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Gibson Les Paul Deluxe 2015
Anschließend an den Review der Classic 2015 folgt hiermit bereits der fünfte Teil meiner Gibson 2015er-Reihe. Die günstigsten Neupreise seit Ewig für Gibson-Gitarren lassen es zu, sich nicht nur mit einem Modell zu befassen. In Teil 5 soll es daher um die Gibson Les Paul Deluxe gehen.
Vom harten Preiskampf des letztjährigen Jahrgangs blieb die Deluxe weitestgehend verschont. Ursache könnte die Bestückung mit Minihumbucker sowie die daraus resultierenden geringeren Stückzahlen sein, die die Deluxe nicht gerade zur Speerspitze der Les Paul-Modelle macht.
Und aus diesem Grund vorab etwas historischen Background zur Deluxe
Bekanntlich wurde die Produktion der Les Paul 1961 wegen zurückgehender Verkaufszahlen eingestellt. Im Laufe der 1960er-Jahre rückte sie jedoch Dank der britischen Bluesinvasion wieder in den Fokus der Gitarristen. Eric Clapton, Paul Kossoff, Jimmy Page und einige andere einflussreiche Musiker fand heraus, dass so eine Gitarre mit Humbucker ungeheuer fett klingen und damit die eigene Musik befeuern konnte. Diesem „neuen Trend“ folgten alsbald viele Hobby- und Semiprofigitarristen. Und so musste das passieren, was immer passiert, wenn ein Gut begehrt und selten ist, es wird immer teurer.
Dies blieb natürlich auch Gibson nicht verborgen und so kam es, dass die Les Paul 1968 wieder ins Programm aufgenommen wurde: zu einem die 1956er-like Goldtop sowie die Custom. Gibson bemerkte jedoch nicht, was sich die Musiker tatsächlich wünschten, denn die Goldtop kam wie ihre Vorgängerin mit P90-Singlecoils zur Welt. Es halten sich immer noch Gerüchte, wonach für die ersten Instrumente Bodys aus den 1950ern verwendet wurden. Im Laufe des Jahres 1969 drang der Wunsch endlich bis zu Gibson durch. Da sie zu diesem Zeitpunkt bereits zum Norlin-Konzern, der es sich zur Aufgabe machte in allen Bereichen Kosten zu vermeiden, gehörten, erhielt der Gibson-Musterbau die Aufgabe, einen Weg zu finden, Humbucker ohne Zusatzkosten für weitere Fräsarbeiten in die vorhandenen P90-Korpi einzubauen. Der Musterbau fand die Lösung des Problems in der Verwendung vorhandener Epiphone-Minihumbucker. Davon hatte man eine Überproduktion an Lager. Sie gehörte genauso wie alle Maschinen, Werkzeuge, Instrumente, Instrumententeile usw. zum ehemaligen Epiphone Hab & Gut, das Gibson in den 1950ern aufgekauft hatte.
Die Umsetzung bestand im ersten Stepp darin, P90-Cover aufzuschneiden und die Minihumbucker einzusetzen. Dies sah auf den ersten Blick nicht wirklich professionell aus, aber den Verantwortlichen bei Norlin/Gibson gefiel dies und noch viel mehr der Umstand, dass hierfür keine finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden mussten. Zusätzlich erhielt die neu geschaffene Les Paul eine größere Kopfplatte. So erschien die erste neu benannte und gestaltete Les Paul seit deren Produktionsstopp Anfang der 1960er im September 1969 für 425 $ auf dem Markt, golden war sie noch immer. Erst im Laufe der 1970er erhielten die Minis passende Rahmen und die Deluxe auch transparente (Heritage Cherry Sunburst) oder anderen deckenden Lackierungen im Stile der 70er-Jahre.
Review
An dieser Stelle will ich aus meinen Reviews zitieren, denn nicht jeder wird meine vorangegangenen Veröffentlichungen studieren. An entsprechenden Stellen ergänzte ich das Genannte durch Besonderheiten der Deluxe.
