[GB] Barockgitarre

  • Ersteller TheByte
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Ok, ich mache ab sofort mehr Fotos und generell Dokumentation ;)
Vielen Dank für das Lob, das höre ich gerne :D

Die Zeit kann ich nicht eindeutig bestimmen, da ich ja nicht unbedingt an einem Instrument alleine arbeite.
Wenn der Leim an dem einen Teil trocknet, dann mache ich etwas für das andere usw., da zerfließen die Grenzen etwas.
Momentan sind die Bauteile auch auf etwa 3 Gitarren verstreut, da verliert man etwas den Überblick :redface:
Aber ich schätze mal, mit meiner "gemächlichen" Arbeitsweise werde ich auf etwa 130h für solch ein Instrument hier kommen.
Wenn hier und da noch ein bisschen mehr Dekoration hinkommt, z.B. bei den Wirbeln, Marketerie oder Inlays in der Kopfplatte,
dem Hals, in der Decke oder dem Boden, möglicherweise in den Zargen, ein tolles Schnitzwerk im Halsfuß,
dann entsprechend mehr, auch die Oberflächenbehandlung macht einen Unterschied, aber etwa um den Dreh wird es sich bewegen.

Die Kosten sind eigentlich recht überschaubar. Zargen und Boden liegen für das Rohmaterial bei 12€ zzgl. Bindingmaterial,
die Decke liegt bei 10€, das Pergament 20€ (eine ganze Haut, reicht für 3-4 Rosetten), das Holz für Wirbel etwa 2€,
das Holz für eine Brücke umgelegt 1€, der Ahorn-Hals 5-10€, der Fichtenhals gratis (Palette), das Griffbrett 15€,
die Saiten 40-50€(gegriffen) und ca.30€(Bordune), Furnier und Dekoration vielleicht nochmal 10€,
das Verbrauchsmaterial (Leim, Lackkomponenten, Schleifpapier) höchstens 20€.

Die tatsächlichen Ausgaben für die Materialien, die benötigt werden, um ein Instrument von Null an aufzubauen wären möglicherweise
ein gutes Stück höher, da man vieles einfach nur in größeren Mengen kaufen kann, Werkzeug braucht man vielleicht auch noch,
aber die reinen Materialkosten für eine einzige Gitarre liegen, großzügig aufgerundet, bei etwa 200€.
Und das wäre schon ein recht üppig ausgestattetes Instrument mit viel "bling-bling", das ist keine "Schülergeige" mehr :)

MfG
 
Deine Ausgaben sind schon recht gering, aber wäre es für den Klang nicht sinnvoll zumindest eine ordentliche Fichtendecke zu kaufen?
Für 10€ bekommst du doch nicht wirklich gut abgelagertes Tonholz oder? Das kostet dann schon eher 100€, wenn das überhaupt reicht.
Ich finde es allerdings sehr faszinierend, über welche handwerkliche Begabung du verfügst. Das wäre für mich nichts!
 
Hi,

auch dir sei mein Dank gewiss :)
Du hast vollkommen Recht, eine gute Decke ist wichtig für den Klang und sieht auch schön aus,
hier sollte man also nicht groß dran sparen. Aber 100€ für eine Barockgitarren-Decke wäre schon arg viel :eek:
Für eine zweiteilige Gitarrendecke in sehr guter Qualität mit schöner Haselung wäre das vielleicht okay,
die fehlerfreie Fläche macht den Preis aus, eine Barockgitarren-Decke ist aber deutllich kleiner als die einer Dreadnought.
Zudem muss man es auch so sehen: das ist "nur" rohes Holz. Außer dem Trocknen und Sägen keinerlei
Mehrwert wie Fügen, Hobeln, Schleifen. Nur die zwei Bretter ;) Und davon gibt es (noch) viel in den Wäldern.
Der vermeintlich niedrige Preis kommt hier auch wieder vom "Großeinkauf" mit Paketpreis.

Damit klar ist, worum es geht:
Decke_roh.JPG
Rohes Holz, zweiteilig, noch etwa 5mm stark, Bugbreite nicht mehr als 26cm, Länge 52cm. Also recht klein.
Ob es diese Decke wird oder eine ähnliche, das muss ich noch schauen, aber mit unter 1mm Jahrringabstand innen
ist das nicht unbedingt der letzte Ramsch :D (Ein jeder darf sich frei fühlen, bei seinen Gitarren mal nachzumessen :)).
Und 10€ sind dafür schon ein guter Preis.

