reisbrei
HCA Vocals / -Equipment
- Zuletzt hier
- 07.10.24
- Registriert
- 07.06.09
- Beiträge
- 3.405
- Kekse
- 22.019
Hallihallo ,
Ich habe mir kürzlich ein zweites, fest installiertes Recording Setup zusammengebastelt und dachte, der eine oder andere kann davon vielleicht profitieren. Wir reden über ein Budget irgendwo zwischen 0,- und 900,- Euronen, je nachdem, was man möchte und wie die Angebotslage aussieht. Es geht um Rechner, Software und Interface. Kopfhörer, Abhöre, Mikrofone, MIDI-Keyboard etc. sind nicht enthalten, wir wollen es ja mal nicht übertreiben
Viel Spaß dabei...
Einleitung
Heutzutage ist es nicht mehr unbedingt notwendig, sich für viel Geld in ein Studio einzumieten, um dort professionell klingende Aufnahmen erstellen zu lassen. Im Gegenteil, man bekommt für geradezu lächerlich wenig Geld schon eine Ausrüstung, mit der man - entsprechendes Know-How vorausgesetzt - selbst Aufnahmen anfertigen kann, die denen aus einem Studio in nichts nachstehen müssen.
Disclaimer: Aller Wahrscheinlichkeit nach wird mein Album besser klingen, wenn ich mir ein gutes Studio samt Belegschaft mit allem Firlefanz miete und die Profis ihren Job machen lasse, aber in Zeiten, in denen Musik ohnehin als .mp3 über billige Ohrenstöpsel konsumiert wird und es wichtiger ist, regelmäßigen Content rauszuhauen, anstatt alle zwei Jahre ein Album mit n-stelligem Budget zu produzieren..... will sagen: klar kann man es selbst machen, muß man evtl. sogar! Ich möchte hier kein Studio-Bashing betreiben. Wer sich ein gutes Studio leisten kann, soll dorthin gehen. So etwas ist eine tolle Erfahrung. Andererseits war ich auch schon mehrfach in Studios, bei denen ich hinterher dachte 'wow, das hätte ich selbst besser machen können...'
Nun gibt es einen hartnäckigen Irrglauben, der sich einfach nicht ausrotten läßt. Nämlich daß man immer das neueste und beste Equipment bräuchte, um zu einem guten Ergebnis zu kommen. Das ist Unfug! Was mir ein professionelles Studio bieten kann, sind vor allem Leute, die wissen was sie tun. Danach kommen die Räumlichkeiten und erst am Schluß das Equipment. Wenn heute eine Band ihr Album selbst aufnimmt, klingt es in der Regel alles andere als professionell . Aber das liegt nicht daran, daß keine SSL 9000 Konsole und keine Massenburg EQs verwendet wurden. Das Problem ist eher, daß der Proberaum über kahle Betonwände verfügt, die Instrumente nicht gepflegt sind, und die Musiker den - oftmals nicht einmal wirklich ausgereiften - Kram so runterspielen, als sei es eine Probe. Bei der Aufnahme wird plötzlich klar, daß man den Übergang vom ersten Refrain in die zweite Strophe nie wirklich ausgearbeitet hat etc. Wenn man aber auf solch unprofessionelle Weise an die Sache herangeht, nützt einem auch das beste Equipment nix .
Woher ich das weiß? Ganz einfach, ich habe diese Fehler selbst gemacht. Immer und immer wieder. Ich habe mir um die Jahrtausendwende einen Monster-Rechner mit allem SchnickSchnack angeschafft und allein dafür über 10.000,- versenkt. Und was habe ich damit cooles aufgenommen? Pffrrrrrzzz. Die Kohle hätte ich mir sparen können. Es gab zwar unzählige angefangene Songs, Projekte usw., fertig geworden ist davon aber gar nix . Aber man lernt ja bekanntlich aus seinen Fehlern und ist dann irgendwann in der Lage, einen Workshop darüber zu schreiben...
Vor ca. 2 Jahren sind wir in neue Räumlichkeiten umgezogen und hatten plötzlich die Möglichkeit, ein Recording Setup im Probe- bzw. Unterrichtsraum aufzubauen. Kein Problem, dachte ich mir. Ich hab nen coolen Laptop und ein kleines Interface, das kann ich mitnehmen und schon bin ich aufnahmebereit. Pustekuchen, ich bin ein fauler Mensch, und so kam es, daß ich das ein paar Mal gemacht habe und dann nicht mehr. Und wieder begann sich alles im "Irgendwann mal..." zu verlieren . Doch dann kam der Schlagzeuger plötzlich eines Abends an und meinte: "Hey, wie's aussieht bekomme ich nen alten Mac samt gescheiter Soundkarte geschenkt. Den können wir ja dann hier rein stellen." (das wäre die Variante für 0,- . Man sieht sie in einem der Bilder (Nr. 5), der linke Mac ist meiner, der rechte seiner). Und da hat es Klick gemacht. Ich dachte: 'Mooooooment, ich hatte doch mal so 'nen ollen Mac...hmmmmm....steht der nicht noch eingepackt irgendwo rum.....' Genau so war's. Ich hatte ihn beim letzten Wohnungsumzug zurück in seinen Karton gebettet und ihn dann in die Abstellkammer gestellt - für 5 Jahre. Doch jetzt war die Idee geboren und seit ca. 2 Monaten verrichtet das Teil als Recording Schlachtschiff seinen Dienst - souverän und unerschütterlich, denn dafür wurde er gebaut
Und genau darum soll es in diesem Workshop nun gehen...
das Problem
Ich kenne mich mit PCs überhaupt nicht aus, war schon immer Mac-Nutzer (nicht, daß ich mich damit gut auskennte... ). Damals ging das quasi nicht anders, zu der Zeit war der Mac bei Audio- und Video-Anwendungen dem PC haushoch überlegen. Das ist heute nicht mehr unbedingt so, Mac und PC haben sich merklich angenähert, zumal es heute ohnehin eher um's hübsche Design, coole Animationen beim Öffnen von Programmen etc. geht. Was meinem MacBook die Prozessorleistung wegfrißt, wenn ich in meiner DAW arbeite, ist vor allem die Grafik. Aber wir schweifen ab...
Wo war ich noch gleich.... ah, ja richtig, immer das beste und neueste... Irgendwie ist da ja was dran, wenn ein Rechner mal ein paar Jährchen auf dem Buckel hat, macht es nicht mehr wirklich Spaß, damit zu arbeiten. Er wird lahm, bleibt hängen, lädt ewig. Das nervt und stört den Workflow, macht das Arbeiten zuweilen unmöglich, wenn mitten im Song die Wiedergabe abbricht und der Hinweis aufploppt "Computer zu langsam für die Wiedergabe". Aber woran liegt das? Wieso ist ein MacBook, das vor ein paar Jahren noch ein Schweinegeld gekostet hat, plötzlich zu langsam? Das liegt nicht am Rechner, sondern an der Software. Mit jeder neuen Version werden die Programme gieriger und hungriger, und das ist natürlich nicht nur bei DAWs so. Alles kostet mehr Prozessorleistung, mehr Arbeitsspeicher. Und man kommt nicht drumherum, denn man braucht eben aktuelle Browser etc. Das Updaten ist zum Muß geworden...
Ich breche das hier ab, denn ich gehe davon aus, daß wir das alle kennen. Was also ist die Lösung? Nun, wie so oft gibt es mehrere Möglichkeiten. Betreibt man z.B. ein professionelles Studio, kommt man an regelmäßigen Upgrades nicht vorbei, denn der Kunde möchte natürlich den neuesten Kram sehen, damit er sich der Illusion hingeben kann, besser versorgt zu sein. Verwendet man seinen Rechner nicht nur zum Recording, sondern auch für Alltags-Gedöns, Online-Banking, Surfen, hulu-Kucken usw., bleibt einem auch nix anderes übrig, denn - so ging es mir mit meinem Monster-Mac damals - irgendwann wird der Browser unsicher, Webseiten werden nicht mehr angezeigt, es gibt keine neuere Version für's Betriebssystem und für die Hardware kein neueres Betriebssystem, also den Rechner wegschmeißen, einen neuen anschaffen, und der ganze Zirkus geht von vorne los...
Diesmal aber habe ich eine Alternative gefunden, die hervorragend funktioniert, sehr wenig kostet und eigentlich nur eines erfordert: sich von der Vorstellung verabschieden, daß man immer das Neueste braucht. Klingt simpel, ist es aber gar nicht, denn überall wird uns vorgegaukelt, man müsse up-to-date sein. Die Hersteller von Hard- und Software wollen ihr neues Zeugs verkaufen, die Händler genauso, und die Internetforen sind voll von Einfallspinseln, die das nicht nur glauben, sondern auch weiterverbreiten .
