Tahra
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Da mich der Weihnachtsmann beim diesjährigen Gewinnspiel mal wieder übersehen hat, habe ich mir zumindest einen Wunsch von meinem Wunschzettel anderweitig erfüllen lassen.
Es handelt sich hierbei um eine 5-saitige Violine von Hora: Thomann Europe 5-Saiter Violine 4/4
Man bekommt sie aktuell für 139,- Euro bei Thomann. Bei Folkfriends gibts das gleiche Modell knapp 100,- Euro teurer, dafür aber vom Geigenbauer eingerichtet und mit neuen Saiten versehen (laut deren HP).
Ich habe mich für Thomann entschieden, da ich hier eh noch einen Satz Saiten rumliegen hatte und mir durchaus zutraute, den aufzuziehen, sowie den Steg aufzustellen.
Da 5-saitige Geigen eine C-Saite haben, musste ich mir also noch eine Bratschensaite dazu bestellen. Ich habe mich für eine Saite von D'Addario Helicore (H414 LM Medium tension) für 15,- Euro entschieden.
Doch erst einmal zu der Frage, warum ich mir diese Geige überhaupt bestellt habe:
Normalerweise bin ich sehr skeptisch, wenn ich von Geigen (Neuinstrumente) unter, sagen wir mal ca. 600;- Euro höre. Meiner Meinung nach kann das nicht viel taugen. Ich habe einmal eine völlige Billiggeige in den Händen gehalten und war entsetzt. Das war eigentlich nur Feuerholz, welches zufällig die Form einer Geige hatte.
Nun ist es aber so, dass mein Mann und ich in der Mittelalterszene aktiv sind und ich auf Märkten gerne auch etwas Musik machen wollte.
Ich besitze eine sehr gute Vogtländer Geige, die ich einmal auf so ein Mittelalterwochenende mitgenommen habe. Es war kalt, es war feucht und den Rest der Woche war meine Geige beleidigt, der Ton klang schauderhaft. Ich habe danach beschlossen, ihr das nie wieder anzutun. Also musste für diesen Zweck ein einfacheres Instrument her.
Auf die 5-saitige Geige bin ich durch Zufall beim Stöbern auf der Thomann Seite gestoßen. Ich habe ein bisschen geforscht und bin dahinter gekommen, dass es sich hier um ein Hora-Instrument handelt. Das hat den Anstoß gegeben, die Geige zu kaufen.
Mein Mann besitzt zwei Instrumente von Hora (einen Dulcimer und eine Cister), beide sind sehr gut verarbeitet und klingen wirklich schön. Mit dem Dulcimer war er mal bei meinem Geigenbauer, welcher versicherte, dass die Verarbeitung wirklich gut sei.
Hora ist übrigens ein rumänischer Betrieb, der sehr viele traditionelle Instrumente herstellt.
Nach kurzer Lieferzeit traf die Geige dann sogar noch pünktlich an Heilig Abend ein. Die Geige kam ganz profan in einem Pappkarton an, war allerdings mit dünnen Schaumstofftüchern umwickelt. Auf dem Pappkarton klebte ein Aufkleber "überprüft, versandfertig." Zu meiner Überraschung waren die Saiten schon aufgezogen und der Steg stand auch seiner Position. Ich nehme also mal an, dass die Instrumente bei Thomann zumindest auch kurz durchgecheckt werden.
Die aufgezogenen Saiten waren, wie nicht anders erwartet, nicht zu gebrauchen. Eine Saite ist beim Versuch sie zu stimmen sofort gerissen. Ich hatte hier noch einen Satz Pirasto Tonika Saiten, welche ich flugs aufgezogen habe, ebenso die mitbestellte C-Saite.
Das Aufziehen ging relativ problemlos, die Wirbel saßen anfangs etwas fest, doch nachdem sie einmal gelöst waren, ließen sie sich gut handhaben.
