mk1967
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Moin ,
in Internet-Auktionen und auf Fanseiten kann man sich davon überzeugen, daß eine Sorte von Squier-Gitarren aus den Jahren 1982-1984 ein bestimmter Ruf umweht: die JV-Serie, meist als "Japan Vintage" übersetzt. In der Tat ist Squier eben nicht gleich Squier: in 30 Jahren sind unter diesem Namen Instrumente sehr unterschiedlicher Qualität erschienen.
Was speziell die JV-Teile angeht, so schwärmen meistens Gitarristen von ihren Strats, selten (und folglich teurer) werden Teles angeboten. Aber auch Bassisten hat die Firma Fender unter dem Namen Squier mit JVs bedient. Standesgemäß wurden da natürlich Kopien von Fender-Bässen gebaut: passend zu ihrer typischen Verbreitung sind heute gebraucht meistens Precisions zu bekommen (ganz selten zu sein scheint mir ein "contemporary"-Typ mit PJ-Pickupkombination); schon seltener (und auch teurer) als Precisions sind Jazz Bässe.
Um vier Kandidaten dieser Spezies dreht sich's hier. (Über einzelne Charakteristika habe ich mich anderswo im Forum mal verbreitet; aber ich dachte mir, das ist für Leute, die sich nach einem JV-Jazz umsehen, so fragmentarisch und auch so schwer zu finden, daß es schlau ist, das hier mal zusammenzufassen.) Warum vier und warum gerade diese vier - das ist eine eigene Geschichte.
Die vier Testkandidaten
Alles hat bei mir 1987 angefangen mit dem 1984er, den wir hier einfach mal "den Fretless" nennen wollen; mein Vorbesitzer hatte ihn von einem Gitarrenbauer grätenfrei machen lassen. (Ab Werk baute Squier in der JV-Serie meines Wissens nur bundierte Bässe.)
Ob seiner schönen Eigenschaften hatte ich immer damit geliebäugelt, mir auch die bundierte Version zuzulegen; hatte es aber lange verschlafen, mich mal konkret umzusehen. Daß selbst innerhalb dieser Bauserie Jazz Bass nicht gleich Jazz Bass ist, habe ich während meiner Suche dann auch gemerkt. Offensichtlich unterscheiden sie sich nicht nur in Details der Holzkonstruktion, sondern womöglich ein klein wenig auch in den elektrischen Eigenschaften der Tonabnehmer.
Unser zweiter Kandidat ist einer gleichfalls von 1984, der dem Fretless zum Verwechseln ähnlich sieht, bis auf den Umstand, daß er bundiert ist. Nennen wir ihn mal den bundierten Sunburst.
Der dritte Kandidat (von 1983) ist ebenfalls bundiert, unterscheidet sich allerdings in Kleinigkeiten (siehe unten) von den anderen. Da seine ursprünglich rein weiße, inzwischen leicht patina-weiße Farbe das auffälligste Merkmal ist, nennen wir ihn mal den bundierten Weißen.
Unser Exot, wieder Sunburst, wieder von 1984, ist derjenige, auf den ich bei meiner Bund-Bass-Suche als erstes gestoßen war (um dann zu erfahren, daß es nicht reicht, einfach passive Fender-Custom-Shop-PUs einzubauen und auf das gesuchte Klangerlebnis zu hoffen). Die alten Tonabnehmer waren nämlich weg; einer meiner Vorbesitzer hatte den Bass vermutlich irgendann in den 80er Jahren mit EMG-PUs und einer Aktivelektronik mit Zweiband-Klangregelung beglückt. Damals machte man so was noch . Nennen wir ihn hier mal den EMG-Bass.
An diesem Kandidaten ließ sich also erkunden, wie solch ein Schätzchen mit alten aktiven und mit neuen Custom-Shop-Tonabnehmern klingt. Die anderen drei haben alle offenbar noch ihre Ursprungs-Bestückung. Beim Fretless weiß ich es, bei den anderen bin ich mir ziemlich sicher.
Squier ist nicht gleich Squier, und auch JV ist nicht gleich JV
Alle vier Bässe stammen also aus der sog. JV-Serie, die 1982-84 gebaut wurde und mit der Fender/Squier eine auffallende Duftmarke setzte: offenbar schlugen die Instrumente ein wie eine Bombe, weil man endlich waschecht Fenderiges zu guten Preisen bekam. Teilweise (so kann man lesen) wurden Teile aus US-Produktion in Japan zusammengesetzt; in anderen Fällen wurden die Einzelteile wohl in Japan hergestellt (was sicher nicht schlecht war - die Jungs und Mädels in der dortigen Gitarrenschmiede verstanden ihr Handwerk).
JV-Bässe (und -Gitarren) gab es offenbar in zwei Kategorien. Zum einen das "Domestic"-Modell: wohl für den japanischen Markt gebaut. Darunter fällt unser bundierter Weißer. Zum anderen gab es das Export-Modell - darunter fallen die anderen drei Kandidaten. Man kann vielfach lesen, daß die Export-Serie die bessere gewesen sei. Was da dran ist - wir werden es sehen.
Äußerlich am schnellsten unterscheiden kann man beide Serien übrigens an der Form und Funktion der Mechaniken: beim Export-Modell sind es Nachbauten der 60er-Jahre-Mechaniken mit schlankeren Flügeln, die man zum Hochstimmen im Uhrzeigersinn dreht. Bei Domestics sind es die etwas größeren Flügel der 70er Jahre mit Hochstimmen gegen den Uhrzeigersinn.
Grundsätzlich erinnere ich mich, Mitte der 80er neugierig Musikläden abgeklappert und dort schüchtern viele neue Fender-(US)- und Squier-(Japan)-Bässe gespielt zu haben, die ich mir nicht leisten konnte . Zwar im allgemeinen unverstärkt und nur aus Neugierde; aber vom Spielgefühl her gab es keine merklichen Unterschiede. Das nur mal vorab: man merkte damals schon nach ein paar Tönen, daß Squier mit den JVs 1a-Qualität lieferte . Das war später auch mal anders; jedenfalls im Vergleich zu Fender-Originalen.
Hölzernes und Metallenes
Die Konstruktion orientiert sich am klassischen 1962er Jazz Bass, also dem berühmten Pre-CBS-Instrument. Korpus aus relativ leichter Erle, aufgeschraubter Hals aus Ahorn mit liegenden Jahresringen (also offenbar klanglich einen Tick weicher, als wenn sie stünden), Palisandergriffbrett (zwangsläufig auch bei diesem Fretless). Vierpunkt-Halsbefestigung, Halsstabmutter auf der Korpusseite. Nur der weiße Domestic-Bass hat dort eine kleine Aussparung, um leichter an die Mutter zu kommen, das bringt einen allerdings auch nicht viel weiter. Auch hier wie bei den drei anderen Bässen muß man zum Verstellen der Mutter die vier Halsschrauben zumindest ein Stück weit lösen, um den Hals etwas aus der Fräsung zu heben. So ist es nun mal bei diesen Kopien alter Jazz-Bässe.
Apropos Halskrümmung - da hat der weiße Domestic eine Besonderheit zu bieten: selbst wenn ich die Halsmutter ganz locker machte, war der Hals mit 045-105er Saiten nämlich noch zu gerade. Für Normalverbraucher wäre die Krümmung wahrscheinlich zu stark gewesen, aber da ich gern hart anschlage, brauche ich auch einen etwas "krümmeren" Hals. Der Ausweg war bisher, einfach Rotosound Swing Bass 050-110 aufzuziehen, seither ist Ruhe .
Bei der Ausführung der Holzarbeiten hat es vor gut 30 Jahren offenbar Toleranzen gegeben: Während beim Fretless und beim EMG-Bass alles tadellos geraten ist, sitzt der Steg beim bundierten Sunburst nicht exakt mittig, sondern (wenn man den Bass spielt, aus Sicht des Spielers) etwas zu weit "oben". Ein paar Millimeter reichen da schon, und man sieht es am eeeetwas schiefen Verlauf der Saiten über das Griffbrett.
Beim weißen Domestic wiederum scheint mir die Halstasche nicht exakt dimensioniert, einen Tick zu "weit"; zwischen Hals und Halstasche sieht man auf der Seite der E-Saite eine deutliche Fuge.
Najjjjja. Ob sich's aufs Sustain auswirkt? Siehe unten.
Obendrein scheint mir der Hals beim Domestic nicht ganz gerade eingebaut zu sein. Die Saiten laufen also auch hier etwas "schief" über das Griffbrett.
