mk1967
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Moin,
daß ich im letzten Jahr das Vergnügen hatte, an zwei nette Warwick-Schätzchen zu kommen, wäre ja mal Anlaß genug für eine Instrumentenvorstellung. Wobei mich's wundert, daß das eine der beiden Modelle - von einem Sondermodell abgesehen - hier offenbar noch nicht zur Sprache gekommen ist; denn das Instrument ist eigentlich schon fast ein Klassiker.
Der Warwick Thumb Bass ist, wenn ich richtig sehe, schon Mitte der 80er entwickelt worden, hieß ursprünglich "JD Thumb". Ein gewisser Jack Bruce scheint dabei irgendwo auch mitgewirkt zu haben. 1987 bescheinigte Dirk Groll dem JD Thumb im damaligen "Musiker" (dem Vorläufer von "G&B") "tolle Verarbeitung und gute Bespielbarkeit"; und klanglich ließ sich mit den passenden PUs offenbar auch sehr Gutes hervorbringen. Mit anderen PUs wiederum klang der JD Thumb dem damaligen Rezensenten zu dünn...
Damit wären wir auch schon bei der Vorgeschichte dieser Gerätevorstellung...
Denn bevor ich an dieses Exemplar gekommen bin, hatte ich vor längerer Zeit mal einen 1988er Thumb Fretless in den Fingern. Der war mit EMG-Tonabnehmern ausgestattet, und ich habe seinen Klang (über einen an sich sehr feinen SWR-BabyBlue-Combo) als unangenehm grell, kalt und (sozusagen) nicht-cantabel in Erinnerung.
Gegen meinen gleichfalls bundlosen 1984er Squier JV Jazz Bass, den ich zum Vergleich mitgeschleppt hatte, hatte dieser EMG-bestückte Thumb jedenfalls in Sachen Wärme, Charakter, "Sangesfreude" und Klangnuancenreichtum - also auf den Fretless-Kerngebieten - keine Chance. Er sollte 1.600 Ocken kosten, und ich weiß noch, daß ich ihn allenfalls für die Hälfte mitgenommen hätte, und auch das eher aus Liebhaberei: er sah nun mal toll aus, und die Holzoberflächen fühlten sich sehr schön an.
Vermutlich lag der Klang aber gar nicht an der Holzsubstanz des Basses, sondern nur an den EMGs. Dazu gleich mehr.
Hölzernes & Metallenes
Der Thumb NT hier stammt also von 2004 - er hat, wie der Namenszusatz "NT" schon sagt, einen durchgehenden Hals. Das Material hat hier während der vielen Produktionszyklen über die Jahre hinweg häufiger gewechselt; 2004 bestand der Hals aus Ovangkol. Die Einstellmutter für den Halsstab liegt übrigens an der Kopfplatte - komfortabel. Wenn man Glück hat, bekommt man beim Gebrauchtkauf auch das Warwick-Bordwerkzeug mitgeliefert - darunter einen langen Schlüssel für die Halsstabmutter, mit dem es natürlich optimal geht. Wenn der nicht mehr dabei ist, kann man allerdings auch mit einem normalen Sechskantschlüssel aus dem Baumarkt weiterkommen.
Die Verstärkung des Übergangs Hals-Kopfplatte ist sehr schlau angelegt, sodaß man sie beim Spiel gar nicht bemerkt
Dazu kommt der gewohnte Korpus - bzw. genauer gesagt, die beiden an den Hals angesetzten Korpushälften - aus Bubinga-Pommele. Wie sich gewachstes Holz anfühlt, dürfte bekannt sein, auch wie sich ein Thumb-Korpus an den Körper schmiegt - zusätzlich bekommt man hier auch noch optisch einiges geboten: die Holzoberfläche entwickelt je nach Lichteinfall fast eine Art sanften 3-D-Effekt: dezente Eleganz auf höchstem Niveau.
Einen solch wunderschönen Korpus zu lackieren (am Ende noch deckend), würde an schweren Frevel grenzen. Aber von einem anderen Thumb-Besitzer weiß ich, daß es das in den 80ern tatsächlich gegeben haben muß, jedenfalls bei Sonderanfertigungen: in deckend violett... . Besagter Kollege hat das Ding von einem Instrumentenbauer fachgerecht abbeizen lassen: auch wenn Warwick-Sammler unken mögen - vom ästhetischen Standpunkt aus betrachtet war es ein weiser Entschluß. Heute sieht seiner dem meinigen zum Verwechseln ähnlich aus: eine Augenweide.
Warwick liefert solche Bässe zusammen mit einer Dose Bienenwachs aus, das man (nach Anleitungen, die sich im Netz finden) der Korpusoberfläche und Halsrückseite von Zeit zu Zeit von neuem spendieren kann. Ein sehr angenehmer Duft breitet sich dabei aus - glatt schade, daß er jeweils so rasch verfliegt. Wie weit meine Vorbesitzer die Holzoberflächen gepflegt haben und ob ich hier das optimale Pflege-Erscheinungsbild eines elf Jahre alten Warwick-Basses vor mir habe, ließe sich wohl nur im Vergleich mit einem (sozusagen) scheckheftgepflegten Instrument beurteilen. Aber gut, es ist ja nicht das wichtigste.
Die Bünde - ich vermute, sie sind aus dem bekannten Glockenmessing - machen auch nach elf Jahren noch einen guten Eindruck (ich mußte sie nur ausgiebiger polieren und sie wie auch das Griffbrett von Schmodder vergangener Jahre befreien - dann blitzte das Messing wieder, eine Augenweide; wohl sehen sich 100%-Ästheten alle paar Monate polierenderweise gefordert, denn die Bünde setzen wieder neu Patina an), man kann nur spekulieren, ob mein Vorbesitzer sie zwischenzeitlich abrichten lassen mußte.
Die schwarze Hardware steht dem Schätzchen für mein Empfinden gut - ob die schräg angebrachten Mechaniken unschön, schön oder letztlich doch egal sind, darüber mögen sich andere streiten. Sie funktionieren jedenfalls gut. Hochgestimmt wird jeweils gegen den Uhrzeigersinn. Man muß sich nur dran gewöhnen, daß man die Schrauben (vom Gefühl her) bei E- und A-Saite sozusagen von sich weg und bei D- und G-Saite zu sich hin dreht.
Anders als die gaaaanz frühen Thumbs hat dieser hier natürlich schon längst die zweiteilige Warwick-Brücke. Angenehm, daß man die Saitenenden einfach einhängen kann und nicht wie bei Fender-Bässen alles mühsam durch Löcher fädeln muß. Spätestens wenn beim Gig eine Saite hochgeht und man schnell wechseln muß, merkt man den Unterschied . Aufpassen muß man, wenn man die Intonation einstellt, denn man kommt kaum umhin, mit dem Schraubenzieher den Saitenhalter zu berühren: ich hab mir direkt beim ersten Versuch die schwarze Verchromung am Saitenhalter ramponiert . Einziger Ausweg bisher: einen dünneren Kreuzschraubenzieher nehmen und vor dem Einsatz jedesmal die Saitenspannung verringern, besonders wenn das Böckchen weiter vom Griffbrett weg gezogen werden soll. Umständlich.
Als Sattel fungiert der 2004 standardmäßige Just-a-nut-II - für mein Empfinden erfüllt er (auch wenn mitunter gegen ihn geunkt wird) seinen Zweck, die Höhenverstellbarkeit wird gern genommen. Etwas fragil sind die beiden Führungen am Rand: sie sind aus Plastik, und eine der beiden war meinem Vorbesitzer bereits abgebrochen. Praktisch hat sich das bei mir allerdings noch nicht bemerkbar gemacht - der Sattel sitzt unter Saitendruck fest, wie er soll.
Mit Blick auf die Gewichtsverhältnisse (siehe unten) sehr sinnvoll, daß der Thumb keine normalen Gurthalteknöpfe hat, sondern Security Locks. So kann man auch unkonventionellere Haltepositionen ausprobieren, ohne daß das teure Stück herunterzukrachen droht. Die Form der Gurtknöpfe erlaubt es aber auch, einen normalen Gurt dranzuhängen; allerdings wäre ich dann mit wüstem Herumgespringe vorsichtig.