Von der Verarbeitung her macht die Geige auf mich einen guten Eindruck. Ich konnte keine Stellen entdecken, wo der Lack nicht ordentlich aufgebracht wäre. Das gesamte Instrument wirkt sehr solide auf mich. Auch meine Geigenlehrerin konnte keine Macken oder Fehler entdecken.
Bei einer Geige sind ja immer viele Details interessant, und ich hoffe mit meinen Ausführungen die wichtigsten Punkte abzudecken.
Erst mal ein Bild von der gesamten Geige.
Ich musste leider bei allen Aufnahmen einen Blitz benutzen, da wir hier nicht genug Licht haben. Der Farbton des Lackes kommt aber ganz gut hin. Ich bin nicht so ein Freund von dieser Lackfarbe und den Schattierungen, das ist aber in diesem Fall zweitrangig für mich.
Die Einlagen sehen für mich echt aus und nicht bloß aufgezeichnet, wie das bei manchen Billiginstrumenten der Fall ist. Auch die F-Löcher wirken ziemlich sauber ausgeschnitten.
Da ich keine Geigenbauerin bin kann ich nicht sicher sagen, ob die Fichtendecke allen Anforderungen entspricht. Für mich sieht das Holz jedenfalls schon relativ feinjährig aus. Falls ich mich irre, möge man mich bitte korrigieren.
Ich kann auf Wunsch versuchen, ob ich hier noch eine detailliertere Aufnahme hinbekomme, allerdings ist die Makrofunktion meiner Kamera beschränkt.
Die Rückseite ist, wie zu erwarten war, nichts Besonderes, was mich aber nicht sehr stört. Für den Klang soll ja eher die Fichtendecke wichtig sein und diese sieht ja ganz gut aus.
Ich habe dann noch mal eine Aufnahme vom Hals und von der Seite angefertigt.
Den Saitenhalter mit den Feinstimmern finde ich ehrlich gesagt potthässlich. Ich mag diese metallenen, sichtbaren Einhängeteile für die Feinstimmer überhaupt nicht. Bei meiner anderen Geige liegen sie verdeckt unter dem Saitenhalter, was mir deutlich besser gefällt.
Der Wirbelkasten schaut für mich auch wieder ganz ordentlich aus. Wie schon gesagt, saßen die Wirbel erst etwas fest, doch nun sind sie ganz gut zu bedienen. Ich hatte erst Sorgen, wie ich die C-Saite (links unten) überhaupt noch reinfriemeln soll, doch das ließ sich problemlos bewerkstelligen. der Platz reicht alle mal.
Hier noch ein Bild vom Kinnhalter und dem Knopf, an welchem der Saitenhalter hängt. Den Kinnhalter werde ich austauschen, da ich einen mittigen brauche. Fürs erste gehts aber auch so.
Als ich die Geige zum ersten mal in den Händen hielt dachte ich 'Oh wie leicht'. Tja, so kann Frau sich irren. Ich habe beide Geigen gewogen, die Vogtländerin wiegt 476 gr., die Horageige wiegt 570 gr., also knapp 100 gr. mehr.
Auch von den Abmessungen her fällt die Horageige etwas größer aus. Sie sitzt sehr stramm in meinem Geigenkoffer, wohingegen die Vogtländerin noch Spiel hatte.
Hier mal ein paar Messergebnisse:
Horageige:
Den größten und bemerkenswertesten Unterschied bei beiden Geigen macht jedoch die Wölbung des Steges und die Saitenlage aus. Wie man auf dem nächsten Bild vielleicht erkennen kann, ist der Steg der Horageige sehr viel weniger gewölbt, als der meiner Vogtländerin (links Hora, rechts Vogtland).
Beim Spielen ist das wirklich ein krasser Unterschied. Es passiert ganz leicht, dass ich auf der falschen Saite lande bzw. zwei Saiten anspiele, wenn ich einen Saitenwechsel habe, da ich den Bogen viel zu weit 'schwenke'. Auch scheinen mir die Saiten teilweise viel näher beieinander zu liegen.