Vorsicht, Off Topic: Zwei Beispiele, die ich am eigenen Leib erleben durfte. Erstens bei einem Gig mit mehreren Bands, bei dem ich als Schlagzeuger meine Snare, Becken und Fußmaschine mitbrachte. Kommentar eines der anderen Schlagzeuger: "Wie?? Du benutzt die dw5000 Maschine? Die ist doch sowas von überholt, da kann man doch nicht gescheit drauf spielen. Wer richtig spielen will, braucht eine Demon..." Dieses Geschwätz brach eine Riesendiskussion unter allen anwesenden Schlagzeugern los, während ich mich schmunzelnd zurückzog. Komischerweise war die dw5000 vor ein paar Jährchen für einige der besten Schlagzeuger der Welt völlig ok, und heute soll sie für den dahergelaufenen Hinterhofdepp zu schlecht sein? Schon klar....
Zweitens im Fahrradladen, wo ich mein altes (und unfaßbar geiles) GT Mountainbike überholen lassen wollte. Ein Markenrad aus der Gary Turner Zeit, ca. 20 Jahre alt und damals alles andere als billig. Der Fahrradkasper kuckt es sich keine 10 Sekunden an und sagt sofort: "Das ist totale Grütze, da brauche ich gar nicht anfangen. Kauf dir ein neues bei uns, dann haste was gescheites. Die Bremsen sind z.B. völlig unzureichend..." Komischerweise war dieses Fahrrad damals für einige der weltbesten Fahrer völlig ok und auch ich kann jederzeit unter allen Umständen schnell und problemlos damit anhalten. Völlig unzureichende Bremsen? Das gilt wohl eher für's Mundwerk des (hüstel) "Mechanikers". Übrigens bin ich direkt zum nächsten Laden weitergefahren und dort hieß es: "Ja klar, das ist doch ein gutes Rad, kein Problem." Gerade mal 70,- später war es wie neu .
Teil 1 - der Rechner
Versteht mich nicht falsch, früher war nicht alles toll, und neue Besen kehren oft tatsächlich besser. Aber die Kunst ist es, zu entscheiden, welche Trends ich mitmache und welche nicht. Man darf auch nicht vergessen, daß oftmals Updates auf den Markt geschmissen werden, die gar nichts wirklich neues bieten, sondern u.U. nur ein bißchen anders aussehen, einfach weil ein Update erwartet wird bzw. zeitlich notwendig ist, um nicht als abgeschlagen zu gelten (z.B. viele Facelifts bei Automodellen, aber eben auch Software). Was brauchen wir also? Einen Rechner, der problemlos mehrspurige Aufnahmen machen kann, der funktioniert, nicht abstürzt und sich vernünftig bedienen läßt. Wenn er nur dafür gedacht ist, braucht er weder neu noch hip zu sein. Mein Vorschlag also: ein Power Mac G4. Warum nun ausgerechnet den? Zwei Gründe: erstens ist der letzte und schnellste G4 heute für ca. 100,- zu haben und zweitens ist es der letzte Mac, der mit OS9 arbeitet, dem (Obacht: Befangenheit) geilsten Betriebssystem aller Zeiten
Den G4 gab es von 1999 bis 2004, zur kompletten Übersicht kann man sich die Wikipedia-Seite anschauen: KLICK, die englische Seite ist dafür deutlich besser geeignet, da man Tabellen mit allen wichtigen Daten vorfindet. Es gab drei Gehäuse, an denen man den G4 erkennen kann (und noch zwei Sonderformen, die ich aber nicht empfehlen würde: G4 Cube und Mac Mini G4). Man nennt sie "Graphite", "Quicksilver", und "MDD" (für Mirrored Drive Doors). Wie gesagt, einen MDD mit 1,25 GHz bekommt man heute für ca. 100,-. Ich habe gerade neulich einen Quicksilver für lumpige 40,- ersteigert, weil ich die Tastatur und die Maus wollte. Ihr seht also, die Dinger kriegt man nachgeschmissen. Meiner von früher nennt sich "Digital Audio" und er hat einen Dual-Prozessor (damals phänomenal) mit - nicht lachen - 2 x 533 MHz . Die Zahlen sind heute völlig albern, der maximale Arbeitsspeicher beträgt z.B. 1,5 GB. Zum Vergleich: mein Schlaufon hat einen 2 GHz Octacore und 2 GB Arbeitsspeicher. Was soll das also?? Nun, wer aufgepaßt hat, weiß es bereits. Was die Prozessorleistung auffrißt, ist die Software. Und wir haben gar nicht vor, aktuelle Software zu verwenden. Wir verwenden Software aus der Zeit, als diese Rechner noch High-End waren. Denn wenn der Rechner damals ein Monster war, dann ist er es mit derselben Software heute auch noch - und in 10 Jahren genauso. Nebenbei bemerkt, ist mein G4 nach 5 Jahren in der Abstellkammer sofort und ohne Schwierigkeiten hochgefahren, sogar die angezeigte Uhrzeit war noch korrekt.
Man kann sich ein wenig durch die Tabellen lesen, letzten Endes ist es aber nicht so wichtig, welchen G4 man sich besorgt. Beim Quicksilver gibt es angeblich manchmal Probleme mit dem Netzteil (bei meinem für 40,- auch), die Reparatur bzw. der Ersatz würde 70,- kosten, dafür bekäme man schon wieder einen anderen G4. Ich habe mit meinem Graphite nur die besten Erfahrungen gemacht und der MDD soll wohl auch sehr problemlos sein. Man ist ja auch immer daran gebunden, was derzeit an Gebrauchtgeräten angeboten wird. Viel falsch machen kann man nicht - ein G4 ist nunmal ein G4, aber es ist natürlich ratsam, nach den besten Zahlen zu kucken.
Sobald man sich einen solchen Kameraden in's Haus geholt hat, sollte man ihn gleich wieder nach draußen stellen....zum Saubermachen. Da dürfte sich eine Unmenge an Staub im Innern befinden. Ich habe einen billigen Baumarkt-Kompressor und dazu Glasreiniger, Wattestäbchen, einen kleinen Pinsel, eine Zahnbürste und ein paar Blatt Küchenrolle verwendet. Obacht, man sollte mit Druckluft nicht direkt auf Platinen sprühen, eher darüber wegpusten oder aus größerer Entfernung. Auch kann es bei Kompressoren passieren, daß die Luft feucht ist und man möchte den Rechner ja nicht unbedingt naß machen. Bei den Lüftern muß man aufpassen, die sollte man mit dem Pinsel o.ä. festhalten während man hineinbläst. An den einzelnen Flügelkanten klebt auch einiges an Dreck, den kann man mit Pinsel oder Zahnbürste und Reiniger entfernen. Dann noch das Gehäuseinnere mit Küchenrolle und Glasreiniger auswischen, sich immer wieder an geeigneten Metallteilen erden und nicht auf empfindliche Teile grabschen. Es gibt bei Jutjuub Tutorials zum Rechner-Reinigen, aber wenn man mit ein wenig Verstand zu Werke geht, kann da eigentlich nix passieren. Druckluft gibt es auch in Sprühdosen, extra für diesen Zweck. Und nochmal: unbedingt rausgehen (Balkon, Garage, Fußballfeld, Mond), man glaubt nicht, wie viel Staub in so einen kleinen Kerl hineinpaßt .
Ein paar Bildlein des Innenlebens. Über das zusätzliche Zeugs, daß ich da reingebaut habe, erzähle ich noch was in Teil 5
Teil 2 - das Betriebssystem
Wenn wir nun den Rechner haben, kümmern wir uns um das Betriebssystem. Wahrscheinlich wird eine ältere Version von OS X installiert sein, die schmeißen wir runter und installieren OS9. Wer will, kann OS X auch installiert lassen und auf eine andere Partition OS9 draufmachen. Ich habe ersteres gemacht und OS X völlig verbannt. Warum denn eigentlich OS9? Was ist daran so toll? Nun, zunächst einmal ist OS9 rasend schnell, da es sozusagen keinen Ballast hat. Man kann beispielsweise sämtliche nicht benötigten Systemerweiterungen einfach abschalten. Wenn kein Drucker angeschlossen ist, schaltet man einfach alle Druckertreiber und -erweiterungen aus. Dasselbe gilt für's eingebaute Telefonmodem (hihihi ) oder was auch immer. Man setzt einfach Häkchen für das, was man braucht und der Rest ist aus (siehe Bilder). Zweitens ist die Arbeit mit OS9 sehr intuitiv, man findet sich problemlos zurecht und kann fast nix kaputtmachen. Ich habe damals in meinem leichtsinnigen Experimentierwahn am Systemordner rumgebastelt, Kram einfach weggelöscht und verschoben, umbenannt usw. Beim nächsten Hochfahren kam es dann evtl. zu einer Fehlermeldung, also habe ich aus einem vorher kopierten (ich sagte leichtsinnig, nicht dämlich), ursprünglichen Systemordner den Kram wieder zurück kopiert und alles war wie neu. Als ich das einem Freund erzählte (professioneller PC-Spezialist), wurde der kreidebleich im Gesicht...
