Der Gepuschelte
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At the beginning...
Ich hatte mich schon länger mit der Idee auseinandergesetzt, einen eigenen Bass zu haben, also nicht nur „Custom“ von Holz und Pickups, sondern dann auch mit eigenem Design. Entsprechend ging ich durch einige Entwicklungsphasen:
Irgendwann kam ich dann auf die Idee mich an einer Art Singlecut zu versuchen. Den unteren Teil eines Strandberg-Bodys fand ich auch nicht schlecht, was mich an dem Design störte ist allerdings das Problem, dass ich gerne einen Bass haben wollte, der im Sitzen genau die selbe Spielposition hat wie umgehängt.
Ich nahm eins meiner Ideen (Yamaha), erweiterte es um einen Singlecut, fügte „unterhalb“ des Halses die von Strandberg inspirierte „Spitze“ ein und hatte mein Grunddesign. Da ich zu der Zeit schon meinen Mensinger hatte, und mich die kurze Mensur nicht störte, war mir aber klar: 30“ reichen eigentlich völlig aus.
Version 1.0
Korpustechnisch eigentlich schon das was es mal werden wird, sogar das Kreiselement als optisches Gimmik habe ich hier schon eingeplant:
Diese entwickelte ich relativ schnell weiter, zumal mir einige Dinge relativ schnell klar wurden, u.a., dass ich definitiv eine Kopfplatte brauche, da ich sonst Probleme habe, wenn ich den Bass irgendwo abstellen will.
Version 1.4
Die erste Kopfplatte, die irgendwie ein bisschen nach Duffy Duck aussieht:
Wie man sieht ging es teilweise auch schon um konkrete technische Ausführungen, auch wenn die Anfangs anders geplant waren, so hatte ich zu Beginn die Idee, dass sich der Spannstab von der Rückseite des Basses einstellen lässt, daher auch die große Abdeckung dort.
Saiten wie Pudding
Das eigentliche Problem kristallisierte sich aber an anderer Stelle heraus: beim Mensinger waren die E- und B-Saite einfach zu weich. Generell störte mich bei den hohen Saiten die geringere Spannung nicht, bei E und B war sie aber (für meinen Geschmack) einfach zu gering, gewisse Dinge funktionieren einfach nicht mehr, wenn die Saite zu sehr nachgibt, zum einen eher der “Heavy Hitter”, was eine gewisse Gegenspannung der Saiten erfordert, zum anderen führt die geringe Spannung bei den tiefen Saiten dazu, dass die “Flattern” und keinen sauberen Ton mehr produzieren.
Für den Mensinger besorgte ich mir deshalb eine 140er B- und eine 110er E-Saite, allerdings wollte ich das für meinen Custom-Bass nicht, also was tun? Fanned Frets schienen interessant zu sein, nur woher so etwas zum Test her bekommen?
Glücklicherweise bekam in dann 2013 auf der Musikmesse in Frankfurt die Gelegenheit einen Midas von LeFay in die Finger zu bekommen, und ich stellte relativ schnell fest: mit gefächertem Griffbrett kann ich hervorragend spielen.
Version 1.8
So war also die Entscheidung gefallen: gefächertes Griffbrett, 30”-32” Mensur und kleine Kopfplatte:
Hier ist die Planung noch: 1x Humbucker (Alnico) und 'ne dicke Elektrik in der Hose, Music Man lässt grüßen.
How to bau?
Jetzt kam das nächste Problem auf mich zu: die Umsetzung. Selberbauen traute ich mir nicht zu, also muss ich da jemanden für beauftragen, und das kostet Geld, und nicht gerade wenig. Hobby-Gitarrenbauer verlangen meistens schon um die 1000 Euro, diejenigen, die damit Geld verdienen müssen, sogar weit mehr.
Nach einigem hin und her war es dann so, dass ich meine Instrumentensammlung durchgegangen bin und mir gesagt habe: ich finanziere das Projekt einfach soweit es geht durch den Verkauf von Sachen die sich zwar über die Jahre angesammelt haben, ich aber nicht wirklich brauche.
