EAROSonic
Registrierter Benutzer
Gibson Les Paul Classic 2015
Kommen wir zu Teil vier meiner Gibson 2015er-Review-Reihe. Nach Junior, Studio und Less+ erreichte mich auch eine Classic. Am Ende des Jahres gilt es zwei Dinge festzuhalten: 1. nie wurden Gibson-Modelle kontroverser diskutiert, wie dieser Jahrgang und 2. konnte man noch nie für so „wenig“ Geld an eine neue Gibson Les Paul gelangen.
Wenn man die Preisentwicklung und den –kampf der letzten Wochen und Monate Revue passieren lässt, hat man den Eindruck, dass Gibson das Jahr sowie die „Innovationen“ 2015 schnellstens hinter sich lassen möchte. Nehmen wir das Beispiel der hier besprochenen Classic. Zu Beginn wurde sie für 1.698 € verkauft, um mit der Zeit bei 1.333 € zu landen. Bei einer Amazon-Aktion wurde die Classic gar für 1.049 € rausgehauen. Wenn einem die Features zusagen, fällt es schwer bei diesem Preis zu widerstehen. Und so ging es mir, auch wenn für mich die Frage aufkam „Warum eine vierte 2015er-Les Paul?“ und ich diese immer noch nicht 100 %ig beantworten kann. Aber, die „Innovationen“ passen mir einfach und ich spiele alle gerne und das ist doch die Hauptsache.
An dieser Stelle will ich aus meinen Reviews zitieren, denn nicht jeder wird meine vorangegangenen Veröffentlichungen studieren. An entsprechenden Stellen ergänzte ich das Genannte durch Besonderheiten der Classic.
Der Gibson-Jahrgang 2015 bietet nun für alle Kritiker die größte Angriffsfläche überhaupt. Gibson hat seine Erfolgsmodelle komplett auf den Kopf gestellt und mit Neuerungen versehen, die mal mehr, mal weniger verständlich sind, u.a.:
· Halsbreite: 46 mm
· G-Force Stimmautomatik
· Sattel mit Nullbund
· den sogenannten „Leo Baul“-Jubiläumsschriftzug zum 100. Geburtstag von Les Paul
· ein Hologramm des einem zuwinkenden Lester William Polfus ( so der bürgerlicher Name von Les Paul)
Die Halsbreite
46 mm sind eine Hausnummer. Einmal zum Vergleich, meine PRS SE Custom weist exakt die gleiche Halsbreite auf, allerdings handelt es sich bei ihr um eine 7 String! Große Hände stehen damit vor keiner unlösbaren Aufgabe. Bei Musiker mit kleinen Händen wird dies u.U. jedoch zur großen Hürde. Aber auch die vom möglichen Idealmaß von 43 mm abweichende Abmessung stellt bei Gibson kein Novum dar. Ich besaß einmal eine 1969er SG Melody Maker mit einem 40 mm breiten Hals. Konnte ich auch bespielen. Man gewöhnt sich einfach daran. Vielleicht ist dies Gibson´s Reaktion auf die immer weitere Verbreitung von 7-, 8- oder gar 9-saitigen Gitarren. Für viele besitzen diese Instrumente keinen Sonderstatus mehr. Und da ist natürlich ein Wechsel auf eine 6 String mit ähnlich breitem Hals, wie der einer 7 String naheliegend.
Das G-Force
Das Nachstimmen der Standardstimmung verlief ohne Probleme in ca. 5 Sekunden. Ein bisschen Zipp und Drrr hier und da, fertig. Schon spaßig, wenn das alles automatisch geht. Mittlerweile kenne ich mit dem G-Force etwas besser aus.
Der Sattel mit Nullbund
OK, hierzu kann ich nichts groß schreiben. Ich weiß nicht, worin hier die Ursache zu suchen ist. Gibt es vielleicht unter den Gibson-Manager einen Freund alter deutscher Gitarren? Die wiesen in den 1950er/1960er-Jahren häufig einen Nullbund, jedoch in anderer Form auf. Mit Nullbund sollen die Leersaiten wie gegriffene klingen, so dass das gesamte Klangbild homogener wird. Dementsprechend wird der Nullbund ständig der Reibung der Saiten ausgesetzt und verschleißt schneller, als die übrigen Bünde.