Drittens bekommt man den Rechner für OS9 für sehr wenig Geld, manche verschenken die alten Dinger sogar. Wer zufällig ein Designstudio kennt, kann dort mal hausieren gehen. Oft ist den Leuten das Verscherbeln zu aufwändig, wegen 50,- zu kucken ob alles funktioniert, eine Riesenverpackungsorgie zu starten und kubikmeterweise Staub einzuatmen... Da ist man doch froh, wenn's einer für umme abholt. Man hat keine Arbeit und es gibt Platz im Keller: Win-Win
Und dann wäre da noch ein Vorteil: er nennt sich Abandonware. Was ist das? Wenn ein Hersteller ein Programm nicht mehr verkauft, nicht weiterentwickelt, keine Updates dafür mehr anbietet, den Support einstellt, dann tritt oft der Fall ein, daß er sich von dieser Software abwendet (engl. to abandon: etwas aufgeben/fallenlassen). Das beeinträchtigt natürlich nicht das Copyright, aber in der Realität werden viele, viele dieser alten Programme im Internet zum Download angeboten und die Hersteller kümmern sich nicht darum oder finden es sogar gut, daß ihre alte Software nicht in Vergessenheit gerät. Ein Gegenbeispiel wären alte Spieleklassiker, die als Classic-Sammlungen neu aufgelegt und verkauft werden. Ich mache hier keine Werbung für Piraterie! Nur weil etwas heruntergeladen werden kann, ist es noch lange nicht legal und jeder ist selbst für sein Handeln verantwortlich.
Wie dem auch sei, man bekommt - weder versteckt noch sonst irgendwie verschleiert - jede Menge Programme von damals kostenlos zum Download angeboten, das gilt auch für Betriebssysteme, DAWs, Plug Ins, Dienstprogramme, Sample Libraries, etc. Manche werden sogar explizit als solche angeboten (z.B. ProTools FREE 5.1). In meinem persönlichen Fall brauchte ich lediglich ein Betriebssystem-Update, da ich alles andere damals für horrendes Geld ohnehin schon gekauft hatte. Dennoch mußte ich den Kram neu installieren, weil auch auf meinem Alt-Mac OS X lief und ich ihn komplett geleert und neu bestückt habe.
An dieser Stelle verweise ich auf eine Website, die sich ausschließlich damit befaßt, einen alten Mac mit eben diesem alten Betriebssystem zu betreiben und als DAW zu verwenden. Dort gibt es direkt Infos zu Hard- und Software und auch ein Forum, welches zwar klein, aber von sehr engagierten und hilfsbereiten Leuten bevölkert ist. Es gibt z.B eine Liste mit allen verwendbaren Interfaces oder eine Aufstellung der erhältlichen Software inkl. Betriebssystem-Versionen und -Updates und sogar ein deutschsprachiges Unterforum für Hilfesuchende: KLICK. Schaut mal rein und sagt Hallo, die Jungs dort haben mir sehr weitergeholfen .
OS9 also. Die Installation ist sehr simpel, den Rechner von der CD starten (die ist entweder beim Mac dabei oder man lädt sie sich herunter und brennt sie eben selbst) und dann den Installier-Button klicken, das Ziel-Laufwerk auswählen und das war's. Bei einem Mac kann man das Startvolume auswählen, indem man direkt nach dem Einschalten die Alt-Taste gedrückt hält. Dann erscheint ein Bildschirm mit allen zur Verfügung stehenden Startvolumes (z.B. eben die CD). Das gewünschte auswählen und auf den "weiter"-Pfeil klicken. Ob man ein evtl. bereits installiertes OS X draufläßt oder nicht, muß jeder selbst entscheiden. Man kann es zur Neu-Installation von OS9 und zur Formatierung einer neuen Festplatte verwenden, muß man aber nicht. Ich habe alles nur mit OS9 gemacht, hatte zwar eine CD mit OS X für den Notfall griffbereit, diese aber nicht benötigt. Nochmal: ein Grund für einen alten Mac mit OS9 ist die phänomenale Gutmütigkeit dieses Systems. Ich bin eine völlige Computerpflaume und selbst für mich war es kein Problem. Ich empfehle, am Ende OS 9.2.2 installiert zu haben, idealerweise die Version, die man im oben verlinkten Forum erhält, da dies wohl die beste Version ist, die es gibt und man beispielsweise die richtige Version vom Helferprogramm "Drive Setup" direkt dabei hat, mit dem man fast alle Festplatten (inkl. SSDs) formatieren kann. Wie gesagt, Betriebssysteme samt Updates bekommt man im Netz, aber es kann auch gut sein, daß beim gekauften Mac die CDs dabei sind.
So sieht das dann aus. Man muß sich übrigens nicht mit dem Mausgrau zufrieden geben, man kann vorgefertige Designs und natürlich eigene Bilder verwenden - wir reden von 2002, nicht 1582 .
Teil 3 - das Interface
So. Nun haben wir einen Mac samt Betriebssystem. Dann brauchen wir noch ein Interface. Es gibt einige brauchbare, ich verwende seit damals ein MotU 828 und seit der Neu-Installation zusätzlich ein MotU 896HD. Beide werden über FireWire mit dem Mac verbunden und sind mehr oder weniger günstig gebraucht zu bekommen. Mehr oder weniger deshalb, weil MotU auch für diese >10 Jahre alten Interfaces aktuelle Treiber anbietet. Man kann also sein MotU 896 von 2002 an einen nagelneuen Rechner anstöpseln. Deshalb sind sie gebraucht auch heute noch recht gefragt. Derzeit bekommt man ein 828 für ca. 100,- , für ein 896HD werden momentan zwischen 300,- und 400,- fällig. Es gibt aber auch noch einige andere Kandidaten, die infrage kommen. Ich bin damals den MotU Weg gegangen und deshalb auch jetzt dabei geblieben. Wir sollten aber nicht vergessen, daß wir mit einem Mac für 100,- und einem 828 für 100,- gerade mal bei einem Preis von 200,- angekommen sind - für, wohlgemerkt, professionelles Equipment. mit dem 828 kann man 8 Kanäle gleichzeitig aufnehmen, 2 davon sind Mikrofonkanäle mit Phantomspeisung und guten Vorverstärkern. Man ist also für den Anfang gut ausgestattet. Hier einmal ein Link mit mehr Infos zum 828, dann noch einer mit einer Liste kompatibler Interfaces ohne MIDI und mit MIDI.
Auch hier ist die Installation sehr simpel (zumindest war sie das bei meinen beiden MotUs), Treiber installieren, Interface anstöpseln, fertig. Beide wurden auch direkt von Cubase erkannt und ließen sich schnell konfigurieren. Einfacher geht es heute auch nicht. Man sollte beim Auswählen eines Interfaces darauf achten, daß die Treiber-CD mit dabei ist oder der Hersteller sie auch heute noch als Download anbietet. Evtl. findet man sie auch bei einer Gugel-Suche, aber darum sollte man sich vor dem Kauf kümmern.
So viel mehr gibt es eigentlich nicht zu sagen. Ich mache noch auf eine Sache aufmerksam und dann schreibe ich noch ein bißchen was über meinen persönlichen Fall, da ich direkt ein paar Upgrades gemacht habe, um aus der Höllenmaschine eine Nochmehrhöllenmaschine zu machen.
Teil 4 - ein winziger Wermutstropfen
Das Geschwindigkeits-Problem
Hierbei geht es nicht um die Taktung des Prozessors o.ä., sondern um die Übertragung der Daten z.B. per USB. Damals nutzte man noch USB 1.1, das ist schnell genug für Maus und Tastatur, aber gähnend langsam, wenn man beispielsweise seine aufgenommenen Spuren auf einen USB-Stick packen will, um sie woanders weiterzubearbeiten . Coolerweise konnte ich mein Android-Geschicktfon an den Alt-Mac anschließen und er hat es tatsächlich als Speichermedium erkannt, aber wer größere Mengen an Daten übertragen will, muß schon einiges an Zeit mitbringen. Hierfür gibt es mehrere Lösungen:
Ich habe bisher gewartet und derweil anderen Kram gemacht (Mikros abgebaut etc.), werde aber auf 3. umsteigen und mir so einen FireWire Kartenleser besorgen. Wenn man sich auf einer anderen Partition OS X installiert, hat man natürlich USB 2.0. Dafür muß man m.W. aber eine Karte mit USB 2.0 Anschlüssen einbauen, so war's zumindest bei mir damals. Es kann aber sein, daß die neueren G4-Modelle das bereits drin haben. Dennoch, OS9 unterstützt kein USB 2.0 soweit ich weiß.