Tonabnehmer
Für den guten Ton sorgen auf diesem Exemplar zwei aktive MEC-Pickups, die mit ihren Dimensionen jedem Jazz-Bass-Spieler auf Anhieb vertraut sind. Ein bißchen ungewohnter allerdings sind die Positionen, denn der Steg-PU sitzt nur 3,5 bis 4 cm von der Brücke entfernt - in einer Gegend, in der ein passiver Single Coil auf einem Jazz Bass viel zuwenig Pfund hätte, um für sich allein brauchbar klingen zu können. (Das ist hier aber zum Glück wahrlich anders, siehe unten.) Der PU ist schräg eingebaut, das hat aber auch seinen Sinn, denn er gleicht damit die Abstände zu den Böckchen der Brücke aus. Die stehen (Stichwort Bundreinheit) bei der G-Saite ja näher zur PU-Position als an der E-Saite.
Der Hals-PU wiederum sitzt 10,5 cm vom Steg entfernt und damit zwischen den klassischen Jazz-Bass-Positionen. Die (sozusagen) relative Nähe zur Brücke - das schon mal vorab - tut ihm, verglichen mit einem Jazz-Bass-Hals-PU, klanglich gut.
Durch die Lage der PUs und die Länge des Griffbretts landet der notorische Jazz-Bass-Daumen-Aufstützer hier an auf den ersten Blick ungewohnten Stellen: Wer also die vom Jazz Bass bekannte Daumen-auf-Hals-PU-Position sucht, muß hier ans Griffbrettende gehen und die Anschlagfinger etwas weiter als gewohnt zur Brücke hin ansetzen. Fertig. Mit dem Daumen auf dem Hals-PU wird es dann schon deutlich knackiger als vom Jazz Bass gewohnt. Allerdings muß man sich motorisch etwas umgewöhnen, denn der Unterarm läßt sich nicht so gemütlich wie beim Jazz Bass auf dem (eben deutlich kleineren) Korpus parken. Möglicherweise steht einem da während der Eingewöhnungszeit ein bißchen was an ungewohnter Anstrengung/Verkrampfung bevor.
Elektronik
Beide PUs beschicken eine aktive Elektronik mit Dreiband-Klangregelung. Tiefen- und Höhenregler stecken in einem Doppelstock-Poti, der Mittenregler (der auch der einflußreichste der drei ist) sitzt separat daneben. Das Lautstärkeverhältnis der PUs regelt man über einen einfachen Balanceregler. Wahlweise kann man auch die drei Klangregler per Zug am Lautstärkepoti kaltstellen und hat dann nur den Klang der aktiven PUs. Balance- und alle Klangregler besitzen eine Mittenrastung.
An die Elektronik und die 9-V-Batterie kommt man über das Fach hinter dem großen Deckel auf der Rückseite. Anders als bei frühen Thumbs sind dessen Verschlüsse als federnde Plastik-Faktoten zum Aufpulen angelegt - wenn die nach Jahren etwas abgenutzt sind, sollte man stabile Fingernägel mitbringen, um das Fach aufzumachen, oder sich was anderes überlegen.
Das Fach selbst ist aufgeräumt. Bei Defekten in dieser Elektronik allerdings Fehler zu suchen oder defekte Bauteile auszutauschen, dürfte für den Hobby-Bastler eine Nummer zu gewagt sein. Der Schaltplan, den man im Netz finden kann, behandelt die Verstärkerplatine wie ein kleines schwarzes Kistchen, ohne etwas über die einzelnen Bauteile verlauten zu lassen - hier selbst Fehler zu suchen oder Einzelteile zu wechseln, dürfte sich also sehr schwierig gestalten. Man kann im Fall eines Defekts nur auf die Bereitschaft des Herstellers hoffen, bei Bedarf einzelne billige Bauteile auszutauschen und nicht gleich den ganzen Baustein als "irreparabel" rauszuschmeißen.
Bekannt ist der Thumb auch für seine markante Korpusform und - damit einhergehend - für eine, nun ja, originelle Gewichtsverteilung. Für meine Begriffe würde der Ausdruck "Kopflastigkeit" falsche Assoziationen wecken - in dem Sinne, daß der Korpus zu leicht für den Rest wäre. Das ist er nicht - er bringt ein ordentliches Gewicht auf die Waage. Bedingt durch die Form aber sitzt der Gurtknopf am oberen Korpushorn auf der Höhe des 17. Bundes. Bei Fender-Bässen dagegen sitzt er über dem 12. Bund; das wäre hier 11 cm weiter zur Kopfplatte hin - und das macht sich beim "Hängverhalten" am Gurt gewaltig bemerkbar. Aber wer einen Fender haben möchte, sollte auch einen solchen kaufen, keinen Thumb. Der hat seinen eigenen Stil. Auf den Punkt mit der Lage des Gurtknopfes scheint Warwick dann später mit dem Dolphin Bass eingegangen zu sein - der hat bekanntlich ein laaaaanges oberes Korpushorn.
Damit wären wir auch schon beim Punkt
Bespielbarkeit
Zum Stil gehört also, daß der Hals im Ganzen (bei Rechtshändern) "weiter links" hängt als gewohnt - damit sind auch die tiefen Lagen ein ganzes Stück weiter entfernt, die besagten 11 cm. Das erinnert mich entfernt an den Gibson Thunderbird Bass, wobei dem Thumb aber der große Korpus des Thunderbird fehlt, auf dem man den Ellbogen aufstützen und damit alles ein bißchen ausbalancieren konnte. Zusätzlich ist es für den linken Arm und die Hand etwas anstrengender, z.B. länger Figuren mit großer Finger-Spannweite in der ersten oder zweiten Lage zu spielen: solange man sich nicht daran gewöhnt (es sich antrainiert) hat, hat man irgendwann das Gefühl, die Hand fiele gleich ab und den Arm zögen mehrere Kilo Zusatzgewicht nach unten .
Man muß sich also an die Handhabung gewöhnen: den neu gekauften Thumb schon am zweiten Tag gleich mit zur Aufnahmeprüfung am Konservatorium zu nehmen, wäre ein verwegener Plan; es sei denn, man hat Lust, mehrfach danebenzugreifen - denn das Blindspielen bedeutet gegenüber Fender-Bässen und Artverwandten eine ziemliche Umstellung. Oder man starrt wie ein Anfänger permanent aufs Griffbrett. Auch wer optisch den Blick auf die 20 Fender-Bünde und die auffälligen Punkte auf dem Griffbrett gewohnt ist, muß hier in den oberen Lagen erst mal zweimal hingucken: es gibt sechs Bünde mehr und (offenbar anders als bei manch früherer Thumb-Serie) keine großen Punkte (was für mich optisch auch besser aussieht).
Apropos Hals - in Tests kann man gern mal lesen, Warwick-Hälse seien (so ungefähr) das "Schnellste", was man kriegen könne. So ganz nachvollziehen kann ich das mit Blick auf den 2004er Thumb nicht - der Hals meines Kontrabasses fühlt sich zwar dicker an, aber ein solider Precision-Hals z.B. ist auch nicht schwerer bespielbar als der dieses Thumb. Saitenabstand am Sattel jedenfalls 3 cm, am 24. Bund 5 cm. Das Griffbrett ist relativ flach; ab dem 22., 23. Bund wird der Hals naturgemäß ziemlich massiv - wohl aus Stabilitätsgründen. Das geht auch mit normal großen Händen schon ein bißchen Richtung Baumstamm-Gefühl. (Bevor jemand unkt: auf dem Bild sieht man natürlich meine bewußt hoch eingestellte Saitenlage. Es ginge auch deutlich tiefer.)
Mit sehr kleinen Händen wird der halbe Baumstamm womöglich anstrengend. Es gibt mehrere sehr gute Gründe, sich für den Thumb zu erwärmen - die Bespielbarkeit dieses 2004ers an und für sich allerdings gehört für mein Empfinden nicht unbedingt dazu. (Angedeutet wurde das im Forum hier schon vor langer Zeit.)
Zum Vergleich hatte ich übrigens die Gelegenheit, mal während einer Probe einen Thumb aus den späten 80ern zu spielen - den oben erwähnten ex-violett-abgebeizten: der Hals war deutlich weniger baumstammartig und folglich viel besser bespielbar. Da scheint es demnach über die Jahre Unterschiede gegeben zu haben - wem der eine Thumb zu unbequem bespielbar ist, der sollte also auch mal einen aus einer anderen Bau-Epoche ausprobieren.