Genau dies geschieht auch bei den Messingsätteln von Gibson. Es bilden sich im Nullbund rasch Eindrücke der Saiten, die letztendlich dazu führen, dass sich die Saite, wie in einem zu eng gekerbten Sattel verhaken und mit einem laut vernehmbaren „Plong“ herausspringen. Dieser Umstand tritt nicht erst nach Jahren, sondern tatsächlich nach kurzer Zeit auf. Das Material ist definitiv zu weich. Bei meiner Classic, wie neu sie letztendlich auch war, zeigten sich bereits beim ersten Saitenwechsel entsprechende Kerben! Da sie seitens Amazon als neu verkauft wurde, konnte/sollte sie letztendlich nur zu Testzwecken gespielt worden sein.
Zusatz zum Sattel
Mehrere User aus dem hiesigen Board einschließlich mir intervenierten bei Gibson bzgl. des sich schnell abnutzenden Sattels. Ihnen und mir wurde im ersten Schritt völlig unbürokratisch ein vernickelter Messingsattel unter Vorlage der Seriennummer und des Kaufbelegs zugesandt.
Bei Verfügbarkeit erhalte ich für meine vier 2015er seitens Gibson zudem kostenlos Sättel aus Titan. Damit sollte dieser Mangel zukünftig abgestellt sein. Ich empfehle jedem 2015er-Eigner sich diesbezüglich an Gibson zu wenden. Keiner kann voraussagen, wie lange die Versorgungssituation gewährleistet werden kann. Sollte Euch kein Ansprechpartner bei Gibson vorliegen, könnt Ihr Euch gerne per PN an mich wenden.
Der Leo Baul-Schriftzug
Mh, is eben so. Stammt er tatsächlich von Les Paul oder durfte jeder Gibson-Mitarbeiter eine Schriftprobe abgeben? Um ehrlich zu sein, mich stört er nicht. Ebenso wenig das Hologramm. Ist ja schließlich Les Paul´s Jubiläumsjahrgang.
Das Palisandergriffbrett
Manche können sich wohl noch an den Palisander-Skandal bei Gibson von vor 2 – 3 Jahren erinnern. Dieser scheint nun endgültig überwunden zu sein. Gerade bei meiner Junior und Studio sieht man, dass es außerordentlich dick ist und die Stärke des Sattels erreicht. Bei der Classic wird dies wohl nicht anders sein, durch das Halsbinding wird es jedoch überdeckt.
Die Griffbrettinlays
Da hat sich Gibson 2015 ein Herz gefasst und auch bei allen Modellen "Mother of Pearl" verwendet. Dies sieht sehr edel aus und ist wieder nicht historisch korrekt bei den "Standard Les Pauls". Mir gefällt´s! Leider wurde diesem edlen Werkstoff nicht an jeder Stelle des Griffbretts die Behandlung zuteil, die es verdient hätte. „Bei der Less+ sieht das Inlay am 12. Bund wie billiger Kunststoff aus“ schrieb ich. Bei der Classic sieht dies besser aus, wenn auch nicht an allen Stellen perfekt. Zwei der Inlays zeigen am Randbereich gar fast schwarzes Perlmutt. Bei den Fabrik-Gibson wird eben genommen, was der Karton hergibt. Natürlich finde keine Selektion statt. Wie auch immer, nach wie vor gefällt mir dieses Material besser, als der Kunststoff, der wieder bei den 2016er-Modellen verwendet wird.
Bei dem Halsprofil
…handelt es sich bei der Classic um das „Slim Taper“, d.h. dem dünnsten Profil, das man auch schon von den 1960er Les Paul her kennt. Damit zieht sie mit der Studio und Junior gleich. Durch den breiteren Hals fällt dieses Profil jedoch gar nicht so dünn aus, wie man meinen könnte.
Hardware
Als Stoptailpiece und Bridge kommen neue Teile, die aus Zamak bestehen zum Einsatz. Wirklich neu (zumindest für Gibson) ist die Verwendung von Titansaitenreitern. In wie weit und wie sie den Tone verändern, lässt sich freilich schwer sagen. Wie immer taugt natürlich ein Vergleich zwischen meiner Studio und der Classic nicht. Zu viele Parameter beeinflussen das Ganze. Um die Bridge in der Höhe zu justieren, benötigt man nun einen Inbusschlüssel. Nicht wirklich praktikabel, macht aber auch nicht jeden Tag.
