem Umlenkbass? Ein Umlenkbassstimmstock ist bekanntlich einfacher aufgebaut und benötigt auch weniger Platz im Instrument. So wäre es doch naheliegend, eher den Umlenkstimmstock zu verbauen und zu bewerben, wenn die Klangeigenschaften identisch wären.
Im Moment ist mir kein neues Instrument mit Umlenkstimmstock bekannt (was aber nicht heißt, dass es nicht doch welche gibt).
Und drehen wir doch mal den Blickwinkel um: Wie man ´s macht, ists nix!
Die Langkanzelle in ihrer gestreckten Bauform braucht Platz in der Länge und das geht nur, wenn die Bassmechanik an der Stelle entsprechend ausgespart ist damit die in ganzer Länge ins Bassgehäuse eingesteckt werden kann. Das war bei vorgelagertem MIII aufgrund der Bauweise fast automatisch vorhanden und weil die meisten die gleiche Mechanik verwendeten, haben die meisten auch da eine Langkanzelle eingebaut. Der normale Standardbass ist mechanisch etwas anders aufgebaut - da geht die Planfüllung im Bass über die gesamte Gehäusebreite - also kein Platz: keine Langkanzelle!
Da vorgelagerter MIII kaum noch gebaut wird, wird auch die Langkanzelle in der Form wie früher eigentlich nicht mehr eingebaut (Premiumkonvertermodelle gehen da heute einen anderen Weg).
Der Umlenkstimmstock kann auf der durchgehenden Planfüllung im Bass eingebaut werden und baut in der Höhe auch nicht höher als ein normaler Stimmstock. Aber er ist breiter. Und demzufolge muss die Anordnung der Stimmstöcke auf der Planfüllung entsprechend anders plaziert werden - braucht also für solche Instrumente einen geänderte Bassmechanik, weil die Klappen anders liegen. - Bei den geringen Stückzahlen heutzutage eher unpraktisch von wegen mehrfacher Lagerhaltung. Dafür sind die Bassgehäuse relativ kompakt in der Bauhöhe, was schmale Instrumente macht. Den Umlenkstimmstock habe ich bisher nur bei deutschen Instrumenten gesehen.
Der Winkelstockbass braucht von der Breite erst mal nicht mehr als ein normaler Stimmstock. Das bringt den Vorteil dass der auf die gleiche Planfüllungsanordnung montiert werden kann, wie der normale Stimmstockaufbau. Man kann also die gleiche Bassmechanik verwenden, was bei den heutigen Stückzahlen praktisch ist. Dafür baut der aber höher. Das allerdings kann man bequem mit ein, zwei Balgfalten mehr ausgleichen. Dass der dann später sch... zu stimmen ist, juckt den Hersteller erstmal nicht sehr - er macht ja nicht die spätere Wartung...und wenn, dann lässt er sich s bezahlen...
Den Winkelstockbass habe ich zuerst bei italienischen Instrumenten gesehen und die Morinomodelle , die auch so einen haben (VIN etc.) sind ja ebenfalls aus italienischer Fertigung (solange das Ergebniss stimmte, ließ Hohner den Herstellern da gewisse "künstlerische" Freiheiten). Im Zuge der heutigen vernetzten Fertigung speziell in Castelfidardo kan ich mir gut vorstellen, dass das bereits etablierte auch damit zu größerer Verbreitung fand.... Hohner lässt wiederum auch etliche Baugruppen in Italien fertigen, weshalb der Winkelstockbass damit auch wieder in Süddeutsche Gefilde gelangt.
Außerdem habe ich den Eindruck, dass die Hersteller dazu übergehen immer mehr auch für die verschiedenen Ausführungen das gleiche Gehäuse zu verwenden, das genügend Platz für die verschiedenen Bassarten hat, so dass man auch für ein Konvertermodell kein neues Gehäuse benötigt. Etwas mehr Material am Gehäuse verbauen kostet fast nix, aber eine extra Bauform für Konverter auf Lager zu legen, ist teuer! Den Eindruck habe ich bislang am deutlichsten bei der (aktuellen) Scandalli Super VI gehabt - aber auch bei anderen scheint es die Tendenz zu geben. Und zu diesem "Vereinheitlichungskonzept" passt der Winkelstimmstock einfach am besten.
Bei hochwertigen Konvertermodellen ist mittlerweile ein anderer Weg üblich - Es werden größere und breitere Stimmzungen verwendet, die von Haus aus mehr Leistung bringen, baut die Kanzellen damit nur etwas länger, aber dafür breiter und kann das dann praktisch in das gleiche (von Haus aus etwas größer dimensionierte) Gehäuse einbauen, das man schon vom Normalmodell hat. ... Und mit den Stimmzugen kann man dann nochmals einen deutlich kräftigeren Bass erzeugen, wie mit den obigen Konstruktionen. Meist in Verbindung mit einer Verbundstimmplatte. Landläufig wird das als Bayanbauweise bezeichnet.
Vom klanglichen habe ich bislang keinen Unterschied zwischen Langkanzelle, Umlenkbass und Winkelstockbass feststellen können. Deshalb glaube ich, dass es vornehmlich bauliche Gründe bei der praktischeren Herstellung sind, weshab der Winkelstockbass heute eher anzutreffen ist. Und bei den Konvertermodellen, wie gesagt, da scheint die Bayanbauweise das Maß der Dinge zu sein, das heute gewünscht und gebaut wird.
Aussagen seitens der Hersteller oder gar wissenschaftliche Untersuchungen zu dem Thema habe ich keine - das obige sind rein praktische Überlegungen und Beobachtungen, die mir beim Vergleich der diversen Instrumente aufgefallen sind.
Aber vielleicht wissen ja andere User mehr, die mehr Einblick in die Konstruktion und die Entwicklung von Akkordeons haben?
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@Ippenstein : weißt du da vielleicht noch mehr darüber?
Kleiner Nachtrag :
Grade lese ich weiter oben, dass ich sehr wohl ein neues Instrument mit Umlenkstimmstock kennen sollte: Die Beltuna Spirit!