Jazz Musiker / Einkommen - aus dem Spiegel

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Oops, da werden die Lager der Journaillie aber durchgeschüttelt...

http://www.spiegel.de > Forum > Kultur > Musiker in Deutschland: Jazz wird's prekär > Antwort #9 von 627235 schrieb:
Warum sollte es Musikern anders gehen...
...als all den anderen Leuten, die machen, was sie nicht erfreut, weil sie niemand dafür bezahlt, das zu tun, was sie gerne tun? Überhaupt, was ist Kunst, wenn sie keinen interessiert? Warum soll Kultur schützenswert sein, wenn sie offenbar nicht Teil der gelebten, öffentlichen Kultur ist?

Ich finde diese Diskussion doch sehr Strange und sehe es so wie Spiegel User 627235.
Wenn ich ein Einkommen haben will, brauche ich einen Job. Und da sind persönliche Eignung und Neigung nur zwei Parametern von vielen, die durchaus auch den Anforderungen des "Arbeitsmarktes" nicht entsprechen können.

Wie jeder Bäcker verschiedene Brötchen backen kann, sollte jeder Berufsmusiker auch unterschiedliche Styles drauf haben. Und mit der Ausbildung wird nur der Beruf erlernt, was nicht gleichbedeutend mit Anstellung oder Einkommen ist.

jazzProporz.png
 
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Und es geht doch!!!

Wie wird man Millionär als Jazzmusiker?

Ganz einfach, man fängt als Multimillionär an.
 
Mir geht es auch ein Stück so. Allerdings eher als Gegenreaktion zu denen, die doch ein eher naives Anspruchsdenken als Berufsmusiker haben (wobei die tatsächlichen Profis da ja ganz pragmatisch und erfinderisch sind und durchaus über die Runden kommen).

Die eine Seite ist: Entweder man fragt deine Dienstleistung nach oder nicht. Verdienst du nicht genug mit einer Leistung, dann musst du dich auf eine andere verlegen. und es gibt genug Leute, die Musik sehr gut nebenberuflich machen und dabei das verdienen, was sie eben verdienen, ohne darauf angewiesen zu sein. Warum sollte dann der moralische Anspruch begründet sein, regelmäßig gute Gagen zu bekommen, von denen man leben kann, wenn die Nachfrage einfach nicht entsprechend ist?

Die andere Seite: Kunst macht immer dort eigenständige Fortschritte, wo sie tatsächlich florieren kann und auch die ökonomischen Bedingungen für die Musiker stimmen. Hätte es Bach, Beethoven und Mozart gegeben, wenn sie nicht ihre Anstellung bzw. gut gefüllte Auftragsbücher gehabt hätten? Gäbe es Modern Jazz, wenn die Miles-Davis-Generation nicht in großem Stil mit Gigs und Platten hätte Einkommen erzielen können? Dass es eine genügend große Schicht von Musikerinnen und Musikern gibt, die auch tatsächlich mit ihrer ganzen Energie ihrem Beruf nachgehen können, erfüllt also eine Funktion. Man kann sie nicht einfach durch Menschen ersetzen, die bis um halb 6 im Büro sitzen und danach noch ein bisschen Musik machen.

Hinzu kommt, dass es ja nicht einfach so ist, dass die Nachfrage nicht mehr da ist. Klar, Unterhaltung wird heute auch auf anderen Wegen gefunden, wir sind nicht mehr in den 50ern und der Markt ist sicher kleiner. Aber ein anderer Faktor ist ja auch, dass die Einnahmen nicht mehr fließen, weil Musik heute in der Regel kostenlos verfügbar ist. D. h. die Kosten der Produktion von Musik (inkl. dem Lebensunterhalt von Musikern) muss anders gewährleistet werden.

Zuletzt: Es macht auch für eine Gesellschaft einen Unterschied, ob man ein Heer von Menschen hat, die alle geregelte und rationalisierte Arbeitsalltage leben oder ob es auch eine Schicht von Menschen gibt, die tatsächlich als kreativ Schaffende leben und für die die bürokratische Erwerbsseite nur einen kleinen Teil der täglichen Praxis ausmacht. Unsere Gesellschaft ist pluraler und reflektierter dadurch.
 
