Beispiele für verschiedene Klangerzeugung gesucht

  • Ersteller Jabberwack
  • Erstellt am
Jabberwack
Jabberwack
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
30.01.19
Registriert
03.01.11
Beiträge
327
Kekse
128
Hallo,

ich suche möglichst bekannte Stücke (Pop, bzw. Musik die irgendwann mal in den Charts war, oder einer großen Gruppe bekannt, keine Spartenlieder aus Jazz o.ä.) mit prägnanten elektronischen Sounds, bei denen ihr wisst, welcher Synthesizer, oder zumindest, welche Synthese-Art verwendet wurde. Ich denke da z.B. an das Lead-Solo von Pink Floyd in Shine on you crazy diamond. Das sollte doch ein Minimoog sein. Wenn ihr noch irgendwo ne Quelle habt, wär natürlich perfekt, aber kann ich auch selbst suchen ;).

Danke!
Tim
 
Eigenschaft
 
Schau dazu am besten mal ins Nachbarforum:

http://www.sequencer.de/synthesizer/viewtopic.php?f=11&t=9592

In der Linksammlung, die ich im Sticky Thread in diesem Subforum gepostet habe, findest du auch einige Sammlungen, z.B. die "Famous Sounds"-Liste auf synthmania.com.

Wenn man sich solche Listen anschaut, merkt man, dass das oft von der technologischen Weiterentwicklung getrieben wird. So hörte man 1983 halt allenthalben den DX7, 1985/7 den D-50, Anfang der 80er Synclavier, Fairlight und Emulator usw.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Sollen wir hier trotzdem eine Liste führen? Wäre ja vielleicht mal interessant, gerade auch für Einsteiger, die sich so in Synthesizer "reinhören" können.


Martman
 
Klar, immer her damit. Ich würde nur darum bitten, bei der Verlinkung von YT-Videos und dergleichen auch immer anzugeben, was da verlinkt wird (Band, Titel, Zeitindex). Die Halbwertszeit von YT-Videos ist mittlerweile nur noch ein paar Monate oder so.
 
Okay, ich persönlich ziehe es sowieso vor, komplett auf YouTube-Links zu verzichten. Zu Anfang mal ein paar Sachen, die nicht subtraktiv sind.

(Edo Zanki feat.) Ulla Meinecke - Die Tänzerin
Eins der wenigen populären Beispiele für echte FM-Synthese. Zanki spielt Stefan Waggershausens Yamaha GS1, einen FM-Synthesizer im Gewand eines Pianos, der schon zeigt, wie expressiv FM-Synthese sein kann. Der GS1 kann zwei Sounds à 4 Operatoren layern, in diesem Fall wurden zwei Presets gelayert, es ist aber nicht mehr bekannt, welche das waren. Das einzige im Song, das nicht FM ist, ist Ullas Gesang und die Beatbox.

Whitney Houston - One Moment In Time, Greatest Love Of All etc.
Der Klischeesound für Phasenmodulations-Synthese, Yamahas für "Digitalsynthesizer fürs Volk" preisoptimiertes FM-Surrogat: das Full-Tines-Piano, das von 1983 bis weit in die 90er Jahre rein gleichzeitig der Inbegriff für E-Pianos war. Er wurde definitiv mit 6 Operatoren erzeugt, wie sie in Yamahas "besseren" Synths zu finden waren. Gemeinhin wird er mit dem Yamaha DX7 assoziiert, in Whitney Houstons Fall wird aber gelegentlich aufgrund der Qualität des Sounds angenommen, daß er statt dessen aus einem DX5 oder gar DX1 stammt - die beiden haben im Vergleich zum zeitgenössischen "DX7 I" einen "runderen", weniger schmutzigen Sound, wovon ich mich selbst im Direktvergleich zwischen DX7 I, DX7 II und DX1 überzeugen konnte.

Level 42 - Lessons In Love
Hier haben wir einiges an DX7, also wieder Phasenmodulations-Synthese: die Tubular Bells, die einen Teil des Intros ausmachen (neben dem "hauchigen" Sound und der gegenläufigen E-Gitarre), das E-Piano im Hintergrund, die Glocken im instrumentalen Zwischenspiel.

Jean Michel Jarre - Oxygène 4
Hier gibt es viel zu entdecken. Natürlich ist der Song zu mehr als der Hälfte klassisch analog-subtraktiv. Die Strings stammen aus dem Stringensemble einer niederländischen Mittelklasse-Heimorgel (Eminent 310 Unique), hier passiert schon etwas ein bißchen anderes im Vergleich zu Analogsynthesizern: Statt mit voneinander unabhängigen Voicecards mit jeweils praktisch einem kompletten Synthesizer (abzüglich LFOs) drauf, die sich auch mal gegeneinander verstimmen, haben wir es hier mit Oktavteilertechnik zu tun, die die Oszillatoren absolut phasenstarr an einen hochfrequenten Taktgeber koppelt. Dazu kommt noch ein Ensemble-Effekt auf Eimerkettenbasis, ein Verwandter des Chorus. Das "Wabern" der Akkordfläche wurde erzeugt mit einem Electro-Harmonix Small Stone Phase Shifter, und das Delay wurde aus zwei Bandmaschinen gebastelt.

Wirklich interessant ist der scharfe Sound im "C-Teil", der stammt nämlich von einem der allerersten Digitalsynthesizer: Der RMI Harmonic Synthesizer ist ein monophoner additiver Synthesizer mit zweimal 16 fest harmonisch gestimmten Oszillatoren, und für die additive Synthese braucht man absolut stimmstabile Oszillatoren, was damals wie heute nur mit Digitaltechnik geht; außerdem war es Mitte der 70er schwierig genug, einen Synthesizer zu bauen mit 32 Sinusoszillatoren.


