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Gibson Les Paul Junior 2015
Gibson ist eine traditionelle Gitarrenfirma, die traditionell die Gitarrengemeinde in zwei Lager spaltet. Dies fing bei den E-Gitarren bereits Ende der 1950er-Jahre mit den Modellen Flying V, Explorer und Moderne an und setze sich über all die Jahrzehnte fort. Jede Neuerung wird von der Gibson-Gemeinde ganz genau beäugt und gewertet. Lehnt sich Gibson etwas zu weit aus dem Fenster, beschwört man sofort den Untergang des Abendlandes. Gibson will eben innovativ sein und gerät damit oftmals außerhalb der Wohlfühlzone der Musiker. Es wird oftmals nicht unterschieden, was gefällt mir, was macht Sinn, sondern vielmehr, was ist historisch korrekt und was nicht. Ausgefräste Bodys, kann nicht sein, eine Les Paul mit 4,5 kg aber auch nicht. Bitte! Wie viele unter uns kennen den tatsächlichen Tone einer Les Paul, was ist der tatsächliche Tone einer Les Paul und wie viele wollen ihn tatsächlich? Provokante Einführungswort, ich weiß, aber so stellt sich die Situation eben dar.
Etliche dieser Diskussionen habe ich bereits mit- und überlegt. Vielmehr sollte doch die Devise lauten „Neugierig bleiben!“. Meine erste Les Paul war/ist eine 93er Standard und mir war/ist egal, wie historisch korrekt sie gebaut wurde oder klingt. Sie hat keinen Long Tenon Neck (damals wusste ich gar nicht, was das ist) und leicht ist sie auch nicht gerade. Aber (m)eine Gibson und ich war stolz auf sie, besitze sie noch heute.
Der Gibson-Jahrgang 2015 bietet nun für alle Kritiker die größte Angriffsfläche überhaupt. Gibson hat seine Erfolgsmodelle komplett auf den Kopf gestellt und mit Neuerungen versehen, die mal mehr, mal weniger verständlich sind, u.a.:
· Halsbreite: 46 mm
· G-Force Stimmautomatik
· Sattel mit Nullbund
· den sogenannten „Leo Baul“-Jubiläumsschriftzug zum 100. Geburtstag von Les Paul
· ein Hologramm des einem zuwinkenden Lester William Polfus ( so der bürgerlicher Name von Les Paul)
Zudem wurden die Preise deutlich angehoben und im Gegenzug dazu entfielen die günstigen Modelle wie LPM, LPJ und Melody Maker des letzten Jahres. Viele, die von ihrer ersten Gibson träumten, müssen auf einmal weitersparen. Manch anderer suchte nach einer 2013er oder 2014er bzw. schaute sich gleich auf dem Gebrauchtmarkt um. Mittlerweile relativiert sich dies wieder. Die Junior z.B. steht für ca. 200 € weniger beim Händler.
Vor jeder Diskussion sollte man jedoch wissen, worüber man überhaupt diskutiert. Ich wollte mich erst daran beteiligen, wenn ich ein 2015er-Modell in Händen gehalten und mir ein Urteil gebildet hatte. Alles andere ist in meinen Augen unseriös und schon gar nicht zielführend.
Die Halsbreite
46 mm sind eine Hausnummer. Einmal zum Vergleich, meine PRS SE Custom weist exakt die gleiche Halsbreite auf, allerdings handelt es sich bei ihr um eine 7 String! Große Hände stehen damit vor keiner unlösbaren Aufgabe. Bei Musiker mit kleinen Händen wird dies u.U. jedoch zur großen Hürde. Aber auch die vom möglichen Idealmaß von 43 mm abweichende Abmessung stellt bei Gibson kein Novum dar. Ich besaß einmal eine 1969er SG Melody Maker mit einem 40 mm breiten Hals. Konnte ich auch bespielen. Man gewöhnt sich einfach daran. Vielleicht ist dies Gibson´s Reaktion auf die immer weitere Verbreitung von 7-, 8- oder gar 9-saitigen Gitarren. Für viele besitzen diese Instrumente keinen Sonderstatus mehr. Und da ist natürlich ein Wechsel auf eine 6 String mit ähnlich breitem Hals, wie der einer 7 String naheliegend.