Der Gibson-Jahrgang 2015 bietet nun für alle Kritiker die größte Angriffsfläche überhaupt. Gibson hat seine Erfolgsmodelle komplett auf den Kopf gestellt und mit Neuerungen versehen, die mal mehr, mal weniger verständlich sind, u.a.:
· Halsbreite: 46 mm
· G-Force Stimmautomatik
· Sattel mit Nullbund
· den sogenannten „Leo Baul“-Jubiläumsschriftzug zum 100. Geburtstag von Les Paul
· ein Hologramm des einem zuwinkenden Lester William Polfus ( so der bürgerlicher Name von Les Paul „Ich bin keine Gitarre!“)
Die Halsbreite
46 mm sind eine Hausnummer. Einmal zum Vergleich, meine PRS SE Custom weist exakt die gleiche Halsbreite auf, allerdings handelt es sich bei ihr um eine 7 String! Große Hände stehen damit vor keiner unlösbaren Aufgabe. Bei Musiker mit kleinen Händen wird dies u.U. jedoch zur großen Hürde. Aber auch die vom möglichen Idealmaß von 43 mm abweichende Abmessung stellt bei Gibson kein Novum dar. Ich besaß einmal eine 1969er SG Melody Maker mit einem 40 mm breiten Hals. Konnte ich auch bespielen. Man gewöhnt sich einfach daran. Vielleicht ist dies Gibson´s Reaktion auf die immer weitere Verbreitung von 7-, 8- oder gar 9-saitigen Gitarren. Für viele besitzen diese Instrumente keinen Sonderstatus mehr. Und da ist natürlich ein Wechsel auf eine 6 String mit ähnlich breitem Hals, wie der einer 7 String naheliegend.
Das G-Force
Das Nachstimmen der Standardstimmung verlief ohne Probleme in ca. 5 Sekunden. Ein bisschen Zipp und Drrr hier und da, fertig. Schon spaßig, wenn das alles automatisch geht. Mittlerweile kenne ich mit dem G-Force etwas besser aus.
Der Sattel mit Nullbund
OK, hierzu kann ich nichts groß schreiben. Ich weiß nicht, worin hier die Ursache zu suchen ist. Gibt es vielleicht unter den Gibson-Manager einen Freund alter deutscher Gitarren? Die wiesen in den 1950er/1960er-Jahren häufig einen Nullbund, jedoch in anderer Form auf. Mit Nullbund sollen die Leersaiten wie gegriffene klingen, so dass das gesamte Klangbild homogener wird. Dementsprechend wird der Nullbund ständig der Reibung der Saiten ausgesetzt und verschleißt schneller, als die übrigen Bünde.
Genau dies geschieht auch bei den Messingsätteln von Gibson. Es bilden sich im Nullbund rasch Eindrücke der Saiten, die letztendlich dazu führen, dass sich die Saite, wie in einem zu eng gekerbten Sattel verhaken und mit einem laut vernehmbaren „Plong“ herausspringen. Dieser Umstand tritt nicht erst nach Jahren, sondern tatsächlich nach kurzer Zeit auf. Das Material ist definitiv zu weich.
Zusatz zum Sattel
Mehrere User aus dem hiesigen Board einschließlich mir intervenierten bei Gibson bzgl. des sich schnell abnutzenden Sattels. Uns wurde im ersten Schritt völlig unbürokratisch ein vernickelter Messingsattel unter Vorlage der Seriennummer und des Kaufbelegs zugesandt.
Mittlerweile erhielt ich vier der sechs angeforderten Titansättel. Da ich die Deluxe tonal noch nicht richtig für mich eingestellt hatte, entschied ich mich dafür, sie gleich mit solch einem Sattel auszustatten. Damit sollte dieser Mangel zukünftig abgestellt sein. Ich empfehle jedem 2015er-Eigner sich diesbezüglich an Gibson zu wenden. Keiner kann voraussagen, wie lange die Versorgungssituation gewährleistet werden kann. Sollte Euch kein Ansprechpartner bei Gibson vorliegen, könnt Ihr Euch gerne per PN an mich wenden.
Der Leo Baul-Schriftzug
Mh, is eben so. Stammt er tatsächlich von Les Paul oder durfte jeder Gibson-Mitarbeiter eine Schriftprobe abgeben? Um ehrlich zu sein, mich stört er nicht. Ebenso wenig das Hologramm. Ist ja schließlich Les Paul´s Jubiläumsjahrgang.
Das Palisandergriffbrett
Manche können sich wohl noch an den Palisander-Skandal bei Gibson von vor 2 – 3 Jahren erinnern. Dieser scheint nun endgültig überwunden zu sein. Gerade bei meiner Junior und Studio sieht man, dass es außerordentlich dick ist und die Stärke des Sattels erreicht. Bei der Deluxe wird dies wohl nicht anders sein, durch das Halsbinding wird es jedoch überdeckt. Im Gegensatz zu meiner Classic zeigt sich das Griffbrett nicht ganz so homogen in der Farbgebung. Vielmehr wechseln sich helle und dunkel Streifen ab.
