Mipro M909 digitales In-Ear System

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Seit ca. 6 Jahren nutze ich auf der Bühne ein In-Ear System für mein Monitoring. Gestartet habe ich mit dem günstigen Einsteiger-System LD MEI-100 und bin vor Jahren auf ein Sennheiser EW300 IEM umgestiegen. Das entscheidende Teil eines In-Ears Systems ist für mich aber ohne Frage der Kopfhörer. Daher habe ich weder den beim LD-System beiliegenden Hörer benutzt, der qualitativ eher einem etwas höherwertigen MP3-Hörer gleichkommt, noch den wenn auch deutlich wertigerem Sennheiser Hörer. Ich habe für mich befunden, dass ich wenigstens ein 3-Wege-System brauche, um ein ausreichend transparentes Klangbild zu bekommen. So kam als erste größere Investition ein Ultimate Custom Hörer dazu, dann als Ersatz bzw. Redundanz ein Fischer Amp FA-3 und ein FA-3E, beide in der X-Ausführung, die ein wenig mehr Bässe liefert.

Nichtsdestotrotz müssen natürlich auch die anderen Komponenten wie Sender und Empfänger ihren Teil erfüllen, und gerade hier, bei Drahtlosen Systemen befindet sich seit der sogenannten "Digitalen Dividende", der Neuverteilung der Funkfrequenzen, einiges in Umbruchstimmung. Die meisten Hersteller von Drahtlos-Systemen haben mittlerweile die ersten digitalen Lösungen am Start, allerdings bislang nur für Mikrofone und Instrumente. Und erst mit dem MIPRO MI-909 hab ich durch eine Teststellung nun die Möglichkeit bekommen, auch einmal diesen quasi umgekehrten Weg zu testen. Der Hauptgrund, warum noch keine digitalen In-Ear Systeme auf dem Markt zu bekommen sind, so heißt es bislang, wenn man mal nachfragt, wäre das Problem mit der zu hohen Latenz. Also werde ich natürlich auf diesen Punkt mein besonderes Augenmerk richten, aber natürlich auch auf alles andere.

Geliefert wurde mir ein Karton mit vier Kunstoff-Hardcases, ein Größeres mit dem Sender MT-909T, ein mittleres mit dem Empfänger MI-909R und zwei kleineren, bei denen es sich um je einen Hörer handelte. Keine Ahnung, ob und welcher von beiden bei dem System mitgeliefert wird. Aber dazu später.
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Natürlich muss man keine vier Hardcases mit sich schleppen, sondern Sender, Empfänger und auch Hörer würden in das große Hardcases passen, das aber vermutlich in den meisten Fällen eh in einem Rack eingebaut wird. Dann hat man immer noch ein etwas handlicheres, das den Empfänger und auch die Hörer aufnimmt.

Im weiteren Lieferumfang sind natürlich das Netzteil für den Sender, Standard 12V DC, Antenne zum Anschrauben auf der Rückseite des Senders, eine leider nur englischsprachige Anleitung und ein Zettel mit der Auflistung der Frequenzen. Das sieht ein bisschen unprofessionell aus, zumal die Bedienungsanleitungen lediglich kopiert und zusammengetackert sind. Möglicherweise ist dies nur bei meiner Teststellung der Fall, das System ist ja auch noch relativ neu, und evtl. folgt dann demnächst eine etwas bessere, vielleicht sogar mehrsprachige Ausführung. Es liegen auch ein Paar Rackwinkel dabei, allerdings kein Adapter, um dieses 9,5" Gerät in ein 19" Rack zu verbauen, und mit dem auch der Antennenanschluss nach vorne verlegt werden könnte. Hierfür kann man optional den Rackadapter FB-71 erwerben, während so ein Adapter sowohl bei meinem LD- als auch dem Sennheiser System standardmäßig dabei ist.
Der Receiver wirkt im Vergleich zu dem Sennheiser Receiver etwas billig, etwas leichter, fühlt sich nicht so griffig an, hat kein Metallgehäuse, keine Rasterung im Volumeregler, und auch das Display sieht etwas einfacher aus, auch wenn es alle wichtigen Informationen darstellt.