Immerhin: der Hals-Korpus-Übergang ist auch bei diesem 2004er Modell in fabelhaft weichen Formen gestaltet , und die Hölzer an sich fühlen sich sehr schön an.
Am besagten Übergang findet sich die nächste Eigenart des Thumb: er hat, wie schon erwähnt, satte 26 Bünde. Man kommt auf diesem Viersaiter also bis zum A: noch einen Halbton höher als auf einem 20bündigen Fünfsaiter mit hoher C-Saite. Das bedeutet allerdings, daß die Bundabstände nach oben hin sehr klein werden - man sollte den Gedanken drangeben, schon nach drei Tagen beim nächsten Gig hier mit fuddeligen Soli strunzen zu können. Es braucht schon etwas Übung dort oben, wenn man mit einem Finger pro Bund herumwerkeln will. Für meine Begriffe gestaltet es sich dort ähnlich wie beim Kontrabaß: Optische Orientierungsversuche helfen einem nicht mehr groß weiter - man sollte den Thumb in diesen hohen Lagen eher blind zu spielen lernen. Das lädt dazu ein, vertrackte Melodien in diesen hohen Gegenden zu üben.
Normalerweise ist man als Bassist bekanntlich in tieferen Lagen unterwegs - und da hat man hier einen schönen, satten Hals in der Hand . Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Aaaaber: Wozu man sich die begrenzt gute Bespielbarkeit dennoch antun sollte, wird spätestens offenbar, wenn es um den
Klang
geht.
Schon ohne Verstärker macht das Ding Spaß : da schwingt aus dem Holz raus eine sehr charmante tiefe bis tiefmittige Basis mit, speziell in den unteren Lagen. Ich hatte auch schnell den Eindruck (allerdings ohne das am Ausgangssignal der Vorstufe akustisch hieb- und stichfest belegen zu können - siehe Audiodateien unten), daß der Thumb auf harten Anschlag noch mal besonders reagiert : eine gewisse hochmittige Energie kommt schon akustisch in den Ton hinein, die einen dazu verleitet, die Saitenlage höher als nötig zu drehen, damit man voll zulangen kann und es auch dann nicht schnarrt. (Bei mir steht die G-Saite im 20. Bund gut 3 mm über den Bünden - es würde natürlich deutlich tiefer gehen -, den Halsstab habe ich gegenüber der Einstellung meines Vorbesitzers etwas gelockert, weil es bei hartem Anschlag sonst schepperte).
Macht also neugierig auf den verstärkten Ton: zuhause ausprobiert habe ich den Thumb zum einen mit einem Zwölfzöller-Combo für kleine Clubs (einem 1986er Gallien Krueger 200MB) mit 1x12-Zusatzlautsprecher - und zum anderen an einer Kombination aus 1993er SWR Bass 350 mit Hartke 410XL-Box. Besonders auf der letzteren (vier Zehnzöller, Alumembranen) scheinen mir die Thumb-Eigenheiten so richtig rauszukommen - mehr dazu weiter unten. Auch eine EBS-Kombination aus 500-Watt-Amp und 4x10er Box, die im Proberaum einer meiner Bands steht, eignet sich hervorragend.
Der Vergleichbarkeit wegen aber habe ich alle Aufnahmen hier mit der Simpel-Konstellation gemacht: Kabel vom Baß rein in den besagten SWR Bass 350, dessen Klangreglung komplett linear, aus dem XLR-Vorstufenausgang vor dem Master-Regler direkt rein ins Aufnahmegerät (ein Tascam HD-P2, Line-Eingang mit asymmetrischem Cinch).
Audioschnitt dann mit Ardour 4/Linux, aber das tut am Klang ja nichts , dortige Effekte brav ausgeschaltet.
Übrigens sind die Klangbeispiele mit alten Allerwelts-Stahlsaiten 045-105 aufgenommen - subjektiv gefällt mir der Klang alter Saiten besser; und wer will, kann probehören, wie gut der Thumb selbst mit solch ausgelutschten Drähten noch klingt. Mit neuen Saiten kommt also noch mal ein sattes Plus an Draht dazu.
Irgendwo hab ich mal gelesen, der Thumb sei so etwas wie der Jazz Bass der 80er Jahre. Ob es für ein solch zeitloses Edel-Instrument schmeichelhaft ist, mit einer im Vergleich zu den so häufig frappierenden 60ern doch etwas fade-konservativen Musik-Dekade in Verbindung gebracht zu werden, lassen wir mal dahingestellt. (Die Assoziation Jazz Bass - aufregende 60er und Thumb - piefige 80er?? Nee, das wäre dem Thumb gegenüber grob unfair.) Aber da ich hauptsächlich Jazz Bässe spiele, fand ich den Vergleich schon interessant - Verwandtschaften sind in der Tat nicht zu leugnen. Und "Jazz Bass der 80er" klingt ja womöglich immer noch um vieles besser als "Jazz Bass der 90er" .
Nach meinen Erfahrungen mit dem EMG-bestückten 1988er Thumb-Fretless (siehe oben) hätte man natürlich auch hier mit einem vordergründigen, höhen-überbetonten Klang rechnen können. Aaaaber da klingen die MECs zum Glück ganz anders.
Mir kam jedenfalls direkt der Begriff "kernig" in den Sinn, schon als ich den Thumb das erste Mal einstöpselte. Der akustische Eindruck setzt sich fort: Bereits wenn man nur den Steg-PU ohne Eingriffe bei der Klangregelung nutzt, ist da eine wohldosierte, eben nicht matschige oder übertriebene, sondern nur energiereiche Form von "Sattheit" mit im Klang.
Assoziieren würde ich die Unterschiede mit Schokolade: beim Jazz Bass edles Zartbitter oder Vollmilch, beim Thumb Vollmilch mit ganzen Nüssen . Alle Klangbeispiele mit zugeschalteten Klangreglern des Thumb, aber allesamt in Neutralstellung.
Als Demo habe ich bewußt nur einen ganz simplen gebrochenen Fmaj7-Akkord gespielt.
Hier erst mal der Steg-PU, Saiten einmal hart, einmal weich angeschlagen - den Pegel habe ich angeglichen (deshalb brummt es auch in der zweiten Version - den Grund der Nebengeräusche habe ich nicht rauskriegen können)
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/thumb-steg-pu-pizzicato
Dabei erinnert mich der Thumb auch insofern an meine Jazz Bässe, als er tatsächlich den festen Anschlag lohnt - für meine Begriffe kommt (zumindest subjektiv über Lautsprecher, siehe oben) da noch mal eine Zusatzportion Dampf. Speziell wenn man ganz leicht die Mitten anhebt. Wer den Thumb also nur faul streichelt, läßt sich einiges entgehen.
Bei den höheren Mitten ist das Timbre weniger schlank als beim Jazz Bass, das gewisse Näseln fehlt, dafür gibt's einfach eine Charakteristik, die schon danach schreit, Fusion-Klänge zu spielen.
Wenn man zum Steg- den Hals-PU dazudreht, kommt schon nach kurzem Regelweg noch mal sattes Tiefbaß-Fundament mit dazu - ohne daß es gleich über Gebühr das Gesamttimbre prägen würde (wir mir das beim Jazz Bass der Fall zu sein scheint).
Sind dann beide PUs gleich weit aufgedreht...
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/thumb-beide-pus
... werden sich Jazz-Bass-Vertraute auch hier gleich zuhause fühlen, allerdings finde ich den Hals-PU hier für sich etwas reizvoller: es fehlt jene Charakteristik des Jazz-Bass-Hals-PU, die mich immer ein bißchen an ausgeleierte Einmachgummis erinnert . Die Nähe zum Steg macht sich bemerkbar. So klingt der Hals-PU alleine:
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/thumb-hals-pizzicato-auswahl
Sind beide PUs gleich weit auf, kommt natürlich auch - man ahnt es schon - der perfekte Slap-Klang. Der Thumb hat seinen Namen bestimmt nicht davon, daß man ihn in den 80ern bevorzugt mit Daumen-Pizzicato gespielt hätte . Auch hier kommt im Vergleich zum Jazz Bass noch mal ein schöner zusätzlicher Schuß Direktheit, Dreck und Bratzigkeit ins Spiel. Da der Daumen auf der Höhe des 26. statt des 20. Bundes auf die Saite schlägt, hat auch das eeeetwas (aber nicht viel) Einfluß auf den Klang.
