Wil_Riker
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Einleitung
Seit einiger Zeit schon sind digitale Mischpulte auch im unteren Preissegment auf dem Vormarsch. Das IMG StageLine DMIX-20 wurde auf der diesjährigen Prolight + Sound vorgestellt, und ich durfte es im Frühsommer für einige Wochen auf Herz und Nieren prüfen. Ein Dank gebührt @B_West (Björn Westphal) von Monacor Int. für die Teststellung.Anmerkung: Mit dem GIG-202 Tab existiert ein baugleiches Gerät der Marke DAP-Audio .
Lieferumfang und Ausstattung
Wenn man an die "Schlachtschiffe" der 1980er und 1990er Jahre denkt, ist man verblüfft, in welch kompaktem Gehäuse sich 20 Kanäle (16 Mono-, 2 Stereo-Eingänge), ein USB-Interface sowie etliche Ausgänge (neben den Main und Control Room Outs u. a. 4 Aux-Wege, 4 Subgruppen) nebst diverser Erweiterungsmöglichkeiten verpacken lassen: Bei Abmessungen von 442 x 130 x 355 mm wiegt das DMIX-20 gerade einmal 7,3 kg. Mit einer UVP von knapp unter 1.000 € (Straßenpreis ca. 850 €) ist das Pult zudem absolut erschwinglich. An der Verarbeitung gibt es nichts zu meckern, das Metallblech macht einen guten Eindruck. Neben dem Handbuch und dem Kaltgeräte-Netzkabel liegen auch passende Montagewinkel zum Einbau des Pults in ein 19"-Standardrack bei.Zäumen wir das Pferd von hinten auf und beschäftigen uns zunächst mit den Anschlüssen auf der Rückseite des Pults:
Die 16 Monokanäle besitzen erfreulicherweise (symmetrisch beschaltete) XLR/Klinken-Combobuchsen - dies spart zum einen Platz, bietet zum anderen aber die Möglichkeit, sowohl Mikrofone als auch Instrumente bzw. Line-Signale ohne zusätzliche Adapter einstöpseln zu können .
Die ersten 8 Kanäle besitzen zusätzlich Insert-Klinkenbuchsen zum direkten Einschleifen von Effekten o. ä. bzw. zur Nutzung als Direct Outs. Anwender, die dieses Pult benutzen, werden vermutlich nicht mehr Inserts benötigen, da die üblichen Geräte, die bei analogen Mixern darüber eingeschleift werden, in einem Digitalpult ja schon per Software enthalten sind .
Daneben befinden sich jeweils vier (leider nur unsymmetrisch beschaltete) Klinkenbuchsen für die Aux-und Subgruppen-Ausgänge sowie einer der beiden (!) Kopfhörer-Ausgänge.
Der untere Bereich der Rückseite wird vom standardmäßig unbelegten und mit einer Abdeckplatte verdeckten Steckplatz für Erweiterungsmodule dominiert. Aktuell sind folgende drei Module optional erhältlich:
- DANTE-Modul DMIX-20DANTE
- 32-Kanal-Input/Output-Modul (USB) DMIX-20IO
- WLAN-Modul DMIX-20WIFI
Daneben sind die beiden Stereoeingänge als symmetrisch beschaltete Klinkenbuchsen-Pärchen angeordnet. Wie bei den meisten anderen Pulten üblich sind sie als Monoeingänge nutzbar, wenn man nur die Buchsen für die linken Kanäle belegt.
Die Main Outs (L/R) sind sowohl als XLR-Buchsen als auch als symmetrischen Klinkenbuchsen ausgeführt - parallel beschaltet und gleichzeitig nutzbar. Zusätzlich gibt es auch (unsymmetrische) Ctrl Outs (L/R) z. B. für Studiomonitore o. ä., die getrennt davon regelbar sind.
Zwischen den Ausgangsbuchsen und dem Kaltgeräteanschluss (mit Netzschalter und Sicherungshalter) befindet sich eine zweite USB-B-Buchse, die eine grundlegend andere Funktion besitzt als die weiter oben genannte: Hier handelt es sich um die vollduplexfähige Audioschnittstelle des Pults, mit der zum einen das Ausgangssignal eines angeschlossenen Rechners ins Pult eingespielt (vollwertiger 19. Pult-Kanal "USB"), und zum anderen die Stereosumme des Pults in den Rechner für Recording-Zwecke zurückgeführt werden kann. Um eine Praxiserfahrung (s. u.) vorwegzunehmen: Beim Anschluss an einen Windows-PC oder Mac wird das Pult dabei automatisch als Soundkarte erkannt, so dass keine weitere Softwareinstallation notwendig ist. Leider muss man ein passendes USB-Kabel separat erwerben, da es - obwohl nur ein Cent-Artikel - nicht im Lieferumfang enthalten ist.
An der Vorderkante des DMIX-20 befindet sich praxistauglich die zweite Kopfhörerbuchse:
Die Bedienoberfläche wird vom farbigen 7" großen LCD-Display dominiert. Dem Signalweg folgend beginnen wir jedoch bei den Gain-Reglern, die man auch von analogen Pulten kennt.