Die übrige Elektronik
Wie bei der Junior sowie Studio wurde eine Platine im E-Fach verwendet. Auf ihr finden sich zwei Push/Pull-Potis für den Coilsplit, ein Mastertonepoti als auch ein Minischalter für den Booster wieder. Die Boosteinheit sitzt nicht direkt auf der Platine, so dass ich mir hier einen Austausch gegen ein weiteres Push/Pull-Poti für die Aktivierung vorstellen kann. Somit wäre auch die klassische Optik gewahrt. Der 9V-Block für den Booster ist von außen zugängig und ein Wechsel kann sehr schnell erfolgen. Gibson verwendet endlich 500kOhm-Potis für ihre Humbucker. Jedoch gibt Gibson eine Toleranz von +/- 20 % an.
Etwas unterschiedlich zur Studio bzw. Less+ zeigt sich die Pickupauswahl. Befinden sich in allen dreien am Neck ein ´57 Classic mit einem Alnico II-Magneten (Werksangaben: 7,92 kOhm) unterscheidet sich an der Bridge die Classic von beiden erstgenannten. Bei Studio und Less+ findet sich dort ein ´57 Plus mit 8,25 kOhm, bei der Classic ein Super 57 mit 8,72 kOhm. Es scheint mir, dass der Super 57 ein paar Drahtwindungen mehr abbekommen hat. Beide Varianten wurden ebenfalls mit Alnico II-Magneten bestückt.
Die Verarbeitung
Meiner Meinung trifft hier eine wichtige Aussage von Thorsten B., was die Verarbeitung angeht, zu. Da hat sich bei Gibson einiges getan. Man spürt z.B. keinen Übergang vom Hals zum Griffbrett. Deswegen muss sich der ein oder andere von Gibson´s Mojo verabschieden. Dies ist in meinen Augen die nette Umschreibung mancher Unzulänglichkeit von Gibson. Die Lackoberfläche wirkt ebenfalls anmutiger und edler. Das Desert Burst zeigt sich heller, als Tobacco Sunburst. Mir gefällt es. Eine Frage des persönlichen Geschmacks natürlich.
Das Aussehen meiner Classic
Wie beschrieben, besitzt die Classic ein BB-Top, das in der Regel recht schön geflammt ist. So auch bei meiner. Sie sieht damit richtig spektakulär aus, wilde Flammen abwechselnd mit „ruhigeren“ Bereichen. Genau wie es mir gefällt. Damit könnte sie manch einer Traditional mit ihrem A+-Top Konkurrenz machen. Ich sah aber auch schon plaintopartige 2015er-Classic. Zum Glück ist meine meilenweit davon entfernt.
Ausgesprochen schönes BB-Top
Der Tone
In der Regel besitze ich Gitarren, deren Humbucker entweder mit Alnico V-Magneten bestückt sind. Meiner Meinung nach klingen diese nicht so drückend, wie ich das von anderen meiner Gitarren her kenne. Der Bass tritt ein wenig in den Hinter-, die Mitten mehr in den Vordergrund.
Bei der Tonebeurteilung zu Hause in den eigenen vier Wänden muss ich zweigleisig fahren. Zum einen spiele ich die Classic über meinen POD. Hierfür habe ich mir einen Referenztone erstellt, auf die ich alle meine Gitarren abstimme. Feinere Unterscheidungen werden in einer für die Gitarre optimierten Bank abgelegt. In der Referenzbank klang die Classic nicht so höhenreich, wie das die Less+ tat. Sie klingt insgesamt breiter, tiefer, dreidimensionaler und angriffslustiger, bin fast geneigt zu sagen, nicht so müde, wie die Less+. An meinem Amp stellt sich dies ebenso dar. Im Gegensatz zur Studio zeigt sich die Classic etwas dicker klingend, als auch einen Hauch spritziger und drückender.
Der Stegpickup zeichnet wie üblich für die aggressiveren Töne verantwortlich. Er kann auch wunderbar zubeißen. Der Neckpickup klingt bekanntermaßen wärmer und voller. Man muss jedoch etwas Acht geben, dass er nicht das Mulmen anfängt. In der Zwischenstellung beider Pickups summieren sich ihre Eigenschaften zu einem etwas volleren und mächtigeren Tone mit mehr Facetten. Der Bassumfang des Necks wird dabei ein wenig abgemildert. Er greift dem Steg-PU mit seiner Wohligkeit ein wenig unter die Arme.