Ich habe die Geige zu meiner Lehrerin mitgenommen und sie bestätigte sofort diesen Eindruck. Auch sie hatte anfangs Schwierigkeiten die Saiten zu treffen. Ich denke aber, das dies lediglich eine Gewöhnungssache ist. Welche Variante von beiden mir nun besser gefällt, kann ich noch nicht sagen.
Der Abstand der Saiten zum Griffbrett ist bei beiden Geigen ziemlich gleich. Ich habe beim Spielen keinen Unterschied bemerkt.
Hier noch mal ein Bild vom Steg der Horageige von vorne. Wie man sieht, ist es ein deutsches Produkt. Ich weiß nun nicht, ob Hora grundsätzlich diese Stege benutzt, oder ob der bei Thomann ersetzt wurde.
In der Geige befindet sich noch ein Zettel, welcher aussagt, dass das Instrument von Hora stammt und am 28. April 2014 fertiggestellt wurde.
Laut der HP von Thomann sowie von Folkfriends handelt es sich bei den Hölzern um Fichte für die Decke, sowie Ahorn für Zargen und Boden. Die Wirbel und das Griffbrett sind aus Ebenholz.
Auf mich macht das Instrument einen gut verarbeiteten Eindruck. Ich habe keine Lackfehler, offene Leimstellen etc. entdecken können. Alles wirkt ordentlich gemacht. Zu den Eckklötzen, ob vorhanden oder nur gefaked kann ich nichts sagen, ich wüsste nicht, wie man das bei einem geschlossenen Instrument erkennt.
Von der Haptik her sind mir bisher keine Kanten, raue Stellen oder ähnliches aufgefallen.
Der Stimmstock steht ordentlich und auch der Bassbalken sieht für mich okay aus.
Von der Mensur her gibt es keine Probleme. Meine Geigenlehrerin hat die Geige ebenfalls angespielt und keine Abweichungen gefunden.
In einem Review auf der Thomann HP wurde das zu schmale Griffbrett bemängelt. Das kann ich bei meinem Modell nicht befinden. Hals und Griffbrett sind breiter, als bei meiner Vogtländerin, was man ja auch oben aus den Maßen rauslesen kann.
Jetzt zum wohl wichtigsten Punkt, dem Klang. Wie gesagt, waren die ursprünglich aufgezogenen Saiten nicht zu gebrauchen und lieferten keinen vernünftigen Klang. Mit den Tonika Saiten änderte sich dieses.
Um es gleich vorweg zu sagen, mit meiner Vogtländergeige ist der Klang nicht zu vergleichen. Trotzdem muss ich sagen, dass ich positiv überrascht bin. Die Geige klingt sehr viel besser, als ich erwartet hätte. Besonders die C-Saite ist der Hit! Sie tönt ziemlich voll und man spürt die Vibrationen bis in die Zähne. Auf einer richtigen Bratsche würde sie aufgrund des größeren Korpus natürlich noch besser klingen, doch für eine 4/4 Geige bin ich echt erstaunt, was da an Ton rauskommt. Mit der G-Saite und der E-Saite bin ich ebenfalls zufrieden. Etwas kritischer sehe ich den Klang der D-Saite und der A-Saite. Diese haben einen etwas quietschenden Beiklang.
Generell fehlt es der Geige etwas an Obertönen. Der Ton macht den Eindruck, als ob er im Instrument gefangen bleibt.
Ich habe aber auch schon gelesen, dass quietschende Chinageigen nach regelmäßigem spielen nach 6 bis 12 Monaten plötzlich noch ein Klangspektrum entwickelten, das ihnen keiner zugetraut hätte. Ein bisschen habe ich die Hoffnung, dass dies bei dieser Geige auch noch passieren wird. Immerhin müssen auch Neuinstrumente vom Geigenbauer erst eingespielt werden und entwickeln dann ihren vollen Klang. Ich werde gerne nach einem Jahr oder so noch mal berichten, wie sich die Geige entwickelt hat.