Das G-Force
Das Nachstimmen der Standardstimmung verlief ohne Probleme in ca. 5 Sekunden. Ein bisschen Zipp und Drrr hier und da, fertig. Schon spaßig, wenn das alles automatisch geht. Mittlerweile kenne ich mit dem G-Force etwas besser aus. Dennoch hatte ich bereits einen Schreckmoment. Beim neuen Durchstimmen konnte das System anscheinend den Wert der tiefen E-Saite nicht „lesen“ und hat mir fast die komplette Saiten von der Mechanik gewickelt. Danach war es nicht mehr Imstande, eine korrekte Stimmung herzustellen. Dies konnte ich nur durch einen manuellen Eingriff bewerkstelligen.
Nach ein paar Tagen des Kennenlernens machte ich mich endlich daran, meine Standardsaiten aufzuziehen und die sind fetter, als der werkseitig verwendete Satz. Als Erstes ging es daran zu erlernen, wie man überhaupt die Saiten entfernt. Ein manuelles Abwicklen gestaltet sich recht zeitintensiv, da sich das Übersetzungsverhältnis zwischen Kurbel- und Achsendrehung weit auseinander liegt. Eine gute Hilfe bietet dieses Video hier:
Damit wird der Saitenwechsel fast zum Kinderspiel, jedoch lässt er sich mit konventionellen Mechaniken schneller bewerkstelligen. Bei der H-Saite geriet das Ganze gar zum Geduldsspiel, da sich die Saite beim zweifachen Umwickeln der Mechanikachse immer wieder verselbstständigte. Nach mehreren Anläufen gelang auch dieses.
Als nächstes sollte laut Manuel eine Neukalibrierung des Systems anstehen, aber das G-Force zeigte an, dass die Saiten exakt gestimmt werden konnten. Eine Überprüfung mittels Stimmgerät bestätigte dies. Da ich bis heute nicht weiß, wie man zu der Bank mit den tiefen Saitenstimmungen gelangt und eh sechs Plätze zur freien Verfügung bereitstehen, wählte ich die blaue Bank „E“´, um meine Stimmung abzulegen. Da das Manuel an dieser Stelle genau beschreibt, was zu tun ist, hier nur ein kurzer Abriss: Saiten manuell auf die gewünschte Tonhöhe einstellen und diese nach Anleitung auf einem der sechs Speicherplätze ablegen. Bei erneuter Stimmung springt das G-Force nun gleich auf diese Bank.
Zu guter Letzt veränderte ich noch den Zeitintervall, mit dem die Saiten gestimmt werden. Hier kann man zwischen schneller und ungenauerer und langsamer und exakteren Variante wählen. Ich entschied mich für letztere.
Der Sattel mit Nullbund
OK, hierzu kann ich nichts groß schreiben. Ich weiß nicht, worin hier die Ursache zu suchen ist. Gibt es vielleicht unter den Gibson-Manager einen Freund alter deutscher Gitarren? Die wiesen in den 1950er/1960er-Jahren häufig einen Nullbund, jedoch in anderer Form auf. Eventuell ist auch die Gibson-Forschungsabteilung der Meinung, dass somit eine Intonierung einfach exakter wird oder es spart einfach Kosten für die Bearbeitung eines Sattels. Das von Gibson verwendete Sattelmaterial ist von der Nacharbeit her gesehen nicht ohne.
Das Einzige, was ich über die neue Einheit gehört habe, ist der Umstand, dass es bei einigen Instrumenten recht schnell zu Abnutzungserscheinungen des Nullbundes kam. Vielleicht war hier das Material einfach zu weich. Ich hoffe, Gibson hat darauf entsprechend reagiert und eine andere Legierung gewählt. Die Zeit wird es zeigen.
Der Leo Baul-Schriftzug
Mh, is eben so. Stammt er tatsächlich von Les Paul oder durfte jeder Gibson-Mitarbeiter eine Schriftprobe abgeben? Um ehrlich zu sein, mich stört er nicht. Ebenso wenig das Hologramm. Ist ja schließlich Les Paul´s Jubiläumsjahrgang.
Die übrige Elektronik
Leider besitzt der P90 Dogear keinerlei Einstellmöglichkeiten. Durch seine Bauart ist er fest mit dem Korpus der Gitarre verschraubt. Auch fehlen ihm die Polpieces, die eine Feinjustage des Sweetspots ermöglichen würden. An ihrer Stelle finden sich Polstücke á la Strat. Schade, hier hätte ich gerne Hand angelegt, um den Tone für mich zu optimieren. Nun gut, ist eben nicht. Da heißt es mit den Puppen zu tanzen, die da sind.