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Aber ein anderer Faktor ist ja auch, dass die Einnahmen nicht mehr fließen, weil Musik heute in der Regel kostenlos verfügbar ist.
Wo ist Musik denn kostenlos? Jede Disco, jeder Veranstalter, jeder Radio/TV-Sender, jeder Streaming-Dienst muss Gebühren an die GEMA abführen.

ob man ein Heer von Menschen hat, die alle geregelte und rationalisierte Arbeitsalltage leben oder ob es auch eine Schicht von Menschen gibt, die tatsächlich als kreativ Schaffende leben
Geht es hier nicht eher um die Frage der Subvention und wer darüber entscheidet, was kulturell eine Subvention rechtfertigt. Das ist doch dann ein Schattenmarkt der von einer gewissen Willkür, der geschmäcklerischen Präferenz des Entscheidungsträgers, geprägt ist. Und ja, Spiegel-Online betätigt sich des öfteren als Jazz-Lobbyist.
Ich finde nicht, das der Musikmarkt schwächelt, das er aber sehr wohl von der Gesellschaft reguliert wird.
 
Wo ist Musik denn kostenlos? Jede Disco, jeder Veranstalter, jeder Radio/TV-Sender, jeder Streaming-Dienst muss Gebühren an die GEMA abführen.
Korrekter: Für die Konsumenten wird Musik zunehmend kostenlos. Vor allem natürlich über das Internet. Die Distributionskosten sind gesunken, dadurch ist auch der Wettbewerbsdruck auf die Gewinnmargen der Musikmachenden höher. Von der Explosion des Angebots seit den 50er Jahren ganz zu schweigen. Aber ich würde auch sagen, das aus unternehmerischer Sicht Musik billiger geworden ist. Steigende GEMA-Gebühren in manchen Segmenten mal außen vor gelassen. Du kriegst heute massenhaft Musiker, die im Prinzip auf die schwarze Null hin Musik machen. Das war früher doch anders.

Geht es hier nicht eher um die Frage der Subvention und wer darüber entscheidet, was kulturell eine Subvention rechtfertigt. Das ist doch dann ein Schattenmarkt der von einer gewissen Willkür, der geschmäcklerischen Präferenz des Entscheidungsträgers, geprägt ist. Und ja, Spiegel-Online betätigt sich des öfteren als Jazz-Lobbyist.
Ich finde nicht, das der Musikmarkt schwächelt, das er aber sehr wohl von der Gesellschaft reguliert wird.
Das ist ja die gleiche Sache von der anderen Seite her betrachtet. Ich habe ja gerade demonstriert, dass es durchaus auch funktionale Aspekte solcher Entscheidungen gibt. Und im Jazz ist die Lage vielleicht besonders prekär. Dass es auch in den meisten anderen Genres schwerer geworden ist, brauche ich nicht zu betonen.
 
Warum sollte es Musikern anders gehen...
[...] berhaupt, was ist Kunst, wenn sie keinen interessiert? Warum soll Kultur schützenswert sein, wenn sie offenbar nicht Teil der gelebten, öffentlichen Kultur ist?

Musik ist ja gelebte Kultur. Ich weiß nicht wie das früher war aber heute will halt niemand mehr bezahlen. Es hat sich ein selbstverständnis entwickelt in den 2000ern runterzuladen und das nicht als Diebstahl, nichtmal als Kavaliersdelikt zu sehen sondern als selbstverständlich.
Es gibt einfach zu viele die mitmachen. Hab mal auf einem Festival gespielt wo es auch vorher hieß "Wir können die Bands leider nicht bezahln oder in der Anreise unterstützen" und bums aus... da war dann beim Festival ein engagierter Mischer, extra Monitor-Mischer, Lichttechniker, Roadies, Securities usw... der Musiker: Als Mittelpunkt der Veranstaltung und als letzter in der Nahrungskette.