Die Coilsplit-Funktion ist eine nette Dreingabe. Völlig andere Klangwelten sollte man nicht von ihr erwarten. Die Lautstärke bleibt im Großen & Ganzen erhalten, macht den Tone etwas dünner und höhenreicher. Um letztgenannten Effekt etwas abzumildern reduziert man das Volume auf 8,5 oder 9, damit treten die Höhen in den Hintergrund. Je verzerrter, desto weniger Anteil hat der Boost am Klanggeschehen. Nach wie vor erschließt sich mir nicht, warum man so etwas benötigt. Muss man aber auch nicht nutzen, tut es dann aber doch.
Das Fazit
Schöne Gibson, gut verarbeitet und von den neuen Features her betrachtet bei weitem nicht so dramatisch, wie man meinen sollte und liest! Nun bin ich keine 15 mehr, sondern eher 3 x 15 und kenne auch unsere heiß geliebten „alten“ Gibson und dennoch kann ich nur sagen, wenn Ihr kopfmäßig wegen den Neuerungen nicht komplett blockiert seid, „fahrt mal zu Euren Shop und nehmt so ein 2015er-Modell von der Wand und lasst es auf Euch wirken“, schrieb ich im Review der Less+. Diese Zeiten sind mittlerweile vorbei, viele Modelle ausverkauft, bzw. ziehen die letzten verbliebenen preislich an. Vielleicht startet Amazon noch einmal eine solche Sonderaktion. Dies dürfte dann jedoch die Letzte dieser Art sein.
Es gilt abzuwarten, ob es jemals wieder einen solchen „sell out“ wie in diesem Jahr bei Gibson geben wird. Die 2016er-Modelle folgen wieder der bekannten Ausprägung und stoßen damit natürlich auf eine größere Akzeptanz und werden daher diesen Preiseinbruch nicht verzeichnen müssen. Für die, die sich doch eine 2015er-Modell wünschen, bleibt über kurz oder lang nur der Gebrauchtmarkt.
Im Übrigen löste die Classic ganz kurzfristig die Less+ ab. Verkauft war sie innerhalb eines Tages und eine Handvoll Anfragen hatte ich ebenfalls. Soviel zum Thema „unbeliebter Jahrgang“!
Kommen wir zu Teil vier meiner Gibson 2015er-Review-Reihe. Nach Junior, Studio und Less+ erreichte mich auch eine Classic. Am Ende des Jahres gilt es zwei Dinge festzuhalten: 1. nie wurden Gibson-Modelle kontroverser diskutiert, wie dieser Jahrgang und 2. konnte man noch nie für so „wenig“ Geld an eine neue Gibson Les Paul gelangen.
Wenn man die Preisentwicklung und den –kampf der letzten Wochen und Monate Revue passieren lässt, hat man den Eindruck, dass Gibson das Jahr sowie die „Innovationen“ 2015 schnellstens hinter sich lassen möchte. Nehmen wir das Beispiel der hier besprochenen Classic. Zu Beginn wurde sie für 1.698 € verkauft, um mit der Zeit bei 1.333 € zu landen. Bei einer Amazon-Aktion wurde die Classic gar für 1.049 € rausgehauen. Wenn einem die Features zusagen, fällt es schwer bei diesem Preis zu widerstehen. Und so ging es mir, auch wenn für mich die Frage aufkam „Warum eine vierte 2015er-Les Paul?“ und ich diese immer noch nicht 100 %ig beantworten kann. Aber, die „Innovationen“ passen mir einfach und ich spiele alle gerne und das ist doch die Hauptsache.
An dieser Stelle will ich aus meinen Reviews zitieren, denn nicht jeder wird meine vorangegangenen Veröffentlichungen studieren. An entsprechenden Stellen ergänzte ich das Genannte durch Besonderheiten der Classic.