Martman
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Mal wiederbeleben, den Thread.

Korrektur zu oben:
Greatest Love Of All ist ein Rhodes mit Dyno-My-Piano-Mod. Bei dem Klang wiederum haben die Yamaha-Soundentwickler das DX7-Piano "E.PIANO 1" (Werks-ROM #11) abgekupfert. Alternativbeispiel für "E.PIANO 1": Glenn Medeiros - Nothing's Gonna Change My Love For You

Ten Sharp - You
Wohl einer der ersten populären Songs, die komplett aus dem Rompler kommen - genauer gesagt, komplett aus einem einzigen Romplermodell: Alle Sounds (ich meine, sogar die Drums) entstammen zwei Roland U-20, deren Expanderversion U-220 einem heutzutage praktisch an jeder Ecke nachgeschmissen wird. Übrigens ist auch Joshua Kadisons Piano aus der Kiste.

Enya - Orinoco Flow
Jean Michel Jarre - Revolutions (das Album)
Willkommen in der Welt des Roland D-50 mit seiner Linear Algorithmic-Synthese. Eigentlich nichts Weltbewegendes, sondern subtraktive Synthese in digital, teilweise zusätzlich mit kurzen Attack-Samples. Enya hat den D-50 gern und viel verwendet - Orinoco Flow ist quasi der Demotrack des Werkspreset "Pizzagogo". Das Album Revolutions von Jarre wiederum besteht aus gefühlten 80% aus D-50 (und D-550, weil ein einzelner D-50 das alles nicht hätte wuppen können), zeigt aber hervorragend, was der D-50 so alles kann, selbst wenn er nur interne oder Kartenpresets spielt.

Faithless - Insomnia
Wo wir schon mal bei Pizzicato sind, ein weiteres Rompler-Beispiel, nämlich den anderen berühmten Roland-Pizzicato. Der Faithless-Pizzicato-Sound ist ein leicht modifiziertes Preset des Roland JD-990. Das Sample wurde danach durch die komplette JV/XP- und XV-Serie weitergereicht und dürfte sogar noch im Integra-7 sitzen.

Tina Turner - What's Love Got To Do With It
Es gab in den 80ern zwei immer wieder gern genommene Mundharmonikas: Stevie Wonder (siehe Eurythmics - There Must Be An Angel oder Chaka Khan - I Feel For You) und "HARMONICA1" vom DX7, genauer gesagt, Preset #15 aus ROM 2-A, also von einer Cartridge. Dieser Song verwendet letzteren, also auch wieder FM.

a-ha - Take On Me
Howard Jones - What Is Love?
Kenny Loggins - Danger Zone
John Parr - St. Elmo's Fire
Nur drei von zahllosen 80er-Jahre-Tracks, die den FM-Baß Nummer eins verwenden im wahrsten Sinne des Wortes: Werkssound #15 "BASS 1" vom Yamaha DX7.

Berlin - Take My Breath Away
Yamaha DX7 #16 "BASS 2", der andere berühmte FM-Baß.

Bon Jovi - Livin' On A Prayer
Band Aid - Do They Know It's Christmas?
Die Tubular Bells sind so offensichtlich FM (DX7 Werks-ROM #26 "TUB BELLS"), daß das schon gar nicht mehr groß erwähnt werden muß.

Michael Jackson - Beat It
Okay, jetzt wird's kompliziert. Die Rede ist vom Intro-Sound. Der stammt von einem NED Synclavier II und wurde somit erzeugt mit einer Kombination aus Frequenzmodulation und additiver Synthese mit 24 Partials, die alle zusammen von einem einzelnen Sinusoszillator in der Frequenz moduliert wurden. Um es noch komplizierter zu machen: Weil der Sound so kultig ist, gibt's ihn auch als Sample für den guten alten Emulator II (in OMIs "Universe of Sounds"-Library).

Peter Gabriel - Sledgehammer
A propos Emulator II: Die Shakuhachi in diesem Song ist ein Sample, das auf dem Emulator II debütierte, und zwar als "Loon Garden" in der Werksbibliothek. In diesem Fall wurde die mehrfach kippende japanische Bambusflöte zu einem solchen Kult, daß das Sample daraufhin seinen Weg ins Fairlight CMI III fand. (Übrigens war Peter Gabriel der Käufer eines der ersten beiden Fairlight CMI I.) Michael Cretu hatte die Emulator-Shakuhachi in seinem WaveFrame Audioframe 1000, von wo aus sie in Sadeness (Pt. 1) gelangte.

Van Halen - Why Can't This Be Love
Der Synthlead stammt von Eddies Oberheim OB-Xa und ist ein klassisches Beispiel für amtlichen No-Nonsense-Sync-Sound mit einem LFO, der die Frequenz des Slave schön weit rauf- und runterdreht.


Martman
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Whitney Houston - One Moment In Time, Greatest Love Of All etc.
Der Klischeesound für Phasenmodulations-Synthese, Yamahas für "Digitalsynthesizer fürs Volk" preisoptimiertes FM-Surrogat: das Full-Tines-Piano, ...

Stimmt zwar, aber IMHO ist "One Moment In Time" da als Hörbeispiel denkbar ungeeignet, weil dort fast den ganzen Song über (ich rede jetzt von der Standard-Radio-Version) ein typisches David-Foster-Layerpiano zu hören ist - da ist zwar auch ein PM-Piano beteiligt, aber eben Foster-typisch nicht nur. Der allseits bekannte Foster-Piano-Sound besteht zu leicht variierenden Anteilen meist aus einem Pianosound (aus wechselnden Geräten - tw. CP-80, später auch gerne aus einem echten, midifizierten Flügel - oder aus dem, was gerade da war ;) ), einem Rhodes und/oder "FM"-Rhodes, der das Ganze etwas glockiger macht und live für mehr Durchsetzung sorgt.