Da ich wollte, dass Ihr eine vernünftiges Klangbeispiel zu hören bekommt, habe ich meine Geigenlehrerin gebeten, mal eine Tonleiter auf der Geige einzuspielen. Bei mir wären dann doch vielleicht zu viele Misstöne drin gewesen, die aus einem unsauberen Bogenstrich oder Griff resultieren.
Aufgenommen wurde das Ganze mit einem Zoom H4N in Stereo. Großartig eingestellt haben wir da nichts, da wir uns beide mit dem Gerät nicht auskennen. Für einen ersten Eindruck dürfte die Aufnahme aber ausreichen.
https://soundcloud.com/tahra-3/tonleiter
Man konnte es aus einigen Sätzen ja schon raus lesen, ich werde die Geige auf jeden Fall behalten. Für 149,- Euro hätte ich nicht erwartet, so ein gutes Instrument zu erhalten. Ehrlich gesagt war ich nach meinen Erfahrungen mit der anderen Billiggeige davon ausgegangen, dass ich auch dieses Instrument zurücksenden würde. Das dem nicht so ist, freut mich jetzt natürlich sehr.
Was mich bei der ganzen Sache etwas nachdenklich macht ist allerdings die Frage, was eigentlich Hora noch an dem Instrument verdient? Viel kann das ja nicht sein. Ich möchte ungern unterstützen, dass Arbeiter ausgebeutet werden, andererseits kenne ich aber den Arbeitsmarkt und die Löhne in Rumänien nicht. Falls da jemand mehr weiß, wäre ich für Infos sehr dankbar.
Damit bin ich am Ende meines Reviews. ich hoffe, es hat euch gefallen. Falls ihr noch Fragen habt, dann stellt sie bitte. Ich werde versuchen sie so gut ich kann zu beantworten. Ich bin ebenso für jegliche Kritik offen.
Es handelt sich hierbei um eine 5-saitige Violine von Hora: Thomann Europe 5-Saiter Violine 4/4
Man bekommt sie aktuell für 139,- Euro bei Thomann. Bei Folkfriends gibts das gleiche Modell knapp 100,- Euro teurer, dafür aber vom Geigenbauer eingerichtet und mit neuen Saiten versehen (laut deren HP).
Ich habe mich für Thomann entschieden, da ich hier eh noch einen Satz Saiten rumliegen hatte und mir durchaus zutraute, den aufzuziehen, sowie den Steg aufzustellen.
Da 5-saitige Geigen eine C-Saite haben, musste ich mir also noch eine Bratschensaite dazu bestellen. Ich habe mich für eine Saite von D'Addario Helicore (H414 LM Medium tension) für 15,- Euro entschieden.
Warum habe ich diese Geige gekauft?
Doch erst einmal zu der Frage, warum ich mir diese Geige überhaupt bestellt habe:
Normalerweise bin ich sehr skeptisch, wenn ich von Geigen (Neuinstrumente) unter, sagen wir mal ca. 600;- Euro höre. Meiner Meinung nach kann das nicht viel taugen. Ich habe einmal eine völlige Billiggeige in den Händen gehalten und war entsetzt. Das war eigentlich nur Feuerholz, welches zufällig die Form einer Geige hatte.
Nun ist es aber so, dass mein Mann und ich in der Mittelalterszene aktiv sind und ich auf Märkten gerne auch etwas Musik machen wollte.
Ich besitze eine sehr gute Vogtländer Geige, die ich einmal auf so ein Mittelalterwochenende mitgenommen habe. Es war kalt, es war feucht und den Rest der Woche war meine Geige beleidigt, der Ton klang schauderhaft. Ich habe danach beschlossen, ihr das nie wieder anzutun. Also musste für diesen Zweck ein einfacheres Instrument her.
Auf die 5-saitige Geige bin ich durch Zufall beim Stöbern auf der Thomann Seite gestoßen. Ich habe ein bisschen geforscht und bin dahinter gekommen, dass es sich hier um ein Hora-Instrument handelt. Das hat den Anstoß gegeben, die Geige zu kaufen.