Was das Halsprofil angeht, gibt es keine großen Unterschiede. Nur die Griffbrettwölbung scheint mir beim weißen Domestic einen Tick flacher zu sein, beim EMG-Export eine Winzigkeit gewölbter als bei den beiden passiven Sunbursts.
Das Metall ist weitgehend wie gewohnt - verchromter Blechwinkel-Steg, Standard-Gurtknöpfe, offene Mechaniken. Ihre Funktion erfüllen beide Bauformen gut, die bei den Export-Bässen vielleicht noch etwas besser.
Beim Steg gibt es originelle Unterschiede: Beim weißen Domestic werden die Madenschrauben der Böckchen mit einem kleinen Imbus-Schlüssel verstellt, der Steg sieht im Ganzen erheblich "billiger" aus (ob sich das auf den Klang auswirkt - siehe unten).
Bei EMG-Bass und bundiertem Sunburst haben wir es mit geriffelten Böckchen zu tun (sodaß man die schiefe Saitenführung durch den schlecht plazierten Steg beim bundierten Sunburst weitgehend ausgleichen kann). Die anderen beiden haben keine Riffelungen.
Zusätze wie die als Schubladengriffe und Aschenbecher bekannten Chromabdeckungen für die Tonabnehmer hat sich Fender/Squier bei diesen Bässen gespart; auch die Daumenstütze fehlte direkt ab Werk. Die meisten Bassisten hätten sie damals ohnehin direkt wieder abmontiert. In den 80ern wurde ja geslappt, was das Zeug hielt, und auch beim Anschlagen nahe der Brücke wären die Dinger im Weg gewesen.
Gewichtsmäßig gibt es kleine Unterschiede: der Fretless und der EMG wiegen jeweils 4,2 Kilo, der bundierte Weiße und der Sunburst sind 200 g schwerer.
Grätenfrei gemacht wurde unser Fretless also nachträglich von meinem Vorbesitzer, irgendwann zwischen 1984 und 87. Der Gitarrenbauer setzte Bundmarkierungen aus hellem Holz ein. Das Palisandergriffbrett wurde inzwischen mehrere Male abgerichtet - da ich des Klangs wegen nur ungeschliffene Saiten spiele, mußte das Holz einiges mitmachen. Aber es geht durchaus, sogar mit Stahlsaiten - wenn die Substanz irgendwann aufgezehrt ist und ein neues Griffbrett draufmuß, würde ich soweit wie möglich dieselbe Holzsorte wieder nehmen. Der Klang lohnt es einfach.
Die Saitenlage könnte dem einen oder der anderen hoch vorkommen - stimmt, ich habe sie bewußt höher gedreht, damit man etwas mehr zulangen kann, ohne daß es schnarrt. Dann gefällt mir der Klang besser - er hat mehr Saft.
Tonabnehmer und Elektronik
Über Tonabnehmer und ihre Position braucht man sich nicht groß zu verbreiten: bei den passiven Bässen zwei Single-Coils - dabei sitzt der hintere in der 60er-Jahre-Position, also etwas weiter weg vom Steg als bei 70er-Jahre-Bässen. Mit Folgen für den Klang.
Standesgemäß wurden die Squier-JV-Bässe mit klassischer Passiv-Elektronik geliefert: ein Lautstärkeregler für jeden Tonabnehmer, auch mit dem schon von Fender her gewohnten ungleichmäßigen Regelweg , dazu die passive Höhenblende, auch ungleichmäßig. Wer wollte, konnte deren Intensität ändern, indem er einen anderen Kondensator einlötete. Daran habe ich allerdings nie gedacht; die Höhenblende der Testkandidaten ist praxisgerecht, man bekommt in praktisch allen Stellungen sinnvolle Klänge.
Unser EMG-Ausreißer wurde also irgendwann mit Aktiv-PUs versehen. Offenbar waren hier handwerklich versierte Leute am Werk. Die Elektronik inkl. eines kleinen Vorverstärker-Blöckchens ließ sich problemlos im Elektronikfach unterbringen.
Nur für die 9-V-Batterie bekam der Korpus auf der Rückseite ein zusätzliches Fach, schwarze Metallausführung, auch optisch gut gemacht.
Die vier Öffnungen der Chromplatte wurden von den Reglern belegt, die Klinkenbuchse wanderte deshalb in eine zusätzliche Fräsung an der unteren Zarge, wo sie aber kaum ins Auge fällt. Für die Augen immerhin war der Stilbruch also durchaus gelungen.
Ob die Elektronik in einem kleinen Metallblöckchen ohne Aufschrift auch von EMG stammt, habe ich nicht herausfinden können - auch eine Anfrage hier im Forum hat vor Jahren nichts ergeben.
Jedenfalls bietet sie (neben einem Trimmer am Gehäuse, dessen Funktion ich mir nicht erklären kann) je einen Regler für Tiefen und Höhen, die beide ziemlich rabiat ins Geschehen eingreifen. Besonders mit dem Höhenregler ist von Mumpf-Klang bis hin zu aggressiven Höhen und Höchst-Mitten alles machbar - wobei der Regelweg aber auch hier gleichmäßiger sein könnte. Der Tiefenregler hat ebenfalls einen ziemlich weiten und intensiven Betätigungsbereich. Nicht in allen Positionen klingt das gut, zu weit rausgedrehte Bässe sind allenfalls sinnvoll, wenn man mit einem hoffnungslos matschenden Verstärker zu tun hat. Während man mit dem Höhenregler nach Gusto herumspielen kann, würde ich den Tiefenregler also vorwiegend pragmatisch einsetzen: um den Klang unterschiedlichen Verstärkercharakteristika anzupassen.
Zeitweise hatte ich diesen Bass also mit passiven Fender-Custom-Shop-PUs ausrüsten lassen. Die ließen sich ohne weiteres in die bestehenden Fräsungen einbauen (die Aktivelektronik flog auch raus, zugunsten der klassischen passiven).
"Uli's Musik" in Köln-Ehrenfeld hat das übrigens äußerst akkurat und sehr schön gemacht.
Daß ich die Fender-PUs wieder aus- und die EMGs samt Elektronik wieder eingebaut habe, hatte nur den Grund, daß ich an den "bundierten Weißen" gekommen war und dessen PUs für meinen Geschmack einfach ungleich besser, knurriger klangen als die Fender-Customs - sodaß ich letztere nicht mehr brauchte. Da reizte mich die Geschichte mit den aktiven EMGs dann plötzlich doch wieder - außerdem wollte ich das leere Chromblech in der Zarge nicht länger anstarren müssen .
Spielgefühl und Bespielbarkeit
Wie schon erwähnt, unterschieden sich diese Früh-80er-Squier-Bässe nach meinem damaligen Eindruck nicht sonderlich von den gleich alten Fender-Instrumenten. Bei den drei Export-Modellen geht für meine Begriffe die Sonne auf: extrem handlicher Hals (schöne Breite, schöne Dicke), angenehme Griffbrett-Wölbung: nicht zu flach, besonders beim einen Tick stärker gewölbten EMG einfach nur klasse . Das merkt man spätestens dann, wenn man slapt und mit dem Zeigefinger unter die D-Saite fassen will. Durch die eeeeetwas herausgehobene Lage der Saite kommt man einfach viel leichter dran.
Dazu die bekannte Korpusform. Man kommt problemlos bis zum 20. Bund hoch. Ausbalanciert sind die Instrumente ohnehin, und man kann auch lange stehend mit ihnen zurechtkommen. Im Vergleich zu den teuren Fender Custom-Shop-Bässen von heute, die ich mal auf der Frankfurter Musikmesse in den Fingern hatte, habe ich bei den drei JV-Exports rein begrabbeltechnisch keine merklich schlechtere Qualität wahrgenommen.
Beim weißen Domestic gefällt mir das Spielgefühl nicht so. Er bleibt doch hinter den anderen dreien zurück und erinnert mich ständig an etwas "billigere" Kopien. Ok, das ist immer noch Gejammer auf hohem Niveau.
Wer den Jazz Bass kennt und schon mal einen gut eingestellten in den Fingern hatte, weiß beim Punkt Bespielbarkeit Bescheid: absolut flockig und angenehm.
Und wie klingen sie??
Unverstärkt gliedern sich die vier Schätzchen in zwei Schubladen: denn der bundierte weiße "Domestic"-Bass scheint aus einem anderen Korpusholz zu bestehen. Der akustisch gespielte Ton ist etwas hochmittig-präsenter, die drei Export-Bässe klingen dagegen samtiger.