Ich fing also an nach und nach mein Krempel zu verkaufen, und Ende 2013 hatte ich dann genug Geld für eine Anzahlung zusammen, und dann gab ich das Stück in Auftrag bei Bassart.
...und dann fingen die eigentlichen Probleme an.
Planung 2.0
Ein Design zu machen ist eine Sache, deren Umsetzung in ein Instrument eine völlig andere. Das Grundlegende Design war klar:
Eine weitere Frage war: welche Fächer-Geometrie sollte ich verwenden? Ich entschloß mich bei den Dobratz-Bründern zu klauen und die Geometrie so auszulegen, dass der zur Achse rechtwinklige Bund der 10. sein soll. Da die beiden sehr viel Erfahrung im Bassbau haben, dachte ich, dass die schon wissen was sie das tun. (Anmerkung: letztens sprach ich mit einem italienischen Bassbauer, der meinte, dass der 7. Bund normalerweise der rechtwinkelige sei!?)
Außerdem gab eine Probleme bei der Umsetzung meines Designs, die ich mir vorweg gar nicht klar waren, zum Beispiel, dass es im Bereich Headless keine einzelnen Klemmmechaniken gibt, nur komplette Headpieces!? Glücklicherweise fand ich in Italien dann doch jemanden der so etwas herstellte:
Also 6 Stück davon bestellt und sich der eigentlichen Aufgabe gewidmet.
Herstellung
Zunächst wurde der Halsrohling gebaut, was erwartungsgemäß wenige Probleme bereitete, allerdings tauchten bald neue Probleme auf: die CNC-Fräse gab ihren Geist auf und die neue Spindel fand den Weg aus China nicht heraus.
Head shot
Ich beschäftige mich derweil mit einer neuen Kopfplatte. Im Endeffekt hatte ich dann 3 verschiedene Designs, von dem ich mich für das unterste entschied:
Irgendwann lief die CNC auch wieder, und einige technische Fragen (wo sollen die Kabel von den Pickups zum E-Fach lang?) wurden geklärt und die Zeit schritt ins Land. Weitere Probleme, wie den Zugriff auf den Spannstab, wurden gelöst, so wurde der Kreis als reines Design-Element einfach zur Abdeckung des Spannstabes umfunktioniert:
Als nächstes kam die Frage auf: was für Pickups sollten rein und wo und wie? Aus ästhetischen Gründen wollte ich keine Riesenklopper und entschied mich für 2x Delano JSBC und positionierte sie entsprechend am Bass.
I shot the Nullbund...
Das nächste Problem kam, als das Griffbrett auf dem Bass landete, da fehlte vorne Plötzlich ein Stück. „Wo ist der Nullbund?“ „Das Stückchen da habe ich gestern abgesägt... ach ja, du wolltest ja 'nen Nullbund!?“ “Genau!"...
Lustigerweise (oder besser glücklicherweise) war mittlerweile so viel Zeit ins Land gegangen, so dass es November 2014 war und ich auf der Holy-Grail-Guitarshow mein Unwesen trieb. Natürlich waren auch wieder die beiden Dobbratz-Brüder da (die tauchen ja hier öfters auf), mit denen ich mich unterhielt, und irgendwie fiel auch das Thema auf Fanned Frets und Nullbund. Reiner meinte dann, dass ein Nullbund bei einem Fanned-Fret-Bass eine ziemlich dumme Idee ist, da das nur Probleme macht.
Gut, ich also schnell zum Bassbauer meines Vertrauens (der auch auf der Messe war) und ihm davon berichtet: kein Nullbund! Nullbund bad!
Dannach ging alles fast ohne Probleme weiter, ein paar kleinere Details wurden geklärt und der Bass wurde ohne größere Probleme fertiggestellt.
Pick me up.
...bis dann die Pickups da waren: das waren nämlich keine Humbucker sondern Twin Coils (lesen bildet ). Super. Ich war schon kurz davor zu sagen: „Einpacken und wieder zurückschicken!“, machte mir dann aber doch die Mühe und hörte mir ein paar Klangbeispiele bei Youtube an (Marleaux verbaut die u.a. Im Wotan) und stellte fest: die klingen super, also rein damit!