Im kleinen E-Fach findet sich die bei Gibson mittlerweile übliche Platine, auf der alle Bauteile montiert sind, d.h. alles via Steckverbindung realisiert wurde. Umbau schwierig. Viele werfen daher das Teil gleich raus und verdrahten konventionell. Eine Maßnahme, die ich für mich nicht ausschließen möchte.
Die Verarbeitung:
Hatte mal eine 58er Reissue in Weiß mit Ebenholzgriffbrett. Verlor eindeutig bei der Verarbeitung. Kann es schwer beschreiben. Die 58er sah gegenüber der Sunburst "eckig" aus, nicht so vollendet. Meiner Meinung trifft hier eine wichtige Aussage von Thorsten B., was die Verarbeitung angeht, zu. Da hat sich bei Gibson einiges getan. Man spürt z.B. keinen Übergang vom Hals zum Griffbrett. Deswegen muss sich der ein oder andere von Gibson´s Mojo verabschieden. Dies ist in meinen Augen die nette Umschreibung mancher Unzulänglichkeit von Gibson. Die Lackoberfläche wirkt ebenfalls anmutiger und edler. Das Vintage Sunburst ist zwar nicht ganz so hell, wie bei den 1950er-Juniors. Mir gefällt es jedoch besser. Eine Frage des persönlichen Geschmacks natürlich.
Der Weg zur Junior 2015
Vom ersten Augenblick an stach mir die Junior ins Auge, kam sich doch diesmal in einer Highgloss-Lackierung und nicht als Worn-Modell daher. Die klassischen Farben waren dabei: Yellow, Cherry und ein etwas dunkler geratenes Vintage Sunburst (bei den 1950er-Modellen war der mittlere Korpusbereich oftmals gelblich gehalten). Auch wenn mal wieder nicht historisch korrekt, so gefiel mir Vintage Sunburst am besten. Der Verkaufspreis lag jedoch jenseits der 800 €-Grenze, was sie so gleich wieder aus meinem Fokus wandern lies.
Zwischenzeitlich besaß ich auch eine 58er Reissue Junior Worn, die gegenüber meiner PRS SE One jedoch immer zurückstand. Mir gefällt die Haptik dieser Wornoberfläche nicht sonderlich und so griff ich häufiger zur One. Kurze Zeit später verkaufte ich die Junior wieder, dennoch blieb sie in meinem Hinterkopf. Viel Zeit verging, in der ich mich nicht weiter um die 2015er-Modell bzw. Junior kümmerte. Passiv verfolgt ich den entsprechenden Gibson 2015er-Thread im Board und plötzlich war der Gedanke an eine Junior wieder da. Ein Blick auf die Page meines hiesigen Händlers zeigte sie in einem neuen preislichen Gewand, fiel dieser doch erheblich niedriger aus, als ich es gespeichert hatte (ein Indiz für die fehlende Nachfrage?). Solche Preise sind natürlich ein zweischneidiges Schwert: eine Anschaffung rückt in greifbare Nähe, zum anderen geht das GAS schnell mit einem durch. Naja, dachte ich mir, fährst einfach mal hin, um sie dir anzuschauen, ein Gefühl dafür zu bekommen und eventuell auf fundierter Basis mitreden zu können.
Der Erstkontakt mit ihr war schon mal positiv. Breiter Hals: OK, fällt zwar auf, aber zumindest für mich nicht negativ, komme ich mit zurecht. Von der Breite und der Haptik her gesehen, erinnert er mich wie beschrieben an den meiner 7 String PRS SE. Kurze Trockenübung. Spaßiger Nebeneffekt: ein mir unbekannter Kollege, der ebenfalls anwesend war, schnappte sich eine 2015er SG, er begann ebenfalls mit Trockenübungen. Daraufhin fragte ich ihn, ob ihm an der SG etwas auffallen würde, "Nee!" - "Die hat nen breiteren Hals!" - "Ach, jetzt, wo Du es sagst! Stört mich allerdings nicht wirklich!". Daraufhin begab ich mich in den Amproom. Ran an den H&K Tubemeister 18 und mal hören.