Die Griffbrettinlays
Da hat sich Gibson 2015 ein Herz gefasst und auch bei allen Modellen "Mother of Pearl" verwendet. Dies sieht sehr edel aus und ist wieder nicht historisch korrekt bei den "Standard Les Pauls". Mir gefällt´s! Leider wurde diesem edlen Werkstoff nicht an jeder Stelle des Griffbretts die Behandlung zuteil, die es verdient hätte. Bei den Fabrik-Gibson wird eben genommen, was der Karton hergibt. Natürlich finde keine Selektion statt. Wie auch immer, nach wie vor gefällt mir dieses Material besser, als der Kunststoff, der wieder bei den 2016er-Modellen verwendet wird.
Bei dem Halsprofil
…handelt es sich bei der Deluxe um das „Rounded Asym“, d.h. einem im Bereich der hohen Saiten in der Stärke abnehmendem Profil. Dieses gibt es bei Gibson noch nicht allzu lange und ich muss sagen, dass ich mich zuerst einmal daran gewöhnen musste (Dauer: ca. 2-3 Tage), dann wirkt das volle Profil wieder etwas gewöhnungsbedürftig. Der Wechsel von einem normal dimensionierten zum breiteren 2015er-Hals fiel weitaus leichter, als der zu dem asymmetrischen Profil der Deluxe.
Hardware
Als Stoptailpiece und Bridge kommen neue Teile, die aus Zamak bestehen zum Einsatz. Wirklich neu (zumindest für Gibson) ist die Verwendung von Titansaitenreitern. In wie weit und wie sie den Tone verändern, lässt sich freilich schwer sagen. Wie immer taugt natürlich ein Vergleich zwischen meinen beiden anderen Les Paul´s nicht. Zu viele Parameter beeinflussen das Ganze. Um die Bridge in der Höhe zu justieren, benötigt man nun einen Inbusschlüssel. Nicht wirklich praktikabel, macht aber auch nicht jeden Tag.
Die übrige Elektronik
Wie bei meinen drei weiteren Les Paul´s kommt auch bei der Deluxe eine Platine im E-Fach zum Einsatz. Auf ihr finden sich zwei Push/Pull-Potis für den Coilsplit, ein Mastertonepoti als auch ein Minischalter für den Booster wieder. Die Boosteinheit sitzt nicht direkt auf der Platine, so dass auch ein Austausch gegen ein weiteres Push/Pull-Poti für die Aktivierung vorstellbar wäre. Somit wäre auch die klassische Optik gewahrt. Da ich den Boost bereits bei meiner Classic zu schätzen gelernt habe, ziehe ich den Erhalt dieser Option dem bekannten Look vor. Der 9V-Block für den Booster ist von außen zugängig und ein Wechsel erfolgt rausch. Gibson verwendet endlich 500kOhm-Potis für ihre Humbucker. Jedoch gibt Gibson eine Toleranz von +/- 20 % an.
Bei der Firebird und Deluxe kommen wie beschrieben Minihumbucker zum Einsatz. Diese stammen jedoch mittlerweile nicht mehr von Epiphone, sondern sind Neuentwicklungen aus dem Hause Gibson. Für die Firebird wurden zu Beginn ihrer Karriere 1963 gar neue Aggregate entwickelt. Sie verzichteten ob der schöneren Optik (aus die Karosserie eines Autos muss windschnittig sein) auf einstellbare Polpieces, sprich die Cover waren komplett geschlossen. Diese findet man auch bei der Deluxe wieder. Dementsprechend herrscht nun bei Firebird und Deluxe Einheit. Finde ich bei der Firebird schon, bei der Deluxe dagegen eher nicht (historische Prägung eben). Zudem ziehe ich justierbaren Polpieces vor, da man mir ihrer Hilfe den Sweet Spot besser einstellen kann.
Dennoch unterscheiden sich die inneren Werte der Pickups
Bei der Firebird (495R & T) kommen Keramikmagnete zum Einsatz, wohingegen man bei denen für die Deluxe (New LP-Minihumbucker) auf Alnico V vertraut. Beide Sets sind mit recht hohem Output ausgeführt: Firebird – 24,2 & 25,2 kOhm / Deluxe: 17 & 26,4 kOhm
Die Verarbeitung
Meiner Meinung trifft hier eine wichtige Aussage von Thorsten B., was die Verarbeitung angeht, zu. Da hat sich bei Gibson einiges getan. Man spürt z.B. keinen Übergang vom Hals zum Griffbrett. Deswegen muss sich der ein oder andere von Gibson´s Mojo verabschieden. Dies ist in meinen Augen die nette Umschreibung mancher Unzulänglichkeit von Gibson. Die Lackoberfläche wirkt ebenfalls anmutiger und edler. Das Gold wirkt auch teilweise recht dreidimensional und hat eine größere Tiefenwirkung, als ich das von meiner Custom Shop R7 in Erinnerung habe (sie erhielt vor 2 Jahren ein Bavarian Makeover I).
Das Aussehen meiner Deluxe
Die Deluxe besitzt nur ein C-Top (unterste Kategorie bei Gibson, insgesamt gibt es davon 10 – Top: AAAA), das in der Regel fast keine bis sehr wenig Zeichnung aufweist. Bei einer Goldtop spielt dies natürlich keine Rolle, wäre sogar Resourcenverschwendung!
Der Tone
Bei der Tonebeurteilung zu Hause in den eigenen vier Wänden muss ich zweigleisig fahren. Zum einen spiele ich die Deluxe über meinen POD. Hierfür habe ich mir einen Referenztone erstellt, auf die ich alle meine Gitarren abstimme. Feinere Unterscheidungen werden in einer für die Gitarre optimierten Bank abgelegt. In der Referenzbank stellt sich die Deluxe gegenüber der Classic dunkler und nicht allzu höhenreich ein.
Ihr Toneumfang erscheint insgesamt eng fokussierter und kompakter, erreicht nicht ganz die Dreidimensionalität großer Humbucker. Man merkt ihnen den kleineren Abtastbereich der Saiten an. Der weit gespreizte Randbereich des großen Humbucker fehlt ihr ein wenig. Sie klingen zudem nicht so luftig, wie die Firebird. Hier macht sich mit Sicherheit das Mehr an Holz als auch der unterschiedliche Holzmix bemerkbar. Sie bieten allerdings gegenüber Fullsize-Humbucker ein stämmigeres Fundament. Das von der Firebird bekannte leichte Auftreten muss ich der Deluxe noch ein wenig entlocken.
Auf der anderen Seite sind die aktuellen Gibson Minihumbucker klangtechnisch nicht mit denen der Anfangstage zu vergleichen. Die Minis der früheren Dekaden lagen vom Output her in Richtung 8 kOhm, hier zeigt der Bridge-PU mehr als den dreifachen Wert.
Der Stegpickup zeichnet wie üblich für die aggressiveren Töne verantwortlich, wobei er gemäßigter, als der Humbucker der Classic antritt. Er kann allerdings auch wunderbar zubeißen. Der Neckpickup klingt bekanntermaßen wärmer und voller. Man muss jedoch etwas Acht geben, dass er nicht das Mulmen anfängt. In der Zwischenstellung beider Pickups summieren sich ihre Eigenschaften zu einem etwas volleren und mächtigeren Tone mit mehr Facetten. Der Bassumfang des Necks wird dabei ein wenig abgemildert. Er greift dem Steg-PU mit seiner Wohligkeit ein wenig unter die Arme. Natürlich sind solche Soundbeschreibungen immer nur ein Statement. Stelle ich die Pickups anders ein, klingt die Gitarre auch gleich wieder völlig unterschiedlich zu vorher. Diese Einstellmöglichkeit explodiert quasi noch, wenn einem sechs bzw. zwölf einstellbare Polpieces zur Verfügung stehen.
Die Coilsplit-Funktion ist eine nette Dreingabe. Mit den Minihumbucker zeigt er deutlich mehr Wirkung im verzerrten Bereich als bei den Fullsize-Humbuckern, der Tone wird eine Spur aggressiver. Die Lautstärke bleibt ebenso wie im Splittmodus im Großen & Ganzen erhalten. Der Splitt zusammen mit dem Boost ergeben wiederum einen etwas dünneren und höhenreicheren Tone und legt eine Schippe Bissigkeit drauf. Je verzerrter, desto weniger Anteil hat der Boost am Klanggeschehen. Bei der Deluxe erschließt sich mir sein Vorhandensein deutlich mehr, als bei der Classic. Der Boost erweitert das Klangspektrum der Deluxe in meinen Ohren eindeutig.
Das Fazit
Die Frage bei der Deluxe war für mich „Benötige ich wirklich eine Les Paul mit Minihumbucker?“. Die Antwort lautet: nicht unbedingt. Vielleicht sind die aktuellen Gibson Mini´s zu hoch gezüchtet, wodurch sie ihre Luftigkeit und damit ihren tonalen Abstand zu einer Fullsize-Humbucker LP ein wenig einbüßen.
Und da heißt es (eigentlich wie immer) sich ein wenig mit den Aggregaten zu beschäftigen, um für sich das Optimum heraus zu kitzeln. Ich habe es geschafft, dass mir derzeit die einstellbaren Polpieces nicht wirklich fehlen.
Letztendlich bin ich froh, die Entscheidung pro Deluxe getroffen zu haben und auch für die Goldtop, stehlt sie doch, im Gegensatz zur erst erkorenen Pelham Blue auf lange Sicht das gefälligere Instrument dar.