Zum ersten Mal zuhause
Weihnachten '14 bekam ich dann den vorläufigen Bass ohne Elektronik zum Testen mit nach Hause. Einige kleine Sachen waren noch dran, aber im großen und ganzen fühlte er sich schonmal ziemlich gut an:
Lustiger Fakt am Rand: das E-Fach hatte zwar schon die Bohrungen, allerdings noch keine Elektronik, was dazu führte, dass der Bass tatsächlich wie ein Akustischer Bass funktionierte, wenngleich dieser auch - logischerweise - recht leise war.
Ich habe dann den Bass auch gleich eingeweiht und ihm erstmal zwei Macken verpasst:
Außerdem habe ich die Saitenlage für mich eingestellt und erstmal fleißig gespielt um mich an die gefächerten Bünde zu gewöhnen.
Nach Sylvester ging er dann erstmal wieder zu Bassart: fertig Ölen, Abrichten und die Elektrik einbauen. Ende Januar ging er dann in meinen Besitz über und seit dem spiele ich ihn fleißig.
Fazit
Im Großen und Ganzen war es ein interessantes Erlebnis zu sehen, wie (m)eine Idee zum fertigen Instrument wird, auch wenn hinterher immer denkt, dass man ein paar Dinge doch hätte anders/besser machen können.
Ich denke, dass es auch für Matti eine interessante Herausforderung war, es kommt ja nicht jeden Tag jemand mit einem kompletten Eigenbau/Eigendesign zu einem und sagt: bau mir das.
Randdaten
Darüber brauchen wir, glaube ich, nicht zu diskutieren, was der Matti baut hat schon Hand und Fuß. Da klappert nix, der Bass hat Sustain ohne Ende und die Carbonstäbe im Hals verpassen dem Teil einfach eine Stabilität ohne Ende.
Meckern auf höchstem Niveau
Es gibt speziell an meinem Bass ein, zwei Details die mich optisch ein bisschen stören, ich bin in manchen Dingen sehr perfektionistisch. Gut, man hätte zwar schicker sein können, aber da ich ein Instrument zum Anfassen und Spielen haben wollte, und keine Skulptur für das “Museum Of Modern Arts” (welches ich leider bei meinem Besuch in NY/Manhattan verpasst habe) bestellt habe, ist das völlig in Ordnung. Wer das perfekte Instrument haben will, der legt wahrscheinlich schnell mal das doppelte auf den Tisch.
Und in ein, zwei Jahren werden aufgrund der allgemeinen Spielspuren diese paar Dinge auch nicht weiter ins Gewicht fallen.
Man darf auch nicht vergessen, das der Bass ein komplettes Einzelstück und eine Neuentwicklung ist, das da ein, zwei Dinge nicht perfekt sind ist da m.M. nach völlig normal und zu verschmerzen, außerdem zeigt das ja auch, dass es sich hier um ein Einzelstück guter, deutscher Handwerkskunst handelt, und nicht um irgendein CNC-gefräster 0815-Jazz-Bass aus irgend einer x-beliebigen Fabrik aus Fernost.
Und der 2. Bass dieser Art (sollte er gebaut werden) wird da sicherlich einige Verbesserungen zu meinem Bass erfahren.
Ein weiterer Punkt über den ich im Endeffekt nicht nachgedacht habe war die Klinkenbuchse, da wäre es schöner gewesen, wenn die ein bisschen versenkt wäre, so dass die mit dem Holz abschließt.
Aber das sind die Dinge an die man manchmal vorher nicht denkt. Vielleicht lass ich das auch irgendwann nochmal ändern, das wird mich ja auch nicht die Welt kosten.