Klopft man gegen das Korpusholz, dann klingt der Domestic auch anders: etwas weniger warm. Aber auch die drei Export-Teile unterscheiden sich: den samtigsten Klopf-Klang liefert dabei der EMG-Bass.
Auch am Verstärker haben wir natürlich von vornherein zwei Kategorien: hier die drei passiven und dort den aktiven EMG-Bass. Fangen wir mal mit den passiven an.
Alle passiven klingen gleich? Ja und nein.
Woran die Unterschiede genau liegen, müßte man eruieren, indem man Tonabnehmer wechselweise austauscht und Klänge vergleicht. Dazu fehlen mir allerdings Zeit und Muße. (Oder man mißt die elektrischen Eigenschaften - dazu fehlen mir die Werkstatt und das Wissen .) Deshalb geht es jetzt hier mal um den Ist-Zustand.
Alle Aufnahmen mit der Simpel-Konstellation: Kabel vom jeweiligen Bass direkt rein in die Vorstufe eines 1993er SWR Bass 350, dort die gesamte Klangregelung linear und noch vor dem Master-Lautstärkeregler über XLR-Ausgang rein ins Aufnahmegerät (ein Tascam HD-P2, Line-Eingang mit asymmetrischem Cinch). Audioschnitt dann mit Ardour 4/Linux, aber das tut am Klang ja nichts .
Bei den Audiodateien muß man im Hinterkopf halten, daß die Instrumente für mein Empfinden einander hier viel ähnlicher klingen als in der Praxis am Verstärker. Getestet habe ich das mit dem besagten SWR-Amp und einer Hartke 410XL. Was man hier in den Dateien angedeutet hört, macht sich dort für meine Begriffe zumindest vom Gefühl her viel deutlicher bemerkbar.
Die Klänge hier kommen übrigens im Falle des Fretless und des bundierten Sunburst von ziemlich alten ungeschliffenen Saiten - der drahtige Klang von neuen war noch nie so gaaanz mein Ding. Fast neue Saiten sitzen allerdings auf dem EMG-Bass und dem bundierten Weißen. Auf dem letzteren: die erwähnten Rotosound Swing Bass 050-110, auf allen drei anderen: preiswerte Allerwelts-Saiten 045-105.
Trotz ihrer offenbar unterschiedlichen Korpushölzer scheinen der Fretless und der weiße Domestic auch über den besagten Hartke-Lautsprecher ziemliche Parallelen aufzuweisen - wenn man jedenfalls die Leersaiten und das Verhalten bei unterschiedlichen Anschlagsweisen vergleicht, habe ich mal bei gleich alten Saiten keine wesentlichen Unterschiede gehört.
Speziell als Fretless liefert der Squier JV natürlich die amtlichen Jaco-Pastorius-Klänge. Selbst mit älteren Saiten kommt hier noch der drahtig-aggressive Klang aus dem Lautsprecher, den man von Weather Report oder von der 1976er Solo-LP kennt. Mit halb zugedrehter Höhenblende wird es samtiger, bleibt aber genügend prägnant. Auch hier läßt sich der Hals-PU auf Wunsch mit dazumischen.
Aufgefallen ist mir am Verstärker immer die Skala, die dieser Fretless bedienen kann: je nach Anschlag kann es butterweich oder fast bund-bass-hart werden, und das trotz des weichen Griffbretts. Man kann und sollte dabei alles an Anschlagpositionen auskosten: oberhalb des (gedachten) 14. Bundes läßt sich ebenso was an Charakter herausholen wie zwischen Steg-PU und Brücke - überall dazwischen natürlich ohnehin . Als ich letztens einem fretless-erfahrenen Bassistenkollegen ein bißchen was mit diesem Instrument vorgespielt habe, sagte er spontan: "Der singt - sehr schön!"
Hier käme (wie gesagt, ohne Lautsprecher, direkt aus der Baßvorstufe) der klassische Klang ausschließlich mit Steg-PU. Nach einem bekannten Riff in Bb kommt hier wie auch bei den weiteren Dateien bewußt ein simples Fmaj7-Arpeggio über zwei Oktaven, damit man ein bißchen was von den unterschiedlichen Registern hören und die Bässe vergleichen kann.
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/chicken-squier-steg
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/squier-fretless-steg-auswahl
Wer gerne Kontrabass-Klänge imitieren möchte, kann ziemlich weit kommen, indem er die Saitenlage hochstellt, bei Bedarf noch einen Piezo-PU ins Elektronikfach setzt (in meinem Falle war es vor 25 Jahren ein simpler Rockinger-Piezo für 18 Mark), parallel zu den Magnet-PUs anschließt und vor allem die Saiten zwischen Halsende und Hals-PU anschlägt. Zeitweise habe ich dann auch damit herumprobiert, den Hals-PU ganz aufzudrehen und den Steg-PU nur zur Hälfte, dazu den Piezo zu nehmen. Mit einem weichen Anschlag über dem Griffbrett kann es dann sehr nett klingen, z.B. bei waschechten Bossa Novas oder bei balladesken Stücken.
Hier kommt erst der Steg-PU-, dann dieser gemischte Klang, beide mit zusätzlichem Piezo - Anschlag über dem Korpus nah am Griffbrett-Ende:
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/squier-fretless-walk-erst-steg-dann-mischung-auswahl
Zur Ergänzung noch ein bißchen Rumspielerei auf dem grätenfreien Griffbrett. Egal für welchen Stil, ausgenommen Slap natürlich: Das ist der beste Allround-Bass meiner viel zu großen Sammlung. Der einzige Fretless, den ich kenne, der dem Squier JV Jazz das Wasser reichen kann, ist ein 1993er Vigier Arpège III (über den ich mich hier schon ausgelassen habe) - bekanntermaßen ein absoluter Edel-Bass, der das mehrfache eines Squier kostete.
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/squier-j
Dann kämen wir mal zurück zu den bundierten Bässen. Beide passiven können die typischen Jazz-Bass-Klänge naturgemäß perfekt bedienen.
Der bundierte Sunburst klingt im Vergleich zum weißen Domestic am Verstärker einen Hauch dezenter. Was in den Audiodateien hier nicht so auffällt; und ohnehin haben wir es ja einmal mit alten und einmal mit frischen Saiten zu tun. Mir fehlt beim bundierten Sunburst ein bißchen der sahnig-hochmittige Schmutz im Klang. Der Domestic kann seine Schwächen in der B-Note (Spielgefühl) also beim Klang locker wettmachen.
Erst mal der Jazz-Bass-Klang par excellence: Steg-PU alleine. Hier ist die Höhenblende ganz auf (mir behagt es ansonsten am ehesten, sie eine Viertel- bis halbe Drehung zuzumachen). Erst der weiße (neue Saiten, wie gesagt), dann der Sunburst (steinalte Saiten), Anschlag über dem Steg-PU.
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/wei-steg
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/sunburst-steg-auswahl
Als ich den weißen Domestic das erste Mal auf einer Probe dabeihatte, sagte übrigens die versammelte Mannschaft der Bandkollegen spontan und ungefragt: der klinge ja absolut super. So so. Immerhin sagt das auch was über seine Qualitäten.
Die Fans des Hals-PU bekommen einen Klang, der sich in der Lautstärke nicht merklich vom reinen Steg-PU-Klang unterscheidet - man kann also unbesorgt mal schnell hin und her wechseln. Hier mal nur der Sunburst mit seinen alten Saiten:
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/sunburst-hals
Universell brauchbar ist der Klang beider Tonabnehmer zusammen. Erst der bundierte Weiße, dann der Sunburst.
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/wei-beide
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/sunburst-beide
Das ist natürlich auch die amtliche Justage für Slap-Klänge - wieder erst der weiße mit neuen Saiten, dann der Sunburst mit alten:
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/wei-slap
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/sunburst-slap
Sehr sinnig finde ich bei allen drei passiven Bässen das Verhalten der Höhenblende: wahrscheinlich ist der Kondensator klug definiert, und deshalb kann man (wie oben erwähnt) praktisch in allen Blend-Regler-Stellungen zu guten Ergebnissen kommen. Ganz zugedreht entwickelt sich eine merkwürdige (reizvolle) Betonung der Obertöne: Flageoletts kommen etwas kräftiger, als wenn man die Höhenblende nur zur Hälfte oder zu 2/3 zudreht. Bei hartem Anschlag nah am Steg kann man manchmal sogar die Andeutung eines funkigen Wahwah-Effektes rausholen.