MfG
 
Auf sowas hätte ich auch mal Lust, aber mir fehlen Werkzeug und vermutlich auch die Fähigkeiten … :rolleyes:
 
Da ich noch nicht die Zeit gefunden habe, alles (mehr oder weniger) endgültig zusammenzuleimen, fällt mir ab und zu
noch das ein oder andere Detail ein, das man ja nochmal überdenken könnte. Diesmal ist es der Hals.
Theorbiert bleibt er, das ist keine Frage, doch die Art der Extension kann ja noch variiert werden :p
Bisher haben wir ja den geraden Stock. Für ein geradliniges Instrument wie den Chitarrone, quasi die Telecaster
unter den Theorben, stilistisch schonmal kein Beinbruch, das sieht immer gut aus und passt.
Aber bei der Barockgitarre bin ich mir nicht mehr so sicher, ob es das ist, was am besten passt :gruebel:

Im Vergleich zu den vielen kleinen und großen Details (allen voran die Rosette und die bisher noch nicht gezeigten
mustachios an der Brücke) passt (zur Zeit :rolleyes:) ein solcher Hals hier ziemlich gut:
Barocklaute.jpg
Quelle: http://www.anselmus.ch/images/instr_pmr_0041_th_francais_02.jpg

Natürlich nur in Anbetracht der geschwungenen und dreidimensionalen Geometrie an sich, die Ausführung in einzelnen Details
steht noch nicht fest und müsste sowieso etwas angepasst werden (durchbrochen würde ich ihn zumindest nicht machen).
Normalerweise an Barocklauten zu finden, müsste sich solch ein Hals ja schon allein vom Namen her ganz gut eignen ;)

Jaja, zuviel denken, zu wenig machen, ich weiß... Ich bleib dran, drei weitere Instrumente will ich auch noch schaffen :)

@hatschipu:
ich weiß nicht, wie oft ich das oder etwas ähnliches schon geschrieben, gesagt oder gedacht habe:
einfach anfangen. Ich habe auch mit einem Stück Holz und ein paar stumpfen Messern angefangen (Modell eines
Lautenwirbelkastens. In der Retrospektive ein gruselig anmutendes etwas und schnell im Ofen gelandet, aber das war der
Grundstein). Ohne spezielle "Fähigkeiten", denn die können ja erst kommen, wenn man weiß, was man (nicht) hat/kann/haben will.
Und das Werkzeug kommt dann "beiläufig", gemeinsam mit dem Fortschritt des Könnens/Wollens. Simpel, aber praxisnah.

MfG
 
Hi,
schön, dass es weitergeht.

Mal nebenbei gefragt: weißt du zufällig, ob es einen Colascione-Bausatz gibt? Das wär was für mich. Die Suchmaschine meines Vertrauens hat da nix gefunen, aber manchmal schlummert ja Fachwissen bei den Menschen. ;)
 
Boah, Colascione ist ja schon recht exotisch, wenn man ihn als fertiges Instrument bekommt,
als Bausatz habe ich das Instrument noch nie gesehen :gruebel:
Welche Größe und Besaitung hast du dir denn vorgestellt? Da gibt es ja so einiges...
Aber ich finde es sehr cool, dass auch mal jemand den Bass unter den Lauten aus der Versenkung holt :p

MfG
 
Einen weiteren Fortschritt gibt es zu verbuchen:
nachdem ich mir, nach langem hin und her zwischen "brauche ich jetzt mal" und "morgen vielleicht", nun endlich mein
go-bar-deck (wie heißt das eigentlich auf Deutsch?) gebaut habe, konnten auch schon die ersten Leisten geleimt werden :great:
Das ist erstmal das "Gerät" (ich weiß, da gehört eigentlich ein Radientisch hin ;)) :
GoBar.jpg
Ich habe es einfach (und auch einigermaßen schnell demontierbar) auf meine Arbeitsplatte aufgebaut:
oben eine schwere Tischplatte, vier M12-Gewindestangen, etwas Befestigungsmaterial dazu und
einige 4mm-Fiberglas-Stangen (optimal wäre hier aber vierkantiges Material, das verdreht sich nicht). In Aktion dann... gleich ;)