Jedenfalls ist das in dem Songs nicht der typische "FM-Dyno-Piano" Sound in Reinform.

Korrektur zu oben:
Greatest Love Of All ist ein Rhodes mit Dyno-My-Piano-Mod. Bei dem Klang wiederum haben die Yamaha-Soundentwickler das DX7-Piano "E.PIANO 1" (Werks-ROM #11) abgekupfert.
Bist du da sicher? Bzw. welche Version meinst du? Dass so einer live womöglich zum Einsatz gekommen ist, mag sein - und dass das die Vorlage für den #11 war, glaube ich auch gerne. Aber gerade "Greatest Love Of All" ist für mich das Paradebeispiel für den DX-Pianosound - und der klingt auch um einiges steriler und "FMiger" als ein echtes Rhodes mit Dyno-Mod.
 
Wenig los hier. Könnte man eigentlich mal wiederbeleben. Den Thread kann man ja auch verwenden, um aufzuzeigen, was in welchem Song prägnanterweise mit was für Equipment gemacht wurde.

Dann mach ich mal weiter mit Drum Machines Part 1: Linn

Was sind die bekanntesten Drummaschinen der 80er Jahre? Roland TR-808 und TR-909. Die spielten allerdings bis 1987 nur eine geringe Rolle (ich komm dazu noch). Die 80er selbst wurden geprägt von den großen voll samplebasierten Maschinen aus den Staaten.

1. Linn LM-1 (1980)
Und die LM-1 war die erste ihrer Art. Schweineteuer, besonders für einen Klopfgeist, aber klanglich eine Offenbarung. Auch wenn's nur 8 Bit, 28 kHz waren und jedes Sample in einen einzigen 4-kiB-EPROM oder zwei 2-kiB-EPROMS passen mußte: Sowas hatte man im Jahr 1 nach Fairlight noch nie gehört. Zum ersten Mal klang eine Drummachine wie ein echter Schlagzeuger.

Aus heutiger Sicht klingt die LM-1 ziemlich archaisch mit ihren fehlenden Höhen. Aber man muß zugeben: Das Teil drückt wie Sau.

Zwei Dinge haben die Drums der 80er geprägt: zum einen die LM-1 und ihre samplebasierten Nachfahrinnen, zum anderen reichlicher Einsatz von Hall. Zur Zeit der LM-1 war letzteres noch nicht so ausgeprägt, und man kann die LM-1 auf vielen Produktionen noch furztrocken hören. Beispiele:
  • Rod Stewart – "Tonight I'm Yours", "Young Turks"
    Die unbearbeitete LM-1 trägt bei beiden Songs sehr zu deren Charme bei.
  • Daryl Hall & John Oates – "Maneater"
    Auch ein schönes Beispiel einer LM-1 au naturel.
  • Michael Jackson – "Wanna Be Startin' Somethin'"
    Es ist Funk. Von Quincy Jones. Da gibt's keine fancy Drum-Nachbearbeitung. Aber gut, den mauen Frequenzgang einer LM-1 kann man höchstens verbessern, indem sie einen anderen Drum-Klangerzeuger antriggert.
A propos Funk:
  • Prince & The Revolution – "1999"
    Wenn ein Name untrennbar mit der LM-1 genannt wird, ist das Prince. Der war mit seiner LM-1 verheiratet. Der hat sie auch nicht vermatscht, der hat damit aber ganz was anderes gemacht, nämlich mit den Pitch-Reglern rumgespielt. Flash & The Pan haben es ihm ein Jahr später nachgemacht. Dieser ominöse Klopf-Sound in "Midnight Man" ist das Sidestick-Sample, das in der LM-1 ein ganzes Stück runtergepitcht ist. Leider pitcht die LM-1 auf eine sehr eigene Art, das kann man mit einem Sampler nicht nachahmen. Prince ist der Grund, warum die LM-1 heute so teuer ist.
Aber auch die LM-1 machte schon Bekanntschaft mit Hallgeräten.
  • ABBA – "The Day Before You Came"
    In ihren letzten Tagen waren ABBA zur lupenreinen Synthpop-Band mutiert. Wenn Björn nicht sang, war er nur Texter. Derweil veredelte Benny den Sound der LM-1, darunter mit subtilem Hall.
  • Billy Idol – "Hot In The City"
    Silberlocke hält nichts von Subtilität. Außerdem ist der Song für Billys Verhältnisse langsam, also muß als Ersatzdruckmittel die Snare großzügig verhallt werden.
  • Tight Fit – "The Lion Sleeps Tonight"
    In den Strophen gibt's Dschungelfeeling auf Linn-Art. Der fast geglückte Versuch, eine LM-1 so abgefrickelt spielen zu lassen wie Jahre später die 808 im R&B. Im Refrain dann viel Hall auf der Snare. Einer der wenigen Songs, die die Open Hi Hat einsetzen, weil das 4-kiB-Sample zu kurz ist für einen moderat schnellen Achtelrhythmus.
A propos Open Hi Hat:
  • Michael Jackson – "Thriller"
    Entweder Triolen, oder man geht wie Quincy auf Nummer sicher und setzt die Open Hi Hat der ansonsten schön trockenen LM-1 gleich in einem Sechzehntelrhythmus ein.
  • Jean Michel Jarre – "Arpegiator"
    Jarres Herangehensweise während der China-Tour: Die Hi Hat kommt von etwas mit genug Speicher: vom Fairlight.
Extrembeispiel der LM-1-Mißhandlung:
  • Genesis – "Mama"
    Das ist Phil Collins. Der kann erst recht nicht subtil. Die LM-1 wird fast bis zur Unkenntlichkeit programmiert und nachbehandelt (siehe die arme CR-78 in "In The Air Tonight") – und dann von Phils eigenem Kit mit vielviel Gated Reverb drauf erschlagen.