Kleiner Schlenker zu den neuen Fender Custom-Shop-PUs, die ich zeitweise im EMG-Bass drin hatte. Der Eindruck ging so: Sie brachten ein sattes Tiefen-Pfund mit, allerdings fehlte ihnen das hochmittige Timbre, das mir an dem Fretless mit seinen Squier-PUs so gefiel und weswegen ich mich überhaupt auf die Suche nach einem bundierten JV-Bass gemacht hatte. Der besagte Hauch eines Wahwah zum Beispiel: Fehlanzeige.
Der EMG-Bass wiederum liefert mit den aktiven PUs einen dezent "modernisierten" Klang: Schon in relativ neutralen Stellungen der Klangregler merkt man, daß der Steg-PU "sauberer" klingt als bei den Passiv-Bässen: es fehlt der charmante kleine Schuß Dreck in den Hochmitten. Dafür liefern die EMGs deutlich mehr Knister-Höhen. Je nach Höhenreglerstellung (die sich hier in den Kostproben mehr oder weniger um die Mittelstellung herum bewegen) kann man auch hier schöne Klänge herausholen. Relativ neue Saiten, wie gesagt:
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/emg-steg-pizzicato-auswahl
Wer die Steg-PU-Beispiele der passiven Bässe damit vergleicht, wird nur minimale Unterschiede hören. Was mich zum einen grummeln läßt, daß mein Vorbesitzer sich den PU-Tausch in den 80ern wahrlich hätte sparen können, zum anderen - wie schon wiederholt gesagt: Am Amp klingen die EMGs spürbar "sauberer", "gelackter" als die passiven Squier-PUs.
Typische Effekte stellen sich auch bei dem EMGs ein, wenn man beide PUs gleich weit aufdreht:
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/emg-beide-pizzicato-auswahl
Sobald man zu slappen beginnt, gerät dieser Klang am Verstärker (für mein Empfinden) speziell auf der E-Saite nicht so riiiichtig überzeugend - gegen den der Passiv-Bässe jedenfalls fällt er dort deutlich ab. Es sei denn, man mag es gern etwas klinisch-keimfreier. Auch hier spiele ich jetzt mal mit unterschiedlich weit offenem Höhenregler herum: beim zweiten Beispiel ist er brachial aufgerissen.
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/emg-beide-slap-auswahl
Nun gut, das sind also die kleinen Modifikations-Mißgriffe der 80er Jahre, die sich in diesem von Holz und Hardware her erstklassigen Instrument niedergeschlagen haben . Schlecht ist der Klang keineswegs - man muß die unterkühlt-unverbindlichen 80er halt musikalisch mögen (ich mag die wüsten 60er und 70er weit mehr )...
Resümee
Über weite Strecken ist es schon sehr überzeugend, was diese vier Bässe zu bieten haben. Wer das Vergnügen hat, Fender-Originale im Vergleich zu spielen, kann sich selbst ein Bild machen. Vom "unverstärkten" Spielgefühl her konnten die Squier 1983/84 mit den damals neuen Fender-Instrumenten mühelos mithalten - es klebte nur ein anderes Etikett auf der Kopfplatte. (Verstärkt konnte ich damals leider keinen Vergleich ziehen.) Auch die Fender-Custom-Shop-Bässe, die ich vor ein paar Jahren mal auf der Musikmesse gespielt habe, waren nicht besser - und sie kosteten neu das Dreifache von dem, mit dem die alten Squier JVs zu der Zeit gebraucht gehandelt wurden.
Einen weiteren Test am Verstärker habe ich mal machen können - nämlich den Vergleich meines Fretless mit dem Fender Jaco-Pastorius-Bass aus den 90ern: ich würde sagen: allenfalls remis. Besser war der teure Fender auf keinen Fall.
Man kann also - auch wenn Instrumentensammler eine Gänsehaut bekommen - mit dem Gedanken spielen, sich irgendwo gebraucht einen bundierten Squier JV Jazz Bass zu schießen und daraus von einem Gitarrenbauer einen äußerst edlen Allround-Fretless machen zu lassen . Wobei für mein Empfinden gerade die alten Original-PUs das gewisse Etwas zum Klang beisteuern.
Das gilt natürlich auch für die bundierten Bässe. Wie universell ein Jazz Bass einsetzbar ist, dürfte bekannt sein. Dadurch, daß der Steg-PU in der 60er-Jahre-Position sitzt (also einen Zentimeter oder so weiter weg von der Brücke), kann man auch mit diesen JV-Bässen eine ganze Menge machen.
Noch einen Test machen konnten wir neulich im Proberaum über einen kleinen Basscombo mit dem Fretless und einem neuen (bundierten) 300-€-Squier-Jazz. Für seinen Preis schlug sich der neue wacker - allerdings kam er im Ton dann doch nicht mit: es fehlten ihm Wärme, Charakter, Lebendigkeit und vor allem das Vermögen, den Ton wirklich "singen" zu lassen. Ich hatte nicht das Gefühl, Bandkollegen damit auch nur ansatzweise so gepflegt "umsorgen" zu können wie mit einem JV. Zwar kostet ein gebrauchter JV wohl das Dreifache - aber die Mehrausgabe lohnt sich.
Apropos: Um wirklich Belastbares zu sagen, müßte man häufiger Gebrauchtangebote dieser Instrumente finden, aber sie scheinen tatsächlich selten zu sein. Ich würde mal schätzen, 900 Ocken im Schnitt sind eine denkbare Preislage - über 1.100 sollte es schon ein absolutes MINT-Exemplar sein, das man gar nicht mehr loslassen möchte. Allerdings: Generell scheinen mir die Preise über die Jahre hinweg laaaangsam anzuziehen.
Nach meiner Erinnerung kosteten die Nachfolge-Squier dieser JV-Serie um 1987 im kleinen, leider nicht mehr existenten Krefelder Musikladen meiner Wahl neu übrigens 800 Mark (Precision) bzw. 850 (Jazz). Der hatte damals notorisch gute Preise. Umgerechnet auf heutige Kurse (Preisindex von knapp 30 Jahren) und Valuta wären das ca. 630 bzw. 660 Ocken.
Um auch das nachzutragen: Ein aktiver EMG-J-Tonabnehmersatz kostete laut Musik-Produktiv-Preisliste 1988 etwa 350 Mark. Das wären dann heute ungefähr 260 Ocken. Bei allem Reiz, den die Klangregler mit sich bringen - letztlich hätte sich mein Vorbesitzer das Geld wahrlich sparen können . Die Nebengeräusche der passiven Single Coils waren nicht so arg schlimm; und der etwas stromlinienförmige 80er-Jahre-Charakter der EMGs läßt in den Hochmitten obendrein noch zuviel Detailcharakter verlorengehen.
Wer heute an einen gebrauchten JV in der verhunzten, äh modifizierten aktiven Form stößt, sollte dennoch zuschlagen: er bekommt - je nach Güte der Verarbeitung - ein sehr schönes oder sogar ein 1a-Instrument, an dem er lediglich bei Bedarf noch mit unterschiedlichen Passiv-PUs experimentieren muß - wenn er denn die aktiven nicht mag.
Auffallend fand ich also lediglich die Fertigungstoleranzen . Zwar schlägt sich das vor allem optisch nieder, aber ein kleiner Wermutstropfen ist es schon. Wer also einen gebrauchten JV kauft, sollte ihn sich sicherheitshalber genauso gründlich ansehen wie jeden anderen Gebraucht-Kauf-Kandidaten.
Plus
- sehr ausdrucksstarkes Timbre bei Fretless und Domestic-Modell
- sahnig-singender Fretless-Klang
- fabelhaft dreckiger Slap-Klang beim Domestic-Modell
- etwas dezenterer Klang beim bundierten Sunburst
- für den, der's mag: modernerer/sterilerer Klang mit aktiven EMG-PUs
- Spielgefühl der Export-Modelle nah dran an gleich alten Fender-Bässen
Minus
- Verstellen der Halsstabmutter umständlich
- teilweise überstrapazierte Fertigungstoleranzen bei der exakten Positionierung der Brücke
- ungenaue Halstasche beim Domestic-Modell
- Spielgefühl beim Domestic-Modell im Vergleich zu den Export-Modellen weniger edel
- etwas zu wenig tragender Slap-Klang der E-Saite mit aktiven EMG-Pickups
in Internet-Auktionen und auf Fanseiten kann man sich davon überzeugen, daß eine Sorte von Squier-Gitarren aus den Jahren 1982-1984 ein bestimmter Ruf umweht: die JV-Serie, meist als "Japan Vintage" übersetzt. In der Tat ist Squier eben nicht gleich Squier: in 30 Jahren sind unter diesem Namen Instrumente sehr unterschiedlicher Qualität erschienen.
