So, das soll hier ja nicht so offen stehen bleiben
Unsere Familie hat Zuwachs bekommen. Es ist ein Junge und es heißt Bernie Marsden. Das komische daran ist: Es ist schwarz. Kohlrabenschwarz...
Im Ernst. Nach einem weiteren Tag Überlegerei, Rechnerei und Diskutiererei habe ich aufgrund eines unvorhersehbaren Ebay-Verkaufs doch die freigabe meiner weiblichen Finanzstelle bekommen, die Duesenberg zu kaufen.
Also war ich heute morgen voller Tatendrang und mit einer irgendwie etwas seltsamenen, ungeliebten Squier CV60 im Geschäft. Bevor ich mit meinem Anliegen bzgl. Rücknahme der Squier rausrückte, ließ ich mich mit der Duesenberg und der Bernie ohne Zeitdruck in einer Spielkabine nieder und klampfte mir die anfänglichen Finger wund.
Meine Ergebnisse:
Die Duesenberg ist keine Gitarre, das ist eine Maschine. Das Teil liegt in der Hand, das man denkt man könne sie aus dem Stand fallenlassen und es würde nix dran kaputtgehen. Die Verarbeitung ist einmalig. Ohne jetzt plumpe Klischees zu füttern - typisch deutsche Wertarbeit. Alleine das Gefühl des Stimmens beim Drehen an den Mechaniken - unglaublich. Man könnte diese Teile vermutlich auch zum Ausrichten von Elektronenmikroskopen verwenden und würde das Ziel immer treffen.
Alles andere ebenfalls eine Wonne. Fest, massiv, griffig, stabil. Ich hatte selten einen Gegenstand in der Hand, der zuverlässiger, haptisch überzeugender und in der jeweiligen Relation hochwertiger wirkte. Einmalig. Der PU-Wählschalter, pardon, der vermutlich aus Kruppstahl gefertigte Hebel zum Verbinden der Leitungen zu den Schwingungsempfangskörpern
rastet ein wie der Fahrtenmacher der Titanic. Klack! Klack! Klack! Eisberg direkt voraus! Klack! Klack! Klack!. (Die Duesenberg würe durch den Eisberg durchgegangen, dessen bin ich mir sicher)
Wenn es rein danach gegangen wäre, wäre ich nach 2 Minuten mit dem Teil an der Kasse gestanden.
Aber dann war da ja noch die Signature des guten alten Bernies, eines der sympatischsten Wesen dieses Universums.
Leider nur in schwarz und für 899.- statt 699.-. Hmmm...
Naja, mal anspielen und im Notfall dann eben online bestellen - in dem schönen Spalted und 200 Öcken billiger.
Extremst überrascht war ich von dem "ach-so-fetten-und-breiten" Hals. Ich habe bis auf eine marginal tiefere Wölbung weder in der Breite noch in der Klobigkeit Unterschiede zu meiner Squier finden können. Die Tatsache, dass ich nach 2 Minuten Spielen erst daran dachte "Du wolltest doch mal auf den Hals achten", ich zu diesem Zeitpunkt aber noch in keinster Weise etwas "negatives" in der linken Hand verspührte, freute mich schon. Also: Alle Angst umsonst. Im Gegenteil: Sogar schmaler als die Duesenberg. Ich staune...
Und dann: Das Tunen. Perfekt. Ok, keine gusseisernen Schleusenräder wie bei dem deutschen Kollegen, "nur" fluoreszierend aussehende grünliche Plastikteile, aber das Drehgefühl - genau so 1a wie zuvor bei der Star Player. Bei beiden Gitarren konnte ich die Saiten ohne ein einziges mal abzusetzen stimmen und traf den Mittelstrich sicher. Und er blieb auch da. Nach einer halben Stunde wurde mir langsam bewusst, was ich da bei der Squier alles verpasst habe. Gott, war das immer ein Geleier, vor, zurück, nochmal, 1 Lied mit hart geschlagenen Akkorde und dann Tuning da capo. Kapodaster drauf und wieder irgendwas schief. Kapo runter, Leersaiten ok, halt, die G-Saite ist ja wieder verstellt, wieder stimmen...Mama mia...