 
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Für die Konsumenten wird Musik zunehmend kostenlos. Vor allem natürlich über das Internet.
Vielleicht wird es nicht so auffallend refinanziert. Im Club zahle ich Eintritt, habe Mindestverzehr und/oder höhere Preise beim Verzehr. Im FreeTV/Radio muss ich Werbeblöcke ertragen. Die GEZ muss ich auch zahlen. Bevor ich beim Streamingdienst mit Werbung gequält werde zahle ich lieber für das Abo.

Die Distributionskosten sind gesunken, dadurch ist auch der Wettbewerbsdruck auf die Gewinnmargen der Musikmachenden höher.
??? Die gesunkenen Distributionskosten haben doch wohl eher die Gewinnmargen pro Track deutlich erhöht.

Du kriegst heute massenhaft Musiker, die im Prinzip auf die schwarze Null hin Musik machen.
Angebot & Nachfrage. Wer unbedingt auftreten möchte, der bezahlt sogar dafür - Für ein Publikum, dem es egal ist, wer die Musik macht...

Ich weiß nicht wie das früher war aber heute will halt niemand mehr bezahlen.
Das Thema "illegale Downloads" ist doch eigentlich nur noch der Beelzubub der Filmindustrie. Mit den ganzen Streamingdiensten ist der Drops im Audio-Bereich doch eigentlich gelutscht.

Als Mittelpunkt der Veranstaltung und als letzter in der Nahrungskette.
Dann können die Musiker nicht Mittelpunkt der Veranstaltung sein. Der Veranstalter vermarktet dann wohl in erster Linie die Lokalität und dessen Sound. Wenn die Musiker den geringsten Wert in der Wertschöpfungskette spielen wollen, dann haben sie diesen Stellenwert wohl auch akzeptiert.
 
Dann können die Musiker nicht Mittelpunkt der Veranstaltung sein. Der Veranstalter vermarktet dann wohl in erster Linie die Lokalität und dessen Sound. Wenn die Musiker den geringsten Wert in der Wertschöpfungskette spielen wollen, dann haben sie diesen Stellenwert wohl auch akzeptiert.
Das ist das Problem
 
Gerade gelesen:

Die Sportförderung des Bundes vertraut der Leistungsfähigkeit des autonomen Sports und ergänzt dessen Aktivitäten. Sie dient dazu, den Bundessportfachverbänden optimale Trainings- und Wettkampfbedingungen zu ermöglichen und die Stellung der Bundesrepublik Deutschland im internationalen Sport zu sichern.

Was ich gerne mal lesen würde:

"Die Kulturförderung des Bundes vertraut der Leistungsfähigkeit der freischaffenden Jazzmusiker und ergänzt deren Aktivitäten. Sie dient dazu, den Jazzschaffenden optimale Probe- und Auftrittsbedingungen zu ermöglichen und die Stellung der Bundesrepublik Deutschland in der internationalen Jazzszene zu sichern."

Hochkultur funktioniert nicht ohne Förderung. Auf dem freien Markt kann sie sich nicht und konnte sie sich nie durchsetzen. Schon die alten Klassiker hatten ihre adligen Mäzene, heute muß das zum Teil der Staat, zum Teil die Wirtschaft übernehmen und fördern. Wirklich große Kunst entsteht nur, wenn man den Künstlern einigermaßen den Rücken freihält. Wenn die Künstler nebenher noch Tanzmuggen u. dgl. spielen und täglich stundenlang Unterrichten müssen statt zu proben, zu üben und zu komponieren, können sie ihre Kunst nicht ausreichend entwickeln. Dann kommen die großen Künstler aus den Ländern, die diese Art Förderung ermöglichen. Der Staat (id est: die Gesellschaft) ist da in der Pflicht. Immer nur rufen: "Wer sich auf dem Markt nicht durchsetzt, hat halt Pech gehabt", bringt die in Deutschland schaffenden (Jazz-)Musiker nicht weiter. Eine so starke Wirtschaft wie die deutsche sollte sich diese Künstler leisten können.