Was speziell die JV-Teile angeht, so schwärmen meistens Gitarristen von ihren Strats, selten (und folglich teurer) werden Teles angeboten. Aber auch Bassisten hat die Firma Fender unter dem Namen Squier mit JVs bedient. Standesgemäß wurden da natürlich Kopien von Fender-Bässen gebaut: passend zu ihrer typischen Verbreitung sind heute gebraucht meistens Precisions zu bekommen (ganz selten zu sein scheint mir ein "contemporary"-Typ mit PJ-Pickupkombination); schon seltener (und auch teurer) als Precisions sind Jazz Bässe.
Um vier Kandidaten dieser Spezies dreht sich's hier. (Über einzelne Charakteristika habe ich mich anderswo im Forum mal verbreitet; aber ich dachte mir, das ist für Leute, die sich nach einem JV-Jazz umsehen, so fragmentarisch und auch so schwer zu finden, daß es schlau ist, das hier mal zusammenzufassen.) Warum vier und warum gerade diese vier - das ist eine eigene Geschichte.
Die vier Testkandidaten
Alles hat bei mir 1987 angefangen mit dem 1984er, den wir hier einfach mal "den Fretless" nennen wollen; mein Vorbesitzer hatte ihn von einem Gitarrenbauer grätenfrei machen lassen. (Ab Werk baute Squier in der JV-Serie meines Wissens nur bundierte Bässe.)
Ob seiner schönen Eigenschaften hatte ich immer damit geliebäugelt, mir auch die bundierte Version zuzulegen; hatte es aber lange verschlafen, mich mal konkret umzusehen. Daß selbst innerhalb dieser Bauserie Jazz Bass nicht gleich Jazz Bass ist, habe ich während meiner Suche dann auch gemerkt. Offensichtlich unterscheiden sie sich nicht nur in Details der Holzkonstruktion, sondern womöglich ein klein wenig auch in den elektrischen Eigenschaften der Tonabnehmer.
Unser zweiter Kandidat ist einer gleichfalls von 1984, der dem Fretless zum Verwechseln ähnlich sieht, bis auf den Umstand, daß er bundiert ist. Nennen wir ihn mal den bundierten Sunburst.
Der dritte Kandidat (von 1983) ist ebenfalls bundiert, unterscheidet sich allerdings in Kleinigkeiten (siehe unten) von den anderen. Da seine ursprünglich rein weiße, inzwischen leicht patina-weiße Farbe das auffälligste Merkmal ist, nennen wir ihn mal den bundierten Weißen.
Unser Exot, wieder Sunburst, wieder von 1984, ist derjenige, auf den ich bei meiner Bund-Bass-Suche als erstes gestoßen war (um dann zu erfahren, daß es nicht reicht, einfach passive Fender-Custom-Shop-PUs einzubauen und auf das gesuchte Klangerlebnis zu hoffen). Die alten Tonabnehmer waren nämlich weg; einer meiner Vorbesitzer hatte den Bass vermutlich irgendann in den 80er Jahren mit EMG-PUs und einer Aktivelektronik mit Zweiband-Klangregelung beglückt. Damals machte man so was noch . Nennen wir ihn hier mal den EMG-Bass.
An diesem Kandidaten ließ sich also erkunden, wie solch ein Schätzchen mit alten aktiven und mit neuen Custom-Shop-Tonabnehmern klingt. Die anderen drei haben alle offenbar noch ihre Ursprungs-Bestückung. Beim Fretless weiß ich es, bei den anderen bin ich mir ziemlich sicher.
Squier ist nicht gleich Squier, und auch JV ist nicht gleich JV
Alle vier Bässe stammen also aus der sog. JV-Serie, die 1982-84 gebaut wurde und mit der Fender/Squier eine auffallende Duftmarke setzte: offenbar schlugen die Instrumente ein wie eine Bombe, weil man endlich waschecht Fenderiges zu guten Preisen bekam. Teilweise (so kann man lesen) wurden Teile aus US-Produktion in Japan zusammengesetzt; in anderen Fällen wurden die Einzelteile wohl in Japan hergestellt (was sicher nicht schlecht war - die Jungs und Mädels in der dortigen Gitarrenschmiede verstanden ihr Handwerk).
JV-Bässe (und -Gitarren) gab es offenbar in zwei Kategorien. Zum einen das "Domestic"-Modell: wohl für den japanischen Markt gebaut. Darunter fällt unser bundierter Weißer. Zum anderen gab es das Export-Modell - darunter fallen die anderen drei Kandidaten. Man kann vielfach lesen, daß die Export-Serie die bessere gewesen sei. Was da dran ist - wir werden es sehen.
Äußerlich am schnellsten unterscheiden kann man beide Serien übrigens an der Form und Funktion der Mechaniken: beim Export-Modell sind es Nachbauten der 60er-Jahre-Mechaniken mit schlankeren Flügeln, die man zum Hochstimmen im Uhrzeigersinn dreht. Bei Domestics sind es die etwas größeren Flügel der 70er Jahre mit Hochstimmen gegen den Uhrzeigersinn.
Grundsätzlich erinnere ich mich, Mitte der 80er neugierig Musikläden abgeklappert und dort schüchtern viele neue Fender-(US)- und Squier-(Japan)-Bässe gespielt zu haben, die ich mir nicht leisten konnte . Zwar im allgemeinen unverstärkt und nur aus Neugierde; aber vom Spielgefühl her gab es keine merklichen Unterschiede. Das nur mal vorab: man merkte damals schon nach ein paar Tönen, daß Squier mit den JVs 1a-Qualität lieferte . Das war später auch mal anders; jedenfalls im Vergleich zu Fender-Originalen.
Hölzernes und Metallenes
Die Konstruktion orientiert sich am klassischen 1962er Jazz Bass, also dem berühmten Pre-CBS-Instrument. Korpus aus relativ leichter Erle, aufgeschraubter Hals aus Ahorn mit liegenden Jahresringen (also offenbar klanglich einen Tick weicher, als wenn sie stünden), Palisandergriffbrett (zwangsläufig auch bei diesem Fretless). Vierpunkt-Halsbefestigung, Halsstabmutter auf der Korpusseite. Nur der weiße Domestic-Bass hat dort eine kleine Aussparung, um leichter an die Mutter zu kommen, das bringt einen allerdings auch nicht viel weiter. Auch hier wie bei den drei anderen Bässen muß man zum Verstellen der Mutter die vier Halsschrauben zumindest ein Stück weit lösen, um den Hals etwas aus der Fräsung zu heben. So ist es nun mal bei diesen Kopien alter Jazz-Bässe.
Apropos Halskrümmung - da hat der weiße Domestic eine Besonderheit zu bieten: selbst wenn ich die Halsmutter ganz locker machte, war der Hals mit 045-105er Saiten nämlich noch zu gerade. Für Normalverbraucher wäre die Krümmung wahrscheinlich zu stark gewesen, aber da ich gern hart anschlage, brauche ich auch einen etwas "krümmeren" Hals. Der Ausweg war bisher, einfach Rotosound Swing Bass 050-110 aufzuziehen, seither ist Ruhe .
Bei der Ausführung der Holzarbeiten hat es vor gut 30 Jahren offenbar Toleranzen gegeben: Während beim Fretless und beim EMG-Bass alles tadellos geraten ist, sitzt der Steg beim bundierten Sunburst nicht exakt mittig, sondern (wenn man den Bass spielt, aus Sicht des Spielers) etwas zu weit "oben". Ein paar Millimeter reichen da schon, und man sieht es am eeeetwas schiefen Verlauf der Saiten über das Griffbrett.
Beim weißen Domestic wiederum scheint mir die Halstasche nicht exakt dimensioniert, einen Tick zu "weit"; zwischen Hals und Halstasche sieht man auf der Seite der E-Saite eine deutliche Fuge.
Najjjjja. Ob sich's aufs Sustain auswirkt? Siehe unten.
Obendrein scheint mir der Hals beim Domestic nicht ganz gerade eingebaut zu sein. Die Saiten laufen also auch hier etwas "schief" über das Griffbrett.