Mein Mann besitzt zwei Instrumente von Hora (einen Dulcimer und eine Cister), beide sind sehr gut verarbeitet und klingen wirklich schön. Mit dem Dulcimer war er mal bei meinem Geigenbauer, welcher versicherte, dass die Verarbeitung wirklich gut sei.
Hora ist übrigens ein rumänischer Betrieb, der sehr viele traditionelle Instrumente herstellt.
Erster Eindruck
Nach kurzer Lieferzeit traf die Geige dann sogar noch pünktlich an Heilig Abend ein. Die Geige kam ganz profan in einem Pappkarton an, war allerdings mit dünnen Schaumstofftüchern umwickelt. Auf dem Pappkarton klebte ein Aufkleber "überprüft, versandfertig." Zu meiner Überraschung waren die Saiten schon aufgezogen und der Steg stand auch seiner Position. Ich nehme also mal an, dass die Instrumente bei Thomann zumindest auch kurz durchgecheckt werden.
Die aufgezogenen Saiten waren, wie nicht anders erwartet, nicht zu gebrauchen. Eine Saite ist beim Versuch sie zu stimmen sofort gerissen. Ich hatte hier noch einen Satz Pirasto Tonika Saiten, welche ich flugs aufgezogen habe, ebenso die mitbestellte C-Saite.
Das Aufziehen ging relativ problemlos, die Wirbel saßen anfangs etwas fest, doch nachdem sie einmal gelöst waren, ließen sie sich gut handhaben.
Von der Verarbeitung her macht die Geige auf mich einen guten Eindruck. Ich konnte keine Stellen entdecken, wo der Lack nicht ordentlich aufgebracht wäre. Das gesamte Instrument wirkt sehr solide auf mich. Auch meine Geigenlehrerin konnte keine Macken oder Fehler entdecken.
Detailbetrachtung
Bei einer Geige sind ja immer viele Details interessant, und ich hoffe mit meinen Ausführungen die wichtigsten Punkte abzudecken.
Erst mal ein Bild von der gesamten Geige.
Ich musste leider bei allen Aufnahmen einen Blitz benutzen, da wir hier nicht genug Licht haben. Der Farbton des Lackes kommt aber ganz gut hin. Ich bin nicht so ein Freund von dieser Lackfarbe und den Schattierungen, das ist aber in diesem Fall zweitrangig für mich.
Die Einlagen sehen für mich echt aus und nicht bloß aufgezeichnet, wie das bei manchen Billiginstrumenten der Fall ist. Auch die F-Löcher wirken ziemlich sauber ausgeschnitten.
Da ich keine Geigenbauerin bin kann ich nicht sicher sagen, ob die Fichtendecke allen Anforderungen entspricht. Für mich sieht das Holz jedenfalls schon relativ feinjährig aus. Falls ich mich irre, möge man mich bitte korrigieren.
Ich kann auf Wunsch versuchen, ob ich hier noch eine detailliertere Aufnahme hinbekomme, allerdings ist die Makrofunktion meiner Kamera beschränkt.
Die Rückseite ist, wie zu erwarten war, nichts Besonderes, was mich aber nicht sehr stört. Für den Klang soll ja eher die Fichtendecke wichtig sein und diese sieht ja ganz gut aus.
Ich habe dann noch mal eine Aufnahme vom Hals und von der Seite angefertigt.
Den Saitenhalter mit den Feinstimmern finde ich ehrlich gesagt potthässlich. Ich mag diese metallenen, sichtbaren Einhängeteile für die Feinstimmer überhaupt nicht. Bei meiner anderen Geige liegen sie verdeckt unter dem Saitenhalter, was mir deutlich besser gefällt.
Der Wirbelkasten schaut für mich auch wieder ganz ordentlich aus. Wie schon gesagt, saßen die Wirbel erst etwas fest, doch nun sind sie ganz gut zu bedienen. Ich hatte erst Sorgen, wie ich die C-Saite (links unten) überhaupt noch reinfriemeln soll, doch das ließ sich problemlos bewerkstelligen. der Platz reicht alle mal.