So, wie sich aus dem weit angelegeten Breitensport ein international erfolgreicher Spitzensport mit Fußballweltmeistern und Olympiasiegern entwickelt, so kann sich aus einer breit angelegten Kulturförderung eine international anerkannte Musikerelite entwickeln, die der Staat (id est: die Gesellschaft) stolz präsentieren kann. Wenn der Staat (die Gesellschaft) ihre Künstler stolz präsentiert, werden auch die Mitglieder der Gesellschaft auf ihre Künstler aufmerksam und zollen ihnen Bewunderung und hören die Musik ihrer Vorbilder.

Viele Grüße,
McCoy
 
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tja McCoy, wir schaffen das !

...oder aber auch nicht... - in dieser Richtung bin ich echt froh, schon 1950 geboren zu sein.
Erstens hatte ich eine lange gute Zeit als Musiker und zweitens muß ich mich nicht mehr so lange mit meiner Zukunft rumärgern.

Wenn ich hier einige Post lese kommt mir das Kotzen, wer Kunst und Kommerz nicht auseinanderhalten kann, ist einfach nur ein armes Schwein!
Es ist erbärmlich für ein Land, ganz besonders für Deutschland, wenn es seine Kultur und Kunstformen nicht pflegt und fördert.

Aber das machen sie schon mit unseren Straßen und unserer Infrastruktur nicht... - ich hör jetzt auf, sonst rege ich mich nur wieder unnötig über diese ganzen Politikerdarsteller auf.
 
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Schon die alten Klassiker hatten ihre adligen Mäzene, ... Wirklich große Kunst entsteht nur, wenn man den Künstlern einigermaßen den Rücken freihält.
Die adeligen Mäzene sind aber nicht übers Land gezogen und haben junge Talente gesucht. Sie haben Kapellmeister engagiert und Aufträge vergeben. Und sie haben nur das gefördert, was ihnen gefiel und sie glanzvoll in das Licht eines großen Gönners gestellt hat. Das hat aber auch damals nur mit populären Kunstformen funktioniert.
Wenn ein Musiker sich ausschließlich mit Musik beschäftigen kann, dann hat er mehr Zeit zu üben und sich Wissen anzueignen. Das ist aber nur Theorie und Praxis und hat für die Kunst die gleiche Bedeutung wie Grammatik und Lesen. Deine Behauptung, wie "Wirklich große Kunst" entsteht, finde ich schon fast unverschämt. Was ist mit Blues, Tango, Rembetiko, Flamenco, Klezmer und und und?

Der Staat (id est: die Gesellschaft) ist da in der Pflicht. Immer nur rufen: "Wer sich auf dem Markt nicht durchsetzt, hat halt Pech gehabt", bringt die in Deutschland schaffenden (Jazz-)Musiker nicht weiter.
Es gibt die stattliche Kulturförderung, das ist einer von vielen Töpfen im Verteilungskampf. Es reicht eben auch nicht aus "Der Staat ist in der Pflicht" zu schreiben, sich wieder hin zu legen und wenn das Politikerbashing losgeht wieder wach werden.
Wenn man will, das ein Töpfchen ein wenig mehr gefördert wird, dann muss man dafür auch was tun. Zur Zeit wollen aber viele lieber höhere Zäune als gute Jazzmusiker.

So, wie sich aus dem weit angelegeten Breitensport ein international erfolgreicher Spitzensport mit Fußballweltmeistern und Olympiasiegern entwickelt, so kann sich aus einer breit angelegten Kulturförderung eine international anerkannte Musikerelite entwickeln, die der Staat (id est: die Gesellschaft) stolz präsentieren kann.
Jazz ist ja kein musikalischer Breitensport, also lass ich dessen Sportförderung einmal außer acht. Fast alle Spitzensportler abseits des Mannschaftssports sind Berufssoldaten. Es gibt 15 Sportfördergruppen wie es auch 14 Musikkorps der Bundeswehr gibt (klick).

Wenn ich hier einige Post lese kommt mir das Kotzen, wer Kunst und Kommerz nicht auseinanderhalten kann, ist einfach nur ein armes Schwein!
Sobald ein Künstler seine Kunst verkaufen möchte, ist das ein kommerzieller Versuch. Und wer "sich nicht verkaufen will", der muss halt andere Möglichkeiten zur Sicherung des Lebensunterhalts suchen. Dazu kann man sich durchaus auch an Kulturfördervereine wenden.
Ich hätte die Möglichkeit gehabt, von der Musik zu leben. Ich hätte nur ein wenig kommerzieller werden müssen. Aber genau das wollte ich nicht. Ich habe nicht von einem Hit geträumt, sondern mit viel Freude in meiner Nische musiziert und meinen Lebensunterhalt nicht mit Musik bestritten.

Aber das machen sie schon mit unseren Straßen und unserer Infrastruktur nicht... - ich hör jetzt auf, sonst rege ich mich nur wieder unnötig über diese ganzen Politikerdarsteller auf.
Und wieder mal die bequeme Wutbürger-Position. Ja, Politiker sind oft widerlich, aber so dankbar...
Wie jede Gesellschaft ihren eigenen Kulturkreis fördert, so formt sie auch die von ihr gewünschten Politiker.
 
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Deine Behauptung, wie "Wirklich große Kunst" entsteht, finde ich schon fast unverschämt. Was ist mit Blues, Tango, Rembetiko, Flamenco, Klezmer und und und?
Widerspricht sich eigentlich nicht: In den meisten Fällen übernahm dann die Schallplattenindustrie das "Mäzenatentum" und hat den entsprechenden Künstlern den Rücken freigehalten. In anderen Fällen gab es Stipendien, Auftragskompositionen, Filmmusik etc.
 
Die eine Seite ist: Entweder man fragt deine Dienstleistung nach oder nicht. Verdienst du nicht genug mit einer Leistung, dann musst du dich auf eine andere verlegen.[...] Die andere Seite: Kunst macht immer dort eigenständige Fortschritte, wo sie tatsächlich florieren kann und auch die ökonomischen Bedingungen für die Musiker stimmen.[...] Dass es eine genügend große Schicht von Musikerinnen und Musikern gibt, die auch tatsächlich mit ihrer ganzen Energie ihrem Beruf nachgehen können, erfüllt also eine Funktion.

Das Problem wird in der heutigen Zeit auch dadurch verschärft, dass auch der Zugang zum Musikmachen und auch Veröffentlichen dank dem Internet immer einfacher geworden ist und der Musikgeschmack des Publikums immer pluralisticher geworden ist. Ist nun Jazz förderungswürdiger als Klassik, Volksmusik, Metal, Hip-Hop, Techno, House oder Salsa? Um alles zu fördern, ist halt nicht genügend Geld da. Letztlich können die Verantwortlichen (Kultusminister etc.) also auch nur noch nach ihrem persönlichen Geschmack entscheiden - wie auch immer der aussieht.
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
In den meisten Fällen übernahm dann die Schallplattenindustrie das "Mäzenatentum" und hat den entsprechenden Künstlern den Rücken freigehalten.

Damals war der Musikgeschmack des Publikums nicht dermaßen pluralistisch, und nur die fehlende Konkurrenz sorgte dafür, dass die Plattenindustrue praktisch kein Risiko eingegangen ist, wenn sie was neues veröffentlichten: Das Radio spielte es ja sowieso, und die Leute kauften dann auch sowieso. Noch in den 90ern konnte ein Dr. Motte eine neue Love-Parade-Hymne rausbringen, und eine Woche später wusste die halbe Schulklasse drüber Bescheid. Heute kann jeder dehergelaufene Computerbenutzer am heimischen Aldi-PC eine genauso gute Techno-Platte produzieren und mit ein paar Mausklicks bei Youtube oder Soundcloud hochladen. Das Problem ist nur: Es interessiert einfach niemanden mehr, dass DJ XY aus YZ einen neuen Track gemacht hat. In andere Genres verhält es sich genauso: Seiten wie www.bemusterung.de stellen laufend neue Veröffentlichungen im Schwerpunkt Deutscher Schlager vor. Aber es interessiert praktisch niemanden mehr, ganz im Gegensatz zu früher, wo die Leute die ZDF-Hitparade eingeschaltet haben, um zu erfahren, was Udo Jürgens, Michael Holm oder Juliane Werding mal wieder Neues gemacht haben. Diese großen Namen wie früher gibt es ja heute in keinem Genre mehr.
 