Der Gibson-Jahrgang 2015 bietet nun für alle Kritiker die größte Angriffsfläche überhaupt. Gibson hat seine Erfolgsmodelle komplett auf den Kopf gestellt und mit Neuerungen versehen, die mal mehr, mal weniger verständlich sind, u.a.:
· Halsbreite: 46 mm
· G-Force Stimmautomatik
· Sattel mit Nullbund
· den sogenannten „Leo Baul“-Jubiläumsschriftzug zum 100. Geburtstag von Les Paul
· ein Hologramm des einem zuwinkenden Lester William Polfus ( so der bürgerlicher Name von Les Paul)
Die Halsbreite
46 mm sind eine Hausnummer. Einmal zum Vergleich, meine PRS SE Custom weist exakt die gleiche Halsbreite auf, allerdings handelt es sich bei ihr um eine 7 String! Große Hände stehen damit vor keiner unlösbaren Aufgabe. Bei Musiker mit kleinen Händen wird dies u.U. jedoch zur großen Hürde. Aber auch die vom möglichen Idealmaß von 43 mm abweichende Abmessung stellt bei Gibson kein Novum dar. Ich besaß einmal eine 1969er SG Melody Maker mit einem 40 mm breiten Hals. Konnte ich auch bespielen. Man gewöhnt sich einfach daran. Vielleicht ist dies Gibson´s Reaktion auf die immer weitere Verbreitung von 7-, 8- oder gar 9-saitigen Gitarren. Für viele besitzen diese Instrumente keinen Sonderstatus mehr. Und da ist natürlich ein Wechsel auf eine 6 String mit ähnlich breitem Hals, wie der einer 7 String naheliegend.
Das G-Force
Das Nachstimmen der Standardstimmung verlief ohne Probleme in ca. 5 Sekunden. Ein bisschen Zipp und Drrr hier und da, fertig. Schon spaßig, wenn das alles automatisch geht. Mittlerweile kenne ich mit dem G-Force etwas besser aus.
Der Sattel mit Nullbund
OK, hierzu kann ich nichts groß schreiben. Ich weiß nicht, worin hier die Ursache zu suchen ist. Gibt es vielleicht unter den Gibson-Manager einen Freund alter deutscher Gitarren? Die wiesen in den 1950er/1960er-Jahren häufig einen Nullbund, jedoch in anderer Form auf. Mit Nullbund sollen die Leersaiten wie gegriffene klingen, so dass das gesamte Klangbild homogener wird. Dementsprechend wird der Nullbund ständig der Reibung der Saiten ausgesetzt und verschleißt schneller, als die übrigen Bünde.
Genau dies geschieht auch bei den Messingsätteln von Gibson. Es bilden sich im Nullbund rasch Eindrücke der Saiten, die letztendlich dazu führen, dass sich die Saite, wie in einem zu eng gekerbten Sattel verhaken und mit einem laut vernehmbaren „Plong“ herausspringen. Dieser Umstand tritt nicht erst nach Jahren, sondern tatsächlich nach kurzer Zeit auf. Das Material ist definitiv zu weich. Bei meiner Classic, wie neu sie letztendlich auch war, zeigten sich bereits beim ersten Saitenwechsel entsprechende Kerben! Da sie seitens Amazon als neu verkauft wurde, konnte/sollte sie letztendlich nur zu Testzwecken gespielt worden sein.
Zusatz zum Sattel
Mehrere User aus dem hiesigen Board einschließlich mir intervenierten bei Gibson bzgl. des sich schnell abnutzenden Sattels. Ihnen und mir wurde im ersten Schritt völlig unbürokratisch ein vernickelter Messingsattel unter Vorlage der Seriennummer und des Kaufbelegs zugesandt.
Bei Verfügbarkeit erhalte ich für meine vier 2015er seitens Gibson zudem kostenlos Sättel aus Titan. Damit sollte dieser Mangel zukünftig abgestellt sein. Ich empfehle jedem 2015er-Eigner sich diesbezüglich an Gibson zu wenden. Keiner kann voraussagen, wie lange die Versorgungssituation gewährleistet werden kann. Sollte Euch kein Ansprechpartner bei Gibson vorliegen, könnt Ihr Euch gerne per PN an mich wenden.
Der Leo Baul-Schriftzug
Mh, is eben so. Stammt er tatsächlich von Les Paul oder durfte jeder Gibson-Mitarbeiter eine Schriftprobe abgeben? Um ehrlich zu sein, mich stört er nicht. Ebenso wenig das Hologramm. Ist ja schließlich Les Paul´s Jubiläumsjahrgang.
Das Palisandergriffbrett
Manche können sich wohl noch an den Palisander-Skandal bei Gibson von vor 2 – 3 Jahren erinnern. Dieser scheint nun endgültig überwunden zu sein. Gerade bei meiner Junior und Studio sieht man, dass es außerordentlich dick ist und die Stärke des Sattels erreicht. Bei der Classic wird dies wohl nicht anders sein, durch das Halsbinding wird es jedoch überdeckt.
