Fender und CBS 1965–1985
Im Jahr 1965 verkaufte Leo Fender die Firma an den Medienkonzern
Columbia Broadcasting System, kurz CBS. Da die Stratocaster mittlerweile das erfolgreichste Modell des Herstellers war, wurden hier die Ideen der neuen Besitzer am konsequentesten durchgesetzt.
Einige der eingeführten Innovationen stellten lang geforderte Verbesserungen dar, die zuvor am Widerstand Leo Fenders scheiterten. Dies betraf vor allem die serienmäßige Einführung des neuen Fünfweg-Tonabnehmerschalters im Jahre 1977, der nun auch die sichere Kombination der Tonabnehmer ermöglichte. Musiker, die den Dreiwegschalter vorher mit Pappe oder Klebeband in den Zwischenstellungen hielten, forderten diese Modifikation schon lange. Leo Fender hielt die so erzeugbaren glockigen Töne für „unsauber“ und lehnte die Modifikation bis zu seinem Ausscheiden aus der Firma ab.
[7] Hier ist interessanterweise ein Beispiel dafür zu finden, dass Plagiate auch das Original verbessern können: zunächst realisierte nämlich die Firma
Ibanez bei ihren Stratocaster-Nachbauten den Fünfwegschalter, der erst daraufhin auch in die echte Stratocaster eingebaut wurde.
[8] Auch die Halskonstruktion ließ CBS überarbeiten und ermöglichte den Zugang zum
Halsspannstab zur Einstellung der Halskrümmung nun von der Kopfplatte her. Bei der ursprünglichen Konstruktion war der Einstellstab nur vom Korpus aus zugänglich, weshalb für die ansonsten einfache Einstellung der Halskrümmung zunächst die Saiten entfernt werden mussten und der Hals abzuschrauben war. Ab 1969 gab es optional wieder Hälse ganz aus Ahorn, jedoch nicht mehr einteilig, sondern mit aufgeleimtem Ahorngriffbrett gefertigt.
Da die neuen Manager von CBS vor allem bei der populären Stratocaster zusätzlich versuchten, den Produktionsablauf kostengünstiger und effizienter zu gestalten, führten viele der zum Teil einschneidenden Veränderungen zu deutlichen Klang- und Qualitätsschwankungen der Instrumente. Fertigungstoleranzen wurden vergrößert, der Materialeinkauf richtete sich stärker nach Kostengesichtspunkten und die Qualitätskontrolle erfolgte unter größerem Zeitdruck.
Eine Idee zur Kosteneinsparung war die Verwendung eines neuen
Spulendrahtes zur Wicklung der Tonabnehmer. Die Isolierung des billigeren Drahtes schmolz jedoch in dem heißen Wachsbad, in das die Tonabnehmer nach der Wicklung eingetaucht wurden. Dieses Wachsbad festigt gewöhnlich die Drahtwicklung und verhindert Rückkopplungen und Störgeräusche durch lose Drähte. CBS verzichtete kurzerhand auf das Wachsbad, was laut pfeifende, rückkopplungsanfällige Tonabnehmer zur Folge hatte.
[9] CBS reduzierte die Halsbefestigung von vier auf drei Schrauben. Diese Idee stammte zwar noch von Leo Fender selbst, bedingte jedoch eine exakt ausgeführte Fräsung für die Halsbefestigung im Korpus. Da CBS nach Leos Weggang größere Fertigungstoleranzen zuließ und die Wartungsintervalle der Maschinen verlängerte, waren die Fräsungen nicht immer hinreichend exakt. In der Folgezeit wurden viele Instrumente produziert, bei denen der Hals bei starker Beanspruchung am Korpus hin- und herrutschte.
[10] Unterstützt wurde das Problem noch von der von CBS gewünschten Vergrößerung der Kopfplatte. Auf dieser konnte zwar werbewirksam ein größerer Fender-Schriftzug angebracht werden, sie machte den Hals aber gleichzeitig schwerer.
Die Produktionsmängel offenbarten sich beispielsweise bei einer in den Verkauf gelangten Gitarre mit durchscheinender Sunburst-Lackierung, bei der durch den transparenten Lack auf dem Holz eine Bleistiftnachricht der Qualitätskontrolle mit der Mitteilung „Achtung! Astloch!“ und einem Kreis um die unschöne Stelle zu erkennen ist. Diese gilt als Höhepunkt des schleichenden Qualitätsverlusts. Erst zum Ende der 1970er Jahre versuchte CBS, dem schlechten Image entgegenzusteuern. Um an alte Traditionen anzuknüpfen, erschien eine Gitarre mit dem prägnanten Namen
The Strat, die die alte Vierpunkt-Verschraubung des Halses und eine verkleinerte Kopfplatte besaß. Da für die Fräsung der Kopfplatte die alten, verschlissenen Formen aus den 1950er Jahren verwendet wurden, war die Kopfplatte nun jedoch eher zu klein als zu groß. Auch das für die Gitarre neu konstruierte Vibrato entsprach nicht den Erwartungen der Musiker. Versuche, mit hochwertigen Neukonstruktionen wie der
Elite Stratocaster, einem Instrument mit aktiver Elektronik und massivem
Messingtremolo, zusätzliche Marktanteile zu erobern, hatten ebenfalls nur mäßigen Erfolg.