Anschließend an den Review der Classic 2015 folgt hiermit bereits der fünfte Teil meiner Gibson 2015er-Reihe. Die günstigsten Neupreise seit Ewig für Gibson-Gitarren lassen es zu, sich nicht nur mit einem Modell zu befassen. In Teil 5 soll es daher um die Gibson Les Paul Deluxe gehen.
Vom harten Preiskampf des letztjährigen Jahrgangs blieb die Deluxe weitestgehend verschont. Ursache könnte die Bestückung mit Minihumbucker sowie die daraus resultierenden geringeren Stückzahlen sein, die die Deluxe nicht gerade zur Speerspitze der Les Paul-Modelle macht.
Und aus diesem Grund vorab etwas historischen Background zur Deluxe
Bekanntlich wurde die Produktion der Les Paul 1961 wegen zurückgehender Verkaufszahlen eingestellt. Im Laufe der 1960er-Jahre rückte sie jedoch Dank der britischen Bluesinvasion wieder in den Fokus der Gitarristen. Eric Clapton, Paul Kossoff, Jimmy Page und einige andere einflussreiche Musiker fand heraus, dass so eine Gitarre mit Humbucker ungeheuer fett klingen und damit die eigene Musik befeuern konnte. Diesem „neuen Trend“ folgten alsbald viele Hobby- und Semiprofigitarristen. Und so musste das passieren, was immer passiert, wenn ein Gut begehrt und selten ist, es wird immer teurer.
Dies blieb natürlich auch Gibson nicht verborgen und so kam es, dass die Les Paul 1968 wieder ins Programm aufgenommen wurde: zu einem die 1956er-like Goldtop sowie die Custom. Gibson bemerkte jedoch nicht, was sich die Musiker tatsächlich wünschten, denn die Goldtop kam wie ihre Vorgängerin mit P90-Singlecoils zur Welt. Es halten sich immer noch Gerüchte, wonach für die ersten Instrumente Bodys aus den 1950ern verwendet wurden. Im Laufe des Jahres 1969 drang der Wunsch endlich bis zu Gibson durch. Da sie zu diesem Zeitpunkt bereits zum Norlin-Konzern, der es sich zur Aufgabe machte in allen Bereichen Kosten zu vermeiden, gehörten, erhielt der Gibson-Musterbau die Aufgabe, einen Weg zu finden, Humbucker ohne Zusatzkosten für weitere Fräsarbeiten in die vorhandenen P90-Korpi einzubauen. Der Musterbau fand die Lösung des Problems in der Verwendung vorhandener Epiphone-Minihumbucker. Davon hatte man eine Überproduktion an Lager. Sie gehörte genauso wie alle Maschinen, Werkzeuge, Instrumente, Instrumententeile usw. zum ehemaligen Epiphone Hab & Gut, das Gibson in den 1950ern aufgekauft hatte.
Die Umsetzung bestand im ersten Stepp darin, P90-Cover aufzuschneiden und die Minihumbucker einzusetzen. Dies sah auf den ersten Blick nicht wirklich professionell aus, aber den Verantwortlichen bei Norlin/Gibson gefiel dies und noch viel mehr der Umstand, dass hierfür keine finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden mussten. Zusätzlich erhielt die neu geschaffene Les Paul eine größere Kopfplatte. So erschien die erste neu benannte und gestaltete Les Paul seit deren Produktionsstopp Anfang der 1960er im September 1969 für 425 $ auf dem Markt, golden war sie noch immer. Erst im Laufe der 1970er erhielten die Minis passende Rahmen und die Deluxe auch transparente (Heritage Cherry Sunburst) oder anderen deckenden Lackierungen im Stile der 70er-Jahre.
Review
An dieser Stelle will ich aus meinen Reviews zitieren, denn nicht jeder wird meine vorangegangenen Veröffentlichungen studieren. An entsprechenden Stellen ergänzte ich das Genannte durch Besonderheiten der Deluxe.