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Aber das machen sie schon mit unseren Straßen und unserer Infrastruktur nicht... - ich hör jetzt auf, sonst rege ich mich nur wieder unnötig über diese ganzen Politikerdarsteller auf.

Der Entwurf des neuen Bundesverkehrswegeplans spricht da insofern eine andere Sprache, als da sehr viel Geld in den Erhalt, den Ausbau und die Reparatur als in den Neubau von Straßen und Schienenwegen gesteckt werden soll. Der Kulturbereich wäre schon froh, wenn er so viel ab bekäme wie alleine die Leitplanken etc. an den Autobahnen ständig verschlingen - wie ich gerne überspitzt formuliere (die genauen Zahlen kenne ich auch nicht, aber es fällt auf, daß praktisch ununterbrochen an irgendwelchen Leitplanken gearbeitet werden muss, wenn wieder jemand dagegen geknallt war).


Die adeligen Mäzene sind aber nicht übers Land gezogen und haben junge Talente gesucht. Sie haben Kapellmeister engagiert und Aufträge vergeben. Und sie haben nur das gefördert, was ihnen gefiel und sie glanzvoll in das Licht eines großen Gönners gestellt hat. Das hat aber auch damals nur mit populären Kunstformen funktioniert.
Wenn ein Musiker sich ausschließlich mit Musik beschäftigen kann, dann hat er mehr Zeit zu üben und sich Wissen anzueignen. Das ist aber nur Theorie und Praxis und hat für die Kunst die gleiche Bedeutung wie Grammatik und Lesen. Deine Behauptung, wie "Wirklich große Kunst" entsteht, finde ich schon fast unverschämt. Was ist mit Blues, Tango, Rembetiko, Flamenco, Klezmer und und und?

Sie haben dankenswerterweise nicht nur das gefördert, was ihnen gefiel. Beethoven wurde trotz (oder wegen?) seines "modernen" und nicht immer gefälligen Stils von Fürst Lichnowsky sehr gefördert.
Dennoch ist genau das der "Pferdefuß" des Mäzenantentums schlechthin: Wer die Musik bezahlt, bestimmt, was gespielt wird. Das vergleichsweise sehr ausgeprägte Mäzenatensystem in den USA ist jedenfalls kaum geeignet, neue Entwicklungen zu unterstützen.


Es gibt die stattliche Kulturförderung, das ist einer von vielen Töpfen im Verteilungskampf. Es reicht eben auch nicht aus "Der Staat ist in der Pflicht" zu schreiben, sich wieder hin zu legen und wenn das Politikerbashing losgeht wieder wach werden.
Wenn man will, das ein Töpfchen ein wenig mehr gefördert wird, dann muss man dafür auch was tun. Zur Zeit wollen aber viele lieber höhere Zäune als gute Jazzmusiker.

Ich wage zu behaupten, dass diejenigen, die derzeit die höheren Zäune fordern per se nicht zu den Jazz-Fans oder überhaupt zu den Interessenten und/oder Förderern innovativer Kultur gehörten bzw. gehören.
Beim Kampf um die Fördertöpfe fegt es aber leider auch nicht immer gerecht und ausgewogen zu. Wer einmal an diesem Topf hängt, verteidigt auch gerne mal sein "Revier" gegen Newcomer (u.a. nachzulesen in dem Buch "Der Kulturinfarkt").


Sobald ein Künstler seine Kunst verkaufen möchte, ist das ein kommerzieller Versuch. Und wer "sich nicht verkaufen will", der muss halt andere Möglichkeiten zur Sicherung des Lebensunterhalts suchen. Dazu kann man sich durchaus auch an Kulturfördervereine wenden.

Kunst und Kommerz ist ja oft nur ein künstlicher Gegensatz wie der Kunstmarkt und die dort erzielten astronomischen Preise zur genüge zeigt.
Aber würde es uns nicht auch gut zu Gesicht stehen, wenn wir wie in Irland traditionell üblich, Künstler-Einkommen steuerfrei stellen würden? Das wäre für den Staat kein großer Verlust aber ein gutes Zeichen der Wertschätzung und für viele eine echte Hilfe.

Gruß, Jürgen
 
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<!-- OT on -->

@McCoy:
Blues - Wikipedia: Blues ist eine vokale und instrumentale Musikform, die sich in der afroamerikanischen Gesellschaft in den USA Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt hat (keine Schallplattenindustrie, kein "Mäzenatentum". Wer hat hat den [ehemaligen] Sklaven den Rücken freigehalten?)

Rembetiko - Wikipedia: In den Anfängen seiner Entstehung wurden Rembetika nur von den in Piraeus lebenden Rembetes gespielt, meist Flüchtlingen, die im Jahr 1922, dem Jahr der sogenannten kleinasiatischen Katastrophe, aus Smyrna und anderen Orten Kleinasiens auf das griechische Festland vertrieben worden waren.
(die "kleinasiatischen Katastrophe" ist die griechische Interpretation der Geschichte)

<!-- OT off -->
 
Das würde ich unter das zählen, was hier bei uns mit dem Wort "Volksmusik" bezeichnet wir (wobei ich darunter jetzt nicht das Musikantenstadl verstehe). Volksmusik funktioniert immer ohne Mäzenatentum. John Lee Hooker und Muddy Waters dagegen hatten schon die Plattenindustrie im Background. Wer mal Beethovens oder Schuberts Musik studiert hat, kann auch feststellen, daß beide ihre Wurzeln in der (z.B.) österreichischen Volksmusik nicht verleugnen, sowenig, wie John Coltrane seine Wurzeln im Blues verleugnet. Im Rembetiko kenne ich mich nicht so aus, aber im Tango hatte z.B. Piazzolla Stipendien und Preisgelder.
 
zum Teil die Wirtschaft übernehmen und fördern

Was sie bei Instrumenten - siehe Stradivari - auch oft genug macht ...

erfolgreicher Spitzensport mit Fußballweltmeistern und Olympiasiegern entwickelt

Im Bereich Jazz (Musik) fehlt dann so ein wenig die Werbewirksamkeit eines solchen Titel, da ja der "Gewinner" nur sehr schwer zu ermitteln ist - es sei denn, man würde die Kunst reduzieren auf das erfüllen von Licht und Kür.

Ganz ohne "Return of Investment" macht das weder Mäzen, noch Staat, noch Politik ...

Schade eigentlich :bad:

Gruß
Martin
 
Wobei es genau genommen auch noch die Unterscheidung zwischen "Sponsor" und "Mäzen" gibt. Ersterer ist nur auf die Werbewirksamkeit des geförderten Events etc. aus und nutzt dieses im Grunde nur als Mittel zum Zweck. Letzterer sollte dem Idealbild nach fördern (weitgehend) ohne eigennützige Hintergedanken.
In einer Demokratie hat der Staat (= die Allgemeinheit der Steuerzahler) die Rolle des Mäzens übernommen und sollte daher das Fördern nicht an eigennützige Bedingungen knüpfen. Wobei es natürlich nicht darum gehen kann, "Fässer ohne Boden" zu finanzieren. Allerdings finde ich, daß die Diskussion um die Verteilung der Gelder und um die Qualität des Geförderten keine politische Diskussion sein sollte, also nur in der Politik oder vielleicht noch in den Verwaltungen geführt bzw. bestimmt werden sollte, sondern gesamtgesellschaftlich. Allerdings muss ich zugestehen, daß dies ein Idealbild darstellt und wirklich fruchtbar nur in einer toleranten, aufgeklärten, (welt)offenen, demokratisch engagierten und respektvollen Gesellschaft funktionieren kann.
Aber sollte diese nicht an sich ein erstrebenswertes Ziel sein? Gerade heute?!
 
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