Die Griffbrettinlays
Da hat sich Gibson 2015 ein Herz gefasst und auch bei allen Modellen "Mother of Pearl" verwendet. Dies sieht sehr edel aus und ist wieder nicht historisch korrekt bei den "Standard Les Pauls". Mir gefällt´s! Leider wurde diesem edlen Werkstoff nicht an jeder Stelle des Griffbretts die Behandlung zuteil, die es verdient hätte. „Bei der Less+ sieht das Inlay am 12. Bund wie billiger Kunststoff aus“ schrieb ich. Bei der Classic sieht dies besser aus, wenn auch nicht an allen Stellen perfekt. Zwei der Inlays zeigen am Randbereich gar fast schwarzes Perlmutt. Bei den Fabrik-Gibson wird eben genommen, was der Karton hergibt. Natürlich finde keine Selektion statt. Wie auch immer, nach wie vor gefällt mir dieses Material besser, als der Kunststoff, der wieder bei den 2016er-Modellen verwendet wird.
Bei dem Halsprofil
…handelt es sich bei der Classic um das „Slim Taper“, d.h. dem dünnsten Profil, das man auch schon von den 1960er Les Paul her kennt. Damit zieht sie mit der Studio und Junior gleich. Durch den breiteren Hals fällt dieses Profil jedoch gar nicht so dünn aus, wie man meinen könnte.
Hardware
Als Stoptailpiece und Bridge kommen neue Teile, die aus Zamak bestehen zum Einsatz. Wirklich neu (zumindest für Gibson) ist die Verwendung von Titansaitenreitern. In wie weit und wie sie den Tone verändern, lässt sich freilich schwer sagen. Wie immer taugt natürlich ein Vergleich zwischen meiner Studio und der Classic nicht. Zu viele Parameter beeinflussen das Ganze. Um die Bridge in der Höhe zu justieren, benötigt man nun einen Inbusschlüssel. Nicht wirklich praktikabel, macht aber auch nicht jeden Tag.
Die übrige Elektronik
Wie bei der Junior sowie Studio wurde eine Platine im E-Fach verwendet. Auf ihr finden sich zwei Push/Pull-Potis für den Coilsplit, ein Mastertonepoti als auch ein Minischalter für den Booster wieder. Die Boosteinheit sitzt nicht direkt auf der Platine, so dass ich mir hier einen Austausch gegen ein weiteres Push/Pull-Poti für die Aktivierung vorstellen kann. Somit wäre auch die klassische Optik gewahrt. Der 9V-Block für den Booster ist von außen zugängig und ein Wechsel kann sehr schnell erfolgen. Gibson verwendet endlich 500kOhm-Potis für ihre Humbucker. Jedoch gibt Gibson eine Toleranz von +/- 20 % an.
Etwas unterschiedlich zur Studio bzw. Less+ zeigt sich die Pickupauswahl. Befinden sich in allen dreien am Neck ein ´57 Classic mit einem Alnico II-Magneten (Werksangaben: 7,92 kOhm) unterscheidet sich an der Bridge die Classic von beiden erstgenannten. Bei Studio und Less+ findet sich dort ein ´57 Plus mit 8,25 kOhm, bei der Classic ein Super 57 mit 8,72 kOhm. Es scheint mir, dass der Super 57 ein paar Drahtwindungen mehr abbekommen hat. Beide Varianten wurden ebenfalls mit Alnico II-Magneten bestückt.
Die Verarbeitung
Meiner Meinung trifft hier eine wichtige Aussage von Thorsten B., was die Verarbeitung angeht, zu. Da hat sich bei Gibson einiges getan. Man spürt z.B. keinen Übergang vom Hals zum Griffbrett. Deswegen muss sich der ein oder andere von Gibson´s Mojo verabschieden. Dies ist in meinen Augen die nette Umschreibung mancher Unzulänglichkeit von Gibson. Die Lackoberfläche wirkt ebenfalls anmutiger und edler. Das Desert Burst zeigt sich heller, als Tobacco Sunburst. Mir gefällt es. Eine Frage des persönlichen Geschmacks natürlich.