Zunächst aber muss man das herstellen, was man gerne aufleimen möchte. Dazu spalte ich von einem Fichtendecken-Abschnitt passende
Leisten und hoble sie anschließend grob auf Höhe und plan:
Braces_hobeln2.jpg

Braces_hobeln1.jpg

Ist das getan wird vom Zargenumriss Maß genommen und die Leiste abgelängt:
Braces_saegen.jpg

Für eine Barockgitarre wird nicht viel benötigt, daher ist man schnell fertig:
Braces_leimen1.jpg
Es gab so manche Instrumentenmacher, die ihre Böden unverstärkt gelassen haben und somit ein recht
schwingfreudiges Ergebnis erreicht haben. Da man das Schicksal aber nicht herausfordern soll, mache ich halt
die drei niedrigen und nicht allzu starken Leisten drauf und wäge mich in Sicherheit :) Die Klangformung kommt ja noch zur Genüge.

Ist das erledigt, so kommt der erste Einsatz meines neuen go-bar-decks:
Braces_leimen2.jpg
Nach einem etwas länger währenden Kampf mit den Hautleimtafeln (ich musste große Gewalt anwenden...) ging alles ganz fix.
Leim aufpinseln, Leiste positionieren, den Fiberglasstab aufsetzen und zurechtrücken. Fertig. Schraubzwingen und andere wagemutige Konstruktionen adé ;)
Jetzt heißt es aber wieder: warten bis der Leim trocken ist :redface:

MfG
 
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Nachdem der Boden nun beleistet und gut durchgetrocknet ist, kann man daran gehen und die Leisten an die Zargenform anpassen.
Zunächst anzeichnen, ...
Braces_anzeichnen.jpg

...dann mit der Säge kürzen. Hierbei sollte man aber aufpassen, die längeren Leisten nicht gleich mit abzusägen :p
Braces_kuerzen.jpg

Dann habe ich den Überstand Stück für Stück abgetragen. Hierbei gehe ich gegen die Tradition und verwende
chirurgische Klingen. Immer scharf und dabei auch flexibel.
Braces_kuerzen2.jpg

Zum Schluss putze ich noch etwaige Leim- und Holzreste weg, denn genau dort liegen später die Zargen auf.
Braces_kuerzen3.jpg

Haben alle Leisten das korrekte Maß, so werden sie auf Höhe gehobelt und mit einem "Dach" versehen.
Warum? Weil's schön aussieht :great:
Braces_formen.jpg

Ist das dann getan, folgen die Enden. Um dem System so viel Schwingungsfreiheit zu geben wie möglich (Leimfläche der Leisten an den Zargen),
verjüngt man die Leisten auf ein paar cm Länge. Exakte Werte: siehe Erfahrungsschatz und Ästhetik-Empfinden :)
Braces_formen2.jpg

In der Zwischenzeit habe ich die Zargen (nach "Geheimrezept des Hauses" :weird:) auf den Boden geklebt, wovon es im Eifer des Gefechts
mal wieder keine Fotos gibt :redface: Dafür aber wieder vom Ausarbeiten des Bodens. Hier wird er gerade grob in Form gebracht:
Boden_schneiden.jpg

Und hier schon die feinere Ausarbeitung. Die Zierstreifen sind im Gegensatz zum Ahorn sehr hart, weswegen
vor allem die Bereiche um den Hals- sowie den Endklotz etwas schwierig zu schneiden sind.
Daher auch hier wieder: Skalpellklinge und rohe Gewalt.
Boden_schneiden2.jpg

Ist die Form dann zu 99% ausgearbeitet, folgt die Ziehklinge. Damit geht dann alles ganz sauber und schön rund.
Boden_schneiden3.jpg
Hier habe ich ernsthaft überlegt, ob ich diese schöne Kante wirklich unter einem Pergamentstreifen verstecken soll :gruebel:
Schön ist es ja schon und hart genug wäre es ja auch...