2. LinnDrum (1982)
1980 war die LM-1 Sie war mit $5000 teuer, aber sie war konkurrenzlos. 1981 schob Tom Oberheim die halb so teure, aber mindestens genauso geil klingende DMX auf den Markt, und die LM-1-Verkäufe brachen ein. Die letzten LM-1 wurden etwas abgespeckt und kosteten wieder wie die ersten Exemplare "nur" $4000, waren aber immer noch zu teuer im Vergleich zu Oberheims $2500-Klopfgeist.

Linns Reaktion: 1982 kam die LinnDrum. Diverse Features, die außer Prince niemand brauchte, waren weggezüchtet worden. Dafür gab's aber auch Verbesserungen bei der "kleinsten" und kostengünstigsten Linn: Ein Sample konnte sich über mehr als zwei EPROMs (bei gleichbleibenden 4 kiB pro Chip) erstrecken. Endlich konnte eine Linn auch eine ordentliche Open Hi Hat und vor allem Becken – das Ride geht über acht Chips.

Mittlerweile war aber das Hall-Zeitalter voll angebrochen. So ist es nicht ganz einfach, unverhallte LinnDrums zu finden.
  • Yazoo – "Nobody's Diary"
    Die halbe Nummer klingt sehr trocken. Vince Clarke setzte auf Digitales (Fairlight, einen DX7 hatte er wohl auch schon), und zu dem blippigen Accompaniment hätte Hall nicht gepaßt.
  • Diana Ross – "Chain Reaction"
    Die Bee Gees verstecken sich nach dem Disco Backlash hinter der ehemaligen Supremes-Frontfrau, und die LinnDrum darf ihr Tambourine-Sample in einem Post-Disco-Kontext einsetzen.
  • Miami Sound Machine – "Dr. Beat"
    Sowas kommt von sowas. Nette Percussion, bißchen frickelig. Gib einem Kubaner eine Linn...
  • Jean Michel Jarre – "Zoolook"
    Frohlocket, die LinnDrum kann endlich eine ordentliche Open Hi Hat! Und Jarre hat sie nebenher mißbraucht, um sein Fairlight anzutriggern. (Und das dürfte das einzige Mal sein, daß wir Jarre mit einem DX7 erwischen – bevor er das Ding nach vier Wochen wieder zurückgab.)
  • a-ha – "Take On Me"
    Das DX7-Lehrstück eröffnet mit einer freistehenden LinnDrum, die allerdings ein Custom-Sample drin hat.
  • Bonnie Tyler – "Holding Out For A Hero"
    Zum einen zu schnell für Hallorgien auf dem Rhythmus, zum anderen hat der Richard Wagner der Rockmusik Jim Steinman schon großzügigen Hall auf den Simmons-SDS-V-Toms angeordnet. Die ersten Sekunden gehören der Linn alleine.
  • Michael Sembello – "Maniac"
    Bonnie meets Italo Disco. Linn ohne Hall, dito die je nach Version zeitgleich einsetzenden Simmons-Toms. Acht Takte lang im Intro fast nur Linn.
  • Dead Or Alive – "You Spin Me Round (Like A Record)"
  • Jermaine Jackson & Pia Zadora – "When The Rain Begins To Fall"
    Noch sicherer als BPM beim Aufspüren trockener Linns scheint das schweißtreibende Gefrickel des kaum langsameren Hi-NRG, für den die LinnDrum der Treibsatz war. Besonders ersterer Song fällt auf durch die Hi-NRG-typisch verwendeten Claps – überall, nur nicht auf dem Downbeat, wo sie hingehören.
  • Frankie Goes To Hollywood – "Relax"
    Oder man macht es so: Man nimmt gar keine Snare, dafür aber um so mehr Claps.
  • Paul McCartney – "Hope Of Deliverance"
    Klar, ein Song, der zehn Jahre nach dem Debüt der LinnDrum aufgenommen wurde, fällt in eine Zeit, als Hall pfui-bah war. Aber in einem 90er-Jahre-Song würde niemand eine LinnDrum vermuten, erst recht nicht in einem ansonsten akustischen McCartney-Song.
So manch einer hat die Snare der LinnDrum dann doch lieber in Hall gebadet.
  • Bronski Beat – "Hit That Perfect Beat"
    Kaum ist Jimmy Somerville weg, wendet man sich dem hektischen Hi-NRG zu. Damit ist bewiesen, daß die Hi-NRG-Methode nicht immer klappt: Hier gibt's auf einmal Hall. Um so mehr krachen die kleinen Sechzehntel-Fills.
  • Berlin – "Take My Breath Away"
    Moroder ersäuft die arme Linn fast im Hall. Aber gut, da macht er einmal eine Ballade..
  • Irene Cara – "Flashdance... What A Feeling"
  • Paul Engemann – "Scarface"
  • Limahl – "NeverEnding Story"
    Moroder kann in seinen 80er-Soundtracks aber auch sehr subtil verhallen.
  • Phil Collins – "Don't Lose My Number"
    Und was macht Phil dieses Mal? Gated Reverb auf einer LinnDrum! Und zwar auch auf der Bass. Weil es geht, und weil er Phil Collins ist. Die Toms sind akustisch. Und vergatedreverbt. Aber gut, auf dem Album No Jacket Required setzt Phil auch 808 und 909 ein – zwei Jahre vor Acid Tracks.
  • Don Henley – "Boys Of Summer"
    Die LinnDrum hat drei Snare-Taster. Ist jedes Mal dasselbe Sample, nur in drei unterschiedlichen Lautstärken, hier schön zur Schau gestellt. Und wieder Tambourine.
Kleiner Exkurs noch zur LinnDrum: Harold Faltermeyer – "Axel F". Drums kommen von einer leicht angehallten LinnDrum. Die Leadstimme kommt von einem Roland Jupiter-8. Die Akkordblips steuert ein Roland JX-3P bei (man hört das aufgeschaltete Hochpaßfilter schön). Der Baß kommt von einem Moog 15, einem kleinen Modularsynth, der bis vier Jahre zuvor noch gebaut worden war. Alles, was irgendwie metallisch oder hölzern klingt, bringt schließlich ein Yamaha DX7 ein.


