Review - ART Digital MPA II PreAmp

rbschu
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Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich geschlagene 600 € für einen 2-kanaligen PreAmp ausgeben soll, aber ich gestehe, meine Neugier auf die Möglichkeiten, die sich damit für mich erschließen würden, war doch zu groß und ich erlag der Versuchung - allerdings mit dem festen Vorsatz, dass ich das Teil wieder retournieren würde, wäre ich nicht vollständig zufrieden.

Der ART Digital MPA II ist nicht mein erster und einziger PreAmp, wohl aber der modernste. Er sollte am Hauptrechner zwei zusätzliche Mikrofoneingänge zur Verfügung stellen. Bislang nutze ich dort nämlich nur eine in die Tage gekommene PCI-Karte von M-Audio (Delta 1010LT), die mir auf der analogen Seite sechs Line-Eingänge sowie zwei Mikrofoneingänge zur Verfügung stellt. Nie genutzt habe ich die zusätzlichen beiden S/PDIF-Kanäle auf der digitalen Eingangsseite. Das sollte sich nun ändern.

Ich besitze schon verschiedene andere kleine Helferlein der Firma ART (Applied Research and Technology), die mich nie im Stich gelassen haben und mir Mut machten, dass es sich mit dem ART Digital MPA II genauso verhalten würde. Ich denke, dass meine Erfahrung mit Produkten der Firma grob bis Ende der 80er Jahre zurück reichen. Damals kaufte ich mir ein 19“- Multieffektgerät (ART Multiverb), das ich planerisch gleichfalls einbinden und reaktivieren wollte. Aber eins nach dem anderen.

Hier erst mal zwei Produktfotos, die detailliert zeigen, welche Regel- und Anschlussmöglichkeiten der ART Digital MPA II bietet.



Mich sprachen die im Produkt umgesetzten Features der einstellbaren Eingangsimpedanz (zwischen 150-3000 Ohm) an, die den Klang des Mikrofons kontinuierlich verändern sollten. Hinzu kam die M/S-Matrix Mikrofonierung, die ich endlich mal mit meinem NoHype Bändchenmikrofon (LRM-2) und dem Lewitt LCT-540, einem Großmembran-Condenser realisieren wollte. Außerdem versprach die schaltbare Anodenspannung der beiden verbauten 12AX7 Röhren klangliche Feinheiten in Bezug auf Verzerrung und Harmonische, mit denen ich noch nie experimentiert hatte. Na, wenn das keine Neugier ist?

Der ART Digital MPA II ist ein 2HE Rack-Gerät. Das passt gut in meine Aufnahme-Philosophie. Ich arbeite im Prinzip an drei Orten: dem Gitarrenraum, wo ich ein Tascam US-144 MKII USB-Audiointerface an einem Notebook verwende. Für Gitarren- und Basstracks war das bislang völlig ausreichend, weil ich auch hier das Prinzip verfolge, ein trockenes und ein vom Verstärker geformtes Signal zu verwenden (vgl. hier). Jenes vom Verstärker nutze ich aber nur zum latenzfreien Monitoring, während das trockene Signal später durch diverse VSTs und Amp/Boxen Modeller bearbeitet wird. Als zweiten Aufnahmeort nutze ich den Keyboard-Raum, wo sich mein Hauptrechner befindet, der die oben genannte PCI-Karte verwendet. Der Keyboard-Raum ist aber nicht sehr groß, mit anderen Worten sooo vollgestopft, dass ich für Vokalaufnahmen (und Akustikgitarren) auf den vorgelagerten Flur ausweichen muss, den ich in Ermangelung besserer Lokalitäten liebevoll meinen 'zentralen Aufnahmebereich' nenne. :) Denn da ist noch Platz. Aber mich hat es bislang immer genervt, dass ich hier immer Kompromisse mit dem Zugriff auf diverses Equipment hatte, das nebenan im Keyboard-Raum verortet ist. Die Lösung war, mir vor geraumer Zeit einen Rollwagen zuzulegen, der diverse Geräte aufnehmen sollte, an denen ich während der Akustikaufnahmen herumfummeln konnte ohne ständig in der Wohnung von einem Gerät zum anderen laufen zu müssen. Mit dem ART Digital MPA II im Rollwagen eröffnete sich ein ganz neuer Luxus. Sowohl in Bezug auf Mikrofonaufnahmen wie auch für Einspielungen mit E-Gitarre (oder Bass), für die der PreAmp pro Kanal einen Hi-Z-Eingang (>1 M Ohm) vorhält. So kam ich auf die Idee, den KH-Verstärker aus dem Hauptrack des Keyboard-Raumes gleichfalls in den Rollwagen zu versetzen, was mir neben der bequemen Einstellbarkeit kürzere KH-Kabel bringt.