Man kann es sich natürlich auch einfach machen und die Songs direkt auf dem G4 fertig bearbeiten, ein fertiger Song hat ja nur ca. 10 MB pro Minute. Nur wer eben die kompletten Rohaudiodaten rauskopieren will, sollte sich was überlegen...
Für Nerds bieten sich noch weitere Möglichkeiten. Im oben genannten Forum werden Alternativen diskutiert, ich habe aber in den betreffenden Threads schnell nur Bahnhof verstanden und halte mich deshalb diesbezüglich zurück
Teil 5 - mein Setup
Übrigens, so von gestern wie man vielleicht denkt, sind diese Rechner gar nicht. Ich mußte meinen ja nicht mehr kaufen, sondern nur auspacken, aber wollte ihn dann auch direkt ein wenig aufrüsten. Also habe ich eine SSD und eine neue normale Festplatte, sowie eine TC-Powercore Karte eingebaut. Braucht man das? Nö, aber ich wollte es gerne. Nicht vergessen: wir reden hier über Computer, die um die Jahrtausendwende in richtig teuren Profistudios standen. Die Teile sind bereits ab Werk mehr als ausreichend. Wer etwas investieren möchte, kann allerdings noch mehr herausholen.
Man kann also eine SSD in so ein altes Ding einbauen. Es gibt sogar Freaks, die als Systemplatte eine Speicherkarte verwenden, kein Witz. Das Betriebssystem von damals paßte locker auf eine CD und mit Flashspeicher rennt der Mac wie verrückt, er fährt in ca. 30 Sekunden hoch und in unter einer Sekunde runter. Bei so einem alten Rechner empfehle ich allerdings eine neue Festplatte, ob nun SSD oder HDD - zum Anschluß einer SSD benötigt man noch eine Karte, die allerdings den Anschluß von mindestens zwei SSDs erlaubt. Es gibt auch simple Adapter (von P-ATA zu S-ATA), aber dann verliert man wohl was von der SSD Geschwindigkeit.
Obacht: heute werden Festplatten via S-ATA angeschlossen (Serial-ATA), damals war das noch ATA (auch P-ATA für Parallel-ATA genannt oder IDE, was quasi dasselbe ist). Darauf muß man beim Kauf einer Festplatte achten. Auch darf diese nicht zu groß sein, denn OS9 verkraftet nur max. 190 GB pro Partition. Nicht den Kopf schütteln und die Augen rollen, wir brauchen ja gar nicht viel. Als System-Partition genügen uns 20 GB, selbst 10 wären genug. Als preisliche Hausnummer, ich habe eine 120 GB SSD von OWC für ca. 75,- gekauft; und eine 200 GB HDD von Maxtor für ca. 30,-. Zum Anschluß der SSD habe ich eine Sonnet Tempo Serial ATA Karte angeschafft (wieder ca. 75,-).
Das klingt deutlich komplizierter als es ist. Ich habe von Computern so gut wie keine Ahnung und habe es trotzdem fast problemlos hinbekommen. Fast problemlos deshalb, weil die erste SSD, die ich gekauft habe (eine Samsung 850 Evo 120 GB) nicht kompatibel war. Sie hat eine fest vorinstallierte Tabellenstruktur, die vom alten Mac nicht erkannt und nicht verwendet werden kann - was es alles gibt... Die Evo 840 soll funktionieren, bei den anderen muß man sich schlaumachen. Ich kann die von OWC empfehlen, da sich dieser Hersteller auf Mac spezialisiert hat und auch speziell für alte Macs Produkte anbietet. Die Preise fluktuieren stark, man muß den richtigen Zeitpunkt abpassen, meine kostete erst 90,-, dann 200,- (!) und dann plötzlich 75,- und war somit billiger als das Samsung-Pendant - alles innerhalb von ein paar Tagen. Damit war ich festplattenmäßig gut aufgestellt. Die alte Festplatte von damals dient mir als Backup. Ich habe meine SSD aufgeteilt: ca. 30 GB als System-Partition und die restlichen ca. 90 als Speicherplatz. Die neu gekaufte HDD ist ähnlich aufgeteilt (30 GB/170 GB), denn ich habe das Betriebssystem inkl. aller Programme auch dort noch einmal installiert - für Notfälle. Die alte HDD (120 GB) habe ich neu formatiert und benutze sie als leeren Platz für Sicherheitskopien meiner Audiofiles und Projekte.
Des weiteren habe ich mir eine TC-Powercore Karte angeschafft, einfach nur, weil sie billig war (Ersteigerungspreis phantastische 17,54 Eurönchen, Neupreis damals ca. $1500,-). Hierbei handelt es sich um eine Karte mit 5 Prozessoren, auf der diverse Effekte installiert sind - nur vom Feinsten. Bekannter ist vermutlich das Pendant von UA (Universal Audio, die sog. UAD-Karte), aber der Zweck ist derselbe. Hochwertige Effekte werden direkt auf der Karte berechnet, sodaß der Prozessor des Rechners geschont wird. Ich hatte beim Kauf wohl ziemliches Glück, realistischer ist ein Preis von ca. 100,-. Man sollte unbedingt darauf achten, daß alle Codes/Passwörter enthalten sind, da man die Karte und evtl. vom Vorbesitzer zusätzlich gekaufte PlugIns freischalten muß. Evtl. ist dafür ein Internetzugang nötig, bei mir war es nicht so, da die Karte nur die Werkseffekte enthielt, was aber auch schon eine Menge ist. Es war sogar ein Gutscheincode dabei, mit dem ich mir ein weiteres kostenloses Effektbundle hätte herunterladen können - dummerweise lief die Aktion in 2002 ab... . Es gibt verschiedene Powercore-Karten, interne und externe, kleinere und größere. Ich bin nicht sicher, ob alle mit OS9 kompatibel sind, zur Not beim Verkäufer nachhaken oder mal im Netz suchen, evtl. bei Soundonsound.com.
Jedenfalls habe ich nun einen Mac, der zwar offiziell fast nichts mehr wert ist, aber als Audio Workstation nach wie vor seinesgleichen sucht. Wie auf dem Bild zu erkennen ist, liegt die Prozessorauslastung bei gleichzeitiger Aufnahme von 8 Kanälen inkl. ein paar Abhöreffekten bei ca. 10%. Was will man denn noch?
Zur DAW: Ich verwende Cubase 5 VST32, weil ich es damals auch schon verwendet habe. Mit Logic bin ich nie warm geworden und Ableton, sowie ProTools habe ich nicht ausprobiert. Bei meinem MotU Interface lag noch AudioDesk bei, die kleine Version von Digital Performer, aber ich mag Cubase. Auf dem Laptop nutze ich Reason und Reaper, aber damals hatte Cubase für mich die Nase vorn. Diese Version war zu der Zeit was ganz feines, da man unbegrenzt viele Spuren hatte und intern mit 32 Bit Fließkomma berechnet wurde. Übrigens kann mein großes Interface 24 Bit/192 kHz, mehr gibt's heute auch nicht, ist ja auch unnötig. Noch ein paar Bildchen zu Cubase, vom Prinzip her nicht viel anders als heute, auch jede Menge Funktionen, nur etwas altbackene Optik - nicht Retro, sondern echt!
Ausleitung
Das war also meine Alternative für ein günstiges und dennoch amtliches Recording System. Wer Glück hat und einen G4 geschenkt bekommt, kann sich für ein paar Kröten noch ein Interface anschaffen und ist fast zum Nullkostenpreis dabei. Rechnet man 100,- jeweils für Rechner und Interface, ist man immer noch sensationell günstig am Start. Für mein Setup wären heute ca. 700,- bis 900,- fällig. Da ist noch ein altes Fostex 812 Recording Pult mit bei (gebraucht und vollständig überholt für 100,-), damit ich auch die Line-Eingänge vom 828 perfekt ausnutzen kann und mehr Abhörmöglichkeiten habe. Damit bin ich bei max. 26 Kanälen gleichzeitiger Aufnahme. Man kann übrigens bis zu vier MotU 896HD und bis zu vier TC-Powercore Karten in einem solchen Rechner gleichzeitig betreiben. Und das wäre auch heute noch viel, viel, viel mehr als man je brauchen wird
In diesem Sinne
Ich habe mir kürzlich ein zweites, fest installiertes Recording Setup zusammengebastelt und dachte, der eine oder andere kann davon vielleicht profitieren. Wir reden über ein Budget irgendwo zwischen 0,- und 900,- Euronen, je nachdem, was man möchte und wie die Angebotslage aussieht. Es geht um Rechner, Software und Interface. Kopfhörer, Abhöre, Mikrofone, MIDI-Keyboard etc. sind nicht enthalten, wir wollen es ja mal nicht übertreiben
Viel Spaß dabei...