3. Linn 9000 (1984)
Die Über-Linn. Leider ziemlich verbuggt. Zum Glück gibt's heute von Bruce Forat, offiziellem Linn-Rechteinhaber, die entbuggte Forat F9000.

Die Linn 9000 war der letzte Schritt zum MPC. Sie hat MIDI, sie hat einen MIDI-Sequencer, sie hat ein textfähiges LCD, sie hat zwei Jahre vor der E-mu SP-12 optional einen Sampler (Rogers Reaktion auf die ständigen "Roger, brenn mir mal dies und jenes auf EPROM"-Wünsche), und sie hat Gummipads, die auch nicht viel anders aussehen als die eines heutigen MPC, nur daß es 3×6 sind und nicht 4×4. Die EPROMs hatten nun die vierfache Größe der Ur-Linns (8 kiB), die Samplingfrequenz war variabel und ging bis 37 kHz. Die Linn 9000 kann also sehr hell klingen. Sie kostete dann auch gleich wieder $5000 und konnte für nochmal $2000 mit Optionen aufgerüstet werden.

Allerdings wurde sie in eine Zeit geboren, als der Synthpop zum Alltag gehörte und Synthesizer das Normalste der Welt wurden. Eine Zeit, die musikalisch regiert wurde von Dieter Bohlen, Michael Cretu sowie Mike Stock, Matt Aitken und Pete Waterman, die sie in ihren Produktionen als Drummer namens "A Linn" crediteten.

Pop war nunmehr derart überproduziert, daß eine Natur-9000 schwer zu finden ist, zumal – wie gesagt – sie nicht selten eine Samplingoption hatte, von der gerade Stock, Aitken & Waterman ständig Gebrauch machten.
  • George Michael – "I Want Your Sex"
    Und wieder führt die Spur über den Funk. Eins der sehr wenigen Beispiele einer furztrockenen Linn 9000.
  • Sigue Sigue Sputnik – "Love Missile F1-11
    Nicht ganz trocken inmitten dieses Sampler-Sperrfeuers, aber man hört schön, wieviel brillanter die Linn 9000 als die LM-1 klingt.
Ansonsten wurde mit der Linn 9000 so ziemlich alles angestellt, was damals machbar war und durchging. Hall war nur der Anfang.
  • Cutting Crew – "(I Just) Died In Your Arms"
    Uuund eine Hallfahne an der Snare wie der Nackenspoiler einer zeitgenössischen Vokuhila.
  • Queen – "A Kind Of Magic"
    Früher schrieben sie noch auf ihre Alben: "No synthesizers". Nun hören wir nicht nur einen Prophet-5, sondern auch eine Linn 9000.
  • Michael Jackson – "Bad"
    Nicht nur einer der verfrickeltesten 9000-Grooves, sondern obendrein gewinnt Quincy Jones das "Meine Snare kracht am meisten"-Wettrüsten, zumal er auf die Snare auch noch andere Sachen draufpackt.
  • Princess – "Say I'm Your Number One"
    Wir wissen ja, daß Stock, Aitken & Waterman "A Linn" nicht naturbelassen gefahren haben. Aber hier steuert sie einen Sampler an, der Simmons- und 808-Samples abfeuert.
Nach den Linns kamen die Sampler. Roger Linn selbst machte 1986 dicht und rüber zu Akai, wo er das MPC60 entwickelte, das 1988 auf den Markt kam. Das kam gänzlich ohne die "störenden Werkssamples" aus, und die Bugs der Linn 9000 waren auch nicht mehr da. Außerdem konnten MPC60 und die im Vorjahr erschienene Hip-Hop-Revolutioniermaschine E-mu SP-1200 jetzt 12-Bit-Samples, und das MPC ging mit 40 kHz an die menschliche Nyqvist-Frequenz. Teilweise entfernte man sich auch ganz von dedizierten Drummachines und feuerte Drumsamples gleich per Sequencer und MIDI von Samplern ab – ab 1988 flutete der 16-bittige Alleskönner Akai S1000 in die Studios.


Martman
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Sehr schöne Zusammenstellung. Und jetzt bitte noch für Oberheim DMX (und Abkömmlinge) und Sequential Drum Traks! ;)
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
@Martman Zugehörige Frage: weißt du (oder sonst jemand), welche Drummachine oder Sampler für Gary Moores "Wild Frontier" (1987) verwendet wurde? Konnte dazu im NetZ keine Angaben finden, außer Gerüchte, dass es sich um eine Mix von programmierten und eingespielten Drums handelt. Auf dem Album ist aber kein Drummer in den Credits aufgeführt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich konnte soviel mal in Erfahrung bringen ...gib' mir vielleicht noch etwas Zeit... :)


All drums on Wild Frontier are sequenced with a drum machine but the programming is uncredited in the liner notes of the album. Former Black Sabbath drummer Eric Singer would join Moore's backing band on the Wild Frontier tour, before leaving shortly afterwards to form Badlands.
 