Bespielbarkeit
Ich gehöre zu den Menschen die sich relativ schnell mit Fanned Frets anfreunden, von da her habe ich mich grundlegend relativ schnell daran gewöhnt. Die Saitenlage habe ich auch so eingestellt, dass sie mir am Besten liegt (das mache ich aber mit allen Bässen in meinem Bestand), von da her habe ich da auch nichts auszusetzen. Auch die relativ kurze Mensur stört mich nicht, ich habe zwar ziemlich große Hände (ich kann auch mit Bässe mit 36er Mensur problemlos bespielen), trotzdem habe ich es gerne bequem und muss nicht ständig meine Finger (über-)spreizen.
Was ich wirklich gut finde ist der Hals, da ist ordentlich Holz dran, was meinen großen Händen sehr entgegenkommt. Beim Ibanez SR 506 hatte ich immer das Problem, dass das Halsprofil irgendwie zu flach und von der Form nicht wirklich meins war, einen SR 5006, den ich mal spielen durfte, war wiederum super. Der kostet aber dann auch schon 2000 Euro.
Einzig am Anfang störte es mich, dass der Hals geölt ist. Da ich vorher vom Mensinger einen lackierten Hals gewohnt war, war das erstmal komisch, weil da einem immer was an den Fingern klebt. Mittlerweile ist aber alles im grünen Bereich, das Öl ist soweit ausgehärtet und der Hals lässt sich super bespielen.
Mittlerweile besitze ich den Bass knapp ein halbes Jahr, und jetzt spielt er sich so, als hätte ich nie etwas anderes in den Händen gehalten.
Klang
Ich habe zwar keine Humbucker bekommen, dennoch klingt der Bass ordenlich und hat untenrum Bumms ohne Ende, den man theoretisch noch mit der Elektronik verstärken könnte... *hust*
Die Höhen sind auch present, die Elektronik von Noll hebt die ggf. auch sauber an ohne dabei großartig zu rauschen, im Allgemeinen spiele ich aber passiv, die Elektronik habe ich mir vorallem dafür geholt, dass ich auf der Bühne ggf. den Bass rein- oder die Höhen rausdrehe, falls es in der Situation mal benötigt wird.
Das einzige Manko waren die Saiten, die erste Bestückung waren von mir gekaufte Ibanez-Saiten, von denen ich annahm, dass es sich um Elixir-Saiten handelt, dem war aber nicht so.
Nach knapp 3 Monaten waren die dann auch schon runter (keine Höhen mehr), deshalb habe ich mir Mitte April bei Pyramid einen Satz “Black Wires” in einer speziellen Version (Taper Core für B, E und A) geholt, das geht auch schon klanglich so langsam in die Richtung wo ich hin will.
Eigentlich hätte ich gerne noch obenrum etwas mehr Klangfülle, beim nächsten Mal werden es deshalb wohl die Pyramid Black Wires ohne “Black” sein, also die normalen Stainless-Steel-Saiten von Pyramid.
Preis
Eigentlich ziemlich lächerlich, wenn ich meine Equipment-Verkäufe abziehe, dann bleiben noch 550 Euro, die ich extra aus meinem Sparschwein nehmen musste.
Tatsächlich kostet der Bass natürlich mehr, knapp 3000 Euro, im direkten Vergleich mit anderen Bässen ist das allerdings nicht wirklich viel, vorallem nicht für einen 6-Saiter. Im Vergleich: mit einem Music Man Bongo als 6-Saiter von der Stange ist man ja auch schnell 2700 Euro los, ein Dingwall aus Kanada liegt auch in dem Preisbereich (als 5-Saiter), selbst ein original Jazz Bass von Fender kostet schon fast 2000 Euro (als 5-Saiter), da relativiert sich der Preis ziemlich schnell, auch wenn man das Geld natürlich erstmal haben muss.
Bilder
Das wichtigste: die Bilder! wer liest sich schon den ganzen Text durch?!
Ich hatte mich schon länger mit der Idee auseinandergesetzt, einen eigenen Bass zu haben, also nicht nur „Custom“ von Holz und Pickups, sondern dann auch mit eigenem Design. Entsprechend ging ich durch einige Entwicklungsphasen:
- Zuerst entwickelte ich einen geschungenen Korpus für einen RBX 374, bei dem ich die Ausführungs des Armrests super finde.