Der Tone
Schön, klang richtig voll und hatte ordentlich Fundament, clean schön warm und mit allem was man braucht. Gain, auch eine reife Leistung und schön Schmutz im Tone. Dann kam die Gelbe dran. Tönte im Vergleich zur Sunburst recht ähnlich. Zwischenstand 1:1, danach die Rote. Die fiel akustisch etwas ab, klang dünner und nicht so rooooha, wie die beiden Anderen, ausgeschieden. Weiter mit Sunburst und Gelb im fliegenden Wechsel. Ausschlaggebend war dann letztendlich die Farbe, transparentes Sunburst gefällt mir eindeutig besser (Favoritin eben!).
Bei der Tonebeurteilung zu Hause in den eigenen vier Wänden muss ich zweigleisig fahren. Zum einen spiele ich die Junior an meinem POD. Hierfür habe ich mir einen Referenztone erstellt, auf die ich alle meine Gitarren abstimme. Feinere Unterscheidungen werden in einer für die Gitarre optimale erstellten Bank abgelegt. In der Referenzbank klingt die Junior recht höhenbetont und im Bass eher schlank. An meinem Amp stellt sich dies nur bedingt dar. Hier trumpft sie mit angriffslustigem, luftigem Tone, der auch den schönen Schmutz- oder Dreckanteil, für den die P90er beinhaltet auf. Im Gegensatz dazu habe ich die 58er Reissue erdiger in Erinnerung. Liegt zum Teil wohl auch an der Abstimmbarkeit mittels einstellbarer Polpieces.
Das Fazit
Schöne Gibson, gut verarbeitet und von den neuen Features bei weitem nicht so dramatisch, wie man meinen sollte und liest! Nun bin ich keine 15 mehr, sondern eher 3 x 15 und kenne auch unsere heiß geliebten alten Gibson und dennoch kann ich nur sagen, wenn Ihr kopfmäßig wegen den Neuerungen nicht komplett blockiert seid, fahrt mal zu Euren Shop und nehmt so ein 2015er-Modell von der Wand und lasst es auf Euch wirken. Müsst ja nicht gleich eine kaufen.
Mal sehen, was uns das Produktionsjahr 2016 bringen wird. Man muckelt bereits über eine Rückkehr zur 2012-Specs.
Gibson ist eine traditionelle Gitarrenfirma, die traditionell die Gitarrengemeinde in zwei Lager spaltet. Dies fing bei den E-Gitarren bereits Ende der 1950er-Jahre mit den Modellen Flying V, Explorer und Moderne an und setze sich über all die Jahrzehnte fort. Jede Neuerung wird von der Gibson-Gemeinde ganz genau beäugt und gewertet. Lehnt sich Gibson etwas zu weit aus dem Fenster, beschwört man sofort den Untergang des Abendlandes. Gibson will eben innovativ sein und gerät damit oftmals außerhalb der Wohlfühlzone der Musiker. Es wird oftmals nicht unterschieden, was gefällt mir, was macht Sinn, sondern vielmehr, was ist historisch korrekt und was nicht. Ausgefräste Bodys, kann nicht sein, eine Les Paul mit 4,5 kg aber auch nicht. Bitte! Wie viele unter uns kennen den tatsächlichen Tone einer Les Paul, was ist der tatsächliche Tone einer Les Paul und wie viele wollen ihn tatsächlich? Provokante Einführungswort, ich weiß, aber so stellt sich die Situation eben dar.
Etliche dieser Diskussionen habe ich bereits mit- und überlegt. Vielmehr sollte doch die Devise lauten „Neugierig bleiben!“. Meine erste Les Paul war/ist eine 93er Standard und mir war/ist egal, wie historisch korrekt sie gebaut wurde oder klingt. Sie hat keinen Long Tenon Neck (damals wusste ich gar nicht, was das ist) und leicht ist sie auch nicht gerade. Aber (m)eine Gibson und ich war stolz auf sie, besitze sie noch heute.
Der Gibson-Jahrgang 2015 bietet nun für alle Kritiker die größte Angriffsfläche überhaupt. Gibson hat seine Erfolgsmodelle komplett auf den Kopf gestellt und mit Neuerungen versehen, die mal mehr, mal weniger verständlich sind, u.a.:
· Halsbreite: 46 mm
· G-Force Stimmautomatik
· Sattel mit Nullbund
· den sogenannten „Leo Baul“-Jubiläumsschriftzug zum 100. Geburtstag von Les Paul
· ein Hologramm des einem zuwinkenden Lester William Polfus ( so der bürgerlicher Name von Les Paul)
Zudem wurden die Preise deutlich angehoben und im Gegenzug dazu entfielen die günstigen Modelle wie LPM, LPJ und Melody Maker des letzten Jahres. Viele, die von ihrer ersten Gibson träumten, müssen auf einmal weitersparen. Manch anderer suchte nach einer 2013er oder 2014er bzw. schaute sich gleich auf dem Gebrauchtmarkt um. Mittlerweile relativiert sich dies wieder. Die Junior z.B. steht für ca. 200 € weniger beim Händler.
Vor jeder Diskussion sollte man jedoch wissen, worüber man überhaupt diskutiert. Ich wollte mich erst daran beteiligen, wenn ich ein 2015er-Modell in Händen gehalten und mir ein Urteil gebildet hatte. Alles andere ist in meinen Augen unseriös und schon gar nicht zielführend.
Die Halsbreite
46 mm sind eine Hausnummer. Einmal zum Vergleich, meine PRS SE Custom weist exakt die gleiche Halsbreite auf, allerdings handelt es sich bei ihr um eine 7 String! Große Hände stehen damit vor keiner unlösbaren Aufgabe. Bei Musiker mit kleinen Händen wird dies u.U. jedoch zur großen Hürde. Aber auch die vom möglichen Idealmaß von 43 mm abweichende Abmessung stellt bei Gibson kein Novum dar. Ich besaß einmal eine 1969er SG Melody Maker mit einem 40 mm breiten Hals. Konnte ich auch bespielen. Man gewöhnt sich einfach daran. Vielleicht ist dies Gibson´s Reaktion auf die immer weitere Verbreitung von 7-, 8- oder gar 9-saitigen Gitarren. Für viele besitzen diese Instrumente keinen Sonderstatus mehr. Und da ist natürlich ein Wechsel auf eine 6 String mit ähnlich breitem Hals, wie der einer 7 String naheliegend.
Das G-Force
Das Nachstimmen der Standardstimmung verlief ohne Probleme in ca. 5 Sekunden. Ein bisschen Zipp und Drrr hier und da, fertig. Schon spaßig, wenn das alles automatisch geht. Mittlerweile kenne ich mit dem G-Force etwas besser aus. Dennoch hatte ich bereits einen Schreckmoment. Beim neuen Durchstimmen konnte das System anscheinend den Wert der tiefen E-Saite nicht „lesen“ und hat mir fast die komplette Saiten von der Mechanik gewickelt. Danach war es nicht mehr Imstande, eine korrekte Stimmung herzustellen. Dies konnte ich nur durch einen manuellen Eingriff bewerkstelligen.
Nach ein paar Tagen des Kennenlernens machte ich mich endlich daran, meine Standardsaiten aufzuziehen und die sind fetter, als der werkseitig verwendete Satz. Als Erstes ging es daran zu erlernen, wie man überhaupt die Saiten entfernt. Ein manuelles Abwicklen gestaltet sich recht zeitintensiv, da sich das Übersetzungsverhältnis zwischen Kurbel- und Achsendrehung weit auseinander liegt. Eine gute Hilfe bietet dieses Video hier:
Damit wird der Saitenwechsel fast zum Kinderspiel, jedoch lässt er sich mit konventionellen Mechaniken schneller bewerkstelligen. Bei der H-Saite geriet das Ganze gar zum Geduldsspiel, da sich die Saite beim zweifachen Umwickeln der Mechanikachse immer wieder verselbstständigte. Nach mehreren Anläufen gelang auch dieses.
Als nächstes sollte laut Manuel eine Neukalibrierung des Systems anstehen, aber das G-Force zeigte an, dass die Saiten exakt gestimmt werden konnten. Eine Überprüfung mittels Stimmgerät bestätigte dies. Da ich bis heute nicht weiß, wie man zu der Bank mit den tiefen Saitenstimmungen gelangt und eh sechs Plätze zur freien Verfügung bereitstehen, wählte ich die blaue Bank „E“´, um meine Stimmung abzulegen. Da das Manuel an dieser Stelle genau beschreibt, was zu tun ist, hier nur ein kurzer Abriss: Saiten manuell auf die gewünschte Tonhöhe einstellen und diese nach Anleitung auf einem der sechs Speicherplätze ablegen. Bei erneuter Stimmung springt das G-Force nun gleich auf diese Bank.