Einleitung
Heutzutage ist es nicht mehr unbedingt notwendig, sich für viel Geld in ein Studio einzumieten, um dort professionell klingende Aufnahmen erstellen zu lassen. Im Gegenteil, man bekommt für geradezu lächerlich wenig Geld schon eine Ausrüstung, mit der man - entsprechendes Know-How vorausgesetzt - selbst Aufnahmen anfertigen kann, die denen aus einem Studio in nichts nachstehen müssen.
Disclaimer: Aller Wahrscheinlichkeit nach wird mein Album besser klingen, wenn ich mir ein gutes Studio samt Belegschaft mit allem Firlefanz miete und die Profis ihren Job machen lasse, aber in Zeiten, in denen Musik ohnehin als .mp3 über billige Ohrenstöpsel konsumiert wird und es wichtiger ist, regelmäßigen Content rauszuhauen, anstatt alle zwei Jahre ein Album mit n-stelligem Budget zu produzieren..... will sagen: klar kann man es selbst machen, muß man evtl. sogar! Ich möchte hier kein Studio-Bashing betreiben. Wer sich ein gutes Studio leisten kann, soll dorthin gehen. So etwas ist eine tolle Erfahrung. Andererseits war ich auch schon mehrfach in Studios, bei denen ich hinterher dachte 'wow, das hätte ich selbst besser machen können...'
Nun gibt es einen hartnäckigen Irrglauben, der sich einfach nicht ausrotten läßt. Nämlich daß man immer das neueste und beste Equipment bräuchte, um zu einem guten Ergebnis zu kommen. Das ist Unfug! Was mir ein professionelles Studio bieten kann, sind vor allem Leute, die wissen was sie tun. Danach kommen die Räumlichkeiten und erst am Schluß das Equipment. Wenn heute eine Band ihr Album selbst aufnimmt, klingt es in der Regel alles andere als professionell . Aber das liegt nicht daran, daß keine SSL 9000 Konsole und keine Massenburg EQs verwendet wurden. Das Problem ist eher, daß der Proberaum über kahle Betonwände verfügt, die Instrumente nicht gepflegt sind, und die Musiker den - oftmals nicht einmal wirklich ausgereiften - Kram so runterspielen, als sei es eine Probe. Bei der Aufnahme wird plötzlich klar, daß man den Übergang vom ersten Refrain in die zweite Strophe nie wirklich ausgearbeitet hat etc. Wenn man aber auf solch unprofessionelle Weise an die Sache herangeht, nützt einem auch das beste Equipment nix .
Woher ich das weiß? Ganz einfach, ich habe diese Fehler selbst gemacht. Immer und immer wieder. Ich habe mir um die Jahrtausendwende einen Monster-Rechner mit allem SchnickSchnack angeschafft und allein dafür über 10.000,- versenkt. Und was habe ich damit cooles aufgenommen? Pffrrrrrzzz. Die Kohle hätte ich mir sparen können. Es gab zwar unzählige angefangene Songs, Projekte usw., fertig geworden ist davon aber gar nix . Aber man lernt ja bekanntlich aus seinen Fehlern und ist dann irgendwann in der Lage, einen Workshop darüber zu schreiben...
Vor ca. 2 Jahren sind wir in neue Räumlichkeiten umgezogen und hatten plötzlich die Möglichkeit, ein Recording Setup im Probe- bzw. Unterrichtsraum aufzubauen. Kein Problem, dachte ich mir. Ich hab nen coolen Laptop und ein kleines Interface, das kann ich mitnehmen und schon bin ich aufnahmebereit. Pustekuchen, ich bin ein fauler Mensch, und so kam es, daß ich das ein paar Mal gemacht habe und dann nicht mehr. Und wieder begann sich alles im "Irgendwann mal..." zu verlieren . Doch dann kam der Schlagzeuger plötzlich eines Abends an und meinte: "Hey, wie's aussieht bekomme ich nen alten Mac samt gescheiter Soundkarte geschenkt. Den können wir ja dann hier rein stellen." (das wäre die Variante für 0,- . Man sieht sie in einem der Bilder (Nr. 5), der linke Mac ist meiner, der rechte seiner). Und da hat es Klick gemacht. Ich dachte: 'Mooooooment, ich hatte doch mal so 'nen ollen Mac...hmmmmm....steht der nicht noch eingepackt irgendwo rum.....' Genau so war's. Ich hatte ihn beim letzten Wohnungsumzug zurück in seinen Karton gebettet und ihn dann in die Abstellkammer gestellt - für 5 Jahre. Doch jetzt war die Idee geboren und seit ca. 2 Monaten verrichtet das Teil als Recording Schlachtschiff seinen Dienst - souverän und unerschütterlich, denn dafür wurde er gebaut
Und genau darum soll es in diesem Workshop nun gehen...
das Problem
Ich kenne mich mit PCs überhaupt nicht aus, war schon immer Mac-Nutzer (nicht, daß ich mich damit gut auskennte... ). Damals ging das quasi nicht anders, zu der Zeit war der Mac bei Audio- und Video-Anwendungen dem PC haushoch überlegen. Das ist heute nicht mehr unbedingt so, Mac und PC haben sich merklich angenähert, zumal es heute ohnehin eher um's hübsche Design, coole Animationen beim Öffnen von Programmen etc. geht. Was meinem MacBook die Prozessorleistung wegfrißt, wenn ich in meiner DAW arbeite, ist vor allem die Grafik. Aber wir schweifen ab...
Wo war ich noch gleich.... ah, ja richtig, immer das beste und neueste... Irgendwie ist da ja was dran, wenn ein Rechner mal ein paar Jährchen auf dem Buckel hat, macht es nicht mehr wirklich Spaß, damit zu arbeiten. Er wird lahm, bleibt hängen, lädt ewig. Das nervt und stört den Workflow, macht das Arbeiten zuweilen unmöglich, wenn mitten im Song die Wiedergabe abbricht und der Hinweis aufploppt "Computer zu langsam für die Wiedergabe". Aber woran liegt das? Wieso ist ein MacBook, das vor ein paar Jahren noch ein Schweinegeld gekostet hat, plötzlich zu langsam? Das liegt nicht am Rechner, sondern an der Software. Mit jeder neuen Version werden die Programme gieriger und hungriger, und das ist natürlich nicht nur bei DAWs so. Alles kostet mehr Prozessorleistung, mehr Arbeitsspeicher. Und man kommt nicht drumherum, denn man braucht eben aktuelle Browser etc. Das Updaten ist zum Muß geworden...
Ich breche das hier ab, denn ich gehe davon aus, daß wir das alle kennen. Was also ist die Lösung? Nun, wie so oft gibt es mehrere Möglichkeiten. Betreibt man z.B. ein professionelles Studio, kommt man an regelmäßigen Upgrades nicht vorbei, denn der Kunde möchte natürlich den neuesten Kram sehen, damit er sich der Illusion hingeben kann, besser versorgt zu sein. Verwendet man seinen Rechner nicht nur zum Recording, sondern auch für Alltags-Gedöns, Online-Banking, Surfen, hulu-Kucken usw., bleibt einem auch nix anderes übrig, denn - so ging es mir mit meinem Monster-Mac damals - irgendwann wird der Browser unsicher, Webseiten werden nicht mehr angezeigt, es gibt keine neuere Version für's Betriebssystem und für die Hardware kein neueres Betriebssystem, also den Rechner wegschmeißen, einen neuen anschaffen, und der ganze Zirkus geht von vorne los...
Diesmal aber habe ich eine Alternative gefunden, die hervorragend funktioniert, sehr wenig kostet und eigentlich nur eines erfordert: sich von der Vorstellung verabschieden, daß man immer das Neueste braucht. Klingt simpel, ist es aber gar nicht, denn überall wird uns vorgegaukelt, man müsse up-to-date sein. Die Hersteller von Hard- und Software wollen ihr neues Zeugs verkaufen, die Händler genauso, und die Internetforen sind voll von Einfallspinseln, die das nicht nur glauben, sondern auch weiterverbreiten .