Wikipedia lesen kann ich auch selba! ;)

Die Drums klingen halt sehr speziell, es sind auch sehr kurze Samples. Ich würde daher auf einen generischen Sampler tippen. Mich würde halt interessieren, was für ein Modell genau.
 
...'scusi! :redface: - Ich kann bisher nur ins Blaue raten...

Simmons und Linn kann ich ausschliessen.
Für DDrum2 sind die Sounds zu 'crisp', zu hochauflösend, zuviel 'top end'...
R8 kann es von der Jahreszahl her nicht gewesen sein.
Alesis D4 kam auch erst 1991.

Aber: Der Sound ist schon sehr 'Alesis'...die Bassdrum könnte gar das Standard "Big O" Preset sein... und die Alesis HR-16 Drummachine (Bj. 1987) könnte passen!
 
Zuletzt bearbeitet:
bei der Linn (kA welches Modell konkret) fehlt noch Miles Davis 'Tutu'
sollten ursprünglich nur scratch-Drums sein, aber Miles fand es cool (was auch sonst...) :D
... und so ist es dann wohl produziert worden

cheers, Tom
 
Toller Thread, vielen Dank an alle Autoren! :)
 
Oberheim DMX-1
New Order - Blue Monday

Yamaha FM-Synthese
Derrick May - The Dance (der Bass)

Konkret Lately Bass:
- Whigfield - Saturday Night

Moog Modular
- Gershon Kingsley - Popcorn (oft kopiert, nie erreicht)
- Wendy Carlos - Switched On Bach

Korg MS-20
- Mr. Oizo - Flat Beat

Arp Odyssey
- DAF - Verschwende Deine Jugend (der Bass ist ein Sync-Sound)

Roland System-100
- Human League - Being Boiled (zumindest die Percussion wurde damit gemacht)

Arp Omni
- Joy Divison - Love Will Tear Us Apart
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ihr wollt mehr Drummies? Okay, spät, aber hier kommt Drum Machines Part 2: Die 80er jenseits von Roland und Linn

1. Oberheim DMX
1981 bekam Roger Linn zwei Probleme. Das eine hieß Tom Oberheim. Das andere kam von Tom Oberheim, der jetzt in digital machte und der knapp $5000 teuren Linn LM-1 ein Konkurrenzprodukt zu etwas mehr als dem halben Preis (knapp zwoneun) entgegensetzte: die Oberheim DMX. Okay, die hatte nicht die überbordenden Features der LM-1, konnte aber alles, was sie mußte, und das teilweise besser als die LM-1, die ja bekanntlich mangels ROM keine anständige Open Hi-Hat konnte.

Im Vergleich mit der Linn "kracht" vor allem die Snare der DMX ein ganzes Ende mehr, was man besonders bei 80er-Jahre-typischer Nachverwurstung merkt.

Ein paar Songs mit der DMX:
  • New Order - Blue Monday
    DMX – Der Film™. Keine Hallfahne, vielleicht ein bißchen Kompression auf die Snare, aber sonst ziemlich naturbelassen. Das Geilste: Mit ihrer Songfunktion konnte die DMX die ganzen 8 Minuten per Autopilot fliegen, ohne daß jemand was anderes als den Starttaster angefaßt hätte. Möglicherweise war mindestens ein Oberheim-Synth mit an dem Song beteiligt – jegliche Synchronisationsmöglichkeiten der DMX sind proprietär.
  • Phil Collins – "Sussudio"
    No Jacket Required, die zweite. Am Anfang war die DMX. Während die ihren Beat abklopfte, experimentierte Phil mit Lyrics darüber. Ohne die DMX hätte der Song also nicht mal den, zugegeben sinnfreien, Titel. Das Treatment der LinnDrum auf demselben Album ("Don't Lose My Number") bleibt ihr erspart, immerhin muß sie sich einen Song mit teilweise mehreren Overdubs der legendären Phenix Horns teilen.
  • Madonna – "Into The Groove"
    So ganz allmählich merkt man, wohin die Reise mit der DMX ging. Die Linn-Kisten mögen es glatt und müssen zum Funk gezwungen werden. Die DMX wurde mit Funk ausgeliefert. Hier wird sie processed, trotzdem scheint ihr markanter Sound durch, der einen fast zum Breakdancen bringen will.
  • Madonna – "Holiday"
    Ja, unter den 24 (!) Sounds der DMX findet sich auch 'ne Cowbell. (Fun fact: Gestern hat bei uns ein Drummer vorgespielt, der in dem Song die Cowbell mitgespielt hat – soweit das eben ging.)
  • Thompson Twins – "Doctor Doctor"
    Es braucht schon einiges, um die DMX vom direkten Kurs zum Hip-Hop abzubringen und sie in die New Romantic zu pressen. Ihre Snare komplett in Hall unterzutauchen, ist ein guter Anfang. Die ganze DMX hinter Synths zu verstecken, ist der nächste Schritt.
  • ZZ Top – "Legs"
    Wer trommelt da? Frank Beard? Mitnichten. Hier zeigt die DMX, daß sie sogar mit Bluesrockern aus Texas zusammen kann. Auch wenn sie mithilft, dem halben Album Eliminator einen ziemlichen New-Wave-Anstrich zu verpassen. Trotzdem wurde es eins der meistverkauften Alben überhaupt.