[1: Gated Compressor/Limiter; 2: Multieffekt; 3: ART PreAmp; 4: KH-Verstärker]




Für den Signalweg ähnlich wie im Gitarrenraum hatte ich mir folgendes gedacht: Mikro oder Gitarre in den ART PreAmp stöpseln, digitaler Signalweg S/PDIF raus zum Rechner mit der PCI-Karte und die analoge Seite bleibt gänzlich dem latenzfreien Monitoring vorbehalten. Gesagt, getan. So sieht nun die Verschaltung aus, die Rollwagen mit Hauptrechner verbindet.



Auf diese Weise stehen mir nun 4 Mikrofoneingänge zur Verfügung, wobei der Dynamikumfang des ART Digital MPA II mit >112 dB(A) den der Wandler der PCI-Karte um schlappe 10 dB überflügelt (101,5 dB, A gewichtet). Ist aber auch klar, denn die PCI-Karte verwende ich sicher schon seit fast 15 (?) Jahren. Das Schöne ist, dass durch den ART PreAmp gleichzeitig der Dynamikumfang meiner Aufnahmen gepimpt wird ohne mir eine neue Karte zulegen zu müssen.

Auch toll: die digitale Aussteuerung ist im Digital MPA II von der analogen Aussteuerung getrennt regelbar. Während die analoge Seite an den zwei großen (justierbaren!) VU-Metern abgelesen wird, nutzt die digitale Seite zwei LED-Ketten, die in der Mitte des Gerätes zwischen den VU-Metern sitzen. Jeder Kanal verfügt also über getrennte Pegelregler, einmal „Digital Level“ sowie auf analoger Seite den Regler „Output Level“. Und wieviel Verstärkung kriegt der PreAmp hin? Er verfügt über 40 dB Gain regelbar per Poti, über einen zusätzlichen Gain-Schalter für weitere 20 dB Anhebung und an dem Output-Regler nochmal bis 10 dB als Nachbrenner sozusagen. Insgesamt sind es also 70 dB, die man ein Signal vorverstärken kann.


Das hier abgebildete Blockschema verdeutlicht die Zusammenhänge vom Signaleingang bis zum Signalausgang. Es lässt sich leicht ersehen, dass zwischen Eingangssektion und Röhre noch ein regelbares Low-Cut-Filter (10-200 Hz) verfügbar ist und auch, dass es vor dem A/D-Wandler noch eine Insert-Buchse hat, um ein vorgelagertes Audio-Processing zu ermöglichen. Phasenumkehrung sowie Dual/Stereo-Betrieb sind selbstverständlich vorhanden, ebenso wie für jeden einzelnen Kanal ein Phantom-Power on/off. Das Gerät ist standardmäßig auf 24 bit Auflösung ausgelegt, aber 16 bit werden gleichfalls bedient (schaltbar, gedithert). Die interne Samplingfrequenz lässt sich zwischen 44,1 kHz und 192 kHz in den üblichen Stufen einstellen. Extern funktioniert das sogar von 24-204 kHz.

Ich finde den ART Digital MPA II ausgesprochen vielseitig in der Anwendung und klanglich über alle Zweifel erhaben. Das Gerät ist sehr solide gebaut, verfügt über beleuchtete Schalter und gedämpft gängige, leicht gerasterte Potis. Ich habe optisch, baulich und funktional nichts daran auszusetzen. Wenn das Ding so lange hält wie mein ART Multiverb, dann kann man mich in 20 Jahren jubeln sehen - wenn ich denn als 80-Jähriger :opa: überhaupt noch Musik mache. Übrigens ist ein gedrucktes, übersichtliches und verständliches Manual in genügend großer Schrift für sogar 60-jährige Brillenträger :cool: beigelegt, welches natürlich auch als PDF von der Firmenwebsite runtergeladen werden kann.

Fazit: Das Gerät gefällt mir, leistet locker das, was ich mir davon versprochen habe und sogar noch ein bisschen mehr. Ich konstatiere also, dass ich mein sauer erspartes Geld erfolgreich gegen einen Glücksgriff an gutem Equipment eingetauscht habe. Das war und ist es mir wert.
 
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