- Es folgte ein Design das ich von Ben Crowe (Crimson Guitar) geklaut habe, und dass eigentlich für eine Violine gedacht war.
- Danach kam ein Jazzbass an die Reihe, das Redesign sah aber ziemlich nach Ritter meets Les Claypool aus, also entwickelte ich das nicht weiter, genau so wenig wie ein eher Metal-orientiertes Design.
Irgendwann kam ich dann auf die Idee mich an einer Art Singlecut zu versuchen. Den unteren Teil eines Strandberg-Bodys fand ich auch nicht schlecht, was mich an dem Design störte ist allerdings das Problem, dass ich gerne einen Bass haben wollte, der im Sitzen genau die selbe Spielposition hat wie umgehängt.
Ich nahm eins meiner Ideen (Yamaha), erweiterte es um einen Singlecut, fügte „unterhalb“ des Halses die von Strandberg inspirierte „Spitze“ ein und hatte mein Grunddesign. Da ich zu der Zeit schon meinen Mensinger hatte, und mich die kurze Mensur nicht störte, war mir aber klar: 30“ reichen eigentlich völlig aus.
Version 1.0
Korpustechnisch eigentlich schon das was es mal werden wird, sogar das Kreiselement als optisches Gimmik habe ich hier schon eingeplant:
Version 1.4
Die erste Kopfplatte, die irgendwie ein bisschen nach Duffy Duck aussieht:
Wie man sieht ging es teilweise auch schon um konkrete technische Ausführungen, auch wenn die Anfangs anders geplant waren, so hatte ich zu Beginn die Idee, dass sich der Spannstab von der Rückseite des Basses einstellen lässt, daher auch die große Abdeckung dort.
Saiten wie Pudding
Das eigentliche Problem kristallisierte sich aber an anderer Stelle heraus: beim Mensinger waren die E- und B-Saite einfach zu weich. Generell störte mich bei den hohen Saiten die geringere Spannung nicht, bei E und B war sie aber (für meinen Geschmack) einfach zu gering, gewisse Dinge funktionieren einfach nicht mehr, wenn die Saite zu sehr nachgibt, zum einen eher der “Heavy Hitter”, was eine gewisse Gegenspannung der Saiten erfordert, zum anderen führt die geringe Spannung bei den tiefen Saiten dazu, dass die “Flattern” und keinen sauberen Ton mehr produzieren.
Für den Mensinger besorgte ich mir deshalb eine 140er B- und eine 110er E-Saite, allerdings wollte ich das für meinen Custom-Bass nicht, also was tun? Fanned Frets schienen interessant zu sein, nur woher so etwas zum Test her bekommen?
Glücklicherweise bekam in dann 2013 auf der Musikmesse in Frankfurt die Gelegenheit einen Midas von LeFay in die Finger zu bekommen, und ich stellte relativ schnell fest: mit gefächertem Griffbrett kann ich hervorragend spielen.
Version 1.8
So war also die Entscheidung gefallen: gefächertes Griffbrett, 30”-32” Mensur und kleine Kopfplatte:
Hier ist die Planung noch: 1x Humbucker (Alnico) und 'ne dicke Elektrik in der Hose, Music Man lässt grüßen.
How to bau?
Jetzt kam das nächste Problem auf mich zu: die Umsetzung. Selberbauen traute ich mir nicht zu, also muss ich da jemanden für beauftragen, und das kostet Geld, und nicht gerade wenig. Hobby-Gitarrenbauer verlangen meistens schon um die 1000 Euro, diejenigen, die damit Geld verdienen müssen, sogar weit mehr.
Nach einigem hin und her war es dann so, dass ich meine Instrumentensammlung durchgegangen bin und mir gesagt habe: ich finanziere das Projekt einfach soweit es geht durch den Verkauf von Sachen die sich zwar über die Jahre angesammelt haben, ich aber nicht wirklich brauche.
Ich fing also an nach und nach mein Krempel zu verkaufen, und Ende 2013 hatte ich dann genug Geld für eine Anzahlung zusammen, und dann gab ich das Stück in Auftrag bei Bassart.
...und dann fingen die eigentlichen Probleme an.
Planung 2.0
Ein Design zu machen ist eine Sache, deren Umsetzung in ein Instrument eine völlig andere. Das Grundlegende Design war klar:
- durchgehender Hals
- 30”-32” Mensur, Fanned Frets
- Nullbund
- durchgehende Decke und das runde “Ding” da als optisches Gimmik.
Eine weitere Frage war: welche Fächer-Geometrie sollte ich verwenden? Ich entschloß mich bei den Dobratz-Bründern zu klauen und die Geometrie so auszulegen, dass der zur Achse rechtwinklige Bund der 10. sein soll. Da die beiden sehr viel Erfahrung im Bassbau haben, dachte ich, dass die schon wissen was sie das tun. (Anmerkung: letztens sprach ich mit einem italienischen Bassbauer, der meinte, dass der 7. Bund normalerweise der rechtwinkelige sei!?)
Außerdem gab eine Probleme bei der Umsetzung meines Designs, die ich mir vorweg gar nicht klar waren, zum Beispiel, dass es im Bereich Headless keine einzelnen Klemmmechaniken gibt, nur komplette Headpieces!? Glücklicherweise fand ich in Italien dann doch jemanden der so etwas herstellte:
Also 6 Stück davon bestellt und sich der eigentlichen Aufgabe gewidmet.
Herstellung
Zunächst wurde der Halsrohling gebaut, was erwartungsgemäß wenige Probleme bereitete, allerdings tauchten bald neue Probleme auf: die CNC-Fräse gab ihren Geist auf und die neue Spindel fand den Weg aus China nicht heraus.
Head shot
Ich beschäftige mich derweil mit einer neuen Kopfplatte. Im Endeffekt hatte ich dann 3 verschiedene Designs, von dem ich mich für das unterste entschied:
Irgendwann lief die CNC auch wieder, und einige technische Fragen (wo sollen die Kabel von den Pickups zum E-Fach lang?) wurden geklärt und die Zeit schritt ins Land. Weitere Probleme, wie den Zugriff auf den Spannstab, wurden gelöst, so wurde der Kreis als reines Design-Element einfach zur Abdeckung des Spannstabes umfunktioniert:
Als nächstes kam die Frage auf: was für Pickups sollten rein und wo und wie? Aus ästhetischen Gründen wollte ich keine Riesenklopper und entschied mich für 2x Delano JSBC und positionierte sie entsprechend am Bass.
I shot the Nullbund...
Das nächste Problem kam, als das Griffbrett auf dem Bass landete, da fehlte vorne Plötzlich ein Stück. „Wo ist der Nullbund?“ „Das Stückchen da habe ich gestern abgesägt... ach ja, du wolltest ja 'nen Nullbund!?“ “Genau!"...
Lustigerweise (oder besser glücklicherweise) war mittlerweile so viel Zeit ins Land gegangen, so dass es November 2014 war und ich auf der Holy-Grail-Guitarshow mein Unwesen trieb. Natürlich waren auch wieder die beiden Dobbratz-Brüder da (die tauchen ja hier öfters auf), mit denen ich mich unterhielt, und irgendwie fiel auch das Thema auf Fanned Frets und Nullbund. Reiner meinte dann, dass ein Nullbund bei einem Fanned-Fret-Bass eine ziemlich dumme Idee ist, da das nur Probleme macht.
Gut, ich also schnell zum Bassbauer meines Vertrauens (der auch auf der Messe war) und ihm davon berichtet: kein Nullbund! Nullbund bad!
Dannach ging alles fast ohne Probleme weiter, ein paar kleinere Details wurden geklärt und der Bass wurde ohne größere Probleme fertiggestellt.
Pick me up.
...bis dann die Pickups da waren: das waren nämlich keine Humbucker sondern Twin Coils (lesen bildet ). Super. Ich war schon kurz davor zu sagen: „Einpacken und wieder zurückschicken!“, machte mir dann aber doch die Mühe und hörte mir ein paar Klangbeispiele bei Youtube an (Marleaux verbaut die u.a. Im Wotan) und stellte fest: die klingen super, also rein damit!
Zum ersten Mal zuhause
Weihnachten '14 bekam ich dann den vorläufigen Bass ohne Elektronik zum Testen mit nach Hause. Einige kleine Sachen waren noch dran, aber im großen und ganzen fühlte er sich schonmal ziemlich gut an:
Lustiger Fakt am Rand: das E-Fach hatte zwar schon die Bohrungen, allerdings noch keine Elektronik, was dazu führte, dass der Bass tatsächlich wie ein Akustischer Bass funktionierte, wenngleich dieser auch - logischerweise - recht leise war.
Ich habe dann den Bass auch gleich eingeweiht und ihm erstmal zwei Macken verpasst:
Außerdem habe ich die Saitenlage für mich eingestellt und erstmal fleißig gespielt um mich an die gefächerten Bünde zu gewöhnen.
Nach Sylvester ging er dann erstmal wieder zu Bassart: fertig Ölen, Abrichten und die Elektrik einbauen. Ende Januar ging er dann in meinen Besitz über und seit dem spiele ich ihn fleißig.
Fazit
Im Großen und Ganzen war es ein interessantes Erlebnis zu sehen, wie (m)eine Idee zum fertigen Instrument wird, auch wenn hinterher immer denkt, dass man ein paar Dinge doch hätte anders/besser machen können.
Ich denke, dass es auch für Matti eine interessante Herausforderung war, es kommt ja nicht jeden Tag jemand mit einem kompletten Eigenbau/Eigendesign zu einem und sagt: bau mir das.
Randdaten
- 6-Saiter E-Bass
- 30”-32” Mensur
- durchgehender, mehrteiliger Ahorn-Hals
- Headless-Design (aber mit Kopfplatte)
- Korpusflügel aus Mahagoni,
- Decke auf Birke mit Trennfurnier aus Wenge.
- Spannstab-Deckel aus Wenge.
Darüber brauchen wir, glaube ich, nicht zu diskutieren, was der Matti baut hat schon Hand und Fuß. Da klappert nix, der Bass hat Sustain ohne Ende und die Carbonstäbe im Hals verpassen dem Teil einfach eine Stabilität ohne Ende.
Meckern auf höchstem Niveau
Es gibt speziell an meinem Bass ein, zwei Details die mich optisch ein bisschen stören, ich bin in manchen Dingen sehr perfektionistisch. Gut, man hätte zwar schicker sein können, aber da ich ein Instrument zum Anfassen und Spielen haben wollte, und keine Skulptur für das “Museum Of Modern Arts” (welches ich leider bei meinem Besuch in NY/Manhattan verpasst habe) bestellt habe, ist das völlig in Ordnung. Wer das perfekte Instrument haben will, der legt wahrscheinlich schnell mal das doppelte auf den Tisch.
Und in ein, zwei Jahren werden aufgrund der allgemeinen Spielspuren diese paar Dinge auch nicht weiter ins Gewicht fallen.
Man darf auch nicht vergessen, das der Bass ein komplettes Einzelstück und eine Neuentwicklung ist, das da ein, zwei Dinge nicht perfekt sind ist da m.M. nach völlig normal und zu verschmerzen, außerdem zeigt das ja auch, dass es sich hier um ein Einzelstück guter, deutscher Handwerkskunst handelt, und nicht um irgendein CNC-gefräster 0815-Jazz-Bass aus irgend einer x-beliebigen Fabrik aus Fernost.
Und der 2. Bass dieser Art (sollte er gebaut werden) wird da sicherlich einige Verbesserungen zu meinem Bass erfahren.
Ein weiterer Punkt über den ich im Endeffekt nicht nachgedacht habe war die Klinkenbuchse, da wäre es schöner gewesen, wenn die ein bisschen versenkt wäre, so dass die mit dem Holz abschließt.
Aber das sind die Dinge an die man manchmal vorher nicht denkt. Vielleicht lass ich das auch irgendwann nochmal ändern, das wird mich ja auch nicht die Welt kosten.
Bespielbarkeit
Ich gehöre zu den Menschen die sich relativ schnell mit Fanned Frets anfreunden, von da her habe ich mich grundlegend relativ schnell daran gewöhnt. Die Saitenlage habe ich auch so eingestellt, dass sie mir am Besten liegt (das mache ich aber mit allen Bässen in meinem Bestand), von da her habe ich da auch nichts auszusetzen. Auch die relativ kurze Mensur stört mich nicht, ich habe zwar ziemlich große Hände (ich kann auch mit Bässe mit 36er Mensur problemlos bespielen), trotzdem habe ich es gerne bequem und muss nicht ständig meine Finger (über-)spreizen.
Was ich wirklich gut finde ist der Hals, da ist ordentlich Holz dran, was meinen großen Händen sehr entgegenkommt. Beim Ibanez SR 506 hatte ich immer das Problem, dass das Halsprofil irgendwie zu flach und von der Form nicht wirklich meins war, einen SR 5006, den ich mal spielen durfte, war wiederum super. Der kostet aber dann auch schon 2000 Euro.
Einzig am Anfang störte es mich, dass der Hals geölt ist. Da ich vorher vom Mensinger einen lackierten Hals gewohnt war, war das erstmal komisch, weil da einem immer was an den Fingern klebt. Mittlerweile ist aber alles im grünen Bereich, das Öl ist soweit ausgehärtet und der Hals lässt sich super bespielen.
Mittlerweile besitze ich den Bass knapp ein halbes Jahr, und jetzt spielt er sich so, als hätte ich nie etwas anderes in den Händen gehalten.
Klang
Ich habe zwar keine Humbucker bekommen, dennoch klingt der Bass ordenlich und hat untenrum Bumms ohne Ende, den man theoretisch noch mit der Elektronik verstärken könnte... *hust*
Die Höhen sind auch present, die Elektronik von Noll hebt die ggf. auch sauber an ohne dabei großartig zu rauschen, im Allgemeinen spiele ich aber passiv, die Elektronik habe ich mir vorallem dafür geholt, dass ich auf der Bühne ggf. den Bass rein- oder die Höhen rausdrehe, falls es in der Situation mal benötigt wird.
Das einzige Manko waren die Saiten, die erste Bestückung waren von mir gekaufte Ibanez-Saiten, von denen ich annahm, dass es sich um Elixir-Saiten handelt, dem war aber nicht so.
Nach knapp 3 Monaten waren die dann auch schon runter (keine Höhen mehr), deshalb habe ich mir Mitte April bei Pyramid einen Satz “Black Wires” in einer speziellen Version (Taper Core für B, E und A) geholt, das geht auch schon klanglich so langsam in die Richtung wo ich hin will.
Eigentlich hätte ich gerne noch obenrum etwas mehr Klangfülle, beim nächsten Mal werden es deshalb wohl die Pyramid Black Wires ohne “Black” sein, also die normalen Stainless-Steel-Saiten von Pyramid.
Preis
Eigentlich ziemlich lächerlich, wenn ich meine Equipment-Verkäufe abziehe, dann bleiben noch 550 Euro, die ich extra aus meinem Sparschwein nehmen musste.
Tatsächlich kostet der Bass natürlich mehr, knapp 3000 Euro, im direkten Vergleich mit anderen Bässen ist das allerdings nicht wirklich viel, vorallem nicht für einen 6-Saiter. Im Vergleich: mit einem Music Man Bongo als 6-Saiter von der Stange ist man ja auch schnell 2700 Euro los, ein Dingwall aus Kanada liegt auch in dem Preisbereich (als 5-Saiter), selbst ein original Jazz Bass von Fender kostet schon fast 2000 Euro (als 5-Saiter), da relativiert sich der Preis ziemlich schnell, auch wenn man das Geld natürlich erstmal haben muss.
Bilder
Das wichtigste: die Bilder! wer liest sich schon den ganzen Text durch?!
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Hier sieht man die beiden Macken die ich bereits in den Bass gehauen habe: einmal im Mahagoni...
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