[TdM 11/2015] Klezmer De Mezinke

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Danke für deine Erklärung!

Ich habe dein Video gar nicht als Kritik zu meiner Einspielung aufgefasst - nur eben festgestellt, daß man es wohl doch nicht ZU zart machen muß.
Aber eben könnte...
Das wäre ja dann auch nicht so eine negative Diskrepanz wie in deinem Beispiel mit der (ja doch notgedrungenen) Aussetzung des Babys.

Bei meinem Satz bin ich natürlich von UNS ausgegangen, weil WIR es ja spielen - und das sicher ohne (zu) große Ansprüche.
Weil ich gar nicht vorhabe, mich immer an die Originale zu halten - bin ich da auch manchmal vielleicht zu krass:
Ich kann Melodien / Lieder von ihrem kulturellen oder sogar religiösen Hintergrund lösen und sie einfach als Melodie schön finden.
Sowas singe / summe ich auch nur für mich - ich würde mich schwer hüten, das irgendwo preiszugeben oder auch nur gedankenlos vor mich hinzusummen, wo Feinde dieser jeweiligen Kultur lauern könnten und mir dann eins rübergeben...

Ohne genaues Hintergrundwissen zur Entstehung und Sinn eines Stückes würde ich mich auch NIE irgendwo öffentlich hinstellen und es so spielen, als wüsste ich Bescheid...
Da haben Berufsmusiker eine ganz andere Verantwortung!

Vielleicht sind wir da alle (zumindest die meisten wohl) recht sorglos.
Aber zum Glück ist nicht jede Veränderung in der Interpretation einer Melodie mit Schaden für das Stück verbunden.
Und muß auch nicht immer jemanden verletzen.

:)
Lieben Gruß von Karin
 
Wie sagt der Franzose so kurz und trefflich: "D'accord". :) Und da sind wir (zumindest semantisch) schon fast wieder beim "Akkordeon" angekommen! :)

Liebe Grüße,
Tobias
 
denn gerade die jüdische Musik und die zugehörigen Texte sind in ihrem Volk tief verwurzelt und ein großer Stück ihrer Identität.
Aha. Was soll mir das sagen? Die isländische Musik und die zugehörigen Texte in ihrem Volk nicht? Die schwedische Musik und die zugehörigen Texte in ihrem Volk nicht? Die russische Musik und die zugehörigen Texte in ihrem Volk nicht?
mx26.gif
 
Guten Abend Torquemada,

das soll sagen, dass gerade die jüdische Musik und die zugehörigen Texte in ihrem Volk tief verwurzelt und ein großes Stück ihrer Identität sind. Es ist wohl ohne Zweifel, dass unzählige weitere Völker/Länder/Nationen/Regionen eine ebenfalls tiefe Bindung zu Ihrer (Volks-) Musik empfinden - da muss ich nur (wie so oft) in das Heimatland meiner Frau reisen.

Was ist nun der Unterschied zur jüdischen Kultur? Das jüdische Volk war bis 1948 ein Volk ohne Land. Bereits 926 Jahre v.Chr. begann die "Diaspora" - die gewaltsame Zerstreuung dieses Volksstammes in die ganze Welt. Die Geschichte der Verfolgung war also "zu der Zeit die ich hier gar nicht bemühen möchte" bereits über 2800 Jahre alt - geprägt durch Armut, Vertreibung, Gewalt, Unsicherheit und Ablehnung. Was die Menschen jedoch mitnehmen konnten, auch wenn sie (wieder einmal) alles verloren hatten und in die Fremde aufbrechen mussten, waren ihre Religion, ihre Gebräuche und ihre Kultur. "Kultur als raumlose Heimat" ist etwas anderes als "Räumliche Heimat mit Kultur" - und das ist das Besondere an der jüdischen Kultur und Ihrer Musik.

Viele Grüße,
Tobias
 
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Weil ich gar nicht vorhabe, mich immer an die Originale zu halten - bin ich da auch manchmal vielleicht zu krass:
Ich kann Melodien / Lieder von ihrem kulturellen oder sogar religiösen Hintergrund lösen und sie einfach als Melodie schön finden.

Wenn man den kulturellen Hintergrund kennt, sieht manches ganz anders aus und man wüde vermtulich manches auch nicht mehr so spielen, wie man es spielt.

ABER:

Muss man sich erst in eine Kultur, in eine Zeitepoche, etc einarbeiten, bevor man anfängt deren Musik aufzunehzmen und auf seine eigene Weise zu spielen?

Klar schön, wenn man das tut und auch sehr anständig gegenüber denjenigen, die mit dieser originären Musik bestimmte Gefühle verbindet - aber ich finde man muss es nicht unbedingt machen. Warum sollte man nicht ein Sütck in einer ganz eigenen Fassung spielen, nur weil die Vorlage eine andere Intention hatte? Es ist ja durchaus möglich, dass das Stück, das ich hörte in mir ganz andere Assotionationen und Gefühle erzeugt, die ich dann im meiner eigenen Fassung zum Ausdruck bringe. Da spricht aus meiner Sicht nichts dagegen.