Vorsicht, Off Topic: Zwei Beispiele, die ich am eigenen Leib erleben durfte. Erstens bei einem Gig mit mehreren Bands, bei dem ich als Schlagzeuger meine Snare, Becken und Fußmaschine mitbrachte. Kommentar eines der anderen Schlagzeuger: "Wie?? Du benutzt die dw5000 Maschine? Die ist doch sowas von überholt, da kann man doch nicht gescheit drauf spielen. Wer richtig spielen will, braucht eine Demon..." Dieses Geschwätz brach eine Riesendiskussion unter allen anwesenden Schlagzeugern los, während ich mich schmunzelnd zurückzog. Komischerweise war die dw5000 vor ein paar Jährchen für einige der besten Schlagzeuger der Welt völlig ok, und heute soll sie für den dahergelaufenen Hinterhofdepp zu schlecht sein? Schon klar....
Zweitens im Fahrradladen, wo ich mein altes (und unfaßbar geiles) GT Mountainbike überholen lassen wollte. Ein Markenrad aus der Gary Turner Zeit, ca. 20 Jahre alt und damals alles andere als billig. Der Fahrradkasper kuckt es sich keine 10 Sekunden an und sagt sofort: "Das ist totale Grütze, da brauche ich gar nicht anfangen. Kauf dir ein neues bei uns, dann haste was gescheites. Die Bremsen sind z.B. völlig unzureichend..." Komischerweise war dieses Fahrrad damals für einige der weltbesten Fahrer völlig ok und auch ich kann jederzeit unter allen Umständen schnell und problemlos damit anhalten. Völlig unzureichende Bremsen? Das gilt wohl eher für's Mundwerk des (hüstel) "Mechanikers". Übrigens bin ich direkt zum nächsten Laden weitergefahren und dort hieß es: "Ja klar, das ist doch ein gutes Rad, kein Problem." Gerade mal 70,- später war es wie neu .
Teil 1 - der Rechner
Versteht mich nicht falsch, früher war nicht alles toll, und neue Besen kehren oft tatsächlich besser. Aber die Kunst ist es, zu entscheiden, welche Trends ich mitmache und welche nicht. Man darf auch nicht vergessen, daß oftmals Updates auf den Markt geschmissen werden, die gar nichts wirklich neues bieten, sondern u.U. nur ein bißchen anders aussehen, einfach weil ein Update erwartet wird bzw. zeitlich notwendig ist, um nicht als abgeschlagen zu gelten (z.B. viele Facelifts bei Automodellen, aber eben auch Software). Was brauchen wir also? Einen Rechner, der problemlos mehrspurige Aufnahmen machen kann, der funktioniert, nicht abstürzt und sich vernünftig bedienen läßt. Wenn er nur dafür gedacht ist, braucht er weder neu noch hip zu sein. Mein Vorschlag also: ein Power Mac G4. Warum nun ausgerechnet den? Zwei Gründe: erstens ist der letzte und schnellste G4 heute für ca. 100,- zu haben und zweitens ist es der letzte Mac, der mit OS9 arbeitet, dem (Obacht: Befangenheit) geilsten Betriebssystem aller Zeiten
Den G4 gab es von 1999 bis 2004, zur kompletten Übersicht kann man sich die Wikipedia-Seite anschauen: KLICK, die englische Seite ist dafür deutlich besser geeignet, da man Tabellen mit allen wichtigen Daten vorfindet. Es gab drei Gehäuse, an denen man den G4 erkennen kann (und noch zwei Sonderformen, die ich aber nicht empfehlen würde: G4 Cube und Mac Mini G4). Man nennt sie "Graphite", "Quicksilver", und "MDD" (für Mirrored Drive Doors). Wie gesagt, einen MDD mit 1,25 GHz bekommt man heute für ca. 100,-. Ich habe gerade neulich einen Quicksilver für lumpige 40,- ersteigert, weil ich die Tastatur und die Maus wollte. Ihr seht also, die Dinger kriegt man nachgeschmissen. Meiner von früher nennt sich "Digital Audio" und er hat einen Dual-Prozessor (damals phänomenal) mit - nicht lachen - 2 x 533 MHz . Die Zahlen sind heute völlig albern, der maximale Arbeitsspeicher beträgt z.B. 1,5 GB. Zum Vergleich: mein Schlaufon hat einen 2 GHz Octacore und 2 GB Arbeitsspeicher. Was soll das also?? Nun, wer aufgepaßt hat, weiß es bereits. Was die Prozessorleistung auffrißt, ist die Software. Und wir haben gar nicht vor, aktuelle Software zu verwenden. Wir verwenden Software aus der Zeit, als diese Rechner noch High-End waren. Denn wenn der Rechner damals ein Monster war, dann ist er es mit derselben Software heute auch noch - und in 10 Jahren genauso. Nebenbei bemerkt, ist mein G4 nach 5 Jahren in der Abstellkammer sofort und ohne Schwierigkeiten hochgefahren, sogar die angezeigte Uhrzeit war noch korrekt.
Man kann sich ein wenig durch die Tabellen lesen, letzten Endes ist es aber nicht so wichtig, welchen G4 man sich besorgt. Beim Quicksilver gibt es angeblich manchmal Probleme mit dem Netzteil (bei meinem für 40,- auch), die Reparatur bzw. der Ersatz würde 70,- kosten, dafür bekäme man schon wieder einen anderen G4. Ich habe mit meinem Graphite nur die besten Erfahrungen gemacht und der MDD soll wohl auch sehr problemlos sein. Man ist ja auch immer daran gebunden, was derzeit an Gebrauchtgeräten angeboten wird. Viel falsch machen kann man nicht - ein G4 ist nunmal ein G4, aber es ist natürlich ratsam, nach den besten Zahlen zu kucken.
Sobald man sich einen solchen Kameraden in's Haus geholt hat, sollte man ihn gleich wieder nach draußen stellen....zum Saubermachen. Da dürfte sich eine Unmenge an Staub im Innern befinden. Ich habe einen billigen Baumarkt-Kompressor und dazu Glasreiniger, Wattestäbchen, einen kleinen Pinsel, eine Zahnbürste und ein paar Blatt Küchenrolle verwendet. Obacht, man sollte mit Druckluft nicht direkt auf Platinen sprühen, eher darüber wegpusten oder aus größerer Entfernung. Auch kann es bei Kompressoren passieren, daß die Luft feucht ist und man möchte den Rechner ja nicht unbedingt naß machen. Bei den Lüftern muß man aufpassen, die sollte man mit dem Pinsel o.ä. festhalten während man hineinbläst. An den einzelnen Flügelkanten klebt auch einiges an Dreck, den kann man mit Pinsel oder Zahnbürste und Reiniger entfernen. Dann noch das Gehäuseinnere mit Küchenrolle und Glasreiniger auswischen, sich immer wieder an geeigneten Metallteilen erden und nicht auf empfindliche Teile grabschen. Es gibt bei Jutjuub Tutorials zum Rechner-Reinigen, aber wenn man mit ein wenig Verstand zu Werke geht, kann da eigentlich nix passieren. Druckluft gibt es auch in Sprühdosen, extra für diesen Zweck. Und nochmal: unbedingt rausgehen (Balkon, Garage, Fußballfeld, Mond), man glaubt nicht, wie viel Staub in so einen kleinen Kerl hineinpaßt .
Ein paar Bildlein des Innenlebens. Über das zusätzliche Zeugs, daß ich da reingebaut habe, erzähle ich noch was in Teil 5
Teil 2 - das Betriebssystem
Wenn wir nun den Rechner haben, kümmern wir uns um das Betriebssystem. Wahrscheinlich wird eine ältere Version von OS X installiert sein, die schmeißen wir runter und installieren OS9. Wer will, kann OS X auch installiert lassen und auf eine andere Partition OS9 draufmachen. Ich habe ersteres gemacht und OS X völlig verbannt. Warum denn eigentlich OS9? Was ist daran so toll? Nun, zunächst einmal ist OS9 rasend schnell, da es sozusagen keinen Ballast hat. Man kann beispielsweise sämtliche nicht benötigten Systemerweiterungen einfach abschalten. Wenn kein Drucker angeschlossen ist, schaltet man einfach alle Druckertreiber und -erweiterungen aus. Dasselbe gilt für's eingebaute Telefonmodem (hihihi ) oder was auch immer. Man setzt einfach Häkchen für das, was man braucht und der Rest ist aus (siehe Bilder). Zweitens ist die Arbeit mit OS9 sehr intuitiv, man findet sich problemlos zurecht und kann fast nix kaputtmachen. Ich habe damals in meinem leichtsinnigen Experimentierwahn am Systemordner rumgebastelt, Kram einfach weggelöscht und verschoben, umbenannt usw. Beim nächsten Hochfahren kam es dann evtl. zu einer Fehlermeldung, also habe ich aus einem vorher kopierten (ich sagte leichtsinnig, nicht dämlich), ursprünglichen Systemordner den Kram wieder zurück kopiert und alles war wie neu. Als ich das einem Freund erzählte (professioneller PC-Spezialist), wurde der kreidebleich im Gesicht...