Das Aussehen meiner Classic
Wie beschrieben, besitzt die Classic ein BB-Top, das in der Regel recht schön geflammt ist. So auch bei meiner. Sie sieht damit richtig spektakulär aus, wilde Flammen abwechselnd mit „ruhigeren“ Bereichen. Genau wie es mir gefällt. Damit könnte sie manch einer Traditional mit ihrem A+-Top Konkurrenz machen. Ich sah aber auch schon plaintopartige 2015er-Classic. Zum Glück ist meine meilenweit davon entfernt.
Ausgesprochen schönes BB-Top
Der Tone
In der Regel besitze ich Gitarren, deren Humbucker entweder mit Alnico V-Magneten bestückt sind. Meiner Meinung nach klingen diese nicht so drückend, wie ich das von anderen meiner Gitarren her kenne. Der Bass tritt ein wenig in den Hinter-, die Mitten mehr in den Vordergrund.
Bei der Tonebeurteilung zu Hause in den eigenen vier Wänden muss ich zweigleisig fahren. Zum einen spiele ich die Classic über meinen POD. Hierfür habe ich mir einen Referenztone erstellt, auf die ich alle meine Gitarren abstimme. Feinere Unterscheidungen werden in einer für die Gitarre optimierten Bank abgelegt. In der Referenzbank klang die Classic nicht so höhenreich, wie das die Less+ tat. Sie klingt insgesamt breiter, tiefer, dreidimensionaler und angriffslustiger, bin fast geneigt zu sagen, nicht so müde, wie die Less+. An meinem Amp stellt sich dies ebenso dar. Im Gegensatz zur Studio zeigt sich die Classic etwas dicker klingend, als auch einen Hauch spritziger und drückender.
Der Stegpickup zeichnet wie üblich für die aggressiveren Töne verantwortlich. Er kann auch wunderbar zubeißen. Der Neckpickup klingt bekanntermaßen wärmer und voller. Man muss jedoch etwas Acht geben, dass er nicht das Mulmen anfängt. In der Zwischenstellung beider Pickups summieren sich ihre Eigenschaften zu einem etwas volleren und mächtigeren Tone mit mehr Facetten. Der Bassumfang des Necks wird dabei ein wenig abgemildert. Er greift dem Steg-PU mit seiner Wohligkeit ein wenig unter die Arme.
Die Coilsplit-Funktion ist eine nette Dreingabe. Völlig andere Klangwelten sollte man nicht von ihr erwarten. Die Lautstärke bleibt im Großen & Ganzen erhalten, macht den Tone etwas dünner und höhenreicher. Um letztgenannten Effekt etwas abzumildern reduziert man das Volume auf 8,5 oder 9, damit treten die Höhen in den Hintergrund. Je verzerrter, desto weniger Anteil hat der Boost am Klanggeschehen. Nach wie vor erschließt sich mir nicht, warum man so etwas benötigt. Muss man aber auch nicht nutzen, tut es dann aber doch.
Das Fazit
Schöne Gibson, gut verarbeitet und von den neuen Features her betrachtet bei weitem nicht so dramatisch, wie man meinen sollte und liest! Nun bin ich keine 15 mehr, sondern eher 3 x 15 und kenne auch unsere heiß geliebten „alten“ Gibson und dennoch kann ich nur sagen, wenn Ihr kopfmäßig wegen den Neuerungen nicht komplett blockiert seid, „fahrt mal zu Euren Shop und nehmt so ein 2015er-Modell von der Wand und lasst es auf Euch wirken“, schrieb ich im Review der Less+. Diese Zeiten sind mittlerweile vorbei, viele Modelle ausverkauft, bzw. ziehen die letzten verbliebenen preislich an. Vielleicht startet Amazon noch einmal eine solche Sonderaktion. Dies dürfte dann jedoch die Letzte dieser Art sein.
Es gilt abzuwarten, ob es jemals wieder einen solchen „sell out“ wie in diesem Jahr bei Gibson geben wird. Die 2016er-Modelle folgen wieder der bekannten Ausprägung und stoßen damit natürlich auf eine größere Akzeptanz und werden daher diesen Preiseinbruch nicht verzeichnen müssen. Für die, die sich doch eine 2015er-Modell wünschen, bleibt über kurz oder lang nur der Gebrauchtmarkt.
Im Übrigen löste die Classic ganz kurzfristig die Less+ ab. Verkauft war sie innerhalb eines Tages und eine Handvoll Anfragen hatte ich ebenfalls. Soviel zum Thema „unbeliebter Jahrgang“!
- Eigenschaft