Und aus diesem Grund halte ich die Fassung von Karin66 genauso zulässig und legitim wie die mit originärem Hintergrund.

Ich habe schon etliche Stücke komplett aus meinem Spielprogramm gestrichen, weil es mir auf den Senkel ging, dass mir ständig jemand dreinredete, dass dies und jenes aber im Original gaaanz anders notiert ist und gaaanz anders gespielt gehört und überhaupt einen gaaanz anderen Hintergrund hat. Muss aber finde ich nicht sein - ich finde es ist genauso zulässig sich über eigene Adaption von Stücken eine eigene Spielidentität auf zu bauen. Das halte ich für genauso legitim, wie sich an die Identität der Kultur anzukoppeln, die hinter der Originalen Fassung des Stücks steht.
 
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...aus diesem Grund halte ich die Fassung von Karin66 genauso zulässig und legitim wie die mit originärem Hintergrund
Das freut mich - aber ich hatte ja gar nicht den Eindruck, daß das jemand so ganz anders sieht.
Für eine erste Fassung auf der noch fremden diatonischen Contasina war ich relativ zufrieden.

Wil meinte: es wäre besser, es zarter / weicher zu spielen.
Das werde ich auch auf dem 66er versuchen - mal sehen, ob das so klappt.
Wenn's schnell wird, ist das für mich nämlich gar nicht so einfach.

Dann kam das Video von Tobias und ich fand selber noch mehr "fetzige" Varianten - also ist DI MEZINKE eigentlich schon fast ein wildes Tanzstück nach gemäßigtem Beginn.
War meins von daher gar nicht so "falsch" - nur noch ein bissel zu langsam (gemessen an den anderen Einspielungen).

Aber ein wenig Wissen über die Entstehung schadet ja auch nicht...
Allerdings würde es zum Pensum mutieren, wenn man es ständig machen müsste - wie es oben von maxito schon erwähnt wurde.
Denn zuverlässige Infos findet man ja meist auch nicht gleich.

Aber sehr viele Stücke sind bestimmt nur aus Freude / zur Unterhaltung bzw. ohne besonderen Tiefgang geschrieben worden und da kann man das ja einfach übernehmen.
Bei einem Fauxpas würde ich mich auch belehren lassen - also, wenn der (mir bis dahin nicht bekannte) Inhalt eines Stückes gegen menschliche Werte verstößt.

:)
Lieben Gruß von Karin
 
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Muss man sich erst in eine Kultur, in eine Zeitepoche, etc einarbeiten, bevor man anfängt deren Musik aufzunehzmen und auf seine eigene Weise zu spielen?

Hallo Max,

das wurde in diesem Thread nicht behauptet. Wir leben in einer freien Welt und das ist auch gut so - speziell die künstlerische Freiheit ist ein sehr hohes Gut. Im Zuge der Meinungsfreiheit kann dann aber auch
jeder nach Gusto dagegen halten, damit muss ich als Künstler dann auch leben. :) Aber ganz ehrlich: das ist in diesem Thread doch gar nicht geschehen?

aber ich hatte ja gar nicht den Eindruck, daß das jemand so ganz anders sieht.

Richtig. Der Ausgangspunkt dieser Diskussion war mein Mini-Kommentar "Im Original etwas flotter". Das KANN, MUSS aber nicht sein, wenn man es anders empfindet. Und wie man sich einer Musik nähert ist jedem überlassen. Das kann rein emotional oder eben auch unter geschichtlichen Gesichtspunkten geschehen. Die Geschichte schwingt jedoch in gewisser Weise immer mit, auch wenn das nicht die eigene Sichtweise ist. Aber über dieses Thema wurden schon viele Debatten gefüllt und ganze Bücher gefüllt. Bis hin zu so orthodox anmutenden Fragen wie "Darf man Bach soooo spielen?!". :)

Liebe Grüße,
Tobias
 
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Und wie man sich einer Musik nähert ist jedem überlassen. Das kann rein emotional oder eben auch unter geschichtlichen Gesichtspunkten geschehen.
genauso seh ich das auch und das ist für mich auch da Lebenselixier jeglicher Musik. Denn nur dadurch entsteht auch neues.

Und unter dem Aspekt seh ich auch die verschiedenen Ansätze hier zu jeweils dem gleichen Grundthema - Jede Fassung erzählt eine eigene Geschichte und wenn aus dem Thema durch ander Betonung, geändertes Tempo, variierte Harmonien, andere Rhytmik eine ganz neue Geschichte draus wird, dann find ich das einfach klasse und spannend. Völlig egal ob das dann authentisch, Original oder ganz frei interpretiert ist
 
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