Fun fact: Mindestens zwei berühmte Künstler haben sich nach der Kiste benannt: der Rapper DMX und der Hip-Hop-Produzent Davy DMX.

2. Oberheim DX
Bekanntlich konterte Linn die DMX umgehend mit der kaum teureren LinnDrum. Was machte Oberheim? Einen Gegenkonter in Form der 1983 erschienenen Oberheim DX für nicht ganz einsvier. Eine samplebasierte Drummachine, die sogar den Yamaha DX7 im Preis unterbot. Das heißt, eigentlich hat Oberheim nur seine DMX auf weniger Sounds und Polyphonie und ein einfacheres Display eingedampft, statt sie ganz neu zu entwickeln. Die Drummies dürften Oberheim derart Kohle in die Kriegskasse gespült haben, daß er ab dem Erscheinungsjahr der DX die Matrix-Reihe inklusive Xpander auf den langsam DX7-gesättigten Markt schieben konnte. Sogar ein Flaggschiff wie den exorbitanten Matrix-12 konnten sie quersubventionieren.

Die DX dürfte wenig in großen Produktionen eingesetzt worden sein – wer konnte, nahm gleich die DMX, und wer große Produktionen fuhr, konnte auch –, aber zu dem Preis machte sie sich erst recht wie ihre große Schwester im Hip-Hop breit.

3. E-mu Drumulator
Rossums Bude verstand sich als Preisbrecher. Erst unterboten die Emulators die Monstersampler von Fairlight und New England Digital (obwohl sie selbst noch so horrende teuer waren, daß es Ensoniq ein Leichtes war, sie mit dem Mirage zu unterbieten). Und dann brachten sie 1983 mit dem Drumulator eine samplebasierte Drummachine, die nicht mal $1000 kostete. Trotzdem – oder gerade deshalb – wurde die blaue Kiste mit ihren nur acht Samples (die ab dem Drumulator II immerhin 12-bittig waren) zum Erfolg auch in Chartproduktionen, etwa:

  • Rockwell – "Somebody's Watching Me"
    Bemerkenswert naturbelassen eröffnet die Snare des Drumulators diesen einzigen Hit, den der Sohn von Berry Gordy, Jr. bei Papis Plattenfirma hatte (daher der Spitzname, damit die Leute nicht glauben, er hätte den Vertrag von Papi bekommen) – mit Michael Jackson als Backing-Sänger. Hier zeigt sich, daß der Drumulator trotz 20% des Kaufpreises einer LM-1 sich nicht zu verstecken brauchte.
  • Kenny Loggins – "Footloose"
    Und wieder mehrere Sekunden Intro, die praktisch ganz alleine dem Drumulator gehören. Ab der ersten Strophe packt er nicht nur die Hi-Hat aus (inklusive Accent), sondern auch Handclaps.
  • Valerie Dore – "The Night"
    Drumulator und Italo Disco? Doch, paßt erstaunlich gut zusammen, gerade in dieser Nummer, die er sich mit einer mutmaßlich italienischen Stringmachine und einer bemerkenswerten Sängerin teilt.
  • Depeche Mode – "Everything Counts"
    Mal wieder eine ganz andere Richtung – eigentlich zwei Richtungen in einem Song, die der Drumulator beide absolviert.
  • Tears For Fears – "Shout"
    A prpopos Synthpop, was? Auch das ist ein Drumulator, aber mit Third-Party-EPROMS aus dem Hause Digidrums. Wunderbar verfrickelter Groove.

4. Movement MCS Drum Computer
Schieben wir mal was Obskures ein, was aber trotzdem so ziemlich jeder schon mal gehört haben sollte. Eine Hybrid-Drummachine, analog und samplebasiert nebeneinander. Mit Bildschirm à la Fairlight inklusive Lichtgriffel. Und mit QWERTY-Tastatur. Is klar.

Nee, is wirklich klar. Und der MCS basiert tatsächlich auf einem Heimcomputer. Gut, er hat keinen überragenden Klang, schon gar nicht für seinen horrenden Einstandspreis 1981. Folglich wurden auch nur an die 30 gebaut. Aber die fanden derart viele Nutzer, daß man annehmen muß, daß die Dinger ständig von Eigentümer zu Eigentümer wanderten. Denn verwendet wurde die orange Kiste, die ein bißchen wie die Karikatur eines frühen Homecomputers wirkt, so manches Mal:
  • Eurythmics – "Sweet Dreams"
    Hier hat Dave mit voller Absicht auch von der analogen Seite Gebrauch gemacht. Und beim Aufbau seines Kellerstudios muß die Maschine so teuer gewesen sein, daß es für ein Mikrostativ für Annie nicht mehr gereicht hat – sie hielt beim Einsingen der Nummer das Mikro in der Hand. Aber als wenn ein David A. Stewart Drumsounds von der Stange verwenden würde. Noch mehr hat der MCS zu tun auf "Love Is A Stranger", und ich verdächtige ihn, auch an "Who's That Girl" beteiligt zu sein.
  • Kim Wilde – "Cambodia"
    Der Song schlägt drummäßig in dieselbe Bresche. Der Song ist klanglich so entrückt, daß man auch hier mit der Analogseite kokettieren konnte. Und natürlich schööön viel Hall drauf.
Auch diese Maschine soll von Phil Collins eingesetzt worden sein – und von den Thompson Twins zeitgleich mit der mächtigeren DMX.