Es dauerte einen Moment, bis mein Puls ob der geilen Verarbeitungen beider Modelle und der tollen Haptik wieder so weit runter war, dass ich die Töne warnehmen konnte, die da aus dem Mustang III kamen.
Und da fiel die Entscheidung dann, oder besser gesagt ein großer teil davon.
Die Bernie entsprach meinem gewünschten Klangbild in fast jeder Hinsicht und in jeder Einstellung immer irgendwie einen kleinen Tick eher. Im High Gain Bereich erschien sie mir trotz der fast schon Singlecoil mäßig-möglichen Einstellung der Starplayer eine Nuance filigraner und dynamischer. Zwar nicht stratiger, aber heller. Auch die in meinen Postings genannte Liebe zu den gerne auch etwas übertriebenen Höhen erfüllte sie meines Gehörs nach ein wenig besser.
Im cleanen Klang war die Duesenberg als erster Proband ohne Vergleich zur Bernie nahezu perfekt passend. Die Vielfältigkeit war extrem und die Charakter der Töne waren extrem individuell. Man merkte sogar als Anfänger wie ich sofort viel deutlicher als bei anderen Gitarren, dass hier die ganze Gitarre bis in die kleinste Schraube spielte und nicht bloß Holz und PUs. Das ist wie wenn man 3 mal Tomatensuppe zum testen hat. Alle schmecken nach Tomate, alle sind lecker, keine ist bäh, aber die eine da, die ganz links, da ist irgendwas drin, kenne ich gar nicht, hmm, irgendwas besonderes, Moment, schlürf, ja, saulecker, aber ich kann nicht sagen was. So in etwa war es mit der Duesenberg.
Die Bernie anschließend hatte diese "Geheimzutat" nicht, klang mir aber irgendwie sympatischer, offener, höher. Im Rockbereich sägte sie ein wenig glaubhafter.
Daran sieht man vermutlich wieder mal, wie subjektiv das alles ist. ich wüsste nichts an der duesenberg auszusetzen, und vor allem ich hatte den heimischen Segen, aber trotzdem war mir irgendwas an der Bernie eher am Herzen. Vielleicht war es unbewusst das Gefühl, eher ein klassisches Musikinstrument in der Hand zu haben, wo die Starplayer eher das Schlachtschiff war? Vielleicht waren es die vielen tollen Bernie Videos, die ich mir die letzten Nächte reingezogen habe? Ich weiß es nicht.
Der letzte Punkt fiel dann am Beraterplatz - ich bekam nur einen irrelevanten Abzug vom Neupreis meiner Squier von der Gutschrift runter und handgezählte 200 Euro Rabatt auf die Bernie, weil es sie nicht mehr im von mir bevorzugten Spalted gab. So zahlte ich also nur 350 Euro drauf und habe jetzt eine Gitarre hier, die ich nicht alle paar Minuten nachstimmen muss, die Dampf hat und die mir gut in der Hand liegt. Habe jetzt ne Stunde gespielt und alle Striche sind in der Mitte.
Fakt ist aber: Früher oder später kommt mir wieder eine Strat dazu. Nur dann halt nicht wieder so ein Billigteil. Ich höre seit 25 jahren Rea und Knopfler und wer weiß, irgendwann kann ich ja vielleicht doch mal eins ihrer Lieder spielen, und da gehört einfach eine schöne Strat dazu. Den gesparten Rest der Kohle lege ich jedenfalls schon mal zur Seite. Eine Mexiko Fender Strat gab es ab 488.-, da waren nicht zuletzt schon mal völlig andere, viel massiver wirkende Tunermechaniken dran. Vielleicht was für den Weihnachtsmann?
So, ich bin erleichtert. Jetzt gehen wieder alle Bemühungen ans Lernen und nicht mehr an die nervende Technik.
Ich danke Euch herzlich für die Hilfen, Tipps und Infos. Die Bernie habe ich ja auch hier aus diesem Thread, von daher: Problem gelöst
Jetzt aber genug getippert, ich muss runter. Mich davon überzeugen, dass sie nach ner Stunde Stillstand nicht wieder total verstimmt ist :-D Und natürlich rumklimpern.
Danke nochmal und LG
Christoph