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/warwick-thumb-slap
Erst beim Schnitt derAudiodateien in Ardour 4 ist mir an der Pegelkurve aufgefallen, daß die E-Saite beim Thumb lauter kommt als bei meinen Squier-JV-Jazz-Bässen: genausolaut wie die Pops auf der D- und G-Saite. Offenbar darf man also beim Thumb mit effektiveren Attacken auf die Magengrube rechnen .
Gewöhnen muß man sich wiederum an den großen Zwischenraum zwischen G-Saite und Korpusoberfläche. Man muß erst mal die Dosierung finden, wie weit man unter die Saite greift - die von Fender-Bässen her gewohnte Schlagplatte als "Tasthilfe" fehlt.
Kleiner Nachtrag aus der Praxis: Ich hatte letztens wieder das Vergnügen, den Thumb über die schon erwähnte Kombination aus 1993er SWR Bass 350 und Hartke 410XL auf der Bühne zu spielen. Klassische Einstellung mit beiden PUs, leichter Mittenabsenkung, am Amp die Bässe etwas aufgezogen und der von SWR gewohnte Aural-Enhance-Regler in bewährter Weise auf "halb drei". Bei Slaps knallte der Thumb selbst mit meinen steinalten Saiten dermaßen perkussiv und drahtig rein, daß es schon fast unanständig war .
Wie schon mehrfach betont: dieser Saft mit dem zugehörigen Spaßfaktor läßt sich bei den Audiodateien aus dem Vorstufenausgang nur erahnen - dazu bräuchte man eine gute Box.
So klingt - das noch zur Ergänzung - alles mit überbrückter Klangregelung, der Steg-PU also alleine:
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/thumb-steg-ohne-klangregler
Auch hier wird sich beim Vergleich wieder zeigen, daß das Vorstufensignal kaum anders klingt als mit zugeschalteter neutraler Klangregelung. Wie schon häufig erwähnt: über Lautsprecher scheint mir der Unterschied (ganz ungeachtet des Lautstärkesprungs) größer.
Überflüssig zu erwähnen: das Sustain fällt genauso aus, wie man es sich beim Stichwort "durchgehender Hals" ausmalt: eeeeeeeendlos.
Die Klangregelung
- das als Zwischenfazit - ist beim Thumb nicht etwa eine Beigabe, sondern für mich gehört sie zwingend zum Bass dazu, denn schon wenn alle drei Regler neutral eingestellt sind, verpaßt sie dem Klang über Lautsprecher eine Art Turbo-Schub: noch mal deutlich mehr Druck.
Fängt man dann noch an, mit den Reglern herumzuspielen, dann kann man sie dazu nutzen, die Charakteristika des Thumb an unterschiedlichen Amps hervorzuheben: sehr wert- und sinnvoll. Es ist also keine effektheischende Klangfabrik, mit der man - falsch eingestellt - den Ton vor die Wand fährt; sondern man kann sinnig am Klang herumfeilen und bekommt meistens gute Ergebnisse.
Wenn ich das z.B. vergleiche mit der Zweiband-Klangregelung plus EMG-PUs, die ein Vorbesitzer in einen meiner besagten Squier-JV-Bässe eingebaut hat (was er besser gelassen hätte ), dann ist die Thumb-Klangregelung deutlich geschmackvoller angelegt: dezenter. Damit kann man in fast jeder Reglerstellung was Sinnvolles rauskitzeln.
Das beginnt mit einem Tiefenregler, der gut abgestimmt in der Gegend um 100, 150 Hz anzusetzen scheint; ist der Amp einen Tick zu schmalbrüstig, kann man hier nachhelfen. Der Höhenregler setzt nicht erst im Knisterhöhen-Bereich an, sondern macht sich deutlich auch so vielleicht im 4-kHz-Vereich nützlich. Dreh- und Angelpunkt der Klangregelung ist der Mittenregler, mit dem man so um 1 kHz herum zulangen kann.
Mit dem Steg-PU allein lohnt sich ein kleines Plus bei den Tiefen in jedem Falle (wenn man nicht alternativ einen kleinen Schuß Hals-PU zumischen möchte). Höhen- und Mittenregler setze ich so ein bißchen balancierend ein: Dreht man die Mitten zurück und die Höhen etwas auf, bekommt man auch mit alten Saiten ein zutrauliches, aber eben auch nicht überdosiertes Bund-Zirpen bei Glissandi.
Nimmt man die Höhen zurück und dreht die Mitten etwas höher, kriegt man meinen persönlichen Lieblingsklang: erinnert entfernt an den Jazz-Bass-Steg-PU-Klang, aber eben energiereicher - siehe oben, Schokolade mit ganzen Nüssen, Kernbeißer; zusätzlich ein hochmittiges Knurren, mit dem man auch durch allgemeinen Klangbrei (den die Band aber hoffentlich niemals erzeugen wird) noch durchkommt. Charmanterweise - und das finde ich wichtig - kann man aber auch hier mit den Anschlagsnuancen eine Menge machen, ähnlich wie beim Jazz Bass.
Den großen Namen hin oder her: Für EMG-PUs scheint mir der Thumb nach diesem Test und dem Vergleich mit dem 1988er viel zu schade zu sein - mit MECs klingt er um Welten besser, satter. Mit einem Wort: fabelhaft.
Resümee
Unter dem Strich ein Instrument mit Will-ich-gar-nicht-mehr-aufhören-zu-begrabbeln-Potential. Nach meinem Eindruck ein erstklassiger Baß für Fusion Jazz, Soul, Pop, Funk (!), Rock und und und. Nicht unbedingt greifen würde ich zum Thumb, wenn es um Jazz-Standards geht, wo man eigentlich einen Kontrabaß bräuchte oder ihn zumindest zu ersetzen versuchen möchte.
Preislich bewegte sich der Thumb NT vor zwölf Jahren, als dieses Exemplar gebaut wurde, übrigens in der Gegend von 2.200 € (laut der damaligen Musik-Produktiv-Preisliste) - geht man nach einschlägigen Preisindex-Tabellen, wären das heute ungefähr 2.560 €. Wenn ich richtig sehe, liegen die Listenpreise des Herstellers heute einen Tacken höher... Bässe sind also gute Geldanlagen
Für meine Begriffe sollte man zwei Dinge tun, um den Thumb richtig auszureizen:
1.: mit härterem Anschlag zumindest experimentieren, das volle Saftpotential auskosten und ggf. die Saitenlage etwas hochdrehen, damit es beim harten Anschlag nicht auf den Bünden scheppert. Die anfänglichen Blasen an den Fingerkuppen werden sich verziehen. Möglicherweise muß man dann auch die PUs etwas weiter runterschrauben, als Warwick es empfiehlt, weil die Saiten sonst an den PU-Gehäusen scheppern. Aber klanglich hab ich nach dem Runterschrauben keinen negativen Effekt bemerkt.
Und 2.: den Verstärker gut aussuchen. Mit den erwähnten Zwölfzöllern, mit denen ich den Thumb ausprobiert habe und zuhause so für zwischendurch mal spiele, bleibt doch was auf der Strecke. Knister-Höhen-Hornlautsprecher braucht es für mein Empfinden nicht unbedingt - aber bis rauf den den 6-kHz-Bereich darf gerne was kommen. Insofern war - für Pizzicato ebenso wie fürs Slappen - die Kombination aus SWR Bass 350 und Hartke 410XL mit den knackigen Zehnzöllern ideal.
Plus:
- Möglichkeiten, einen kernigen, energiereichen Klang zu erzeugen
- dabei eine eigene Note beim Pizzicato ebenso wie beim Slappen
- von vorn bis hinten solide gebaut
- Hölzer, Optik, Hardware, Bundierung: edel
- Spielgefühl auf "naturbelassener" Oberfläche von Hals und Korpus
- Halsstabmutter an der Kopfplatte leicht zugänglich
- Klangregelungskonzept
- sehr gut geeigneter Fusion-, Soul-, Funk- und Rock-Bass mit eigenem Charakter
Minus:
- Bespielbarkeit durch die Korpusform (Gurt-Hängeposition) gewöhnungsbedürftig
- Einstellung der Intonation etwas frickelig
daß ich im letzten Jahr das Vergnügen hatte, an zwei nette Warwick-Schätzchen zu kommen, wäre ja mal Anlaß genug für eine Instrumentenvorstellung. Wobei mich's wundert, daß das eine der beiden Modelle - von einem Sondermodell abgesehen - hier offenbar noch nicht zur Sprache gekommen ist; denn das Instrument ist eigentlich schon fast ein Klassiker.