Jeder Kanal besitzt sein eigenes Poti nebst zugehöriger Signal-/Clip-LED (grün = anliegendes Signal, rot = Übersteuerung) - die 16 Mono-Inputs in herkömmlicher "analoger" Form, die beiden Stereo-Inputs als Endlos-Encoder. Warum hier nicht durchgehend die gleiche Bauform gewählt wurde, entzieht sich meiner Kenntnis . Rechts davon signalisieren mehrere LED-Ketten die unterschiedlichen Pegel, v. l. n. r.: Selektierter Kanal PFL (bzw. Solo, wahlweise PFL oder AFL), die vier Subgruppen (bzw. Aux 5-8, s. u.) und zuletzt die Stereosumme (Main Out). Die Auswahl eines Signals erfolgt mittels Drucktaster unter den Potis bzw. LED-Ketten, die bei Auswahl beleuchtet werden. Ist kein spezieller Kanal ausgewählt, wird hier der Pegel der Stereosumme angezeigt.
Die darunterlegenden 2/3 der Bedienoberfläche dienen der (digitalen) Steuerung des DMIX-20, u. a. zur Signalbearbeitung über den oben angesprochenen Touch Screen. Manche potentielle Käufer könnten bemängeln, dass das Pult nur Englisch "spricht", aber das ist nun mal die Sprache der PA-Techniker . Selektiert man einen Input, so lassen sich mittels der Taster unter dem Display die unterschiedlichen Konfigurationsseiten für diesen Kanal abrufen und die dort dargestellten Parameter variieren, und zwar mit Hilfe der Cursor-Tasten, des Endlos-Reglers und "(Tap) Enter" in der Master-Sektion (rechte Hälfte der Bedienoberfläche) bzw. direkt über den Touchscreen. Auch hier wird die Beleuchtung des Tasters aktiviert, damit man sieht, in welchem Menü man sich gerade befindet.
"Mixer": Übersicht über die Ein- und Ausgänge inkl. Pegel. Beim ersten Druck ist der sog. "Long Fader"-Modus aktiviert, d. h. man sieht 8 Kanäle plus Summensignal über die komplette Bildschirmhöhe. Mit einem zweiten Druck schaltet man in die komplette Übersicht aller Kanäle um.
"Assign": Channel-Routing, d. h. Zuweisung des Kanals zu Aux-Wegen und Gruppen, inkl. Speichermöglichkeit. Außerdem Einstellung eines Delays sowie die Möglichkeit, das Signal zu invertieren.
"Gate/Comp": Aktivierung und Einstellung verschiedener Kompressor-Konfigurationen für den ausgewählen Kanal. Ein wiederholter Druck schaltet zwischen Comp und Gate um, letzteres ist jedoch logischerweise nur für die Eingangskanäle sowie FX 1 und FX 2 verfügbar .
"PEQ/GEQ": Zuschaltung und Konfiguration der vollparametrischen EQs sowie Tief- und Hochpassfilter für die Eingangskanäle. Bei wiederholtem Drücken wird der grafischen Equalizer für die Ausgangskanäle aufgerufen (Main Out, Sub 1 - 4, Aux 1 - 4).
"FX 1/FX 2": Auswahl und Einstellung der internen beiden Affektwege.
"Digital": Konfiguration des optionalen Digital-Moduls (s. o.).
"48 V": Aktivierung der Phantomspeisung für den ausgewählten Kanal nach einer IMHO überflüssigen zusätzlichen Sicherheitsfrage.
Das Routing eines (Eingangs-) Signals erfolgt mittels der Taster rechts vom LCD-Display:
"Solo": Vorhören über die Kopfhörerausgänge und Ctrl Room. Das Signal wird über die entsprechenden LED-Kette visualisiert.
"Mute": Schaltet den Kanal stumm.
"Pan": Zur Regelung von Panorama (Monokanal) bzw. Balance (Stereokanal).
"Main": Zuweisung des Inputs zum Main-Bus (Stereosumme).
"Sub 1 - 4": Zuweisung des Inputs zur jeweiligen Subgruppe.
"Link": Kopplung zweier Monokanäle zu einem Stereokanal. Achtung: Bis auf Gain und Phantomspeisung werden die Einstellungen des jeweils anderen Kanals übernommen!
Hier die Übersicht über alle Inputs:
Selektiert man einen Kanal, so fährt der einzig vorhandene (motorisierte) Fader auf dessen Pegel. Feste/dauerhafte Pegelsteller existieren in der Master-Sektion für die Stereosumme, die vier Subgruppen (bzw. alternativ Aux 5 bis Aux 8), alle jeweils beleuchtet. Außerdem für die "Ctrl Room"-Abhöre sowie die beiden (!) Kopfhörerausgänge, alle jeweils unbeleuchtet. Hier kann mit dem Taster "PFL" bestimmt werden, ob das vorgehörte Signal vor oder nach der Pegeleinstellung abgegriffen wird.
In der Master-Sektion lassen sich außerdem die 6 DCAs und die Send-Regler der 4 (ersten) Aux-Wege sowie die beiden Effektwege per beleuchtetem Taster selektieren.
