Foxx
Pop/Rock-Gesang
Ich hatte in den letzten Wochen das Vergnügen ein sehr hochwertiges und - so viel kann ich dem Testbericht vorwegnehmen - sehr überzeugendes Mikrofon zu testen. Um alles umfassend abzudecken, habe ich das Mikrofon sowohl im Homerecording als auch im Proberaum und live auf der Bühne getestet und mitgeschnitten, um den Bericht, ganz im Sinne des multimedialen Zeitalters, um entsprechende Hörproben und Mitschnitte zu ergänzen. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen und Hören.
Allgemeines
Das d:facto II ist ein Kleinmembran-Live-Kondensatormikrofon des dänischen Herstellers DPA. Eine Besonderheit des Mikrofrons ist das dahinterstehende modulare Konzept: So ist das d:facto II nicht als "starre" Mikrofonausführung gedacht, sondern in gleich zweifacher Hinsicht flexibel einsetzbar. Zum einen lässt sich die mitgelieferte Supernierenkapsel gegen weitere aus dem DPA d:dicate-System austauschen, zum anderen ist das Mikrofon per Adapter vom kabelgebundenen Anschluss umrüstbar auf alle gängigen Wireless-Systeme von Shure, Sennheiser, Sony, Wisycom und weiteren Anbietern.
Mit 869,- € hat das d:facto II einen stolzen Preis im Vergleich zu etablierten Konkurrenten wie dem Shure Beta 87A, dem Sennheiser e965, dem Audio Technica AE5400 oder dem Neumann KMS 105, welcher sich aber durch dieses modulare System durchaus ein wenig relativiert. Die Adapter liegen dabei preislich bei jeweils 210,- €. Das macht das das Mikrofon natürlich nach wie vor nicht gerade preisgünstig, erlaubt aber eine Einsatzvielfalt und Kombinationsfähigkeit mit bestehender Drahtlostechnik, die in dieser Form einzigartig sein dürfte und für viele Anwender sehr attraktiv sein kann. Wer hingegen sowieso kabelgebunden auftritt, wird von dem Konzept allerdings weniger profitieren und muss sich mit den "herkömmlichen" Vorzügen des d:facto II begnügen. Doch auch so hat der Däne durchaus einiges zu bieten.
Optik und Haptik
Das d:facto II besticht unmittelbar mit einer schlicht-eleganten, sehr hochwertig anmutenden Optik und tadelloser Verarbeitung. Der im oberen Bereich konisch geschwungene, im unteren Bereich gerade ausgeführte Schaft ist mattschwarz lackiert und somit unempfindlich gegen "Dappser" auf der Oberfläche. Die feinen Akzente wie der weiße Ring und die ebenfalls weiße, unaufdringliche Typenbezeichnung unterstreichen den eleganten Look. Auch der längliche, leicht eiförmige Korb ist schwarz und wird in der Mitte von einem Ring umfasst. Das Mikrofon erinnert von der Grundform her somit leicht an eine Mischung aus dem Shure Beta 87A und dem Sennheiser e965; das Verhältnis aus Schaftdicke und Korb ist aber ausgeglichener und vermeidet die "Wasserkopf-Optik" des 87er.
Mit über 300 g ist das d:facto II verhältnismäßig schwer, aber sehr ausbalanciert gewichtet. Es liegt gut und griffig in der Hand (jedenfalls wenn man das Mikrofron gebrauchsgemäß auch am Schaft hält und nicht zu der bei Tonis - und mir - verhassten "Würgerfraktion" gehört, die glaubt, ein Mikro sei nur dann richtig gehalten, wenn Daumen und Zeigefinger den halben Korb zerdrücken ). Auch bei verschiedenen Haltewinkeln, welche sich je nach Genre häufig finden (Rock/Pop: senkrecht auf den Mund gerichtet, Jazz/Swing: nach unten abgewinkelt, evtl. am Kinn abgestützt), und den damit zwangsläufig einhergehenden Änderungen der Handhaltung, greift sich das Mikro stets bequem.
Offizielle Fotos: http://dpamics.smugmug.com/Dpadfacto/
Sound
Ein Blick auf den Frequenzgang (siehe: http://www.dpamicrophones.com/en/products.aspx?c=item&category=278&item=24492#diagrams) verrät: Zwischen 200 und 5000 Hz weist das d:facto II eine so gut wie lineare Wiedergabe auf. Frequenzen unterhalb von 100 Hz hingegen sind deutlich zurückgenommen - das d:facto verzichtet also auf etwas Wärme, vermeidet so aber auch Stör- und Nebengeräusche sehr gut. Im Gegensatz zu bspw. dem Sennheiser e965 oder dem Audio Technica AE5400 ist dieser Low-Cut aber nicht schaltbar.
Auch auf die bei der Konkurrenz fast schon obligatorische Anhebung im Präsenzbereich ab 2 kHz verzichten die Dänen dankbarerweise. So kommt es nicht zu überbetonten Zischlauten. Wer Sorge hat, dass die Stimme dadurch nicht weit genug nach vorne kommt, kann sich beruhigen lassen: Ein Durchsetzungsproblem hat das d:facto II definitiv nicht. Darüber hinaus weist der Frequenzgang noch eine breite Anhebung um 12 kHz herum auf, welche für zusätzliche Brillanz und Leichtigkeit des Klangs sorgt, ohne dabei zu spitz zu werden. Insgesamt besticht das Mikro also mit einem klaren und feinen, tendenziell eher hellen Sound.