Drittens bekommt man den Rechner für OS9 für sehr wenig Geld, manche verschenken die alten Dinger sogar. Wer zufällig ein Designstudio kennt, kann dort mal hausieren gehen. Oft ist den Leuten das Verscherbeln zu aufwändig, wegen 50,- zu kucken ob alles funktioniert, eine Riesenverpackungsorgie zu starten und kubikmeterweise Staub einzuatmen... Da ist man doch froh, wenn's einer für umme abholt. Man hat keine Arbeit und es gibt Platz im Keller: Win-Win
Und dann wäre da noch ein Vorteil: er nennt sich Abandonware. Was ist das? Wenn ein Hersteller ein Programm nicht mehr verkauft, nicht weiterentwickelt, keine Updates dafür mehr anbietet, den Support einstellt, dann tritt oft der Fall ein, daß er sich von dieser Software abwendet (engl. to abandon: etwas aufgeben/fallenlassen). Das beeinträchtigt natürlich nicht das Copyright, aber in der Realität werden viele, viele dieser alten Programme im Internet zum Download angeboten und die Hersteller kümmern sich nicht darum oder finden es sogar gut, daß ihre alte Software nicht in Vergessenheit gerät. Ein Gegenbeispiel wären alte Spieleklassiker, die als Classic-Sammlungen neu aufgelegt und verkauft werden. Ich mache hier keine Werbung für Piraterie! Nur weil etwas heruntergeladen werden kann, ist es noch lange nicht legal und jeder ist selbst für sein Handeln verantwortlich.
Wie dem auch sei, man bekommt - weder versteckt noch sonst irgendwie verschleiert - jede Menge Programme von damals kostenlos zum Download angeboten, das gilt auch für Betriebssysteme, DAWs, Plug Ins, Dienstprogramme, Sample Libraries, etc. Manche werden sogar explizit als solche angeboten (z.B. ProTools FREE 5.1). In meinem persönlichen Fall brauchte ich lediglich ein Betriebssystem-Update, da ich alles andere damals für horrendes Geld ohnehin schon gekauft hatte. Dennoch mußte ich den Kram neu installieren, weil auch auf meinem Alt-Mac OS X lief und ich ihn komplett geleert und neu bestückt habe.
An dieser Stelle verweise ich auf eine Website, die sich ausschließlich damit befaßt, einen alten Mac mit eben diesem alten Betriebssystem zu betreiben und als DAW zu verwenden. Dort gibt es direkt Infos zu Hard- und Software und auch ein Forum, welches zwar klein, aber von sehr engagierten und hilfsbereiten Leuten bevölkert ist. Es gibt z.B eine Liste mit allen verwendbaren Interfaces oder eine Aufstellung der erhältlichen Software inkl. Betriebssystem-Versionen und -Updates und sogar ein deutschsprachiges Unterforum für Hilfesuchende: KLICK. Schaut mal rein und sagt Hallo, die Jungs dort haben mir sehr weitergeholfen .
OS9 also. Die Installation ist sehr simpel, den Rechner von der CD starten (die ist entweder beim Mac dabei oder man lädt sie sich herunter und brennt sie eben selbst) und dann den Installier-Button klicken, das Ziel-Laufwerk auswählen und das war's. Bei einem Mac kann man das Startvolume auswählen, indem man direkt nach dem Einschalten die Alt-Taste gedrückt hält. Dann erscheint ein Bildschirm mit allen zur Verfügung stehenden Startvolumes (z.B. eben die CD). Das gewünschte auswählen und auf den "weiter"-Pfeil klicken. Ob man ein evtl. bereits installiertes OS X draufläßt oder nicht, muß jeder selbst entscheiden. Man kann es zur Neu-Installation von OS9 und zur Formatierung einer neuen Festplatte verwenden, muß man aber nicht. Ich habe alles nur mit OS9 gemacht, hatte zwar eine CD mit OS X für den Notfall griffbereit, diese aber nicht benötigt. Nochmal: ein Grund für einen alten Mac mit OS9 ist die phänomenale Gutmütigkeit dieses Systems. Ich bin eine völlige Computerpflaume und selbst für mich war es kein Problem. Ich empfehle, am Ende OS 9.2.2 installiert zu haben, idealerweise die Version, die man im oben verlinkten Forum erhält, da dies wohl die beste Version ist, die es gibt und man beispielsweise die richtige Version vom Helferprogramm "Drive Setup" direkt dabei hat, mit dem man fast alle Festplatten (inkl. SSDs) formatieren kann. Wie gesagt, Betriebssysteme samt Updates bekommt man im Netz, aber es kann auch gut sein, daß beim gekauften Mac die CDs dabei sind.
So sieht das dann aus. Man muß sich übrigens nicht mit dem Mausgrau zufrieden geben, man kann vorgefertige Designs und natürlich eigene Bilder verwenden - wir reden von 2002, nicht 1582 .
Teil 3 - das Interface
So. Nun haben wir einen Mac samt Betriebssystem. Dann brauchen wir noch ein Interface. Es gibt einige brauchbare, ich verwende seit damals ein MotU 828 und seit der Neu-Installation zusätzlich ein MotU 896HD. Beide werden über FireWire mit dem Mac verbunden und sind mehr oder weniger günstig gebraucht zu bekommen. Mehr oder weniger deshalb, weil MotU auch für diese >10 Jahre alten Interfaces aktuelle Treiber anbietet. Man kann also sein MotU 896 von 2002 an einen nagelneuen Rechner anstöpseln. Deshalb sind sie gebraucht auch heute noch recht gefragt. Derzeit bekommt man ein 828 für ca. 100,- , für ein 896HD werden momentan zwischen 300,- und 400,- fällig. Es gibt aber auch noch einige andere Kandidaten, die infrage kommen. Ich bin damals den MotU Weg gegangen und deshalb auch jetzt dabei geblieben. Wir sollten aber nicht vergessen, daß wir mit einem Mac für 100,- und einem 828 für 100,- gerade mal bei einem Preis von 200,- angekommen sind - für, wohlgemerkt, professionelles Equipment. mit dem 828 kann man 8 Kanäle gleichzeitig aufnehmen, 2 davon sind Mikrofonkanäle mit Phantomspeisung und guten Vorverstärkern. Man ist also für den Anfang gut ausgestattet. Hier einmal ein Link mit mehr Infos zum 828, dann noch einer mit einer Liste kompatibler Interfaces ohne MIDI und mit MIDI.
Auch hier ist die Installation sehr simpel (zumindest war sie das bei meinen beiden MotUs), Treiber installieren, Interface anstöpseln, fertig. Beide wurden auch direkt von Cubase erkannt und ließen sich schnell konfigurieren. Einfacher geht es heute auch nicht. Man sollte beim Auswählen eines Interfaces darauf achten, daß die Treiber-CD mit dabei ist oder der Hersteller sie auch heute noch als Download anbietet. Evtl. findet man sie auch bei einer Gugel-Suche, aber darum sollte man sich vor dem Kauf kümmern.
So viel mehr gibt es eigentlich nicht zu sagen. Ich mache noch auf eine Sache aufmerksam und dann schreibe ich noch ein bißchen was über meinen persönlichen Fall, da ich direkt ein paar Upgrades gemacht habe, um aus der Höllenmaschine eine Nochmehrhöllenmaschine zu machen.
Teil 4 - ein winziger Wermutstropfen
Das Geschwindigkeits-Problem
Hierbei geht es nicht um die Taktung des Prozessors o.ä., sondern um die Übertragung der Daten z.B. per USB. Damals nutzte man noch USB 1.1, das ist schnell genug für Maus und Tastatur, aber gähnend langsam, wenn man beispielsweise seine aufgenommenen Spuren auf einen USB-Stick packen will, um sie woanders weiterzubearbeiten . Coolerweise konnte ich mein Android-Geschicktfon an den Alt-Mac anschließen und er hat es tatsächlich als Speichermedium erkannt, aber wer größere Mengen an Daten übertragen will, muß schon einiges an Zeit mitbringen. Hierfür gibt es mehrere Lösungen:
- warten
- den G4 in ein Netzwerk einbinden und die Daten entweder über Kabel oder drahtlos übertragen
- ein Speichermedium über FireWire anschließen; es gibt Kartenleser für CF-Karten (Compact Flash, z.B. bei Fotoapparaten üblich), die über FireWire angeschlossen werden
- eine Partition mit OS X auf dem Rechner haben (USB 2.0)
Ich habe bisher gewartet und derweil anderen Kram gemacht (Mikros abgebaut etc.), werde aber auf 3. umsteigen und mir so einen FireWire Kartenleser besorgen. Wenn man sich auf einer anderen Partition OS X installiert, hat man natürlich USB 2.0. Dafür muß man m.W. aber eine Karte mit USB 2.0 Anschlüssen einbauen, so war's zumindest bei mir damals. Es kann aber sein, daß die neueren G4-Modelle das bereits drin haben. Dennoch, OS9 unterstützt kein USB 2.0 soweit ich weiß.
