Lonestar
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A TRIP TO KRAUTSTERVILLE
Kurzer Testdrive gefällig? ;-)
Kurzer Testdrive gefällig? ;-)
Nik Huber? Ach, ja. Die Edelschmiede aus Hessen.
Jaein. Ja, weil Nik Huber mit seiner üblichen grandiosen Holzauswahl voller einteiliger AAAAA-Decken, Redwood-Bodies und Rio-Boards das Herz von Holzästheten und Sammlern höher schlagen lässt. Nein, weil Nik Huber Rock ’n’ Roll ist. Oder wie lässt sich sonst erklären, dass auf Konzerten von Billy Talent, Kvelertak, The Intersphere und Beatsteaks auffällig viele Nik Huber Gitarren gespielt werden?
Was die Gitarristenwelt gerne übersieht: Seit einigen Jahren haben sich neben Nik’s edlen Modellen wie der Rietbergen, Dolphin oder Orca 59 auch mehrere simple, auf’s Wesentliche reduzierte Gitarren etabliert. Ganz oben auf dieser Liste: Die Krautster.
Die Specs..
Ihr kennt mich mittlerweile - ich führe eine reinrassige, geradlinige 3-Mann Rock ‚n‘ Roll Band an, somit hatte mich das simple Konzept der Krautster sofort in den Bann gezogen. In der Version „I“ kommt die Gitarre mit nur einem Humbucker, als „Krautster II“ hat sie zusätzlich einen P90 am Hals. Was mich außerdem anzog, war die Kombination aus einer ohnehin schon sehr direkten Konstruktion in Richtung Les Paul Junior (Wraparound Bridge, fehlende Ahorndecke) gepaart mit der bissigen Komponente eines Ahornhalses, der mit seinem angenehm „schulterlosen“ D-Profil nicht nur fantastisch in der Hand liegt, sondern auch serienmäßig wunderschön gemasert ist.
Den Rest erledigen dann ein Palisanderboard mit Dot-Inlays sowie Häussel Pickups mit relativ hohem Output. Der Sound kommt schließlich genauso daher, wie man es vom Specsheet erwartet: Er geht stark in Richtung einer guten Les Paul Junior, sehr viel „Schnack“ beim Anschlag, ein bissiges, schnelles Attack und das runde, lange Sustain, das man von einer Mahagonigitarre gewohnt ist. In meinem Fall war es die perfekte Soundvariation zu meiner 1958er Gibson Reissue, da die Krautster bei hohem Gain wirklich die Rolle einer schnelleren, zackigen Les Paul-Variante einnimmt - frech, rotzig, einfach geradeaus ins Gesicht - wie man es von gutem Rock ‚n‘ Roll gewohnt ist.
Wenn wir schon beim Stichwort sind - die Krautster kommt (sicherlich mit Absicht) nicht lange ohne Macken aus. Das Mojo, das man der Gitarre aufspielt, ist nicht selten nach dem Spielen noch gut sichtbar, und passt perfekt zur ohnehin gealterten Hardware der Gitarre. Die Krautster kommt wie die meisten Nik Huber Gitarren mit einem „offenen Rücken“, auf dem man Gürtelschnallen genauso schnell sieht, wie Patina und Pick-Spuren auf dem Semi-Gloss Finish.
Der Sound..
In der Summe aller Beobachtungen wird dann klar, was mir 2011 auf der Messe auf den ersten Blick auffiel. Die Krautster ist eine reinrassige Bühnengitarre für alle Gitarristen, die ohne Bling-Bling und Schnickschnack super auskommen und ihr Instrument live nicht mit Samthandschuhen anfassen. Das optische „Understatement“ wird aber erst klar, wenn man sich etwas näher mit dem Sound beschäftigt.
Wie im Video oben von mir demonstriert, wird die Krautster bei Hi-Gain zum absoluten Rockbiest. Aber was aussieht wie ein One-Trick Pony hat es an Soundvielfalt doch ganz schön in sich. Der Humbucker am Steg lässt sich splitten, was in der Mittelstellung dann zu einem Twang führt, der einer Telecaster so zum Verwechseln ähnlich klingt, dass ich diese Stellung momentan nahezu genauso oft im Einsatz habe, wie den Humbucker alleine. „Meeeh, gesplittete Humbucker“, mögen jetzt viele von euch denken, und ihr habt Recht - aber nicht bei der Krautster. Durch den hohen Output des Häussel „Hot“ (ca 17kOhm) kommt es beim Split zu keinem nennenswerten Verlust des Outputs, die Mittelstellung klingt somit sehr authentisch nach Tele und tut dies aufgrund des Ahornhalses auch sogar schon ohne den Split am Humbucker. Hier wird das klangliche Konzept der Gitarre nochmal deutlich: Als Basis liegt eine Les Paul Junior zugrunde, Ausflüge in Richtung Fender Telecaster sind aber durch die direkte Ansprache der Brücke, die Pickupwahl und den Ahornhals ohne Probleme möglich. Ideal auch für Gitarristen, die etwas in Richtung Tele suchen (wie mich), sich aber nicht auf den twangigen Sound limitieren möchten. Wo sonstige Humbuckersplits immer eierschneidend und beißend klingen, kommt die Krautster absolut kultiviert daher - grandios.
Die Verarbeitung..
Dass dann nach allen positiven Eindrücken die Verarbeitung des Instruments absolut makellos ist, überrascht nur bedingt; Nik hat gerade in der Anfangszeit viel Rat und Beistand von Paul Reed Smith bekommen, und dieses Wissen ist Teil der Huber-DNA geworden; die Liebe steckt vor allem in den Details dieser Gitarre, die teils zu marginal sind, um sie mit Worten zu beschreiben. Was aber gut beschrieben werden kann, ist die perfekte Intonation einer Brücke, die nicht weiter zu intonieren ist - sie wurde speziell für die Krautster konzipiert und stellt in Punkto Oktaven - und Bundreinheit das konstanteste dar, was ich in 17 Jahren E-Gitarre gespielt habe - absolut keine meiner Gitarren kommt bei diesem Gesichtspunkt mit. Dinge wie Stimmstabilität, Sattelkerben und Saitenlage lasse ich außen vor - hier ist alles in Perfektion eingestellt.
Für wen ist die Krautster also die richtige Gitarre?
Für alle, die eine taugliche, perfekt intonierte Bühnengitarre mit dem Vibe von sleazigem Rock ‚n‘ Roll wollen. Für alle, denen ein Hybrid zwischen Les Paul (Junior) und Telecaster in der Sammlung fehlt. Für diejenigen, die ein handgebautes Instrument in den Händen halten und sich damit wohlfühlen wollen, weil es ein unvergleichliches Erlebnis ist. Für Rocker, die mit einem reinrassigen Brettsound voll auf die 12 hauen. Oder, in meinem Fall: Für jemanden, der es satt hat, für linkshändige Instrumente nicht die volle Auswahl an Optionen zu haben oder Aufpreise zu bezahlen, nur weil man nicht „richtig herum“ spielt. Und für diejenigen, die es wertschätzen, einen Gitarrenbauer „um die Ecke“ zu haben, der immer ein offenes Ohr hat, sich für Kunden Zeit nimmt, erstklassige Instrumente baut, und nebenbei ein astreiner, feiner Kerl ist.
Bilder
Cheers,
Joey
Nachtrag: Sollte ich euer Interesse geweckt haben, kann ich für euch auch DI-Spuren der einzelnen Pickups machen. Dann könnt ihr unter euren eigenen Bedingungen schauen, wie eine Krautster bei euch klingen würde.
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