Kommen wir mal zur technischen Ausstattung:
Wie auch die anderen Systeme die ich kenne, wird der Sender über ein externes Netzteil gespeist, 12V Gleichspannung, wie die meisten Geräte, die mit externem Netzteil betrieben werden. Eingangsseitig gibt es die mittlerweile üblichen XLR-/Klinken-Combis für symmetrische oder unsymmetrische Signale. Eher unüblich, aber möglicherweise für den einen oder anderen interessant, sind die Link Outs, die das Eingangssignal parallel wieder herausführen. Dann gibt es noch RJ45 Buchsen, jeweils In und Out, um mehrere Systeme per PC zu kontrollieren, was aber nur für Größere Einsatzbereiche, wie Touring, Theater etc. interessant sein dürfte.
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Auf der Front befindet sich ein Kopfhöreranschluss als 6,3mm Klinke mit Lautstärkeregler, eine 5stellige LED-Aussteuerungsanzeige für das Eingangssignal, ein LCD-Display für die Einstellung und Anzeige der eingestellten Parameter, einen Multibedienknopf für die Einstellung, sowie einen Knopf mit der Bezeichnung ACT, mit der man die Synchronisierung zwischen Sender und Bodypack vornimmt.

Der Empfänger hat oben die übliche 3,5mm Stereo-Klinkenbuchse und den Volumeregler, der auch gleichzeitig als Ein- und Ausschalter fungiert. Auch hier gibt's ein LCD Display, auf dem man die wichtigsten Informationen, wie Ladezustand, Aussteuerungsanzeige, sogar Empfangsstärke des Signals und natürlich Frequenz oder Channel. Die Stromversorgung erfolgt über zwei Mignon/AA-Batterien, mit denen der Empfänger ca. 6 Stunden laufen soll, vorausgesetzt, man nutzt Alkali-Batterien.
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Ungewöhnlich bei diesem Bodypack ist, dass es zwei Antennen gibt, die zudem nach unten ausgerichtet sind. Grundsätzlich hat die Ausrichtung der Antennen nach unten einige Vorteile. Zeigt die Antenne, wie bei den meisten anderen Bodypacks nach oben, ist die Gefahr, dass man die Antenne verbiegt oder abbricht größer, gerade wenn man sie am Gürtel anbringt, und was ein Mitarbeiter von Sennheiser mit mal erzählt hat, dass Bodypacks gerne mal defekt sind, weil über die Antenne Schweiß in das Gerät kommt, was nicht passiert, wenn man die Klammer umdreht und die Antenne nach unten zeigen lässt, wobei dann aber leider der Kopfhöreranschluss und der Volumeregler auf der Unterseite liegen. Auch beim MIPRO Bodypack könnte man die Klammer umdrehen, um die Antenne nach oben zeigen zu lassen, falls gewünscht.

Nun aber zum Praxistest, den ich erst einmal zu Hause vornahm. Antenne anschrauben, Transmitter mit Strom versorgen, Ausgänge aus meinem Rack in die Combibuchsen führen, einschalten. Batterien in den Receiver, Kopfhörer anschließen, einschalten. Das erste, was mir auffällt, ist ein hohes Rauschen, was ich von meinem Sennheiser nicht kenne. Direkt am Kopfhörerausgang des Transmitters ist das Rauschen eher noch lauter, hier sogar bei zugedrehtem Volumeregler noch da. Beim Receiver ist es weitestgehend weg, wenn man ein wenig zudreht. Ok, sobald ein Signal drauflegt, fällt es weniger auf, ist aber trotzdem unschön. Ansonsten ist an der Qualität der Klangübertragung nichts auszusetzen. Am Receiver gibt es zwar noch ein paar Optionen der Klangkorrektur, wie Hi-Boost, Low-Cut, die man meiner Meinung nach aber bei vernünftigen Kopfhörern nicht benötigt. Für meinen Test kamen Fischer Amps FA-3x zum Einsatz, die an sich sehr ausgewogen klingen und keine Korrektur erfordern. Einstreuungen durch digitale Geräte, Netzkabel, Mobiltelefon beeinflussten die Übertragung nicht. Aussetzer entstanden erst, als ich durch drei Wände getrennt im Garten angekommen war. Im Vergleich zum Sennheiser war die Reichweite sogar etwas besser.
Folgende Audio-Modi sind möglich: Stereo, Mono-Links oder Mono-Rechts, sowie ein Mixed-Mode, bei dem ich den Sinn nicht erkennen konnte, bzw nicht genügend Zeit hatte, herum zu experimentieren. Ich vermute, diesen Mode wählt man, wenn man sich ein Mono-Aux-Signal geben lässt und diesem ein weiteres Signal hinzu mixen möchte.