Man kann es sich natürlich auch einfach machen und die Songs direkt auf dem G4 fertig bearbeiten, ein fertiger Song hat ja nur ca. 10 MB pro Minute. Nur wer eben die kompletten Rohaudiodaten rauskopieren will, sollte sich was überlegen...
Für Nerds bieten sich noch weitere Möglichkeiten. Im oben genannten Forum werden Alternativen diskutiert, ich habe aber in den betreffenden Threads schnell nur Bahnhof verstanden und halte mich deshalb diesbezüglich zurück
Teil 5 - mein Setup
Übrigens, so von gestern wie man vielleicht denkt, sind diese Rechner gar nicht. Ich mußte meinen ja nicht mehr kaufen, sondern nur auspacken, aber wollte ihn dann auch direkt ein wenig aufrüsten. Also habe ich eine SSD und eine neue normale Festplatte, sowie eine TC-Powercore Karte eingebaut. Braucht man das? Nö, aber ich wollte es gerne. Nicht vergessen: wir reden hier über Computer, die um die Jahrtausendwende in richtig teuren Profistudios standen. Die Teile sind bereits ab Werk mehr als ausreichend. Wer etwas investieren möchte, kann allerdings noch mehr herausholen.
Man kann also eine SSD in so ein altes Ding einbauen. Es gibt sogar Freaks, die als Systemplatte eine Speicherkarte verwenden, kein Witz. Das Betriebssystem von damals paßte locker auf eine CD und mit Flashspeicher rennt der Mac wie verrückt, er fährt in ca. 30 Sekunden hoch und in unter einer Sekunde runter. Bei so einem alten Rechner empfehle ich allerdings eine neue Festplatte, ob nun SSD oder HDD - zum Anschluß einer SSD benötigt man noch eine Karte, die allerdings den Anschluß von mindestens zwei SSDs erlaubt. Es gibt auch simple Adapter (von P-ATA zu S-ATA), aber dann verliert man wohl was von der SSD Geschwindigkeit.
Obacht: heute werden Festplatten via S-ATA angeschlossen (Serial-ATA), damals war das noch ATA (auch P-ATA für Parallel-ATA genannt oder IDE, was quasi dasselbe ist). Darauf muß man beim Kauf einer Festplatte achten. Auch darf diese nicht zu groß sein, denn OS9 verkraftet nur max. 190 GB pro Partition. Nicht den Kopf schütteln und die Augen rollen, wir brauchen ja gar nicht viel. Als System-Partition genügen uns 20 GB, selbst 10 wären genug. Als preisliche Hausnummer, ich habe eine 120 GB SSD von OWC für ca. 75,- gekauft; und eine 200 GB HDD von Maxtor für ca. 30,-. Zum Anschluß der SSD habe ich eine Sonnet Tempo Serial ATA Karte angeschafft (wieder ca. 75,-).
Das klingt deutlich komplizierter als es ist. Ich habe von Computern so gut wie keine Ahnung und habe es trotzdem fast problemlos hinbekommen. Fast problemlos deshalb, weil die erste SSD, die ich gekauft habe (eine Samsung 850 Evo 120 GB) nicht kompatibel war. Sie hat eine fest vorinstallierte Tabellenstruktur, die vom alten Mac nicht erkannt und nicht verwendet werden kann - was es alles gibt... Die Evo 840 soll funktionieren, bei den anderen muß man sich schlaumachen. Ich kann die von OWC empfehlen, da sich dieser Hersteller auf Mac spezialisiert hat und auch speziell für alte Macs Produkte anbietet. Die Preise fluktuieren stark, man muß den richtigen Zeitpunkt abpassen, meine kostete erst 90,-, dann 200,- (!) und dann plötzlich 75,- und war somit billiger als das Samsung-Pendant - alles innerhalb von ein paar Tagen. Damit war ich festplattenmäßig gut aufgestellt. Die alte Festplatte von damals dient mir als Backup. Ich habe meine SSD aufgeteilt: ca. 30 GB als System-Partition und die restlichen ca. 90 als Speicherplatz. Die neu gekaufte HDD ist ähnlich aufgeteilt (30 GB/170 GB), denn ich habe das Betriebssystem inkl. aller Programme auch dort noch einmal installiert - für Notfälle. Die alte HDD (120 GB) habe ich neu formatiert und benutze sie als leeren Platz für Sicherheitskopien meiner Audiofiles und Projekte.
Des weiteren habe ich mir eine TC-Powercore Karte angeschafft, einfach nur, weil sie billig war (Ersteigerungspreis phantastische 17,54 Eurönchen, Neupreis damals ca. $1500,-). Hierbei handelt es sich um eine Karte mit 5 Prozessoren, auf der diverse Effekte installiert sind - nur vom Feinsten. Bekannter ist vermutlich das Pendant von UA (Universal Audio, die sog. UAD-Karte), aber der Zweck ist derselbe. Hochwertige Effekte werden direkt auf der Karte berechnet, sodaß der Prozessor des Rechners geschont wird. Ich hatte beim Kauf wohl ziemliches Glück, realistischer ist ein Preis von ca. 100,-. Man sollte unbedingt darauf achten, daß alle Codes/Passwörter enthalten sind, da man die Karte und evtl. vom Vorbesitzer zusätzlich gekaufte PlugIns freischalten muß. Evtl. ist dafür ein Internetzugang nötig, bei mir war es nicht so, da die Karte nur die Werkseffekte enthielt, was aber auch schon eine Menge ist. Es war sogar ein Gutscheincode dabei, mit dem ich mir ein weiteres kostenloses Effektbundle hätte herunterladen können - dummerweise lief die Aktion in 2002 ab... . Es gibt verschiedene Powercore-Karten, interne und externe, kleinere und größere. Ich bin nicht sicher, ob alle mit OS9 kompatibel sind, zur Not beim Verkäufer nachhaken oder mal im Netz suchen, evtl. bei Soundonsound.com.
Jedenfalls habe ich nun einen Mac, der zwar offiziell fast nichts mehr wert ist, aber als Audio Workstation nach wie vor seinesgleichen sucht. Wie auf dem Bild zu erkennen ist, liegt die Prozessorauslastung bei gleichzeitiger Aufnahme von 8 Kanälen inkl. ein paar Abhöreffekten bei ca. 10%. Was will man denn noch?
Zur DAW: Ich verwende Cubase 5 VST32, weil ich es damals auch schon verwendet habe. Mit Logic bin ich nie warm geworden und Ableton, sowie ProTools habe ich nicht ausprobiert. Bei meinem MotU Interface lag noch AudioDesk bei, die kleine Version von Digital Performer, aber ich mag Cubase. Auf dem Laptop nutze ich Reason und Reaper, aber damals hatte Cubase für mich die Nase vorn. Diese Version war zu der Zeit was ganz feines, da man unbegrenzt viele Spuren hatte und intern mit 32 Bit Fließkomma berechnet wurde. Übrigens kann mein großes Interface 24 Bit/192 kHz, mehr gibt's heute auch nicht, ist ja auch unnötig. Noch ein paar Bildchen zu Cubase, vom Prinzip her nicht viel anders als heute, auch jede Menge Funktionen, nur etwas altbackene Optik - nicht Retro, sondern echt!
Ausleitung
Das war also meine Alternative für ein günstiges und dennoch amtliches Recording System. Wer Glück hat und einen G4 geschenkt bekommt, kann sich für ein paar Kröten noch ein Interface anschaffen und ist fast zum Nullkostenpreis dabei. Rechnet man 100,- jeweils für Rechner und Interface, ist man immer noch sensationell günstig am Start. Für mein Setup wären heute ca. 700,- bis 900,- fällig. Da ist noch ein altes Fostex 812 Recording Pult mit bei (gebraucht und vollständig überholt für 100,-), damit ich auch die Line-Eingänge vom 828 perfekt ausnutzen kann und mehr Abhörmöglichkeiten habe. Damit bin ich bei max. 26 Kanälen gleichzeitiger Aufnahme. Man kann übrigens bis zu vier MotU 896HD und bis zu vier TC-Powercore Karten in einem solchen Rechner gleichzeitig betreiben. Und das wäre auch heute noch viel, viel, viel mehr als man je brauchen wird
In diesem Sinne
- Eigenschaft
Zuletzt bearbeitet: