dr_rollo
Mod Keyboards und Musik-Praxis
Auf meiner Suche nach einem Digitalpult für unsere Tanzmucke, dass unser bisheriges analoges Pult ersetzen soll, bin ich hier im Board im Test-Pool über das Mackie gestolpert, oder sollte ich besser sagen ‚gestolpert geworden’?! Im Grunde passte es in einem gravierenden Punkt nicht zu meinen Auswahlkriterien, da wir uns selber von der Bühne herab mixen, und unser Drummer während des Spielens immer wieder mal schnell nachregelt, daher physikalische Fader braucht und mit einem Touch-Fader auf dem iPad in dieser Situation nicht klarkommt. Das hieß dann leider auch, dass ich das Pult wohl auch keinem Live-Test unterziehen kann, wollte es aber wenigstens einmal im Proberaum meiner Coverband einsetzen.
Nichtsdestotrotz erfüllt es bis auf den Punkt mit den fehlenden Fadern alle anderen Voraussetzungen genauso wie jedes andere digitale Pult auch. Daher hab ich die Gelegenheit für einen Test zumindest genutzt.
Das interessante an diesem Digitalpult: es liefert 32 Inputs und 14 Outputs auf gerade mal 3 HE bei unter 10kg Gewicht. Auf der Vorderseite gibt es 24 XLR und 8 XLR/Klinke Kombi Eingänge, also 32 physikalische Mikro-Preamps! sowie 14 XLR Ausgänge, zwei frei routbare Klinken Outs eine Kopfhöreranschluss und lediglich einen einzigen Regler für Phones. Auf der Rückseite befindet sich nur ein Netzwerkanschluss für den benötigten Router, einen USB-Anschluss für den Rechner und einen, wo man einen USB Speicherstick anschließen kann.
Vorweg hab ich mich natürlich schon mal informiert und ein wenig eingelesen und mir schon mal die App heruntergeladen. Hier gibt’s die Mackie Master Fader App im iTunes Store. Bei der App fiel mir als erstes auf, dass sie etwas träger reagiert als andere Apps, die ich kenne. Dann hab ich versucht, mich durch die Bedienung zu hangeln. Die Mixertypen DL1608, DL806 und natürlich das DL32R kann man auswählen, worauf sich die Struktur und die Ansichten entsprechend anpassen. Dann sieht es so aus, als ob ein Offline Modus verfügbar ist, sowie Import und Export Optionen via iTunes, Dropbox oder Email. Es lassen sich Offline Shows erstellen, die man dann später auf das Gerät übertragen können sollte. Genau das hatte ich vor, wollte das Pult bei der Probe abends einsetzen, mir auf der Arbeit mal eine Stunde Zeit nehmen, um alles vorab einzustellen und vorkonfigurieren, und dann bei angeschlossenem Gerät nur noch ein bisschen Finetuning, wie u.a. Gains einpegeln.
Zur App: Es gibt drei Grundansichten, zwischen denen man über ein aussagekräftiges Icon im oberen linken Bild wechseln kann. Beim Starten der App landet man in der mittleren Ansicht, ich sag mal Startansicht, die die Fader für die ersten acht Kanäle plus Summenfader anzeigt.
Unter dem Fader gibt’s eine Anzeige für den vergebenen Namen des Kanals sowie ein frei wählbares Icon, für das man sogar ein Foto verwenden kann. Hinter jedem Fader sitzt eine Pegelanzeige in Länge des Faders, es gibt einen Solo- und einen Mute-Button, vier Minifelder für Panaroma-Anzeige- und -regler, Aktivitätsanzeige für Gate und Kompressor, eine Mini-Grafik, die die EQ Kurve andeutet, sowie Anzeige für den Gain. Klickt man auf eines dieser Felder, wechselt man in die Einzel-Kanal-Ansicht und landet direkt in der entsprechenden Detailansicht, beim EQ und Gate/Kompi in einer bei Digitalpulten üblichen komfortablen grafischen Ansicht,
bei Gain bekommt man zusätzlich zu Gainpegel, Phasenumkehr, Phantompower auch sehr schön übersichtlich die Zuordnung zu den Gruppen, sowie Fader zum Einstellen der Anteile auf Aux 1-14, sowie den Effekten.
Dann gibt es noch eine Komplettansicht mit allen Fadern für Inputs und Gruppen, auf der man im Grunde wenig machen kann, dafür Pegelstände optisch dargestellt ablesen kann, wo sich aber keine Pegeln verändern lassen, auch wenn es danach aussieht und man dies intuitiv versucht. Wäre aber auch wirklich ein bisschen frickelig.
Hier wählt man entweder Summe, einen der 14 AUXe oder einen der drei Effekt Sends, um die unterschiedlichen Pegel abzulesen. Will man einen Pegel verändern, tippt man auf den entsprechenden Kanal, und landet wieder in der Einzel-Kanal-Ansicht, bekommt dann einen großen Fader, um für den gewählten Sub den Anteil zu verändern, und könnte, wie schon beschrieben, auch die Pegel für alle anderen Gruppen mit etwas kleineren Fadern anpassen. Auf den ersten Blick etwas gewöhnungsbedürftig, aber wenn man das Prinzip verstanden hat, ganz logisch.
Starten wir mal mit der Voreinstellung: In der Startansicht klicke ich auf den Kanal 1, dort kann ich von oben nach unten 1. Einen Namen vergeben, nehmen wir mal Olaf, mit Leadvocals, 2. einen Standardnamen wählen (?) – ok, Olaf ist wieder gelöscht, 3. Ein Bild vergeben, entweder Foto oder ein Icon, oder Show-Bilder (?), 4. Wählt man einen Farbe für den Kanal – ganz nett, 5. Den Kanal mit dem folgenden verlinken, was hier koppeln heißt – das ist ganz nett gelöst, weil hier sofort aus zwei Kanalzügen einer wird, anders als physikalischen Fadern, die nur technisch zusammengeschaltet werden und sich dann zusammen bewegen. Als 5. Und letzten Punkt hat man die Möglichkeit, eines der Presets zu wählen, in diesem Fall z.B. M Vox1, wobei wie bei anderen Pulten auch eine typische EQ Kurve eingestellt wird, ein Gate und ein Kompressor. Ach ja, Olaf’s Bild und Namen sind dadurch wieder gelöscht, wurden durch diese Aktion mit dem offensichtlich dem Prest hinterlegten Icon und der Bezeichnung M Stimme ersetzt.
OK, für den nächsten Kanal hab ich gelernt, ich gehe also diesmal in umgekehrter Reihenfolge von unten nach oben vor, fange also mit dem Preset an und vergebe als letztes den Namen. Somit ist das Setup relativ schnell erstellt, wie gesagt bis auf die Gains. Ich erstelle drei mal Vocals, einmal Kick, einmal Overhead, E-Gitarre und Bass - wir nehmen auch im Proberaum alles ab, weil unser Gitarrist und ich mit In-Ear proben. Als ich Kanal 8 mit Keyboards belegen will und mit K9 koppeln will, muss ich feststellen, das geht nicht, ich kann nur jeweils einen ungeraden mit dem drauffolgenden koppeln. Nun gut, also bleibt 8 frei, bei 32 eh 4 mal mehr als ich brauche. Allerdings die Frage, wie komme ich zu Kanal 9? Es gibt keine Fadergruppenauswahl wie bei Roland oder Behringer. Also intuitiv die Fader mal nach links geschoben, und siehe da, geht. Etwas hakelig aber das war der richtige Weg, um an die anderen Kanäle zu kommen.
Nun an’s Output-Routing: Wir nutzen einen Monitor für unseren Drummer, einen denen sich Bassist/Sänger und Sängerin teilen, wie gesagt einmal in-Ear für unseren Gitarristen, der ein FischerAmp Bodypack über ein XLR Kabel speist. Ich nutze einen Kopfhörer-Amp, an dem ich meinen Kopfhörer anschließe. Ich überlege, hierfür die Aux-Wege zu nutzen. Dann fällt mir ein, dass ich an meinem Keyboard nur Klinkenanschlüsse habe, also muss ich das nicht über die Inputs 9 und 10, sondern über einen der Combi INs 25-32 anschließen. Das lässt sich relativ leicht über die Routing-Option einstellen. Das ist verständlich und übersichtlich in einer Matrix dargestellt. Man wählt den Kanal und den gewünschten Input MicPre 1-32, genauso kann man für die Ausgänge vorgehen. Hier gibt es mit Monitor 1 und 2 allerdings nur zwei Klinkenausgänge.
Nun noch Effekte... Sehe ich richtig? Es gibt genau drei Effekte: zweimal Hall mit je 8 wählbaren Halltypen (Plate, Ambience, kleiner/mittlerer/großer Raum, Halle, Kathedrale und Gated Reverb) und einmal Delay mit 5 Delaytypen (Mono, Bandecho, Stereo, Ping-Pong, Multi-Tap). Etwas mager, auch die Edit-Möglichkeiten.
Na ja, für einen normalen Live-Gig ausreichend. Ansonsten muss man halt externe Effekte einschleifen. Dann muss man einen der 14 OUTs, sowie einen oder zwei Eingänge für den Return opfern.
Ok, fertig. Nun noch speichern. Ich exportiere die gerade erstellte Offline Show vorsichtshalber in die Dropbox. Und dann auf zum Proberaum. Vorsichtshalber bin ich eine gute halbe Stunde vor den anderen da, muss ja noch Netzwerk einrichten, anschließen, auspegeln, Effekte austesten etc. Unser Gitarrist ist schon da und hilft mir. Netzwerk war easy, das Pult bekam vom Router automatisch eine IP, das iPad hat’s auf Anhieb erkannt. Leider hab ich’s nicht hinbekommen, die bereits erstellte Show auf den Mixer zu laden. Egal, bevor ich lange probiere, schnell neu gemacht.
Wie gesagt, wenn man das System erst mal verstanden hat, ist die Bedienung ganz easy. Ich war froh, dass der Rest der Band eine halbe Stunde zu spät kam, denn ganz intuitiv ist das nicht, und ich brauchte tatsächlich die Zeit. Was noch erwähnt sei, jede Änderung eines Wertes, ob per Fader, Knox oder Verschieben einer Kurve (EQ/Comp) wird ein Wert angezeigt. Damit kann man die immer etwas ungenaue Einstellung über ein Touchpad als Wert kontrollieren, was beim Einstellen hilft. Oder man tippt auf den Wert und stellt ihn per direkter Zahlen-Eingabe auf dem Keyboard ein.
Natürlich kann man für Ausgänge auch individuelle Delays vergeben, z.B. Line-Delay oder Surrounding Mixe.
Die Meinung der Band: fantastischer Sound, null Rauschen, super klingende Effekte. Aufgrund der EQs für jeden Ausgang konnten wir endlich mal die Feedback Probleme in Griff bekommen. Wir sind ernsthaft am überlegen, uns auch mit dieser Band so ein Pult zuzulegen, wobei mit dem DL1608 die kleinere Ausführung zum DL32R hier völlig ausreichend ist. Allerdings würden wir da noch auf die Android App warten, da ich dort der einzige mit iOS Device bin.
Zu Hause hab ich mich dann noch ein wenig weiter mit dem Pult und der Bedienung beschäftigt und einige andere Funktionen näher angeschaut. Sehr hilfreich sind die Ansichten, oder wie es in Englisch heißt View Groups. Sechs solcher Gruppen kann ich definieren und frei belegen, quasi User Layer, in denen man z.B. die Drum-Channel zu einer zusammenhängenden Gruppe zusammenfassen kann, oder die Vocals, zu denen man auch noch einen DCA hinzufügen kann, in dem man die Effekt Returns geroutet hat.
Was mir bei der Roland App definitiv gefehlt hat und ich bei der Behringer App zumindest noch nicht entdeckt habe, eine Vergabe von Zugriffsrechten - immerhin kann man mit 10 iPads parallel einen Connection zum Jackie herstellen - ist hier vorhanden, grafisch schön übersichtlich dargestellt.
Wo ich leider keine Gelegenheit hatte, etwas zu testen, was aber wenigstens erwähnt sein will, dass im Jackie ein 32 Kanal Audio-Interface verbaut ist, sprich ich kann Multirecording mit allen 32 Channeln fahren, und kann auch auf allen 32 Kanälen vom Rechner wieder zurückspielen, also beste Voraussetzungen für eine umfangreiche Recording-Session.
Es gibt nicht wirklich viel, was ich bemängeln könnte, außer dass man nur global vorweg wählen kann, ob man lieber mit einem grafischen oder einem parametrischen EQ in den Outputs arbeiten möchte. In den Monitorwegen einen parametrischen und im Master einen 31 Band EQ ist nicht möglich, zumindest hab ich keine Option gefunden.
Mein Fazit:
Für Livebands, durchaus auch größere Besetzung, vor allem welche ohne festen FOH Platz eine fantastische All-in-one Lösung auf kleinstem Raum, minimalem Transportaufwand, und das für überschaubares Geld. Das Pult würde ich sogar noch in meinem Keyboard-Siderack unterbringen können. Die magere Ausbeute an Effekten gegenüber den Konkurrenten am Markt, wird vermutlich höchstens beim Recording negativ auffallen, wobei ich hier durchaus drauf verzichten kann, da ich ja in dem Fall auch VST Plugins im Rechner nutzen kann. Im Normalfall komme ich mit Hall und Delay für Gesang klar, könnte mit dem zweiten Hall-Effekt noch eine Gate Reverb auf die Snare legen. Braucht man mehr?
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