Hier noch ein Bild vom Kinnhalter und dem Knopf, an welchem der Saitenhalter hängt. Den Kinnhalter werde ich austauschen, da ich einen mittigen brauche. Fürs erste gehts aber auch so.
Vergleich zu meiner Vogtländer Geige
Als ich die Geige zum ersten mal in den Händen hielt dachte ich 'Oh wie leicht'. Tja, so kann Frau sich irren. Ich habe beide Geigen gewogen, die Vogtländerin wiegt 476 gr., die Horageige wiegt 570 gr., also knapp 100 gr. mehr.
Auch von den Abmessungen her fällt die Horageige etwas größer aus. Sie sitzt sehr stramm in meinem Geigenkoffer, wohingegen die Vogtländerin noch Spiel hatte.
Hier mal ein paar Messergebnisse:
Horageige:
- Korpuslänge: 35,5 cm
- schwingende Saitenlänge 33,0cm
- Deckenmensur: 19,4cm
- Halsmensur: 13,0cm
- breite Griffbrett am Obersattel: ca.2,8cm
- Korpuslänge 35,2cm
- schwingende Saitenlänge: 33,5cm
- Deckenmensur: 19,4cm
- Halsmensur: 13,2cm
- breite Griffbrett am Obersattel: ca. 2,2cm
Den größten und bemerkenswertesten Unterschied bei beiden Geigen macht jedoch die Wölbung des Steges und die Saitenlage aus. Wie man auf dem nächsten Bild vielleicht erkennen kann, ist der Steg der Horageige sehr viel weniger gewölbt, als der meiner Vogtländerin (links Hora, rechts Vogtland).
Beim Spielen ist das wirklich ein krasser Unterschied. Es passiert ganz leicht, dass ich auf der falschen Saite lande bzw. zwei Saiten anspiele, wenn ich einen Saitenwechsel habe, da ich den Bogen viel zu weit 'schwenke'. Auch scheinen mir die Saiten teilweise viel näher beieinander zu liegen.
Ich habe die Geige zu meiner Lehrerin mitgenommen und sie bestätigte sofort diesen Eindruck. Auch sie hatte anfangs Schwierigkeiten die Saiten zu treffen. Ich denke aber, das dies lediglich eine Gewöhnungssache ist. Welche Variante von beiden mir nun besser gefällt, kann ich noch nicht sagen.
Der Abstand der Saiten zum Griffbrett ist bei beiden Geigen ziemlich gleich. Ich habe beim Spielen keinen Unterschied bemerkt.
Hier noch mal ein Bild vom Steg der Horageige von vorne. Wie man sieht, ist es ein deutsches Produkt. Ich weiß nun nicht, ob Hora grundsätzlich diese Stege benutzt, oder ob der bei Thomann ersetzt wurde.
In der Geige befindet sich noch ein Zettel, welcher aussagt, dass das Instrument von Hora stammt und am 28. April 2014 fertiggestellt wurde.
Die Verarbeitung
Laut der HP von Thomann sowie von Folkfriends handelt es sich bei den Hölzern um Fichte für die Decke, sowie Ahorn für Zargen und Boden. Die Wirbel und das Griffbrett sind aus Ebenholz.
Auf mich macht das Instrument einen gut verarbeiteten Eindruck. Ich habe keine Lackfehler, offene Leimstellen etc. entdecken können. Alles wirkt ordentlich gemacht. Zu den Eckklötzen, ob vorhanden oder nur gefaked kann ich nichts sagen, ich wüsste nicht, wie man das bei einem geschlossenen Instrument erkennt.
Von der Haptik her sind mir bisher keine Kanten, raue Stellen oder ähnliches aufgefallen.
Der Stimmstock steht ordentlich und auch der Bassbalken sieht für mich okay aus.
Von der Mensur her gibt es keine Probleme. Meine Geigenlehrerin hat die Geige ebenfalls angespielt und keine Abweichungen gefunden.