"Aux-FX Mode" dient dazu, den selektierten Kanal den gerade genannten Sends zuzuweisen, "DCA" tut das selbe für die DCA-Gruppen.
"FX Mute" schaltet die beiden internen Effektgeräte stumm. Mit "GEQ" ruft man die grafischen EQs auf. Ein Druck auf "Flat EQ" schaltet den Equalizer des selektierten Kanals auf neutral zurück. "(Tap) Enter" dient einerseits zum Bestätigen von Meldungen, andererseits zur Eingabe des Rhythmus bei Tap-Tempo-Effektprogrammen.
"Parameter Adjust" besteht aus vier Cursortasten und einem beleuchteten Endlos-Drehregler zur Navigation in Menüs, Einstellung von Parametern etc.
"Meter" ruft die Übersicht aller Pegeleinstellungen und Signalpegel auf, über "System" erhält man Zugriff auf die grundlegenden Pulteinstellungen (bzw. bei zweitem Druck die Übersichten aller Signalpfadzuweisungen):
- Umschaltung auf den "8 Aux Mode" (die Subgruppen 1 - 4 werden damit zu den Aux-Wegen 5 - 8)
- Auswahl der beim Hochfahren zu ladenden Szene bzw. FX-Einstellungen (s. u.)
- Startansicht des LCD-Bildschirms ("Long Fader" oder "Mixer Mode", s. o.)
- Helligkeit des Displays und der beleuchteten Fader (s. o.)
- Passwort-Sperre des Pults
Apropos Szenen und Einstellungen: Hier bietet das DMIX-20 internen Speicherplatz für:
- 48 "DSP Channel" (Klangeinstellungen eines Eingangskanals mit EQ und Dynamics)
- 48 "GEQ" (grafischer 31-Band-Equalizer)
- 104 "DFX" (Effekttyp und Parameter des Effektprozessors)
- 24 "Scene" (komplettes Pult-Setup)
Praxistest und Fazit
Beim Einschalten des Pults werden zunächst alle LED-Ketten und Beleuchtungen aktiviert und der Pegel der Eingangskanäle automatisch auf Minimum zurückgefahren (erkennbar am Motorfader), um unliebsame Einschaltgeräusche zu vermeiden . Auf dem LCD-Display erscheint ein Ladebalken, der nach der ca. 7 Sekunden dauernden Bootsequenz von der o. g. Startansicht abgelöst wird. Leider fehlt die umgekehrte Möglichkeit des Herunterfahrens vor dem Ausschalten, so dass man selbst an die korrekte Ausschaltreihenfolge denken muss (angeschlossenes PA-System zuerst!), sonst hört man es ploppen bzw. knacksen. Alle vor dem Abschalten eingestellten Parameter bleiben erhalten, d. h. dazu ist keine Shutdown-Routine notwendig, um nach dem nächsten Einschalten mit dem selben Pult-Setup weiterarbeiten zu können.Generell ist im Vergleich zu Mischpulten mit eigenen Fadern pro Eingangskanal eine deutliche Umgewöhnung der Bedienweise notwendig, zumindest bis man mit dem Konzept vertraut ist. Auch am Ende des 5-wöchigen Testzeitraums hatte ich den Eindruck, etwas weniger schnell agieren zu können und mich etwas schlechter zurechtzufinden als bei meinem gewohnten Allen&Heath Q-16, wobei der Vergleich natürlich unfair ist, da es sich um zwei grundverschiedene Geräte unterschiedlicher Preisklassen handelt. Der Kompaktheit des Pults geschuldet ist die Tatsache, dass Drehpotis anstatt Fader zum Einsatz kommen, speziell für die Ausspielwege. Deshalb muss man den Touch Screen im Auge behalten und ggf. dort auf die kleinere und etwas unübersichtliche "Mixer Mode"-Darstellung umschalten oder umständlich mit den Cursortasten scrollen.
An der Signalqualität gibt es nichts auszusetzen, hier verhält sich das DMIX-20 absolut unauffällig. Ebenso lief das Pult während des Testzeitraums absolut stabil, sowohl im Heimstudio, als auch im Proberaum und bei einem Gig meiner Coverband.
Wirklich erstaunlich ist, welche Funktionsvielfalt sich in der relativ kleinen Bauform verbirgt. Vor ein paar Jahren noch waren bis zu 8 (!) Aux-Wege, 2 Kopfhöreranschlüsse und mehrere LED-Ketten selbst bei großen FOH-Pulten der Mittelklasse alles andere als selbstverständlich . Vermisst habe ich hardwareseitig nur den obligatorischen Anschluss für eine Schwanenhalslampe.
Für welche Zielgruppe ist das Pult geeignet? Hier sehe ich sinnvolle Einsatzmöglichkeiten zum einen in Festinstallationen aber auch bei kleinen Formationen, die Gigs in immer ähnlichen Setups bzw. Venues bestreiten. Außerdem könnte ich mir bei nachgerüsteter 32-Kanal-Input/Output-Karte das DMIX-20 sehr gut als Herzstück eines (kleinen) Studios vorstellen.
- Eigenschaft
Grund: Bilder aus Album verlinkt
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