Zu guter Letzt veränderte ich noch den Zeitintervall, mit dem die Saiten gestimmt werden. Hier kann man zwischen schneller und ungenauerer und langsamer und exakteren Variante wählen. Ich entschied mich für letztere.
Der Sattel mit Nullbund
OK, hierzu kann ich nichts groß schreiben. Ich weiß nicht, worin hier die Ursache zu suchen ist. Gibt es vielleicht unter den Gibson-Manager einen Freund alter deutscher Gitarren? Die wiesen in den 1950er/1960er-Jahren häufig einen Nullbund, jedoch in anderer Form auf. Eventuell ist auch die Gibson-Forschungsabteilung der Meinung, dass somit eine Intonierung einfach exakter wird oder es spart einfach Kosten für die Bearbeitung eines Sattels. Das von Gibson verwendete Sattelmaterial ist von der Nacharbeit her gesehen nicht ohne.
Das Einzige, was ich über die neue Einheit gehört habe, ist der Umstand, dass es bei einigen Instrumenten recht schnell zu Abnutzungserscheinungen des Nullbundes kam. Vielleicht war hier das Material einfach zu weich. Ich hoffe, Gibson hat darauf entsprechend reagiert und eine andere Legierung gewählt. Die Zeit wird es zeigen.
Der Leo Baul-Schriftzug
Mh, is eben so. Stammt er tatsächlich von Les Paul oder durfte jeder Gibson-Mitarbeiter eine Schriftprobe abgeben? Um ehrlich zu sein, mich stört er nicht. Ebenso wenig das Hologramm. Ist ja schließlich Les Paul´s Jubiläumsjahrgang.
Die übrige Elektronik
Leider besitzt der P90 Dogear keinerlei Einstellmöglichkeiten. Durch seine Bauart ist er fest mit dem Korpus der Gitarre verschraubt. Auch fehlen ihm die Polpieces, die eine Feinjustage des Sweetspots ermöglichen würden. An ihrer Stelle finden sich Polstücke á la Strat. Schade, hier hätte ich gerne Hand angelegt, um den Tone für mich zu optimieren. Nun gut, ist eben nicht. Da heißt es mit den Puppen zu tanzen, die da sind.
Im kleinen E-Fach findet sich die bei Gibson mittlerweile übliche Platine, auf der alle Bauteile montiert sind, d.h. alles via Steckverbindung realisiert wurde. Umbau schwierig. Viele werfen daher das Teil gleich raus und verdrahten konventionell. Eine Maßnahme, die ich für mich nicht ausschließen möchte.
Die Verarbeitung:
Hatte mal eine 58er Reissue in Weiß mit Ebenholzgriffbrett. Verlor eindeutig bei der Verarbeitung. Kann es schwer beschreiben. Die 58er sah gegenüber der Sunburst "eckig" aus, nicht so vollendet. Meiner Meinung trifft hier eine wichtige Aussage von Thorsten B., was die Verarbeitung angeht, zu. Da hat sich bei Gibson einiges getan. Man spürt z.B. keinen Übergang vom Hals zum Griffbrett. Deswegen muss sich der ein oder andere von Gibson´s Mojo verabschieden. Dies ist in meinen Augen die nette Umschreibung mancher Unzulänglichkeit von Gibson. Die Lackoberfläche wirkt ebenfalls anmutiger und edler. Das Vintage Sunburst ist zwar nicht ganz so hell, wie bei den 1950er-Juniors. Mir gefällt es jedoch besser. Eine Frage des persönlichen Geschmacks natürlich.
Der Weg zur Junior 2015
Vom ersten Augenblick an stach mir die Junior ins Auge, kam sich doch diesmal in einer Highgloss-Lackierung und nicht als Worn-Modell daher. Die klassischen Farben waren dabei: Yellow, Cherry und ein etwas dunkler geratenes Vintage Sunburst (bei den 1950er-Modellen war der mittlere Korpusbereich oftmals gelblich gehalten). Auch wenn mal wieder nicht historisch korrekt, so gefiel mir Vintage Sunburst am besten. Der Verkaufspreis lag jedoch jenseits der 800 €-Grenze, was sie so gleich wieder aus meinem Fokus wandern lies.
