Review Höfner Verythin Bass, Edition 2015

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Review Höfner Verythin Bass, Edition 2015

Wie immer, wenn man gerade ganz bestimmt kein neues Instrument braucht, fällt einem irgendein Grund ein, doch etwas neues kaufen zu müssen. Ich weiß gar nicht mehr was der Anlass war, jedenfalls lief mir beim stöbern in den einschlägigen Online-Shops mal wieder der Höfner Verythin Bass über den Weg. Da der ohnehin nicht an jeder Straßenecke im Schaufenster steht, hatte ich auch keine Skrupel, ihn mir per Post schicken zu lassen. Der Händler hatte einen tollen Preis, zusammen mit dem originalen Koffer wurde er noch besser, also schlug ich zu.

In diesem Thread, den Moulin bereits 2011 eröffnet hat
https://www.musiker-board.de/threads/höfner-verythin-bass-hct-500-7-sb.426952/
wurden ja schon einige Details besprochen, ich bin so frei mich bei meinem eigenen Post zu bedienen. Die Fotos konnte ich wegen der Witterung nicht in strahlendem Sonnenschein machen, daher sind sie etwas dunkel, haben Lichtreflexe vom Blitz und stimmen farblich nicht wirklich. Macht aber nix.

Allgemeines

Der Verythin-Bass mit der offiziellen Bezeichnung 500/7 kam wohl in den 1960er jahren auf den Markt und war ein echter hohler Halbresonanzbass. Ich den 70er Jahre wurde die Produktion dann eingestellt. Mehr Geschichtliches überlasse ich berufeneren Lesern. Seit einigen Jahren ist er als HCT-Modell wieder auf dem Markt. Die Herkunft ist, wie könnte es anders sein, China. Die HCT-Instrumente sind das mittlere Preissegment bei Höfner, sozusagen die China-Oberklasse. Es gibt dann noch die ganz billigen sowie die teuren Instrumente aus deutscher Fertigung. Den Verythin-Bass gibt es aber nur als HCT, er ist sozusagen alternativlos. Einige Monate war er aus den Regalen der Händler verschwunden, nun ist er wieder zu haben. Der Straßenpreis wurde dabei um stolze 100 Euro auf etwa 670 Euro angehoben, der Koffer kommt mit 75 bis 80 Euro noch dazu

Neue Serie 2015

Zum Modell der „alten Serie“ hat sich einiges verändert. Das Sunburst ist nicht mehr Hellorange zu Braun sondern Gelb zu Schwarz. Ich bin noch unschlüssig, ob mir das wirklich gefällt, gewöhne mich aber bereits daran. Das Gelb verändert je nach Licht seine Farbe von kräftig-gelb zu gold-orange, das ist durchaus schön. Weiterer Unterschied zu früher: der Bass hat kein Schlagbrett. Vielleicht ein Problem für Leute die den kleinen Finger aufstützen wollen oder mit Daumen spielen wollen. Mir fehlt da eher der Thumbrest.

Grundlegender Unterschied zu den „klassischen“ Höfnerbässen wie Violin- und Clubbass ist das Fehlen der typischen Höfner-Schaltung. Diese fehlt mir gar nicht, im Gegenteil ist die Schaltung mit zwei mal Tone und Volume wesentlich praktischer und variantenreicher. Als Tonabnehmer kommen aber die bekannten Humbucker zum Einsatz, und das war eine gute Entscheidung. Die Tonabnehmer (TA) haben viel Wumms und einen sehr hohen Output (dazu später mehr). Der Steg-TA ist durchaus eigenständig nutzbar und nölt recht modern vor sich hin, der Hals-TA klingt so wie man es erwartet, satt und ziemlich fett. Beide zusammen liefern ebenfalls einen sehr brauchbaren Sound. Insgesamt gibt es viele Variationsmöglichkeiten, gerade wegen der zeitgemäßen Schaltung.

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Sound und Saiten

Ich empfinde den Sound mit Rounds als recht modern und ziemlich universell einsetzbar. Der Bass kann sehr viel mehr als nur Beatles-Songs begleiten. Das dürfte der deutlichste Unterschied zu den historischen Vorgängern sein. Klar, für Metal ist er nicht geeignet, ein Slapmonster sieht anders aus. Aber von jazzig bis pop-rockig geht sehr viel. Der Sustainblock, ebenfalls nicht authentisch, bringt den Bass weiter in Richtung Moderne. Das Sustain ist lang, was der Bassist dann eben wieder abdämpfen muss. Aber die Töne stehen wirklich gut. Die E-Saite kommt an meiner Anlage erstaunlich gut und fällt nicht nennenswert ab – ein Makel, den etliche Shortscale-Bässe haben, aber nicht haben müssten. Womit wir bei den Saiten wären.

Als Standard-Saiten kommen Höfners Billig-Saiten zum Einsatz, Ladenpreis etwa 12 Euro. Das sind gelabelte China-Saiten von der Stange, neu klingen die gar nicht mal so schlecht. Zum Test bleiben die drauf, später muss ich mal sehen. Der Bass ist zwar ein Shortscale-Instrument mit einer Mensur von 760 mm, aufgrund des weit zurückstehenden Saitenhalters können aber ganz normale Longscale-Saiten aufgezogen werden. Das erhöht die Auswahl deutlich. Achtung: Shortscale-Saiten sind definitiv zu kurz! Mediumscale könnte gehen, das kann ich aber nicht ausprobieren. Mit den Pyramid- bzw. Höfner-Flatwound-Saiten (sind die gleichen) wird der Bass vermutlich den Höfner-Plopp-Sound produzieren, zumindest so etwas ähnliches. Aber genau das will ich eigentlich gar nicht, daher bin ich durchaus positiv überrascht.

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Elektrik

Die Volume-Potis sind komisch. Sie quietschen beim drehen (also rein mechanisch), als ob Folie auf der Achse wäre, was aber nicht der Fall ist. Der Regelweg ist merkwürdig. 1 ist null, 2 ist sofort ziemlich laut, 3-10 wird zwar lauter, aber deutlich weniger als man erwartet. Möglicherweise wurden lineare Potis verbaut? Wenn ich den Amp auf „aktiv“ stelle, habe ich einen vernünftigen Regelweg, verliere aber logischerweise an Lautstärke, auch wenn der Output der Humbucker sehr (!) hoch ist. Aber bei den Potis muss Höfner etwas ändern, das ist weder schön noch brauchbar und dem Preis nicht angemessen. Über den besagten Weg oder mit einem Dämpfungsglied (Volumepedal etc.) ist das aber beherrschbar. Die Tonepotis sind okay, quietschen aber ebenfalls.

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Verarbeitung

Zuerst die Hölzer. Zarge und Boden bestehen aus Ahorn, laut Hersteller soll die Decke Fichte sein. Das mag vielleicht bei den Vorgängerserien mal so gewesen sein, aber es ist definitiv Ahorn – so stark geriegelte Fichte gibt es nicht. Da es sich aber in beiden Fällen um laminierte Hölzer handelt, dürfte der Klangunterhscied vernachlässigentswert sein. Der Hals ist aus Ahorn, gesperrt mit einem Buchenstreifen, und ist mit einem Trussrod (Einstellstab) ausgerüstet.

Die Verarbeitung ist soweit in Ordnung. An der Kopfplatte sind mir zwei Unsauberkeiten aufgefallen, kein Drama und nur beim genauen Hinschauen zu sehen, das hätte aber nicht sein müssen. Der Rest ist gut, keine Lacknasen, keine offenen Stellen. Das Griffbrett ist erfreulich glatt und scheint gut geölt worden zu sein. Es könnte aber auch offenporig lackiert sein. Dazu müsste ich mal kratzen, was ich aber nicht will. Die gestreiften Perloid-Einlagen sind herrlich altmodisch und passen gut zum Instrument.

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Der Steg – die Brücke – steht schief. Das ist Schlamperei vom Werk, aber leicht zu korrigieren, da der Steg nur auf der Decke aufsteht und nicht verleimt ist. Die Saitenlage ist ganz okay, aber am Steg werde ich mich ohnehin noch verkünsteln, bis auch die Intonation so sauber wie möglich ist. So ganz perfekt wird es ja eh nicht … Fehlen noch die Bünde. Recht dick, fast schon Jumbo. Auch das ist keineswegs authentisch. Mir wären dünnere Bünde lieber. Höfner-typisch ist der Nullbund. Das ist immerhin authentisch.

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Handling

Der Bass ist groß. Sehr groß. Und dünn. Sehr dünn. Und leicht. Sehr leicht. Er wiegt laut Hersteller drei Kilo, meine Personenwaage zeigt 2,9 kg. Die Zargentiefe beträgt schlappe drei Zentimeter, Decke und Boden zeigen eine schöne Wölbung. Am Körper ist der Bass dadurch sehr angenehm zu tragen. Zwei oder drei Stunden Probe ohne Pause sollten kein Problem sein. Der Bass ist übrigens nicht kopflastig. Er hängt ausgewogen am Band, kein Vergleich mit anderen Semis, die ich in der Hand hatte. Man muss ein bisschen probieren, bis man die richtige Höhe gefunden hat. Ist der Bass zu hoch (Band zu kurz), kommt man nicht mehr bequem an die ersten Bünde und hat das Gefühl, einen Super-Longscale umhängen zu haben. Hängt er dann endlich richtig, ist allerdings die Klinkenbuchse in der Zarge nicht mehr gut erreichbar. Was soll’s, damit kann ich leben.

Sonstiges und Verwandtschaft

Der Korpus ist exakt der gleiche wie bei der Verythin-Gitarre. Ich habe die „sexy sisters“ mal nebeneinander fotografiert. Wenn man das nicht weiß, erscheint einem beim spielen die Gitarre groß, der Bass klein. Angenehm sind sie beide, eben aufgrund der minmalen Zargentiefe. Ganz anders der President. Er klingt anders, er ist größer und vor allem viel dicker. Und unhandlicher. Aber auch gut.

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Bleibt noch der Koffer. Der ist gut und viel besser als man glauben will. Ordentlicher Poly-Plüsch, fünf Schlösser und ein stabiler Eindruck. Die Optik ist vom Typ Elefantenleder. Man sollte ihn gleich mitkaufen, denn die Auswahl an Koffern für Semis ist winzig, und ein Gigbag definitiv ungeeignet. Die Klappe über dem Kleinzeugfach wird nicht ewig leben, aber das gibt es auch bei deutlich teureren Koffern. Und Polsterung ist nur da, wo sie wirklich nötig ist. Man spart mit Köpfchen. Der Koffer für den President ist im Vergleich dagegen völlig konkurrenzlos, allerdings auch anders als auf der Homepage angegeben. Möglicherweise ändern sich hier die Serien schneller als Höfner seine Homepage aktualisiert, oder man hat in der Vergangenheit von wechselnden Herstellern zugekauft.

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Fazit

Ein schöner Bass, keine Frage. Und er darf bleiben, auch wenn ich noch keine Bandprobe zum testen hatte. Doch ich bin sicher, der kann das. Als Mangel empfinde ich vor allem die merkwürdigen Volumepotis. Wenn ich den Bass nicht zu Sonderkonditionen bekommen hätte, würde er vielleicht doch zurückgehen bzw. gegen ein anderes Modell eingetauscht. Vielleicht ist das der Serienstreuung geschuldet, das kann ich nicht überprüfen. Der Sound ist variabel, die Optik schön, das Tragegefühl höchst angenehm. Der Preis ist in Ordnung, man erhält keineswegs weniger Instrument für sein Geld als von anderen Herstellern. Was will man mehr?
 
Eigenschaft
 

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Sehr schön beschrieben, hat mich auch interessiert, da ich kürzlich ebenfalls einen Semiacustic Jack Casady von Epiphone erworben habe. Frage, kann man zum Intonieren die Reiter auf der Brücke versetzen, oder sind diese fest?

Das Gewicht ist traumhaft niedrig!
 
Danke an alle für die Blumen!

Die Reiter sind letztlich nur vier Stückchen Bunddraht, die in die vorhandenen vier Rillen gesteckt werden können. Eine gewisse Intonationsmöglichkeit ist also gegeben, dazu kommt die Verstellbarkeit der gesamten Stegkonstruktion. Wenn man sich darauf einlässt, bekommt man das ziemlich gut hin. Ein wenig Geduld sollte man aber mitbringen. Mit Huddelei erreicht man nichts. So ein Bass will mit Gefühl eingestellt werden. ;)
 
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So, nun hat der Bass auch eine Bandprobe hinter sich gebracht. Das hat mir sehr gut gefallen. :) Die Humbucker machen ihren Job wie es sich gehört, ohne Brummen eben. Das Gewicht ist wahnsinnig angenehm, der President oder vor allem auch der Starbass werden bei längeren Proben eher unangenehm auf der Schulter. Der Sound ist durchsetzungsfähig in unserer Jazzcombo, und es ist ein Kinderspiel in den hohen Lagen zu solieren. Deadspots sind mir dabei keine aufgefallen. Sehr schön.

Habe ich eigentlich schon geschrieben, dass der Bass trocken gespielt eine recht ordentliche Lautstärke produziert? Um mal eben auf dem Sofa zu daddeln reicht das allemal.
 
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Hallo hatschipu
Habe den beitrag jetzt erst gelesen. Swhr informativ!
Ich hatte den president und fand den klang mit flats (Fender) sagenhaft. Ziemlich kontrabassig..
Allerdings konnte ich den nur im Sitzen spielen..deshalb leider verkauft.
Wie schneidet der Verythin ab, wenn man den Klang vergleicht?
VG
Peter
 
Nun, der Verythin hat andere Tonabnehmer, außerdem einen Sustainblock und eine andere Klangregelung. Er klingt moderner, ist klanglich flexibler und ist nicht rückkopplungsanfällig. Die Tonabnehmer im President waren klasse, was eigenes. Aus der Erinnerung mag ich das aber nicht mehr beurteilen.

Für mich ist der Verythin immer noch ein wahnsinnig angenehmer Bass mit viel Fundament. Mein Hauptbass zur Zeit.
 
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Ich dachte, Du hast beide daheim...
Die singlecoils im president fand ich auch klasse. Stehe eher nicht so auf humbucker im bass
 
Aus jetziger sicht...ich hätte den president nicht verkaufen sollen, sondern ihn zum fretless umbauen lasssen sollen...Das wäre sicher sehr kontrabassig gewesen...
Kritikpunkt am president..eigentlich nur der besenstiel-hals und die unseligen gitarren tuner.
Die tuner kan man tauschen, an den hals kann man sich gewöhnen..
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Der Verythin hat ja auch diese tuner.
Laufen die auch so knarzig?
 
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