Was das Halsprofil angeht, gibt es keine großen Unterschiede. Nur die Griffbrettwölbung scheint mir beim weißen Domestic einen Tick flacher zu sein, beim EMG-Export eine Winzigkeit gewölbter als bei den beiden passiven Sunbursts.
Das Metall ist weitgehend wie gewohnt - verchromter Blechwinkel-Steg, Standard-Gurtknöpfe, offene Mechaniken. Ihre Funktion erfüllen beide Bauformen gut, die bei den Export-Bässen vielleicht noch etwas besser.
Beim Steg gibt es originelle Unterschiede: Beim weißen Domestic werden die Madenschrauben der Böckchen mit einem kleinen Imbus-Schlüssel verstellt, der Steg sieht im Ganzen erheblich "billiger" aus (ob sich das auf den Klang auswirkt - siehe unten).
Bei EMG-Bass und bundiertem Sunburst haben wir es mit geriffelten Böckchen zu tun (sodaß man die schiefe Saitenführung durch den schlecht plazierten Steg beim bundierten Sunburst weitgehend ausgleichen kann). Die anderen beiden haben keine Riffelungen.
Zusätze wie die als Schubladengriffe und Aschenbecher bekannten Chromabdeckungen für die Tonabnehmer hat sich Fender/Squier bei diesen Bässen gespart; auch die Daumenstütze fehlte direkt ab Werk. Die meisten Bassisten hätten sie damals ohnehin direkt wieder abmontiert. In den 80ern wurde ja geslappt, was das Zeug hielt, und auch beim Anschlagen nahe der Brücke wären die Dinger im Weg gewesen.
Gewichtsmäßig gibt es kleine Unterschiede: der Fretless und der EMG wiegen jeweils 4,2 Kilo, der bundierte Weiße und der Sunburst sind 200 g schwerer.
Grätenfrei gemacht wurde unser Fretless also nachträglich von meinem Vorbesitzer, irgendwann zwischen 1984 und 87. Der Gitarrenbauer setzte Bundmarkierungen aus hellem Holz ein. Das Palisandergriffbrett wurde inzwischen mehrere Male abgerichtet - da ich des Klangs wegen nur ungeschliffene Saiten spiele, mußte das Holz einiges mitmachen. Aber es geht durchaus, sogar mit Stahlsaiten - wenn die Substanz irgendwann aufgezehrt ist und ein neues Griffbrett draufmuß, würde ich soweit wie möglich dieselbe Holzsorte wieder nehmen. Der Klang lohnt es einfach.
Die Saitenlage könnte dem einen oder der anderen hoch vorkommen - stimmt, ich habe sie bewußt höher gedreht, damit man etwas mehr zulangen kann, ohne daß es schnarrt. Dann gefällt mir der Klang besser - er hat mehr Saft.
Tonabnehmer und Elektronik
Über Tonabnehmer und ihre Position braucht man sich nicht groß zu verbreiten: bei den passiven Bässen zwei Single-Coils - dabei sitzt der hintere in der 60er-Jahre-Position, also etwas weiter weg vom Steg als bei 70er-Jahre-Bässen. Mit Folgen für den Klang.
Standesgemäß wurden die Squier-JV-Bässe mit klassischer Passiv-Elektronik geliefert: ein Lautstärkeregler für jeden Tonabnehmer, auch mit dem schon von Fender her gewohnten ungleichmäßigen Regelweg , dazu die passive Höhenblende, auch ungleichmäßig. Wer wollte, konnte deren Intensität ändern, indem er einen anderen Kondensator einlötete. Daran habe ich allerdings nie gedacht; die Höhenblende der Testkandidaten ist praxisgerecht, man bekommt in praktisch allen Stellungen sinnvolle Klänge.
Unser EMG-Ausreißer wurde also irgendwann mit Aktiv-PUs versehen. Offenbar waren hier handwerklich versierte Leute am Werk. Die Elektronik inkl. eines kleinen Vorverstärker-Blöckchens ließ sich problemlos im Elektronikfach unterbringen.
Nur für die 9-V-Batterie bekam der Korpus auf der Rückseite ein zusätzliches Fach, schwarze Metallausführung, auch optisch gut gemacht.
Die vier Öffnungen der Chromplatte wurden von den Reglern belegt, die Klinkenbuchse wanderte deshalb in eine zusätzliche Fräsung an der unteren Zarge, wo sie aber kaum ins Auge fällt. Für die Augen immerhin war der Stilbruch also durchaus gelungen.
Ob die Elektronik in einem kleinen Metallblöckchen ohne Aufschrift auch von EMG stammt, habe ich nicht herausfinden können - auch eine Anfrage hier im Forum hat vor Jahren nichts ergeben.
Jedenfalls bietet sie (neben einem Trimmer am Gehäuse, dessen Funktion ich mir nicht erklären kann) je einen Regler für Tiefen und Höhen, die beide ziemlich rabiat ins Geschehen eingreifen. Besonders mit dem Höhenregler ist von Mumpf-Klang bis hin zu aggressiven Höhen und Höchst-Mitten alles machbar - wobei der Regelweg aber auch hier gleichmäßiger sein könnte. Der Tiefenregler hat ebenfalls einen ziemlich weiten und intensiven Betätigungsbereich. Nicht in allen Positionen klingt das gut, zu weit rausgedrehte Bässe sind allenfalls sinnvoll, wenn man mit einem hoffnungslos matschenden Verstärker zu tun hat. Während man mit dem Höhenregler nach Gusto herumspielen kann, würde ich den Tiefenregler also vorwiegend pragmatisch einsetzen: um den Klang unterschiedlichen Verstärkercharakteristika anzupassen.
Zeitweise hatte ich diesen Bass also mit passiven Fender-Custom-Shop-PUs ausrüsten lassen. Die ließen sich ohne weiteres in die bestehenden Fräsungen einbauen (die Aktivelektronik flog auch raus, zugunsten der klassischen passiven).
"Uli's Musik" in Köln-Ehrenfeld hat das übrigens äußerst akkurat und sehr schön gemacht.
Daß ich die Fender-PUs wieder aus- und die EMGs samt Elektronik wieder eingebaut habe, hatte nur den Grund, daß ich an den "bundierten Weißen" gekommen war und dessen PUs für meinen Geschmack einfach ungleich besser, knurriger klangen als die Fender-Customs - sodaß ich letztere nicht mehr brauchte. Da reizte mich die Geschichte mit den aktiven EMGs dann plötzlich doch wieder - außerdem wollte ich das leere Chromblech in der Zarge nicht länger anstarren müssen .
Spielgefühl und Bespielbarkeit
Wie schon erwähnt, unterschieden sich diese Früh-80er-Squier-Bässe nach meinem damaligen Eindruck nicht sonderlich von den gleich alten Fender-Instrumenten. Bei den drei Export-Modellen geht für meine Begriffe die Sonne auf: extrem handlicher Hals (schöne Breite, schöne Dicke), angenehme Griffbrett-Wölbung: nicht zu flach, besonders beim einen Tick stärker gewölbten EMG einfach nur klasse . Das merkt man spätestens dann, wenn man slapt und mit dem Zeigefinger unter die D-Saite fassen will. Durch die eeeeetwas herausgehobene Lage der Saite kommt man einfach viel leichter dran.
Dazu die bekannte Korpusform. Man kommt problemlos bis zum 20. Bund hoch. Ausbalanciert sind die Instrumente ohnehin, und man kann auch lange stehend mit ihnen zurechtkommen. Im Vergleich zu den teuren Fender Custom-Shop-Bässen von heute, die ich mal auf der Frankfurter Musikmesse in den Fingern hatte, habe ich bei den drei JV-Exports rein begrabbeltechnisch keine merklich schlechtere Qualität wahrgenommen.
Beim weißen Domestic gefällt mir das Spielgefühl nicht so. Er bleibt doch hinter den anderen dreien zurück und erinnert mich ständig an etwas "billigere" Kopien. Ok, das ist immer noch Gejammer auf hohem Niveau.
Wer den Jazz Bass kennt und schon mal einen gut eingestellten in den Fingern hatte, weiß beim Punkt Bespielbarkeit Bescheid: absolut flockig und angenehm.
Und wie klingen sie??
Unverstärkt gliedern sich die vier Schätzchen in zwei Schubladen: denn der bundierte weiße "Domestic"-Bass scheint aus einem anderen Korpusholz zu bestehen. Der akustisch gespielte Ton ist etwas hochmittig-präsenter, die drei Export-Bässe klingen dagegen samtiger.