Zwischenzeitlich besaß ich auch eine 58er Reissue Junior Worn, die gegenüber meiner PRS SE One jedoch immer zurückstand. Mir gefällt die Haptik dieser Wornoberfläche nicht sonderlich und so griff ich häufiger zur One. Kurze Zeit später verkaufte ich die Junior wieder, dennoch blieb sie in meinem Hinterkopf. Viel Zeit verging, in der ich mich nicht weiter um die 2015er-Modell bzw. Junior kümmerte. Passiv verfolgt ich den entsprechenden Gibson 2015er-Thread im Board und plötzlich war der Gedanke an eine Junior wieder da. Ein Blick auf die Page meines hiesigen Händlers zeigte sie in einem neuen preislichen Gewand, fiel dieser doch erheblich niedriger aus, als ich es gespeichert hatte (ein Indiz für die fehlende Nachfrage?). Solche Preise sind natürlich ein zweischneidiges Schwert: eine Anschaffung rückt in greifbare Nähe, zum anderen geht das GAS schnell mit einem durch. Naja, dachte ich mir, fährst einfach mal hin, um sie dir anzuschauen, ein Gefühl dafür zu bekommen und eventuell auf fundierter Basis mitreden zu können.
Der Erstkontakt mit ihr war schon mal positiv. Breiter Hals: OK, fällt zwar auf, aber zumindest für mich nicht negativ, komme ich mit zurecht. Von der Breite und der Haptik her gesehen, erinnert er mich wie beschrieben an den meiner 7 String PRS SE. Kurze Trockenübung. Spaßiger Nebeneffekt: ein mir unbekannter Kollege, der ebenfalls anwesend war, schnappte sich eine 2015er SG, er begann ebenfalls mit Trockenübungen. Daraufhin fragte ich ihn, ob ihm an der SG etwas auffallen würde, "Nee!" - "Die hat nen breiteren Hals!" - "Ach, jetzt, wo Du es sagst! Stört mich allerdings nicht wirklich!". Daraufhin begab ich mich in den Amproom. Ran an den H&K Tubemeister 18 und mal hören.
Der Tone
Schön, klang richtig voll und hatte ordentlich Fundament, clean schön warm und mit allem was man braucht. Gain, auch eine reife Leistung und schön Schmutz im Tone. Dann kam die Gelbe dran. Tönte im Vergleich zur Sunburst recht ähnlich. Zwischenstand 1:1, danach die Rote. Die fiel akustisch etwas ab, klang dünner und nicht so rooooha, wie die beiden Anderen, ausgeschieden. Weiter mit Sunburst und Gelb im fliegenden Wechsel. Ausschlaggebend war dann letztendlich die Farbe, transparentes Sunburst gefällt mir eindeutig besser (Favoritin eben!).
Bei der Tonebeurteilung zu Hause in den eigenen vier Wänden muss ich zweigleisig fahren. Zum einen spiele ich die Junior an meinem POD. Hierfür habe ich mir einen Referenztone erstellt, auf die ich alle meine Gitarren abstimme. Feinere Unterscheidungen werden in einer für die Gitarre optimale erstellten Bank abgelegt. In der Referenzbank klingt die Junior recht höhenbetont und im Bass eher schlank. An meinem Amp stellt sich dies nur bedingt dar. Hier trumpft sie mit angriffslustigem, luftigem Tone, der auch den schönen Schmutz- oder Dreckanteil, für den die P90er beinhaltet auf. Im Gegensatz dazu habe ich die 58er Reissue erdiger in Erinnerung. Liegt zum Teil wohl auch an der Abstimmbarkeit mittels einstellbarer Polpieces.
Das Fazit
Schöne Gibson, gut verarbeitet und von den neuen Features bei weitem nicht so dramatisch, wie man meinen sollte und liest! Nun bin ich keine 15 mehr, sondern eher 3 x 15 und kenne auch unsere heiß geliebten alten Gibson und dennoch kann ich nur sagen, wenn Ihr kopfmäßig wegen den Neuerungen nicht komplett blockiert seid, fahrt mal zu Euren Shop und nehmt so ein 2015er-Modell von der Wand und lasst es auf Euch wirken. Müsst ja nicht gleich eine kaufen.
Mal sehen, was uns das Produktionsjahr 2016 bringen wird. Man muckelt bereits über eine Rückkehr zur 2012-Specs.
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