Der Warwick Thumb Bass ist, wenn ich richtig sehe, schon Mitte der 80er entwickelt worden, hieß ursprünglich "JD Thumb". Ein gewisser Jack Bruce scheint dabei irgendwo auch mitgewirkt zu haben. 1987 bescheinigte Dirk Groll dem JD Thumb im damaligen "Musiker" (dem Vorläufer von "G&B") "tolle Verarbeitung und gute Bespielbarkeit"; und klanglich ließ sich mit den passenden PUs offenbar auch sehr Gutes hervorbringen. Mit anderen PUs wiederum klang der JD Thumb dem damaligen Rezensenten zu dünn...
Damit wären wir auch schon bei der Vorgeschichte dieser Gerätevorstellung...
Denn bevor ich an dieses Exemplar gekommen bin, hatte ich vor längerer Zeit mal einen 1988er Thumb Fretless in den Fingern. Der war mit EMG-Tonabnehmern ausgestattet, und ich habe seinen Klang (über einen an sich sehr feinen SWR-BabyBlue-Combo) als unangenehm grell, kalt und (sozusagen) nicht-cantabel in Erinnerung.
Gegen meinen gleichfalls bundlosen 1984er Squier JV Jazz Bass, den ich zum Vergleich mitgeschleppt hatte, hatte dieser EMG-bestückte Thumb jedenfalls in Sachen Wärme, Charakter, "Sangesfreude" und Klangnuancenreichtum - also auf den Fretless-Kerngebieten - keine Chance. Er sollte 1.600 Ocken kosten, und ich weiß noch, daß ich ihn allenfalls für die Hälfte mitgenommen hätte, und auch das eher aus Liebhaberei: er sah nun mal toll aus, und die Holzoberflächen fühlten sich sehr schön an.
Vermutlich lag der Klang aber gar nicht an der Holzsubstanz des Basses, sondern nur an den EMGs. Dazu gleich mehr.
Hölzernes & Metallenes
Der Thumb NT hier stammt also von 2004 - er hat, wie der Namenszusatz "NT" schon sagt, einen durchgehenden Hals. Das Material hat hier während der vielen Produktionszyklen über die Jahre hinweg häufiger gewechselt; 2004 bestand der Hals aus Ovangkol. Die Einstellmutter für den Halsstab liegt übrigens an der Kopfplatte - komfortabel. Wenn man Glück hat, bekommt man beim Gebrauchtkauf auch das Warwick-Bordwerkzeug mitgeliefert - darunter einen langen Schlüssel für die Halsstabmutter, mit dem es natürlich optimal geht. Wenn der nicht mehr dabei ist, kann man allerdings auch mit einem normalen Sechskantschlüssel aus dem Baumarkt weiterkommen.
Die Verstärkung des Übergangs Hals-Kopfplatte ist sehr schlau angelegt, sodaß man sie beim Spiel gar nicht bemerkt
Dazu kommt der gewohnte Korpus - bzw. genauer gesagt, die beiden an den Hals angesetzten Korpushälften - aus Bubinga-Pommele. Wie sich gewachstes Holz anfühlt, dürfte bekannt sein, auch wie sich ein Thumb-Korpus an den Körper schmiegt - zusätzlich bekommt man hier auch noch optisch einiges geboten: die Holzoberfläche entwickelt je nach Lichteinfall fast eine Art sanften 3-D-Effekt: dezente Eleganz auf höchstem Niveau.
Einen solch wunderschönen Korpus zu lackieren (am Ende noch deckend), würde an schweren Frevel grenzen. Aber von einem anderen Thumb-Besitzer weiß ich, daß es das in den 80ern tatsächlich gegeben haben muß, jedenfalls bei Sonderanfertigungen: in deckend violett... . Besagter Kollege hat das Ding von einem Instrumentenbauer fachgerecht abbeizen lassen: auch wenn Warwick-Sammler unken mögen - vom ästhetischen Standpunkt aus betrachtet war es ein weiser Entschluß. Heute sieht seiner dem meinigen zum Verwechseln ähnlich aus: eine Augenweide.
Warwick liefert solche Bässe zusammen mit einer Dose Bienenwachs aus, das man (nach Anleitungen, die sich im Netz finden) der Korpusoberfläche und Halsrückseite von Zeit zu Zeit von neuem spendieren kann. Ein sehr angenehmer Duft breitet sich dabei aus - glatt schade, daß er jeweils so rasch verfliegt. Wie weit meine Vorbesitzer die Holzoberflächen gepflegt haben und ob ich hier das optimale Pflege-Erscheinungsbild eines elf Jahre alten Warwick-Basses vor mir habe, ließe sich wohl nur im Vergleich mit einem (sozusagen) scheckheftgepflegten Instrument beurteilen. Aber gut, es ist ja nicht das wichtigste.
Die Bünde - ich vermute, sie sind aus dem bekannten Glockenmessing - machen auch nach elf Jahren noch einen guten Eindruck (ich mußte sie nur ausgiebiger polieren und sie wie auch das Griffbrett von Schmodder vergangener Jahre befreien - dann blitzte das Messing wieder, eine Augenweide; wohl sehen sich 100%-Ästheten alle paar Monate polierenderweise gefordert, denn die Bünde setzen wieder neu Patina an), man kann nur spekulieren, ob mein Vorbesitzer sie zwischenzeitlich abrichten lassen mußte.
Die schwarze Hardware steht dem Schätzchen für mein Empfinden gut - ob die schräg angebrachten Mechaniken unschön, schön oder letztlich doch egal sind, darüber mögen sich andere streiten. Sie funktionieren jedenfalls gut. Hochgestimmt wird jeweils gegen den Uhrzeigersinn. Man muß sich nur dran gewöhnen, daß man die Schrauben (vom Gefühl her) bei E- und A-Saite sozusagen von sich weg und bei D- und G-Saite zu sich hin dreht.
Anders als die gaaaanz frühen Thumbs hat dieser hier natürlich schon längst die zweiteilige Warwick-Brücke. Angenehm, daß man die Saitenenden einfach einhängen kann und nicht wie bei Fender-Bässen alles mühsam durch Löcher fädeln muß. Spätestens wenn beim Gig eine Saite hochgeht und man schnell wechseln muß, merkt man den Unterschied . Aufpassen muß man, wenn man die Intonation einstellt, denn man kommt kaum umhin, mit dem Schraubenzieher den Saitenhalter zu berühren: ich hab mir direkt beim ersten Versuch die schwarze Verchromung am Saitenhalter ramponiert . Einziger Ausweg bisher: einen dünneren Kreuzschraubenzieher nehmen und vor dem Einsatz jedesmal die Saitenspannung verringern, besonders wenn das Böckchen weiter vom Griffbrett weg gezogen werden soll. Umständlich.
Als Sattel fungiert der 2004 standardmäßige Just-a-nut-II - für mein Empfinden erfüllt er (auch wenn mitunter gegen ihn geunkt wird) seinen Zweck, die Höhenverstellbarkeit wird gern genommen. Etwas fragil sind die beiden Führungen am Rand: sie sind aus Plastik, und eine der beiden war meinem Vorbesitzer bereits abgebrochen. Praktisch hat sich das bei mir allerdings noch nicht bemerkbar gemacht - der Sattel sitzt unter Saitendruck fest, wie er soll.
Mit Blick auf die Gewichtsverhältnisse (siehe unten) sehr sinnvoll, daß der Thumb keine normalen Gurthalteknöpfe hat, sondern Security Locks. So kann man auch unkonventionellere Haltepositionen ausprobieren, ohne daß das teure Stück herunterzukrachen droht. Die Form der Gurtknöpfe erlaubt es aber auch, einen normalen Gurt dranzuhängen; allerdings wäre ich dann mit wüstem Herumgespringe vorsichtig.