5. Sequential Circuits Drumtraks
Die nächsten, die "Hier!" schrieen und mit einer Drummachine wedelten, waren Sequential Circuits. Das war 1984. Die Drumtraks hatte gute Karten, denn auch wenn die im selben Jahr auf den Markt gekommene Linn 9000 ein Featuremonster war, war sie auch wieder horrende teuer. Und die Drumtraks hatte ihre eigenen netten Features. Zum einen lud SCI geradezu zum Selberbrennen von Samples auf EPROMS ein – standardmäßig kam die Drumtraks mit Samples, die von DMX und LinnDrum abgesamplet worden waren (!). Für richtig guten Sound war also Eigeninitiative gefragt. Dafür beherrschte sie Sequencing auf heutigem Niveau. Während die Linn 9000 immer noch separate Speicherplätze für unterschiedliche Lautstärken desselben Sample verwendete, konnte bei der Drumtraks die Lautstärke pro Sound und Event im Sequencer programmiert werden. Und nicht nur die, sondern auch die Tonhöhe.

Hab ich erwähnt, daß die Drumtraks von vornherein mit MIDI kam – als erste ihrer Art, vor der Linn 9000? Aber gut, SCI selber hat Anfang 1983 mit dem Prophet-600 einen der ersten beiden Synthesizer mit MIDI vorgestellt.

Bis hierhin könnte man das so aufteilen: Linn war der Alleskönner für die Hitmacher. Oberheim war für den Hip-Hop. Und die Drumtraks war für die Frickelnasen im elektronischen Underground.

Eine Referenzsongliste für die Drumtraks aufzustellen, ist folglich noch schwieriger als für die DX, denn die Drumtraks "imitierte" im Grunde nur die Maschinen von Linn und Oberheim – wie gesagt, außer man brannte sich seine eigenen Samples oder ließ brennen.

6. Yamaha RX5
Beschließen wir diesen Teil mal mit einer japanischen Drummachine, die man so normalerweise wohl eher nicht auf dem Zettel haben sollte, und die in dem Jahr herauskam, als Linn dichtmachte, 1986. Die Technik war weiter fortgeschritten, und von Yamaha konnte man damals (Geburtsjahr des DX27 und Konsorten) so einiges Lustiges erwarten. So hat die RX5 24 Sounds, belegbar mit einem der 52 12-bittigen internen und 12 "User"-Samples (Sampling kann sie leider nicht), mit denen sie eine Menge anstellen kann – es gibt zwei Accent-Levels jeweils, außerdem zwei Hüllkurven (Verstärker, Tonhöhe). Die RX5 hat obendrein zwei Slots für Cartridges, einen für neue Sounds inklusive neuer Samples, und einer nimmt die gute alte RAM4-Cartridge auf, auf der man seine Sequenzen etc. ablegen kann. Obendrein hat sie sowohl MIDI als auch Clock als Ein- und Ausgang und zwölf Einzelausgänge plus Click neben dem Stereopaar. Und welche Drummachine kann ihre Sounds sonst noch abdämpfen?

Neben der RX5 gab es noch eine ganze Familie weiterer Drummachines. Aber heutzutage ist sogar die RX5 noch ein regelrechter Schnapper, eben weil sie nicht die Aura des Kult umgibt.

Die RX5 ist letztlich in etliche Studios eingezogen und entsprechend auch auf nicht gerade wenigen Produktionen zu hören, bleistiftsweise:
  • Dead Or Alive – "You Spin Me 'Round (Like A Record)"
    Die LinnDrum hatte mitnichten das Monopol auf Hi-NRG. Die RX5 konnte das mindestens so gut – und präziser dank MIDI. Viel Nachbearbeitung erfährt sie hier nicht.
  • a-ha – "The Living Daylights", "Touchy!", "You Are The One", "Stay On These Roads" und der Rest vom gleichnamigen Album
    Stichwort Nachbearbeitung: sehr markant, was bei den Jungs aus der RX5-Snare wurde.
  • Roxette – "The Look"
    Japp, Rock kann sie auch, denn sie kann mit genügend Hall ähnlich krachig wie die Linns.
  • Prince – "Sign “☮” The Times"
    Man kann sich, glaub ich, ungefähr vorstellen, was passiert, wenn Prince, der gerade The Revolution aufgelöst hat und ein Soloalbum aufnimmt, der außerdem die Linn LM-1 mit zum Kult erhoben hat, sich eine Frickelmaschine wie die RX5 schnappt. Von der Bude kommt in dem Song mehr, als man glaubt. Drei Lautstärkestufen – Prince reizt das aus. Und stimmt Samples tonal, passend zum Song. Der Beweis, daß sie im Zeitalter des Spandex auch Funk konnte.
Schätze, den nächsten Teil widme ich mal den Roland-Klassikern für die, die sie noch nicht so gut kennen.


Martman
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 4 Benutzer
Grandiose Übersicht für Nachzügler wie mich um da einen besseren Überblick zu bekommen - danke!
 
Zugehörige Frage: weißt du (oder sonst jemand), welche Drummachine oder Sampler für Gary Moores "Wild Frontier" (1987) verwendet wurde?


Habe endlich eine konkrete Aussage hierzu gefunden. Es war wohl eine Linn 9000 plus Overedubs von einem echten Drummer.

Quelle: Guitar World Interview 1987

After he put down a few demos with digital drums, the greater part of the drum tracks was set down in the Marcus Studio in London with a Linn 9000. As soon as most of the tracks were finished , Roland Carridge ("Reflex") came and did some overdubs.

Aber es ist auch ein Fairlight dabei:

The song "The Loner" was a struggle between the guitar and the keyboards. The drums are Fairlight and so is the bass, and then there is also guitar and violins laid over.
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben