[Gitarre] Harley Benton L-1000 VB (ab 2017: SC-1000 VB Progressive Line)

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Auf der Höhe

Habe diese Gitarre vor kurzem erworben. Sehr günstig, weil ein Transportschaden vorlag: durch einen kräftigen Schlag von unten ist das Binding an der Korpusvorderkante ins Holz getrieben worden und der Lack ist gesplittert.

Da ich weiss, dass sich mindestens ein anderes Mitglied des Boards aktuell für diese Gitarre interessiert und ich sie mit ihrem offensichtlichen Vorbild (ESP Eclipse II) vergleichen kann, will ich hier meine ersten Eindrücke weitergeben.

Die Daten:
  • Mahagonikorpus mit gewölbter Decke
  • eingeleimter Mahagonihals mit C-Profil, eher schlank, fast 1:1 wie bei der ESP
  • Griffbrett: Palisander
  • Flaggen Einlagen
  • cremefarbene Bindings (wirken im Kontrast zu der Lackierung fast weiss)
  • 24 Bünde
  • 628 mm Mensur
  • 43 mm Sattelbreite
  • Double-Action Trussrod
  • 2 aktive HBZ Hi-Gain Humbucker Tonabnehmer
  • 2 Volumeregler
  • 1 Toneregler
  • 3-weg Tonabnehmerschalter
  • Tune-O-Matic Brücke
  • Deluxe Gold Hardware
  • Deluxe DieCast Mechaniken
  • Gewicht: 4,2 kg
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Anmutung / Verarbeitung:

Der erste Eindruck beim Auspacken ist sehr positiv. Durch die goldene Hardware, die dunkel-matte Lackierung und das Binding an Korpusvorderseite, Hals und Kopf sieht sie wirklich edel aus, ohne protzig zu wirken. Die Lackierung ist nicht mattschwarz, sondern eher dunkel-anthrazit. Gefällt mir aber sehr gut. Gegenüber der 10 mal so teuren Eclipse II stinkt sie nicht ab - im Gegenteil! Nur die Mechaniken mit Tulip-Knöpfen bei der ESP wirken um einiges edler.

Leider trübt sich dieser Eindruck bei genauerem Ansehen aber erheblich: Diese Gitarre versammelt so ziemlich jeden Verarbeitungsmangel unter der Sonne:
- Der Übergang von Binding zu Lackierung ist schlampig ausgeführt
- Eine Lacknase an der Grenze zum Binding am Korpus habe ich auch gefunden
- Ein Gurtknopf ist schief montiert
- Die Plastikdeckel auf der Rückseite sind nicht plan mit dem Korpus und sehen "billig" aus
- Die Saiten verlaufen leicht aussermittig über den Hals, das heisst sowohl Sattel als auch Brücke sind leicht falsch montiert
- Die Saitenlage ist HOCH. Am Sattel kann man je nach Saite noch zwischen 0,5 bis 1mm runterfeilen, Brücke runterdrehen ist ja leicht gemacht
- Nach dem Einstellen der Saitenlage fällt auf, dass die Bünde abgerichtet werden müssen. Ab dem 17. Bund hat man jede Menge "dead notes", auf der hohen E-Saite ertönt sogar im 19. und 20. Bund gegriffen derselbe Ton

Schade ist auch, dass der Halsfuss ziemlich "grobschlächtig" ausgeführt ist, so wird der Zugang zu den hohen Lagen mehr als notwendig erschwert.

Nun ja, alles das ist beheb- oder verschmerzbar - wenn es auch einiges an Zeit oder Geld kostet. Den aussermittigen Saitenverlauf am Sattel kann man durch Lösen und Verschieben beheben. Der Aufwand für eine Versetzung der Brücke wäre natürlich sehr hoch, aber der nun leicht schiefe Saitenverlauf über das Griffbrett ist noch tolerierbar.

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Das wichtigste ist aber natürlich der Sound:

Und hier bin ich wieder restlos begeistert. Die Harley-Benton Tonabnehmer brauchen sich nicht hinter dem EMG-Set der ESP zu verstecken. Sie haben im direkten Vergleich einen noch höheren Output. In Verbindung mit der Voll-Mahagoni-Gitarre liefern sie clean einen schimmernden, melodischen Ton (und ja, mein Chorus war aus!). Über den "crunch"-Kanal meines Yamaha THR 10 ertönt ein sehr angenehmer rotziger Sound, der mich eher an eine SG als an eine Les Paul erinnert. Und ich bin bei diesem Ergebnis durchaus bereit, die ESP in die Ecke zu stellen und eher die HB zu spielen. Die Harley Benton hat aber wie schon angedeutet durchaus einen eigenständigen Sound. Einziger Kritikpunkt: Der Unterschied zwischen Neck- und Bridge-Tonabnehmer ist nicht so gross wie bei dem EMG 81/85 Set, vielleicht ist hier zweimal derselbe Tonabnehmer verbaut.

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Fazit:

Leider wird der sehr positive Gesamteindruck durch die eklatanten Verarbeitungsmängel getrübt, es ergibt sich ein zwiespältiges Bild. Es fällt mir auch schwer sowas wie eine Abschlussnote zu vergeben ausser: Sound hui, Gitarre pfui :D. Dies ist natürlich nur eine Beurteilung anhand EINES Instruments und es könnte sich um einen "Ausreisser" handeln.

Es ist wirklich paradox: Eigentlich sind die Harley-Benton Modelle ja für Einsteiger gedacht. Denen kann man sie aber nicht wirklich empfehlen, wenn kein kompetenter Ansprechpartner für die Beurteilung und eventuelle Nachbesserung zur Verfügung steht. Profis hingegen können hier ein interessantes Instrument zu kleinem Preis erwerben, wenn sie nichts gegen das Harley-Benton-Label auf der Kopfplatte haben. Sie müssen halt nur bereit sein, eine Gitarre gegebenenfalls auch wieder zurückzuschicken, Nacharbeiten selber zu erledigen oder nochmal eine nicht unerhebliche Summe beim Gitarrenbauer auszugeben.

Da thomann ja der einzige Vertreiber der Marke Harley Benton ist, spielt es natürlich auch eine grosse Rolle, dass nach meiner Erfahrung der Umgang mit den Käufern sehr fair ist und die Mitarbeiter bei auftretenden Problemen kompetent und lösungsorientiert reagieren.


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Nachbemerkung:

Viele werden natürlich Soundsamples und vor allen Dingen Bilder vermissen, dies soll aber nur ein "quick + dirty" Kurztest sein. Mehr Bilder und ein Video des gleichen (aber natürlich nicht desselben) Instruments sind auch auf der Thomann-Website zu finden. Einen vollständigeren Review werde ich bei Interesse nachliefern, wenn ich mehr Erfahrungen mit der Gitarre gewonnen und "mal mehr als 10 Minuten Zeit" habe.
 
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Klasse Kurz-Review :) Ich habe das weiße Model und meine ist eindeutig besser verarbeitet.
 
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Also wie gehabt. Tolles Instrument wenn man einiges bereit ist nachzuarbeiten. Danke.
 
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Habe diese Gitarre vor kurzem erworben. Sehr günstig, weil ein Transportschaden vorlag
Du hast eine Gitarre mit einem Transportschaden reviewt. Das ist okay, allerdings denke ich, dass es nicht ganz unproblematisch ist, deine Erfahrungen mit einer preisreduzierten Transportschadengitarre auf die komplette Baureihe zu übertragen.
Da wäre dann sicherlich ein Review einer unbeschädigten Gitarre aussagekräftiger.

Eigentlich sind die ...(NN-) Modelle ja für Einsteiger gedacht. Denen kann man sie aber nicht wirklich empfehlen,
Nein, einem Anfänger würde ich keine Transpotschadengitarre empfehlen. Egal, welcher Marke.
 
Du hast eine Gitarre mit einem Transportschaden reviewt. Das ist okay, allerdings denke ich, dass es nicht ganz unproblematisch ist, deine Erfahrungen mit einer preisreduzierten Transportschadengitarre auf die komplette Baureihe zu übertragen.

Ich habe die Gitarre nicht durch Graukanäle erworben, sondern von thomann selber.
Ich habe auch bewusst erwähnt, dass sie einen Transportschaden hat und welcher Art dieser ist.
Die Verarbeitungsmängel, die ich gefunden habe, hängen allerdings mit diesen Schaden überhaupt nicht zusammen - und können durch diesen auch nicht verursacht worden sein. Wenn ich zB. Soundmängel wie seltsame Nebengeräusche gefunden hätte, hätte ich den Test gar nicht veröffentlicht, da ich dann keine relevanten, für andere interessante Aussagen mehr hätte machen können. AUSSERDEM habe ich extra erwähnt dass sich die Erfahrung mit diesem Einzelexemplar nicht unbedingt auf die Gesamtbaureihe übertragen lässt. Da dies allerdings nicht das erste mal ist, dass ich Verarbeitungsmängel bei HB sehe oder über sie höre, habe ich doch die von dir im folgenden zitierte Aussage über die Marke HB gemacht.

Nein, einem Anfänger würde ich keine Transpotschadengitarre empfehlen. Egal, welcher Marke.
Ich aber:
- wenn ich dem Verkäufer vertraue und die Möglichkeit der Rückgabe besteht
- der Transportschaden vorwiegend optischer Natur ist
- der Anfänger nicht ganz unbedarft ist
- und er zB. ein sehr begrenztes Budget hat und dadurch erst ein brauchbares Instrument erwerben kann.
 
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weiss jemand ob man die serien PUs einfach durch EMG PUs ersetzen kann???
 
Ich glaube ja, es soll wohl das gleiche Stecksystem sein.
 

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