Tonabnehmer
Für den guten Ton sorgen auf diesem Exemplar zwei aktive MEC-Pickups, die mit ihren Dimensionen jedem Jazz-Bass-Spieler auf Anhieb vertraut sind. Ein bißchen ungewohnter allerdings sind die Positionen, denn der Steg-PU sitzt nur 3,5 bis 4 cm von der Brücke entfernt - in einer Gegend, in der ein passiver Single Coil auf einem Jazz Bass viel zuwenig Pfund hätte, um für sich allein brauchbar klingen zu können. (Das ist hier aber zum Glück wahrlich anders, siehe unten.) Der PU ist schräg eingebaut, das hat aber auch seinen Sinn, denn er gleicht damit die Abstände zu den Böckchen der Brücke aus. Die stehen (Stichwort Bundreinheit) bei der G-Saite ja näher zur PU-Position als an der E-Saite.
Der Hals-PU wiederum sitzt 10,5 cm vom Steg entfernt und damit zwischen den klassischen Jazz-Bass-Positionen. Die (sozusagen) relative Nähe zur Brücke - das schon mal vorab - tut ihm, verglichen mit einem Jazz-Bass-Hals-PU, klanglich gut.
Durch die Lage der PUs und die Länge des Griffbretts landet der notorische Jazz-Bass-Daumen-Aufstützer hier an auf den ersten Blick ungewohnten Stellen: Wer also die vom Jazz Bass bekannte Daumen-auf-Hals-PU-Position sucht, muß hier ans Griffbrettende gehen und die Anschlagfinger etwas weiter als gewohnt zur Brücke hin ansetzen. Fertig. Mit dem Daumen auf dem Hals-PU wird es dann schon deutlich knackiger als vom Jazz Bass gewohnt. Allerdings muß man sich motorisch etwas umgewöhnen, denn der Unterarm läßt sich nicht so gemütlich wie beim Jazz Bass auf dem (eben deutlich kleineren) Korpus parken. Möglicherweise steht einem da während der Eingewöhnungszeit ein bißchen was an ungewohnter Anstrengung/Verkrampfung bevor.
Elektronik
Beide PUs beschicken eine aktive Elektronik mit Dreiband-Klangregelung. Tiefen- und Höhenregler stecken in einem Doppelstock-Poti, der Mittenregler (der auch der einflußreichste der drei ist) sitzt separat daneben. Das Lautstärkeverhältnis der PUs regelt man über einen einfachen Balanceregler. Wahlweise kann man auch die drei Klangregler per Zug am Lautstärkepoti kaltstellen und hat dann nur den Klang der aktiven PUs. Balance- und alle Klangregler besitzen eine Mittenrastung.
An die Elektronik und die 9-V-Batterie kommt man über das Fach hinter dem großen Deckel auf der Rückseite. Anders als bei frühen Thumbs sind dessen Verschlüsse als federnde Plastik-Faktoten zum Aufpulen angelegt - wenn die nach Jahren etwas abgenutzt sind, sollte man stabile Fingernägel mitbringen, um das Fach aufzumachen, oder sich was anderes überlegen.
Das Fach selbst ist aufgeräumt. Bei Defekten in dieser Elektronik allerdings Fehler zu suchen oder defekte Bauteile auszutauschen, dürfte für den Hobby-Bastler eine Nummer zu gewagt sein. Der Schaltplan, den man im Netz finden kann, behandelt die Verstärkerplatine wie ein kleines schwarzes Kistchen, ohne etwas über die einzelnen Bauteile verlauten zu lassen - hier selbst Fehler zu suchen oder Einzelteile zu wechseln, dürfte sich also sehr schwierig gestalten. Man kann im Fall eines Defekts nur auf die Bereitschaft des Herstellers hoffen, bei Bedarf einzelne billige Bauteile auszutauschen und nicht gleich den ganzen Baustein als "irreparabel" rauszuschmeißen.
Bekannt ist der Thumb auch für seine markante Korpusform und - damit einhergehend - für eine, nun ja, originelle Gewichtsverteilung. Für meine Begriffe würde der Ausdruck "Kopflastigkeit" falsche Assoziationen wecken - in dem Sinne, daß der Korpus zu leicht für den Rest wäre. Das ist er nicht - er bringt ein ordentliches Gewicht auf die Waage. Bedingt durch die Form aber sitzt der Gurtknopf am oberen Korpushorn auf der Höhe des 17. Bundes. Bei Fender-Bässen dagegen sitzt er über dem 12. Bund; das wäre hier 11 cm weiter zur Kopfplatte hin - und das macht sich beim "Hängverhalten" am Gurt gewaltig bemerkbar. Aber wer einen Fender haben möchte, sollte auch einen solchen kaufen, keinen Thumb. Der hat seinen eigenen Stil. Auf den Punkt mit der Lage des Gurtknopfes scheint Warwick dann später mit dem Dolphin Bass eingegangen zu sein - der hat bekanntlich ein laaaaanges oberes Korpushorn.
Damit wären wir auch schon beim Punkt
Bespielbarkeit
Zum Stil gehört also, daß der Hals im Ganzen (bei Rechtshändern) "weiter links" hängt als gewohnt - damit sind auch die tiefen Lagen ein ganzes Stück weiter entfernt, die besagten 11 cm. Das erinnert mich entfernt an den Gibson Thunderbird Bass, wobei dem Thumb aber der große Korpus des Thunderbird fehlt, auf dem man den Ellbogen aufstützen und damit alles ein bißchen ausbalancieren konnte. Zusätzlich ist es für den linken Arm und die Hand etwas anstrengender, z.B. länger Figuren mit großer Finger-Spannweite in der ersten oder zweiten Lage zu spielen: solange man sich nicht daran gewöhnt (es sich antrainiert) hat, hat man irgendwann das Gefühl, die Hand fiele gleich ab und den Arm zögen mehrere Kilo Zusatzgewicht nach unten .
Man muß sich also an die Handhabung gewöhnen: den neu gekauften Thumb schon am zweiten Tag gleich mit zur Aufnahmeprüfung am Konservatorium zu nehmen, wäre ein verwegener Plan; es sei denn, man hat Lust, mehrfach danebenzugreifen - denn das Blindspielen bedeutet gegenüber Fender-Bässen und Artverwandten eine ziemliche Umstellung. Oder man starrt wie ein Anfänger permanent aufs Griffbrett. Auch wer optisch den Blick auf die 20 Fender-Bünde und die auffälligen Punkte auf dem Griffbrett gewohnt ist, muß hier in den oberen Lagen erst mal zweimal hingucken: es gibt sechs Bünde mehr und (offenbar anders als bei manch früherer Thumb-Serie) keine großen Punkte (was für mich optisch auch besser aussieht).
Apropos Hals - in Tests kann man gern mal lesen, Warwick-Hälse seien (so ungefähr) das "Schnellste", was man kriegen könne. So ganz nachvollziehen kann ich das mit Blick auf den 2004er Thumb nicht - der Hals meines Kontrabasses fühlt sich zwar dicker an, aber ein solider Precision-Hals z.B. ist auch nicht schwerer bespielbar als der dieses Thumb. Saitenabstand am Sattel jedenfalls 3 cm, am 24. Bund 5 cm. Das Griffbrett ist relativ flach; ab dem 22., 23. Bund wird der Hals naturgemäß ziemlich massiv - wohl aus Stabilitätsgründen. Das geht auch mit normal großen Händen schon ein bißchen Richtung Baumstamm-Gefühl. (Bevor jemand unkt: auf dem Bild sieht man natürlich meine bewußt hoch eingestellte Saitenlage. Es ginge auch deutlich tiefer.)
Mit sehr kleinen Händen wird der halbe Baumstamm womöglich anstrengend. Es gibt mehrere sehr gute Gründe, sich für den Thumb zu erwärmen - die Bespielbarkeit dieses 2004ers an und für sich allerdings gehört für mein Empfinden nicht unbedingt dazu. (Angedeutet wurde das im Forum hier schon vor langer Zeit.)
Zum Vergleich hatte ich übrigens die Gelegenheit, mal während einer Probe einen Thumb aus den späten 80ern zu spielen - den oben erwähnten ex-violett-abgebeizten: der Hals war deutlich weniger baumstammartig und folglich viel besser bespielbar. Da scheint es demnach über die Jahre Unterschiede gegeben zu haben - wem der eine Thumb zu unbequem bespielbar ist, der sollte also auch mal einen aus einer anderen Bau-Epoche ausprobieren.