Klopft man gegen das Korpusholz, dann klingt der Domestic auch anders: etwas weniger warm. Aber auch die drei Export-Teile unterscheiden sich: den samtigsten Klopf-Klang liefert dabei der EMG-Bass.
Auch am Verstärker haben wir natürlich von vornherein zwei Kategorien: hier die drei passiven und dort den aktiven EMG-Bass. Fangen wir mal mit den passiven an.
Alle passiven klingen gleich? Ja und nein.
Woran die Unterschiede genau liegen, müßte man eruieren, indem man Tonabnehmer wechselweise austauscht und Klänge vergleicht. Dazu fehlen mir allerdings Zeit und Muße. (Oder man mißt die elektrischen Eigenschaften - dazu fehlen mir die Werkstatt und das Wissen .) Deshalb geht es jetzt hier mal um den Ist-Zustand.
Alle Aufnahmen mit der Simpel-Konstellation: Kabel vom jeweiligen Bass direkt rein in die Vorstufe eines 1993er SWR Bass 350, dort die gesamte Klangregelung linear und noch vor dem Master-Lautstärkeregler über XLR-Ausgang rein ins Aufnahmegerät (ein Tascam HD-P2, Line-Eingang mit asymmetrischem Cinch). Audioschnitt dann mit Ardour 4/Linux, aber das tut am Klang ja nichts .
Bei den Audiodateien muß man im Hinterkopf halten, daß die Instrumente für mein Empfinden einander hier viel ähnlicher klingen als in der Praxis am Verstärker. Getestet habe ich das mit dem besagten SWR-Amp und einer Hartke 410XL. Was man hier in den Dateien angedeutet hört, macht sich dort für meine Begriffe zumindest vom Gefühl her viel deutlicher bemerkbar.
Die Klänge hier kommen übrigens im Falle des Fretless und des bundierten Sunburst von ziemlich alten ungeschliffenen Saiten - der drahtige Klang von neuen war noch nie so gaaanz mein Ding. Fast neue Saiten sitzen allerdings auf dem EMG-Bass und dem bundierten Weißen. Auf dem letzteren: die erwähnten Rotosound Swing Bass 050-110, auf allen drei anderen: preiswerte Allerwelts-Saiten 045-105.
Trotz ihrer offenbar unterschiedlichen Korpushölzer scheinen der Fretless und der weiße Domestic auch über den besagten Hartke-Lautsprecher ziemliche Parallelen aufzuweisen - wenn man jedenfalls die Leersaiten und das Verhalten bei unterschiedlichen Anschlagsweisen vergleicht, habe ich mal bei gleich alten Saiten keine wesentlichen Unterschiede gehört.
Speziell als Fretless liefert der Squier JV natürlich die amtlichen Jaco-Pastorius-Klänge. Selbst mit älteren Saiten kommt hier noch der drahtig-aggressive Klang aus dem Lautsprecher, den man von Weather Report oder von der 1976er Solo-LP kennt. Mit halb zugedrehter Höhenblende wird es samtiger, bleibt aber genügend prägnant. Auch hier läßt sich der Hals-PU auf Wunsch mit dazumischen.
Aufgefallen ist mir am Verstärker immer die Skala, die dieser Fretless bedienen kann: je nach Anschlag kann es butterweich oder fast bund-bass-hart werden, und das trotz des weichen Griffbretts. Man kann und sollte dabei alles an Anschlagpositionen auskosten: oberhalb des (gedachten) 14. Bundes läßt sich ebenso was an Charakter herausholen wie zwischen Steg-PU und Brücke - überall dazwischen natürlich ohnehin . Als ich letztens einem fretless-erfahrenen Bassistenkollegen ein bißchen was mit diesem Instrument vorgespielt habe, sagte er spontan: "Der singt - sehr schön!"
Hier käme (wie gesagt, ohne Lautsprecher, direkt aus der Baßvorstufe) der klassische Klang ausschließlich mit Steg-PU. Nach einem bekannten Riff in Bb kommt hier wie auch bei den weiteren Dateien bewußt ein simples Fmaj7-Arpeggio über zwei Oktaven, damit man ein bißchen was von den unterschiedlichen Registern hören und die Bässe vergleichen kann.
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/chicken-squier-steg
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/squier-fretless-steg-auswahl
Wer gerne Kontrabass-Klänge imitieren möchte, kann ziemlich weit kommen, indem er die Saitenlage hochstellt, bei Bedarf noch einen Piezo-PU ins Elektronikfach setzt (in meinem Falle war es vor 25 Jahren ein simpler Rockinger-Piezo für 18 Mark), parallel zu den Magnet-PUs anschließt und vor allem die Saiten zwischen Halsende und Hals-PU anschlägt. Zeitweise habe ich dann auch damit herumprobiert, den Hals-PU ganz aufzudrehen und den Steg-PU nur zur Hälfte, dazu den Piezo zu nehmen. Mit einem weichen Anschlag über dem Griffbrett kann es dann sehr nett klingen, z.B. bei waschechten Bossa Novas oder bei balladesken Stücken.
Hier kommt erst der Steg-PU-, dann dieser gemischte Klang, beide mit zusätzlichem Piezo - Anschlag über dem Korpus nah am Griffbrett-Ende:
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/squier-fretless-walk-erst-steg-dann-mischung-auswahl
Zur Ergänzung noch ein bißchen Rumspielerei auf dem grätenfreien Griffbrett. Egal für welchen Stil, ausgenommen Slap natürlich: Das ist der beste Allround-Bass meiner viel zu großen Sammlung. Der einzige Fretless, den ich kenne, der dem Squier JV Jazz das Wasser reichen kann, ist ein 1993er Vigier Arpège III (über den ich mich hier schon ausgelassen habe) - bekanntermaßen ein absoluter Edel-Bass, der das mehrfache eines Squier kostete.
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/squier-j
Dann kämen wir mal zurück zu den bundierten Bässen. Beide passiven können die typischen Jazz-Bass-Klänge naturgemäß perfekt bedienen.
Der bundierte Sunburst klingt im Vergleich zum weißen Domestic am Verstärker einen Hauch dezenter. Was in den Audiodateien hier nicht so auffällt; und ohnehin haben wir es ja einmal mit alten und einmal mit frischen Saiten zu tun. Mir fehlt beim bundierten Sunburst ein bißchen der sahnig-hochmittige Schmutz im Klang. Der Domestic kann seine Schwächen in der B-Note (Spielgefühl) also beim Klang locker wettmachen.
Erst mal der Jazz-Bass-Klang par excellence: Steg-PU alleine. Hier ist die Höhenblende ganz auf (mir behagt es ansonsten am ehesten, sie eine Viertel- bis halbe Drehung zuzumachen). Erst der weiße (neue Saiten, wie gesagt), dann der Sunburst (steinalte Saiten), Anschlag über dem Steg-PU.
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/wei-steg
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/sunburst-steg-auswahl
Als ich den weißen Domestic das erste Mal auf einer Probe dabeihatte, sagte übrigens die versammelte Mannschaft der Bandkollegen spontan und ungefragt: der klinge ja absolut super. So so. Immerhin sagt das auch was über seine Qualitäten.
Die Fans des Hals-PU bekommen einen Klang, der sich in der Lautstärke nicht merklich vom reinen Steg-PU-Klang unterscheidet - man kann also unbesorgt mal schnell hin und her wechseln. Hier mal nur der Sunburst mit seinen alten Saiten:
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/sunburst-hals
Universell brauchbar ist der Klang beider Tonabnehmer zusammen. Erst der bundierte Weiße, dann der Sunburst.
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/wei-beide
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/sunburst-beide
Das ist natürlich auch die amtliche Justage für Slap-Klänge - wieder erst der weiße mit neuen Saiten, dann der Sunburst mit alten:
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/wei-slap
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/sunburst-slap
Sehr sinnig finde ich bei allen drei passiven Bässen das Verhalten der Höhenblende: wahrscheinlich ist der Kondensator klug definiert, und deshalb kann man (wie oben erwähnt) praktisch in allen Blend-Regler-Stellungen zu guten Ergebnissen kommen. Ganz zugedreht entwickelt sich eine merkwürdige (reizvolle) Betonung der Obertöne: Flageoletts kommen etwas kräftiger, als wenn man die Höhenblende nur zur Hälfte oder zu 2/3 zudreht. Bei hartem Anschlag nah am Steg kann man manchmal sogar die Andeutung eines funkigen Wahwah-Effektes rausholen.
