Ich weiß, dass da viele anderer Meinung sind, aber ich habe es trotzdem immer so gehalten.
Ich spiele seit mehr als zehn Jahren Klavier und seit sieben Jahren Querflöte. (Bin also eigentlich fremd in diesem Unterforum
) Diesen Unterricht haben meine Eltern durchgängig bezahlt, auch wenn ich Phasen hatte, in denen ich kaum üben konnte, weil ich enorm unter Stress stand. (Meinen Gesangsunterricht habe ich dann allerdings selber bezahlt, bis meine Eltern gemerkt haben, wie wichtig mir auch das ist und mir das meiste wiedergegeben haben, ohne dass ich es wollte) Auch als ich so zum Ende der Grundschulzeit hin lange Zeit überhaupt nicht geübt habe, weil ich einfach keine Lust hatte, haben meine Eltern mir weiter den Unterricht ermöglicht, weil ich mit Freude fast jeden Tag Klavier gespielt habe, bloß halt nicht das, was ich sollte. Und das hat mir viel gebracht im Bezug auf Komponieren, Improvisieren, Harmonielehre und Liedbegleitung. Im Allgemeinen war es nie so, dass ich jemals den Spaß an der Musik verloren hätte oder lange Zeit keine Musik gemacht hätte, ich habe nur vieles ausprobiert, was nicht zum Unterricht gehört. Und das hat sich mehr gelohnt als jegliches Üben. Es war keine Verschwendung, meine Zeit anders zu nutzen. Genau so, wie es keine Verschwendung ist, wenn Jugendliche abends fernsehen gucken oder ausgehen. Und ich habe trotzdem Fortschritte gemacht. Ich bin zum Beispiel beim Klavier im Blattspiel relativ gut - weil ich oft genug improvisieren musste, wenn ich keine Lust hatte, zuzugeben, dass ich die zweite Woche in Folge nicht geübt hatte, weil ich wusste, dass meine Lehrerin sich dann unwohl fühlt. Hat nicht immer geklappt, aber immerhin manchmal
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Ich mache im Moment mein Abi, bin in der heißen Phase der Aufnahmeprüfungen für ein Musikstudium und übe trotzdem zur Zeit nur wenig - weil ich weiß, dass ich derzeit jeden kleinen Moment Ruhe brauche. Mich gruselts vor Leuten, die sich direkt nach der Schule erst mal eine halbe Stunde hinters Instrument setzen, egal wie ihre Laune gerade ist, einfach nur, weil sie es immer so tun und weil sich der Unterricht ja lohnen muss. Ich übe, wenn und wie lange ich Spaß daran habe (auch wenn ich weiß, dass ich das ab dem Studium wohl ändern muss). Und da ich ein Mensch bin, der mehr Schlaf und Ruhe benötigt als andere, ist das eben nicht so häufig, das gehört zu mir als Mensch. Deshalb reagiere ich allergisch auf solche Diskussionen, weil mir auch schon Lehrer (allerdings an der Schule) gesagt haben, dass ich doch bitte weniger schlafen soll, wenn ich zu wenig Zeit habe. Auch auf Sätze wie,
und ich kenne durchaus Abiturienten die auch mal fernsehen oder abends weggehen, da müsste man da vielleicht mal ein paar Abstriche machen
reagiere ich deshalb allergisch, auch wenn das sicherlich nicht so gemeint war. Weil ich einfach gemerkt habe, wie wichtig Freizeit ist und dass diese nicht ausschlieslich aus Musik bestehen kann, egal wie sehr man Musik liebt.
Manchmal frage ich mich, wie viele Hobbymusiker es wohl gibt, die wirklich so viel üben können und das gerne tun - denn wer arbeitet und einen Haushalt führt, hat ja eigentlich noch weniger Zeit als ein Schüler - so zumindest stelle ich Unerfahrene mir das vor
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Das Glück das so zu können - auch finanziell - haben natürlich nicht alle. Aber das ist genau das, was ich sagen will: Jeder hat ein ganz eigenes Leben - hinsichtlich finanzieller Möglichkeiten, zeitlicher Möglichkeiten, Vorlieben und Wünschen, Verhältnis zum Lehrer, ...
Was sich da an Übezeit lohnt oder nicht, muss jeder selber wissen. Helfen kann da nur, verschiedenes auszuprobieren, den Lehrer zu befragen und die Familie, die einen täglich erlebt und merkt, wie viel Musik einem gut tut. Und da bin ich persönlich immer von meinen Eltern unterstützt worden. Das kann man richtig finden oder falsch, ich finde es klasse und bin unglaublich glücklich mit meiner Art Musik zu machen.
Das ist zwar jetzt mehr eine diffuse Anordnung von Gedanken geworden, aber ich hoffe, ihr könnt meine Antworten jetzt ein bisschen besser in den Kontext einordnen und verstehen, was ich eigentlich sagen will - Ich bin nämlich ein Fan von Individualität und wollte eigentlich hauptsächlich gegen die exakte Angabe von Minuten protestieren. Falls das missverständlich war, bitte ich um Entschuldigung,
Eure Annino