In einem Review auf der Thomann HP wurde das zu schmale Griffbrett bemängelt. Das kann ich bei meinem Modell nicht befinden. Hals und Griffbrett sind breiter, als bei meiner Vogtländerin, was man ja auch oben aus den Maßen rauslesen kann.
Der Klang
Jetzt zum wohl wichtigsten Punkt, dem Klang. Wie gesagt, waren die ursprünglich aufgezogenen Saiten nicht zu gebrauchen und lieferten keinen vernünftigen Klang. Mit den Tonika Saiten änderte sich dieses.
Um es gleich vorweg zu sagen, mit meiner Vogtländergeige ist der Klang nicht zu vergleichen. Trotzdem muss ich sagen, dass ich positiv überrascht bin. Die Geige klingt sehr viel besser, als ich erwartet hätte. Besonders die C-Saite ist der Hit! Sie tönt ziemlich voll und man spürt die Vibrationen bis in die Zähne. Auf einer richtigen Bratsche würde sie aufgrund des größeren Korpus natürlich noch besser klingen, doch für eine 4/4 Geige bin ich echt erstaunt, was da an Ton rauskommt. Mit der G-Saite und der E-Saite bin ich ebenfalls zufrieden. Etwas kritischer sehe ich den Klang der D-Saite und der A-Saite. Diese haben einen etwas quietschenden Beiklang.
Generell fehlt es der Geige etwas an Obertönen. Der Ton macht den Eindruck, als ob er im Instrument gefangen bleibt.
Ich habe aber auch schon gelesen, dass quietschende Chinageigen nach regelmäßigem spielen nach 6 bis 12 Monaten plötzlich noch ein Klangspektrum entwickelten, das ihnen keiner zugetraut hätte. Ein bisschen habe ich die Hoffnung, dass dies bei dieser Geige auch noch passieren wird. Immerhin müssen auch Neuinstrumente vom Geigenbauer erst eingespielt werden und entwickeln dann ihren vollen Klang. Ich werde gerne nach einem Jahr oder so noch mal berichten, wie sich die Geige entwickelt hat.
Da ich wollte, dass Ihr eine vernünftiges Klangbeispiel zu hören bekommt, habe ich meine Geigenlehrerin gebeten, mal eine Tonleiter auf der Geige einzuspielen. Bei mir wären dann doch vielleicht zu viele Misstöne drin gewesen, die aus einem unsauberen Bogenstrich oder Griff resultieren.
Aufgenommen wurde das Ganze mit einem Zoom H4N in Stereo. Großartig eingestellt haben wir da nichts, da wir uns beide mit dem Gerät nicht auskennen. Für einen ersten Eindruck dürfte die Aufnahme aber ausreichen.
https://soundcloud.com/tahra-3/tonleiter
Fazit
Man konnte es aus einigen Sätzen ja schon raus lesen, ich werde die Geige auf jeden Fall behalten. Für 149,- Euro hätte ich nicht erwartet, so ein gutes Instrument zu erhalten. Ehrlich gesagt war ich nach meinen Erfahrungen mit der anderen Billiggeige davon ausgegangen, dass ich auch dieses Instrument zurücksenden würde. Das dem nicht so ist, freut mich jetzt natürlich sehr.
Was mich bei der ganzen Sache etwas nachdenklich macht ist allerdings die Frage, was eigentlich Hora noch an dem Instrument verdient? Viel kann das ja nicht sein. Ich möchte ungern unterstützen, dass Arbeiter ausgebeutet werden, andererseits kenne ich aber den Arbeitsmarkt und die Löhne in Rumänien nicht. Falls da jemand mehr weiß, wäre ich für Infos sehr dankbar.
Damit bin ich am Ende meines Reviews. ich hoffe, es hat euch gefallen. Falls ihr noch Fragen habt, dann stellt sie bitte. Ich werde versuchen sie so gut ich kann zu beantworten. Ich bin ebenso für jegliche Kritik offen.
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