Der Gibson-Jahrgang 2015 bietet nun für alle Kritiker die größte Angriffsfläche überhaupt. Gibson hat seine Erfolgsmodelle komplett auf den Kopf gestellt und mit Neuerungen versehen, die mal mehr, mal weniger verständlich sind, u.a.:
· Halsbreite: 46 mm
· G-Force Stimmautomatik
· Sattel mit Nullbund
· den sogenannten „Leo Baul“-Jubiläumsschriftzug zum 100. Geburtstag von Les Paul
· ein Hologramm des einem zuwinkenden Lester William Polfus ( so der bürgerlicher Name von Les Paul „Ich bin keine Gitarre!“)
Die Halsbreite
46 mm sind eine Hausnummer. Einmal zum Vergleich, meine PRS SE Custom weist exakt die gleiche Halsbreite auf, allerdings handelt es sich bei ihr um eine 7 String! Große Hände stehen damit vor keiner unlösbaren Aufgabe. Bei Musiker mit kleinen Händen wird dies u.U. jedoch zur großen Hürde. Aber auch die vom möglichen Idealmaß von 43 mm abweichende Abmessung stellt bei Gibson kein Novum dar. Ich besaß einmal eine 1969er SG Melody Maker mit einem 40 mm breiten Hals. Konnte ich auch bespielen. Man gewöhnt sich einfach daran. Vielleicht ist dies Gibson´s Reaktion auf die immer weitere Verbreitung von 7-, 8- oder gar 9-saitigen Gitarren. Für viele besitzen diese Instrumente keinen Sonderstatus mehr. Und da ist natürlich ein Wechsel auf eine 6 String mit ähnlich breitem Hals, wie der einer 7 String naheliegend.
Das G-Force
Das Nachstimmen der Standardstimmung verlief ohne Probleme in ca. 5 Sekunden. Ein bisschen Zipp und Drrr hier und da, fertig. Schon spaßig, wenn das alles automatisch geht. Mittlerweile kenne ich mit dem G-Force etwas besser aus.
Der Sattel mit Nullbund
OK, hierzu kann ich nichts groß schreiben. Ich weiß nicht, worin hier die Ursache zu suchen ist. Gibt es vielleicht unter den Gibson-Manager einen Freund alter deutscher Gitarren? Die wiesen in den 1950er/1960er-Jahren häufig einen Nullbund, jedoch in anderer Form auf. Mit Nullbund sollen die Leersaiten wie gegriffene klingen, so dass das gesamte Klangbild homogener wird. Dementsprechend wird der Nullbund ständig der Reibung der Saiten ausgesetzt und verschleißt schneller, als die übrigen Bünde.
Genau dies geschieht auch bei den Messingsätteln von Gibson. Es bilden sich im Nullbund rasch Eindrücke der Saiten, die letztendlich dazu führen, dass sich die Saite, wie in einem zu eng gekerbten Sattel verhaken und mit einem laut vernehmbaren „Plong“ herausspringen. Dieser Umstand tritt nicht erst nach Jahren, sondern tatsächlich nach kurzer Zeit auf. Das Material ist definitiv zu weich.
Zusatz zum Sattel
Mehrere User aus dem hiesigen Board einschließlich mir intervenierten bei Gibson bzgl. des sich schnell abnutzenden Sattels. Uns wurde im ersten Schritt völlig unbürokratisch ein vernickelter Messingsattel unter Vorlage der Seriennummer und des Kaufbelegs zugesandt.
Mittlerweile erhielt ich vier der sechs angeforderten Titansättel. Da ich die Deluxe tonal noch nicht richtig für mich eingestellt hatte, entschied ich mich dafür, sie gleich mit solch einem Sattel auszustatten. Damit sollte dieser Mangel zukünftig abgestellt sein. Ich empfehle jedem 2015er-Eigner sich diesbezüglich an Gibson zu wenden. Keiner kann voraussagen, wie lange die Versorgungssituation gewährleistet werden kann. Sollte Euch kein Ansprechpartner bei Gibson vorliegen, könnt Ihr Euch gerne per PN an mich wenden.
Der Leo Baul-Schriftzug
Mh, is eben so. Stammt er tatsächlich von Les Paul oder durfte jeder Gibson-Mitarbeiter eine Schriftprobe abgeben? Um ehrlich zu sein, mich stört er nicht. Ebenso wenig das Hologramm. Ist ja schließlich Les Paul´s Jubiläumsjahrgang.
Das Palisandergriffbrett
Manche können sich wohl noch an den Palisander-Skandal bei Gibson von vor 2 – 3 Jahren erinnern. Dieser scheint nun endgültig überwunden zu sein. Gerade bei meiner Junior und Studio sieht man, dass es außerordentlich dick ist und die Stärke des Sattels erreicht. Bei der Deluxe wird dies wohl nicht anders sein, durch das Halsbinding wird es jedoch überdeckt. Im Gegensatz zu meiner Classic zeigt sich das Griffbrett nicht ganz so homogen in der Farbgebung. Vielmehr wechseln sich helle und dunkel Streifen ab.