Kleiner Schlenker zu den neuen Fender Custom-Shop-PUs, die ich zeitweise im EMG-Bass drin hatte. Der Eindruck ging so: Sie brachten ein sattes Tiefen-Pfund mit, allerdings fehlte ihnen das hochmittige Timbre, das mir an dem Fretless mit seinen Squier-PUs so gefiel und weswegen ich mich überhaupt auf die Suche nach einem bundierten JV-Bass gemacht hatte. Der besagte Hauch eines Wahwah zum Beispiel: Fehlanzeige.
Der EMG-Bass wiederum liefert mit den aktiven PUs einen dezent "modernisierten" Klang: Schon in relativ neutralen Stellungen der Klangregler merkt man, daß der Steg-PU "sauberer" klingt als bei den Passiv-Bässen: es fehlt der charmante kleine Schuß Dreck in den Hochmitten. Dafür liefern die EMGs deutlich mehr Knister-Höhen. Je nach Höhenreglerstellung (die sich hier in den Kostproben mehr oder weniger um die Mittelstellung herum bewegen) kann man auch hier schöne Klänge herausholen. Relativ neue Saiten, wie gesagt:
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/emg-steg-pizzicato-auswahl
Wer die Steg-PU-Beispiele der passiven Bässe damit vergleicht, wird nur minimale Unterschiede hören. Was mich zum einen grummeln läßt, daß mein Vorbesitzer sich den PU-Tausch in den 80ern wahrlich hätte sparen können, zum anderen - wie schon wiederholt gesagt: Am Amp klingen die EMGs spürbar "sauberer", "gelackter" als die passiven Squier-PUs.
Typische Effekte stellen sich auch bei dem EMGs ein, wenn man beide PUs gleich weit aufdreht:
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/emg-beide-pizzicato-auswahl
Sobald man zu slappen beginnt, gerät dieser Klang am Verstärker (für mein Empfinden) speziell auf der E-Saite nicht so riiiichtig überzeugend - gegen den der Passiv-Bässe jedenfalls fällt er dort deutlich ab. Es sei denn, man mag es gern etwas klinisch-keimfreier. Auch hier spiele ich jetzt mal mit unterschiedlich weit offenem Höhenregler herum: beim zweiten Beispiel ist er brachial aufgerissen.
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/emg-beide-slap-auswahl
Nun gut, das sind also die kleinen Modifikations-Mißgriffe der 80er Jahre, die sich in diesem von Holz und Hardware her erstklassigen Instrument niedergeschlagen haben . Schlecht ist der Klang keineswegs - man muß die unterkühlt-unverbindlichen 80er halt musikalisch mögen (ich mag die wüsten 60er und 70er weit mehr )...
Resümee
Über weite Strecken ist es schon sehr überzeugend, was diese vier Bässe zu bieten haben. Wer das Vergnügen hat, Fender-Originale im Vergleich zu spielen, kann sich selbst ein Bild machen. Vom "unverstärkten" Spielgefühl her konnten die Squier 1983/84 mit den damals neuen Fender-Instrumenten mühelos mithalten - es klebte nur ein anderes Etikett auf der Kopfplatte. (Verstärkt konnte ich damals leider keinen Vergleich ziehen.) Auch die Fender-Custom-Shop-Bässe, die ich vor ein paar Jahren mal auf der Musikmesse gespielt habe, waren nicht besser - und sie kosteten neu das Dreifache von dem, mit dem die alten Squier JVs zu der Zeit gebraucht gehandelt wurden.
Einen weiteren Test am Verstärker habe ich mal machen können - nämlich den Vergleich meines Fretless mit dem Fender Jaco-Pastorius-Bass aus den 90ern: ich würde sagen: allenfalls remis. Besser war der teure Fender auf keinen Fall.
Man kann also - auch wenn Instrumentensammler eine Gänsehaut bekommen - mit dem Gedanken spielen, sich irgendwo gebraucht einen bundierten Squier JV Jazz Bass zu schießen und daraus von einem Gitarrenbauer einen äußerst edlen Allround-Fretless machen zu lassen . Wobei für mein Empfinden gerade die alten Original-PUs das gewisse Etwas zum Klang beisteuern.
Das gilt natürlich auch für die bundierten Bässe. Wie universell ein Jazz Bass einsetzbar ist, dürfte bekannt sein. Dadurch, daß der Steg-PU in der 60er-Jahre-Position sitzt (also einen Zentimeter oder so weiter weg von der Brücke), kann man auch mit diesen JV-Bässen eine ganze Menge machen.
Noch einen Test machen konnten wir neulich im Proberaum über einen kleinen Basscombo mit dem Fretless und einem neuen (bundierten) 300-€-Squier-Jazz. Für seinen Preis schlug sich der neue wacker - allerdings kam er im Ton dann doch nicht mit: es fehlten ihm Wärme, Charakter, Lebendigkeit und vor allem das Vermögen, den Ton wirklich "singen" zu lassen. Ich hatte nicht das Gefühl, Bandkollegen damit auch nur ansatzweise so gepflegt "umsorgen" zu können wie mit einem JV. Zwar kostet ein gebrauchter JV wohl das Dreifache - aber die Mehrausgabe lohnt sich.
Apropos: Um wirklich Belastbares zu sagen, müßte man häufiger Gebrauchtangebote dieser Instrumente finden, aber sie scheinen tatsächlich selten zu sein. Ich würde mal schätzen, 900 Ocken im Schnitt sind eine denkbare Preislage - über 1.100 sollte es schon ein absolutes MINT-Exemplar sein, das man gar nicht mehr loslassen möchte. Allerdings: Generell scheinen mir die Preise über die Jahre hinweg laaaangsam anzuziehen.
Nach meiner Erinnerung kosteten die Nachfolge-Squier dieser JV-Serie um 1987 im kleinen, leider nicht mehr existenten Krefelder Musikladen meiner Wahl neu übrigens 800 Mark (Precision) bzw. 850 (Jazz). Der hatte damals notorisch gute Preise. Umgerechnet auf heutige Kurse (Preisindex von knapp 30 Jahren) und Valuta wären das ca. 630 bzw. 660 Ocken.
Um auch das nachzutragen: Ein aktiver EMG-J-Tonabnehmersatz kostete laut Musik-Produktiv-Preisliste 1988 etwa 350 Mark. Das wären dann heute ungefähr 260 Ocken. Bei allem Reiz, den die Klangregler mit sich bringen - letztlich hätte sich mein Vorbesitzer das Geld wahrlich sparen können . Die Nebengeräusche der passiven Single Coils waren nicht so arg schlimm; und der etwas stromlinienförmige 80er-Jahre-Charakter der EMGs läßt in den Hochmitten obendrein noch zuviel Detailcharakter verlorengehen.
Wer heute an einen gebrauchten JV in der verhunzten, äh modifizierten aktiven Form stößt, sollte dennoch zuschlagen: er bekommt - je nach Güte der Verarbeitung - ein sehr schönes oder sogar ein 1a-Instrument, an dem er lediglich bei Bedarf noch mit unterschiedlichen Passiv-PUs experimentieren muß - wenn er denn die aktiven nicht mag.
Auffallend fand ich also lediglich die Fertigungstoleranzen . Zwar schlägt sich das vor allem optisch nieder, aber ein kleiner Wermutstropfen ist es schon. Wer also einen gebrauchten JV kauft, sollte ihn sich sicherheitshalber genauso gründlich ansehen wie jeden anderen Gebraucht-Kauf-Kandidaten.
Plus
- sehr ausdrucksstarkes Timbre bei Fretless und Domestic-Modell
- sahnig-singender Fretless-Klang
- fabelhaft dreckiger Slap-Klang beim Domestic-Modell
- etwas dezenterer Klang beim bundierten Sunburst
- für den, der's mag: modernerer/sterilerer Klang mit aktiven EMG-PUs
- Spielgefühl der Export-Modelle nah dran an gleich alten Fender-Bässen
Minus
- Verstellen der Halsstabmutter umständlich
- teilweise überstrapazierte Fertigungstoleranzen bei der exakten Positionierung der Brücke
- ungenaue Halstasche beim Domestic-Modell
- Spielgefühl beim Domestic-Modell im Vergleich zu den Export-Modellen weniger edel
- etwas zu wenig tragender Slap-Klang der E-Saite mit aktiven EMG-Pickups
- Eigenschaft