In seiner neuen Erscheinungsform gefällt mir der Kasten dann auch schon deutlich besser ;)
Die Streifenmuster passen gut zusammen und sollten unter dem Lack dann auch gut zur Geltung kommen.
Boden_fastfertig.jpg

Nein, das ist vorerst wirklich fertig :great: Das Stückchen am Hals brauche ich noch für den Halsfuß:
Boden_Ansatz.jpg

Jetzt geht's ans Design des Halses in barocker Form. Das wird spannend :D

MfG
 
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Nun zum Hals. Wie versprochen wird der untere Hals, also dort, wo die Bünde sitzen werden, aus Ahorn.
Dazu passend: der Halsfuß.
Halsfuss_roh.jpg
Zunächst alles gewissenhaft anzeichnen, damit später ja nichts falsch sitzt oder verdreht ist.

Das Grobe erstmal mit Säge und Raspel...
Halsfuss_raspel.jpg

...und die Feinarbeit mit dem Hobel:
Halsfuss_hobel.jpg
Halsfuss_hobel2.jpg

Ist das getan, so braucht man ja auch mal wieder Abwechslung.
Unterhals_messern.jpg
Den Hals hatte ich ja schon vor einer gefühlten Ewigkeit grob vorgeformt,
jetzt geht es ihm an die Feinheiten.

Da der Hals nach links kippt, muss praktischerweise nur rechts Material abgehobelt werden :great:
Hals_roh.jpg
Dann Rundungen anzeichnen...

...und hobeln:
Hals_hobel.jpg
Das ist eine sehr entspannende Arbeit, vor allem mit dem neuen Hobel :D

Zwischendurch mal prüfen:
Hals_Form_Sattel.jpg

Hals_Form_Korpus.jpg
Passt vorerst, die Form stimmt. Ein sattes C oben und ein flaches D unten. Der Feinschliff folgt später.

Jetzt kann es an die Verbindung von Halsfuß und Hals gehen. Hier setze ich einfach mit zwei 45°-Winkeln an:
Hals_Fuss_Verbindung.jpg
Wieder: sägen, raspeln, hobeln...
Hals_Fuss_Verbindung_hobel.jpg
Dasselbe dann nochmal am Halsklotz und diese Tätigkeit wäre erledigt.

Jetzt bin ich für heute fertig, das war ein langer Tag ;)

MfG
 
... mein go-bar-deck (wie heißt das eigentlich auf Deutsch?)...

Himmelbett :D

Verfolge Deinen Fortschritt gespannt - bei mir liegen derzeit auch 3 Sätze Decken, Böden und Zargen samt Halskanteln für Steelstrings im Keller und warten auf den Startschuss...

Cheers,
Martin
 
Gerne würde ich diesen Fred fortführen. Also, derzeit baue ich als "Premiere" eine Barockgitarre in einer vereinfachten Form nach Jean-Bapiste Voboam (1634/46 - 1692). Zuvor haben ein zwei oder drei Renaissance-Gitarren meine Wohnzimmer-Werkstatt verlassen, aber die 4chörige Besaitung schränkt doch das Repertoire ziemlich ein. Nun wird das zukünfige Instrument 4 Doppelsaiten und ein Chantarelle haben. Die Stimmung lautet daher wie folgt:

Aa-dd'-g'g'-h'h'-e'.

Dem Bau sind endlose Stunden daddeln im Internet vorausgegangen, was Mensur und Verzierungen betrifft. Die Suche nach den Rankengewächs an den beiden Enden des Steg war letztlich doch noch von Erfolg gekrönt. Hier das Bild der noch unfertigen Teile:

stegranken.jpg


Eine italienische Liuteria möge mir Abkupferung verzeihen ...:redface:

Wegen der exakten Identität der beiden Ranken werden sie normalerweise aus 2 Stück leicht zusammengeleimten Hartholzes in einem herausgesägt und die beiden Holzteile dann ganz vorsicht im warmen Wasserbad getrennt.
Da mir 3 Versuche bislang misslungen sind, habe ich die beiden Stegranken einzeln herausgeschnitten. Das geübte Auge sieht, dass sie nicht 100%ig gleich ausschauen.

In YouTube finden sich zahllose Beispiel für Stücke auf der Barockgitarre. Empfehlen möchte ich aber das polnische Musikerehepaar Anna Kowalska und Anton Birula.

https://www.luteduo.com/

Sofern es einen gewissen Fortschritt gibt, melde ich mich wieder.
 
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