Immerhin: der Hals-Korpus-Übergang ist auch bei diesem 2004er Modell in fabelhaft weichen Formen gestaltet , und die Hölzer an sich fühlen sich sehr schön an.
Am besagten Übergang findet sich die nächste Eigenart des Thumb: er hat, wie schon erwähnt, satte 26 Bünde. Man kommt auf diesem Viersaiter also bis zum A: noch einen Halbton höher als auf einem 20bündigen Fünfsaiter mit hoher C-Saite. Das bedeutet allerdings, daß die Bundabstände nach oben hin sehr klein werden - man sollte den Gedanken drangeben, schon nach drei Tagen beim nächsten Gig hier mit fuddeligen Soli strunzen zu können. Es braucht schon etwas Übung dort oben, wenn man mit einem Finger pro Bund herumwerkeln will. Für meine Begriffe gestaltet es sich dort ähnlich wie beim Kontrabaß: Optische Orientierungsversuche helfen einem nicht mehr groß weiter - man sollte den Thumb in diesen hohen Lagen eher blind zu spielen lernen. Das lädt dazu ein, vertrackte Melodien in diesen hohen Gegenden zu üben.
Normalerweise ist man als Bassist bekanntlich in tieferen Lagen unterwegs - und da hat man hier einen schönen, satten Hals in der Hand . Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Aaaaber: Wozu man sich die begrenzt gute Bespielbarkeit dennoch antun sollte, wird spätestens offenbar, wenn es um den
Klang
geht.
Schon ohne Verstärker macht das Ding Spaß : da schwingt aus dem Holz raus eine sehr charmante tiefe bis tiefmittige Basis mit, speziell in den unteren Lagen. Ich hatte auch schnell den Eindruck (allerdings ohne das am Ausgangssignal der Vorstufe akustisch hieb- und stichfest belegen zu können - siehe Audiodateien unten), daß der Thumb auf harten Anschlag noch mal besonders reagiert : eine gewisse hochmittige Energie kommt schon akustisch in den Ton hinein, die einen dazu verleitet, die Saitenlage höher als nötig zu drehen, damit man voll zulangen kann und es auch dann nicht schnarrt. (Bei mir steht die G-Saite im 20. Bund gut 3 mm über den Bünden - es würde natürlich deutlich tiefer gehen -, den Halsstab habe ich gegenüber der Einstellung meines Vorbesitzers etwas gelockert, weil es bei hartem Anschlag sonst schepperte).
Macht also neugierig auf den verstärkten Ton: zuhause ausprobiert habe ich den Thumb zum einen mit einem Zwölfzöller-Combo für kleine Clubs (einem 1986er Gallien Krueger 200MB) mit 1x12-Zusatzlautsprecher - und zum anderen an einer Kombination aus 1993er SWR Bass 350 mit Hartke 410XL-Box. Besonders auf der letzteren (vier Zehnzöller, Alumembranen) scheinen mir die Thumb-Eigenheiten so richtig rauszukommen - mehr dazu weiter unten. Auch eine EBS-Kombination aus 500-Watt-Amp und 4x10er Box, die im Proberaum einer meiner Bands steht, eignet sich hervorragend.
Der Vergleichbarkeit wegen aber habe ich alle Aufnahmen hier mit der Simpel-Konstellation gemacht: Kabel vom Baß rein in den besagten SWR Bass 350, dessen Klangreglung komplett linear, aus dem XLR-Vorstufenausgang vor dem Master-Regler direkt rein ins Aufnahmegerät (ein Tascam HD-P2, Line-Eingang mit asymmetrischem Cinch).
Audioschnitt dann mit Ardour 4/Linux, aber das tut am Klang ja nichts , dortige Effekte brav ausgeschaltet.
Übrigens sind die Klangbeispiele mit alten Allerwelts-Stahlsaiten 045-105 aufgenommen - subjektiv gefällt mir der Klang alter Saiten besser; und wer will, kann probehören, wie gut der Thumb selbst mit solch ausgelutschten Drähten noch klingt. Mit neuen Saiten kommt also noch mal ein sattes Plus an Draht dazu.
Irgendwo hab ich mal gelesen, der Thumb sei so etwas wie der Jazz Bass der 80er Jahre. Ob es für ein solch zeitloses Edel-Instrument schmeichelhaft ist, mit einer im Vergleich zu den so häufig frappierenden 60ern doch etwas fade-konservativen Musik-Dekade in Verbindung gebracht zu werden, lassen wir mal dahingestellt. (Die Assoziation Jazz Bass - aufregende 60er und Thumb - piefige 80er?? Nee, das wäre dem Thumb gegenüber grob unfair.) Aber da ich hauptsächlich Jazz Bässe spiele, fand ich den Vergleich schon interessant - Verwandtschaften sind in der Tat nicht zu leugnen. Und "Jazz Bass der 80er" klingt ja womöglich immer noch um vieles besser als "Jazz Bass der 90er" .
Nach meinen Erfahrungen mit dem EMG-bestückten 1988er Thumb-Fretless (siehe oben) hätte man natürlich auch hier mit einem vordergründigen, höhen-überbetonten Klang rechnen können. Aaaaber da klingen die MECs zum Glück ganz anders.
Mir kam jedenfalls direkt der Begriff "kernig" in den Sinn, schon als ich den Thumb das erste Mal einstöpselte. Der akustische Eindruck setzt sich fort: Bereits wenn man nur den Steg-PU ohne Eingriffe bei der Klangregelung nutzt, ist da eine wohldosierte, eben nicht matschige oder übertriebene, sondern nur energiereiche Form von "Sattheit" mit im Klang.
Assoziieren würde ich die Unterschiede mit Schokolade: beim Jazz Bass edles Zartbitter oder Vollmilch, beim Thumb Vollmilch mit ganzen Nüssen . Alle Klangbeispiele mit zugeschalteten Klangreglern des Thumb, aber allesamt in Neutralstellung.
Als Demo habe ich bewußt nur einen ganz simplen gebrochenen Fmaj7-Akkord gespielt.
Hier erst mal der Steg-PU, Saiten einmal hart, einmal weich angeschlagen - den Pegel habe ich angeglichen (deshalb brummt es auch in der zweiten Version - den Grund der Nebengeräusche habe ich nicht rauskriegen können)
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/thumb-steg-pu-pizzicato
Dabei erinnert mich der Thumb auch insofern an meine Jazz Bässe, als er tatsächlich den festen Anschlag lohnt - für meine Begriffe kommt (zumindest subjektiv über Lautsprecher, siehe oben) da noch mal eine Zusatzportion Dampf. Speziell wenn man ganz leicht die Mitten anhebt. Wer den Thumb also nur faul streichelt, läßt sich einiges entgehen.
Bei den höheren Mitten ist das Timbre weniger schlank als beim Jazz Bass, das gewisse Näseln fehlt, dafür gibt's einfach eine Charakteristik, die schon danach schreit, Fusion-Klänge zu spielen.
Wenn man zum Steg- den Hals-PU dazudreht, kommt schon nach kurzem Regelweg noch mal sattes Tiefbaß-Fundament mit dazu - ohne daß es gleich über Gebühr das Gesamttimbre prägen würde (wir mir das beim Jazz Bass der Fall zu sein scheint).
Sind dann beide PUs gleich weit aufgedreht...
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/thumb-beide-pus
... werden sich Jazz-Bass-Vertraute auch hier gleich zuhause fühlen, allerdings finde ich den Hals-PU hier für sich etwas reizvoller: es fehlt jene Charakteristik des Jazz-Bass-Hals-PU, die mich immer ein bißchen an ausgeleierte Einmachgummis erinnert . Die Nähe zum Steg macht sich bemerkbar. So klingt der Hals-PU alleine:
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/thumb-hals-pizzicato-auswahl
Sind beide PUs gleich weit auf, kommt natürlich auch - man ahnt es schon - der perfekte Slap-Klang. Der Thumb hat seinen Namen bestimmt nicht davon, daß man ihn in den 80ern bevorzugt mit Daumen-Pizzicato gespielt hätte . Auch hier kommt im Vergleich zum Jazz Bass noch mal ein schöner zusätzlicher Schuß Direktheit, Dreck und Bratzigkeit ins Spiel. Da der Daumen auf der Höhe des 26. statt des 20. Bundes auf die Saite schlägt, hat auch das eeeetwas (aber nicht viel) Einfluß auf den Klang.