Die Griffbrettinlays
Da hat sich Gibson 2015 ein Herz gefasst und auch bei allen Modellen "Mother of Pearl" verwendet. Dies sieht sehr edel aus und ist wieder nicht historisch korrekt bei den "Standard Les Pauls". Mir gefällt´s! Leider wurde diesem edlen Werkstoff nicht an jeder Stelle des Griffbretts die Behandlung zuteil, die es verdient hätte. Bei den Fabrik-Gibson wird eben genommen, was der Karton hergibt. Natürlich finde keine Selektion statt. Wie auch immer, nach wie vor gefällt mir dieses Material besser, als der Kunststoff, der wieder bei den 2016er-Modellen verwendet wird.
Bei dem Halsprofil
…handelt es sich bei der Deluxe um das „Rounded Asym“, d.h. einem im Bereich der hohen Saiten in der Stärke abnehmendem Profil. Dieses gibt es bei Gibson noch nicht allzu lange und ich muss sagen, dass ich mich zuerst einmal daran gewöhnen musste (Dauer: ca. 2-3 Tage), dann wirkt das volle Profil wieder etwas gewöhnungsbedürftig. Der Wechsel von einem normal dimensionierten zum breiteren 2015er-Hals fiel weitaus leichter, als der zu dem asymmetrischen Profil der Deluxe.
Hardware
Als Stoptailpiece und Bridge kommen neue Teile, die aus Zamak bestehen zum Einsatz. Wirklich neu (zumindest für Gibson) ist die Verwendung von Titansaitenreitern. In wie weit und wie sie den Tone verändern, lässt sich freilich schwer sagen. Wie immer taugt natürlich ein Vergleich zwischen meinen beiden anderen Les Paul´s nicht. Zu viele Parameter beeinflussen das Ganze. Um die Bridge in der Höhe zu justieren, benötigt man nun einen Inbusschlüssel. Nicht wirklich praktikabel, macht aber auch nicht jeden Tag.
Die übrige Elektronik
Wie bei meinen drei weiteren Les Paul´s kommt auch bei der Deluxe eine Platine im E-Fach zum Einsatz. Auf ihr finden sich zwei Push/Pull-Potis für den Coilsplit, ein Mastertonepoti als auch ein Minischalter für den Booster wieder. Die Boosteinheit sitzt nicht direkt auf der Platine, so dass auch ein Austausch gegen ein weiteres Push/Pull-Poti für die Aktivierung vorstellbar wäre. Somit wäre auch die klassische Optik gewahrt. Da ich den Boost bereits bei meiner Classic zu schätzen gelernt habe, ziehe ich den Erhalt dieser Option dem bekannten Look vor. Der 9V-Block für den Booster ist von außen zugängig und ein Wechsel erfolgt rausch. Gibson verwendet endlich 500kOhm-Potis für ihre Humbucker. Jedoch gibt Gibson eine Toleranz von +/- 20 % an.
Bei der Firebird und Deluxe kommen wie beschrieben Minihumbucker zum Einsatz. Diese stammen jedoch mittlerweile nicht mehr von Epiphone, sondern sind Neuentwicklungen aus dem Hause Gibson. Für die Firebird wurden zu Beginn ihrer Karriere 1963 gar neue Aggregate entwickelt. Sie verzichteten ob der schöneren Optik (aus die Karosserie eines Autos muss windschnittig sein) auf einstellbare Polpieces, sprich die Cover waren komplett geschlossen. Diese findet man auch bei der Deluxe wieder. Dementsprechend herrscht nun bei Firebird und Deluxe Einheit. Finde ich bei der Firebird schon, bei der Deluxe dagegen eher nicht (historische Prägung eben). Zudem ziehe ich justierbaren Polpieces vor, da man mir ihrer Hilfe den Sweet Spot besser einstellen kann.
Dennoch unterscheiden sich die inneren Werte der Pickups
Bei der Firebird (495R & T) kommen Keramikmagnete zum Einsatz, wohingegen man bei denen für die Deluxe (New LP-Minihumbucker) auf Alnico V vertraut. Beide Sets sind mit recht hohem Output ausgeführt: Firebird – 24,2 & 25,2 kOhm / Deluxe: 17 & 26,4 kOhm
Die Verarbeitung
Meiner Meinung trifft hier eine wichtige Aussage von Thorsten B., was die Verarbeitung angeht, zu. Da hat sich bei Gibson einiges getan. Man spürt z.B. keinen Übergang vom Hals zum Griffbrett. Deswegen muss sich der ein oder andere von Gibson´s Mojo verabschieden. Dies ist in meinen Augen die nette Umschreibung mancher Unzulänglichkeit von Gibson. Die Lackoberfläche wirkt ebenfalls anmutiger und edler. Das Gold wirkt auch teilweise recht dreidimensional und hat eine größere Tiefenwirkung, als ich das von meiner Custom Shop R7 in Erinnerung habe (sie erhielt vor 2 Jahren ein Bavarian Makeover I).