Um den interessanten Faktor mit der Latenz näher zu untersuchen bereitetete ich einen kurzen Mitschnitt vor. Ich nahm parallel zwei Audiospuren mit Cubase auf, eine direkt aus dem Pult, die andere aus dem Receiver, so konnte ich durch Einspielen eines Snare-Sounds vom Keyboard relativ gut die Verzögerung des Signals messen und kam auf lediglich 6ms, was mich überraschte und zumindest für mich vernachlässigbar ist.
Mit den Kopfhörern, die dem Paket beilagen, hatte ich eigentlich nicht gerechnet, war dann aber doch neugierig. Vorweg, ich hatte anfangs keine Ahnung der technischen Daten, auch nicht was den Preis betrifft, weil ich nichts dazu im Internet gefunden habe. Der eine hatte die Bezeichnung E-8P, der andere E-8S. Das P soll anscheinend für 'Professionell' stehen, und dieser Hörer unterscheidet sich vom 'S' dadurch, dass er wie der FA-3E ein ergonomisch geformtes Ohrteil hat, und auch die Kabel in einem formbaren Bügel über die Ohren geführt werden kann. Es liegen beiden Hörern sowohl Silicon-Tips als auch Foam-Aufsätze bei. Im Vergleich zu den Fischer Amps schneiden sie gar nicht mal so schlecht ab. Nicht ganz so transparent, im Bassbereich etwas schwächer, vor allem die 'S'-Ausführung. Leider auch keine austauschbaren Kabel.
E-8S
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E-8P
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Ich hab ein paar Tage später doch noch die Preise für die Hörer herausgefunden und war dann doch etwas überrascht. Der E-8S soll 59EUR kosten, der E-8P 159EUR, und damit eine Empfehlung für einen günstigen Einstiegshörer, wenn man nicht zu viel Wert auf Bässe legt, also nicht unbedingt für Basser oder Drummer gedacht. Auch habe ich bei einem deutschen Anbieter ein MIPRO 909 System gefunden, dem wohl bei einem Preis von 1019EUR auch der E-8S dabei liegt. Ist aber derzeit dort noch nicht verfügbar, genausowenig wie man es derzeit beim großen T findet.
Auf der Bühne konnte sich das System auch bewähren, keine Aussetzer, keine Störungen. Mit den angegebenen 6 Stunden Batterielaufzeit hat der Hersteller auch nicht übertrieben. Hier hält das Sennheiser etwas länger.

Fazit: mit einem anscheinenden Straßenpreis von 1100EUR liegt das Mipro 909 derzeit in der Oberklasse der In-Ear Systeme. Wenn ich die Haptik des Receivers mit dem Sennheiser vergleiche, fehlt mir da leider etwas, auch das deutliche Rauschen ist für mich eine weitere Beeinträchtigung darstellt, auch wenn es wieder einmal Klagen auf hohem Niveau ist. Im Vergleich zum LD merkt man schon deutliche Unterschiede, optisch, technisch, haptisch, und auch was die Klang- und Übertragungsqualität angeht. Mit dem weiteren Ausbau des LTE-Netzes werden die digitalen Systeme aber mehr an Daseinsberechtigung haben, und wenn man sich derzeit mit dem Kauf eines In-Ear Systems beschäftigt, ist man mit dem Mipro auf der sichereren Seite, und technisch braucht man bis auf das Rauschen, das man im Live-Einsatz vernachlässigen kann, keine Abstriche machen.
Auch die beiden In-Ear Hörer E-8S und E-8P bekommen in ihrer Preisklasse eine klare Empfehlung von mir.
 
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so konnte ich durch Einspielen eines Snare-Sounds vom Keyboard relativ gut die Verzögerung des Signals messen und kam auf lediglich 6ms, was mich überraschte und zumindest für mich vernachlässigbar ist.

Ich finde 6ms ganz schön viel für eine reine Übertragung. 6ms allein sind sicher nicht störend, aber wenn z.B. das Funkmikro das auch noch dazu tut, dann kommt man irgenwann über die Schwelle, wo es störend wird.

(Willkürliches) Beispiel: Spezifikation Behringer X32
E/A-Latenz (Mischpulteingang auf -ausgang) 0,8 ms
Netzwerk-Latenz (Stagebox In > Pult > Stagebox Out) 1,1 ms

Da sind aber noch etliche Stufen Signalbearbeitung dazwischen.

Aber für den Test: vielen Dank (auch für di Messung) und großes Kompliment

Gruß
Christoph
 
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Ich hatte halt schlimmeres befürchtet, quasi eine Latenz, die man wahrnimmt und sich dann störend auf das Grooven auswirkt. Als ich mein komplettes Audiorouting mal über Mainstage gefahren hab, und nicht wie sonst direkt über mein MOTU Interface mit der Cuemix Software, wo ich dann Direktmonitoring mit Null-Latenz hab, war die Latenz deutlich zu hören, besonders beim singen, gerade wenn man wie ich über In-Ear fährt. Das war fast wie ein kurzes Echo, und hat mich so irritiert, dass ich nicht in der Lage war, zu spielen.
Werde aus eigenem Interesse aber mal zum Vergleich die selbe Aufnahme mit dem Sennheiser System machen, mal sehen, wie die Latenz bei einem analogen System ist ;)
 
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