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/warwick-thumb-slap
Erst beim Schnitt derAudiodateien in Ardour 4 ist mir an der Pegelkurve aufgefallen, daß die E-Saite beim Thumb lauter kommt als bei meinen Squier-JV-Jazz-Bässen: genausolaut wie die Pops auf der D- und G-Saite. Offenbar darf man also beim Thumb mit effektiveren Attacken auf die Magengrube rechnen .
Gewöhnen muß man sich wiederum an den großen Zwischenraum zwischen G-Saite und Korpusoberfläche. Man muß erst mal die Dosierung finden, wie weit man unter die Saite greift - die von Fender-Bässen her gewohnte Schlagplatte als "Tasthilfe" fehlt.
Kleiner Nachtrag aus der Praxis: Ich hatte letztens wieder das Vergnügen, den Thumb über die schon erwähnte Kombination aus 1993er SWR Bass 350 und Hartke 410XL auf der Bühne zu spielen. Klassische Einstellung mit beiden PUs, leichter Mittenabsenkung, am Amp die Bässe etwas aufgezogen und der von SWR gewohnte Aural-Enhance-Regler in bewährter Weise auf "halb drei". Bei Slaps knallte der Thumb selbst mit meinen steinalten Saiten dermaßen perkussiv und drahtig rein, daß es schon fast unanständig war .
Wie schon mehrfach betont: dieser Saft mit dem zugehörigen Spaßfaktor läßt sich bei den Audiodateien aus dem Vorstufenausgang nur erahnen - dazu bräuchte man eine gute Box.
So klingt - das noch zur Ergänzung - alles mit überbrückter Klangregelung, der Steg-PU also alleine:
https://soundcloud.com/user-72968741-244830746/thumb-steg-ohne-klangregler
Auch hier wird sich beim Vergleich wieder zeigen, daß das Vorstufensignal kaum anders klingt als mit zugeschalteter neutraler Klangregelung. Wie schon häufig erwähnt: über Lautsprecher scheint mir der Unterschied (ganz ungeachtet des Lautstärkesprungs) größer.
Überflüssig zu erwähnen: das Sustain fällt genauso aus, wie man es sich beim Stichwort "durchgehender Hals" ausmalt: eeeeeeeendlos.
Die Klangregelung
- das als Zwischenfazit - ist beim Thumb nicht etwa eine Beigabe, sondern für mich gehört sie zwingend zum Bass dazu, denn schon wenn alle drei Regler neutral eingestellt sind, verpaßt sie dem Klang über Lautsprecher eine Art Turbo-Schub: noch mal deutlich mehr Druck.
Fängt man dann noch an, mit den Reglern herumzuspielen, dann kann man sie dazu nutzen, die Charakteristika des Thumb an unterschiedlichen Amps hervorzuheben: sehr wert- und sinnvoll. Es ist also keine effektheischende Klangfabrik, mit der man - falsch eingestellt - den Ton vor die Wand fährt; sondern man kann sinnig am Klang herumfeilen und bekommt meistens gute Ergebnisse.
Wenn ich das z.B. vergleiche mit der Zweiband-Klangregelung plus EMG-PUs, die ein Vorbesitzer in einen meiner besagten Squier-JV-Bässe eingebaut hat (was er besser gelassen hätte ), dann ist die Thumb-Klangregelung deutlich geschmackvoller angelegt: dezenter. Damit kann man in fast jeder Reglerstellung was Sinnvolles rauskitzeln.
Das beginnt mit einem Tiefenregler, der gut abgestimmt in der Gegend um 100, 150 Hz anzusetzen scheint; ist der Amp einen Tick zu schmalbrüstig, kann man hier nachhelfen. Der Höhenregler setzt nicht erst im Knisterhöhen-Bereich an, sondern macht sich deutlich auch so vielleicht im 4-kHz-Vereich nützlich. Dreh- und Angelpunkt der Klangregelung ist der Mittenregler, mit dem man so um 1 kHz herum zulangen kann.
Mit dem Steg-PU allein lohnt sich ein kleines Plus bei den Tiefen in jedem Falle (wenn man nicht alternativ einen kleinen Schuß Hals-PU zumischen möchte). Höhen- und Mittenregler setze ich so ein bißchen balancierend ein: Dreht man die Mitten zurück und die Höhen etwas auf, bekommt man auch mit alten Saiten ein zutrauliches, aber eben auch nicht überdosiertes Bund-Zirpen bei Glissandi.
Nimmt man die Höhen zurück und dreht die Mitten etwas höher, kriegt man meinen persönlichen Lieblingsklang: erinnert entfernt an den Jazz-Bass-Steg-PU-Klang, aber eben energiereicher - siehe oben, Schokolade mit ganzen Nüssen, Kernbeißer; zusätzlich ein hochmittiges Knurren, mit dem man auch durch allgemeinen Klangbrei (den die Band aber hoffentlich niemals erzeugen wird) noch durchkommt. Charmanterweise - und das finde ich wichtig - kann man aber auch hier mit den Anschlagsnuancen eine Menge machen, ähnlich wie beim Jazz Bass.
Den großen Namen hin oder her: Für EMG-PUs scheint mir der Thumb nach diesem Test und dem Vergleich mit dem 1988er viel zu schade zu sein - mit MECs klingt er um Welten besser, satter. Mit einem Wort: fabelhaft.
Resümee
Unter dem Strich ein Instrument mit Will-ich-gar-nicht-mehr-aufhören-zu-begrabbeln-Potential. Nach meinem Eindruck ein erstklassiger Baß für Fusion Jazz, Soul, Pop, Funk (!), Rock und und und. Nicht unbedingt greifen würde ich zum Thumb, wenn es um Jazz-Standards geht, wo man eigentlich einen Kontrabaß bräuchte oder ihn zumindest zu ersetzen versuchen möchte.
Preislich bewegte sich der Thumb NT vor zwölf Jahren, als dieses Exemplar gebaut wurde, übrigens in der Gegend von 2.200 € (laut der damaligen Musik-Produktiv-Preisliste) - geht man nach einschlägigen Preisindex-Tabellen, wären das heute ungefähr 2.560 €. Wenn ich richtig sehe, liegen die Listenpreise des Herstellers heute einen Tacken höher... Bässe sind also gute Geldanlagen
Für meine Begriffe sollte man zwei Dinge tun, um den Thumb richtig auszureizen:
1.: mit härterem Anschlag zumindest experimentieren, das volle Saftpotential auskosten und ggf. die Saitenlage etwas hochdrehen, damit es beim harten Anschlag nicht auf den Bünden scheppert. Die anfänglichen Blasen an den Fingerkuppen werden sich verziehen. Möglicherweise muß man dann auch die PUs etwas weiter runterschrauben, als Warwick es empfiehlt, weil die Saiten sonst an den PU-Gehäusen scheppern. Aber klanglich hab ich nach dem Runterschrauben keinen negativen Effekt bemerkt.
Und 2.: den Verstärker gut aussuchen. Mit den erwähnten Zwölfzöllern, mit denen ich den Thumb ausprobiert habe und zuhause so für zwischendurch mal spiele, bleibt doch was auf der Strecke. Knister-Höhen-Hornlautsprecher braucht es für mein Empfinden nicht unbedingt - aber bis rauf den den 6-kHz-Bereich darf gerne was kommen. Insofern war - für Pizzicato ebenso wie fürs Slappen - die Kombination aus SWR Bass 350 und Hartke 410XL mit den knackigen Zehnzöllern ideal.
Plus:
- Möglichkeiten, einen kernigen, energiereichen Klang zu erzeugen
- dabei eine eigene Note beim Pizzicato ebenso wie beim Slappen
- von vorn bis hinten solide gebaut
- Hölzer, Optik, Hardware, Bundierung: edel
- Spielgefühl auf "naturbelassener" Oberfläche von Hals und Korpus
- Halsstabmutter an der Kopfplatte leicht zugänglich
- Klangregelungskonzept
- sehr gut geeigneter Fusion-, Soul-, Funk- und Rock-Bass mit eigenem Charakter
Minus:
- Bespielbarkeit durch die Korpusform (Gurt-Hängeposition) gewöhnungsbedürftig
- Einstellung der Intonation etwas frickelig
- Eigenschaft
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