Das Aussehen meiner Deluxe
Die Deluxe besitzt nur ein C-Top (unterste Kategorie bei Gibson, insgesamt gibt es davon 10 – Top: AAAA), das in der Regel fast keine bis sehr wenig Zeichnung aufweist. Bei einer Goldtop spielt dies natürlich keine Rolle, wäre sogar Resourcenverschwendung!
Der Tone
Bei der Tonebeurteilung zu Hause in den eigenen vier Wänden muss ich zweigleisig fahren. Zum einen spiele ich die Deluxe über meinen POD. Hierfür habe ich mir einen Referenztone erstellt, auf die ich alle meine Gitarren abstimme. Feinere Unterscheidungen werden in einer für die Gitarre optimierten Bank abgelegt. In der Referenzbank stellt sich die Deluxe gegenüber der Classic dunkler und nicht allzu höhenreich ein.
Ihr Toneumfang erscheint insgesamt eng fokussierter und kompakter, erreicht nicht ganz die Dreidimensionalität großer Humbucker. Man merkt ihnen den kleineren Abtastbereich der Saiten an. Der weit gespreizte Randbereich des großen Humbucker fehlt ihr ein wenig. Sie klingen zudem nicht so luftig, wie die Firebird. Hier macht sich mit Sicherheit das Mehr an Holz als auch der unterschiedliche Holzmix bemerkbar. Sie bieten allerdings gegenüber Fullsize-Humbucker ein stämmigeres Fundament. Das von der Firebird bekannte leichte Auftreten muss ich der Deluxe noch ein wenig entlocken.
Auf der anderen Seite sind die aktuellen Gibson Minihumbucker klangtechnisch nicht mit denen der Anfangstage zu vergleichen. Die Minis der früheren Dekaden lagen vom Output her in Richtung 8 kOhm, hier zeigt der Bridge-PU mehr als den dreifachen Wert.
Der Stegpickup zeichnet wie üblich für die aggressiveren Töne verantwortlich, wobei er gemäßigter, als der Humbucker der Classic antritt. Er kann allerdings auch wunderbar zubeißen. Der Neckpickup klingt bekanntermaßen wärmer und voller. Man muss jedoch etwas Acht geben, dass er nicht das Mulmen anfängt. In der Zwischenstellung beider Pickups summieren sich ihre Eigenschaften zu einem etwas volleren und mächtigeren Tone mit mehr Facetten. Der Bassumfang des Necks wird dabei ein wenig abgemildert. Er greift dem Steg-PU mit seiner Wohligkeit ein wenig unter die Arme. Natürlich sind solche Soundbeschreibungen immer nur ein Statement. Stelle ich die Pickups anders ein, klingt die Gitarre auch gleich wieder völlig unterschiedlich zu vorher. Diese Einstellmöglichkeit explodiert quasi noch, wenn einem sechs bzw. zwölf einstellbare Polpieces zur Verfügung stehen.
Die Coilsplit-Funktion ist eine nette Dreingabe. Mit den Minihumbucker zeigt er deutlich mehr Wirkung im verzerrten Bereich als bei den Fullsize-Humbuckern, der Tone wird eine Spur aggressiver. Die Lautstärke bleibt ebenso wie im Splittmodus im Großen & Ganzen erhalten. Der Splitt zusammen mit dem Boost ergeben wiederum einen etwas dünneren und höhenreicheren Tone und legt eine Schippe Bissigkeit drauf. Je verzerrter, desto weniger Anteil hat der Boost am Klanggeschehen. Bei der Deluxe erschließt sich mir sein Vorhandensein deutlich mehr, als bei der Classic. Der Boost erweitert das Klangspektrum der Deluxe in meinen Ohren eindeutig.
Das Fazit
Die Frage bei der Deluxe war für mich „Benötige ich wirklich eine Les Paul mit Minihumbucker?“. Die Antwort lautet: nicht unbedingt. Vielleicht sind die aktuellen Gibson Mini´s zu hoch gezüchtet, wodurch sie ihre Luftigkeit und damit ihren tonalen Abstand zu einer Fullsize-Humbucker LP ein wenig einbüßen.
Und da heißt es (eigentlich wie immer) sich ein wenig mit den Aggregaten zu beschäftigen, um für sich das Optimum heraus zu kitzeln. Ich habe es geschafft, dass mir derzeit die einstellbaren Polpieces nicht wirklich fehlen.
Letztendlich bin ich froh, die Entscheidung pro Deluxe getroffen zu haben und auch für die Goldtop, stehlt sie doch, im Gegensatz zur erst erkorenen Pelham Blue auf lange Sicht das gefälligere Instrument dar.
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