Hörbeispiele
Zur Veranschaulichung anbei ein paar Hörproben des d:facto II im Vergleich zu anderen Mikrofonen. Ins Rennen gehen das Rode NT1-A (Studiomikrofon, niedrigpreisig, Großmembran-Kondensator) und das Audio Technica AE 5400 (Livemikrofon, mittelpreisig, Großmembran-Kondensator). Aufgenommen wurden einmal Klangbeispiele für eine ruhige Ballade (ca. 3-5 cm Mikroabstand, außer beim Rode, da hier noch ein Popschutz vor dem Mikrofon installiert wurde) sowie für ein Rock-Pop-Stück (ca. 12 cm Mikroabstand). Im Falle des AE5400 wurde jeweils eine Aufnahme mit, wie auch ohne zuschaltbarem Low-Cut gemacht:
d:facto II, Ballade: https://app.box.com/s/eunw0ru8a9hpwtax847x
AE 5400, Ballade: https://app.box.com/s/zqtclmv5dh5w1g1cch1k
AE 5400 (Low-Cut), Ballade: https://app.box.com/s/kiwrduaxalo49zhd3axp
Rode NT1-A, Ballade: https://app.box.com/s/jpxgiv5sb10o1saz3gx2
d:facto II, Rock-Pop: https://app.box.com/s/hgjw6bm9x2abnh0zqe3f
AE 5400, Rock-Pop: https://app.box.com/s/ic84x1uf0s5os0kvw5pm
AE 5400 (Low-Cut), Rock-Pop: https://app.box.com/s/7efcxm6a4tp06r5ujmra
Rode NT1-A, Rock-Pop: https://app.box.com/s/8ewsbwjp3nt4rdep427z
(Alle Aufnahmen sind komplett unbearbeitet, kein EQ, kein Hall ... wer Unsauberkeiten findet, darf sie behalten. )
Im Vergleich zum AE5400 schneidet das d:facto II hörbar klarer und brillanter ab, vor allem bei der Ballade. Dies liegt auch, aber nicht nur am Low-Cut, wie der Vergleich der beiden AE5400-Aufnahmen mit und ohne denselben zeigt - wird dieser beim AE5400 aktiviert, nähern sich die beiden Mikrofone klanglich einander zwar stärker an, wie auch die Spektralanalyse unten dokumentiert, dennoch bleibt das d:facto II in Sachen Brillanz ein Stück voraus. Wie oben bereits angesprochen, geht durch den Low-Cut natürlich auch eine gewisser Grad an Wärme und "Kuschligkeit" verloren, dafür sind aber auch die Nebengeräusche deutlich reduziert. Was man hier priorisiert, ist sicherlich eine Geschmacks- und Stilfrage und gerade tiefere Stimmen könnten sich ihres Markenzeichens "beraubt" fühlen - erklingen dafür aber präsenter und transparenter im Gesamtsound.
Das Rode NT1-A nimmt im Vergleich zu den beiden Livemikrofonen freilich noch ein paar mehr Details und Feinheiten, aber auch mehr Nebengeräusche und Raumklang auf, was auch an der Spektralanalyse zu erkennen ist. Stellenweise wirkt das Rode vergleichsweise blechern, während das d:facto zwar eine gewisse "Kernigkeit" im Klang aufweist, aber immer samtig bleibt.
Durch die Nahbesprechung sind die Pop- und Plosivlaute zwar bei allen Aufnahmen der Ballade deutlich vernehmbar, dennoch lässt sich im Vergleich erkennen, dass der Popschutz des d:facto II mehr als ordentlich ist.
Sollte bisher beim Leser der Eindruck entstanden sein, dass das d:facto II aufgrund seines hellen, brillanten Klangs vor allem für feinen oder filigranen Gesang geeignet sei, zeigt spätestens die Rock-Pop-Aufnahme, dass der Däne auch "Schmackes" kann: Der Sound ist klar, präsent und durchsetzungsfähig. Die Unterschiede zum AE5400 treten hier weniger deutlich hervor; bei eingestelltem Low-Cut des AE5400 klingen beide Mikrofone weitestgehend ähnlich, wobei das d:facto II abermals etwas heller und seidiger wirkt. Wird der Low-Cut des AE5400 deaktiviert, präsentiert sich dieses unten rum durchaus mit mehr Wumms als das d:facto II, was je nach Stimme zwar für einen zusätzlichen Boost sorgen, live aber auch schnell "matschen" kann.
Für das Rode NT1-A gilt abermals, dass es zwar insgesamt noch detailreicher aufnimmt, aber eben auch dazu neigt, stellenweise zu spitz zu klingen.
Insgesamt positioniert sich das d:facto II also mit einem eher höhenbetonten, klaren, detailreichen und kernigen Klang, der die Gratwanderung zwischen Präsenz und Schärfe sehr erfolgreich meistert und zwar detailreich wiedergibt, Störgeräusche aber erfolgreich vermeidet.
Liveeinsatz
Im Bandkontext erweist sich das d:facto quasi als sowas wie ein "Plug and Play"-Wunder: Zumindest für meine Stimme lässt es sich "wartungsarm" einsetzen: EQ-Einstellungen am Mischpult beschränkten sich im Livetest auf ein Minimum und bis auf eine leichte Anhebung der Mitten um 800 Hz habe ich auf Anpassungen verzichtet und alle Potis auf 12 Uhr belassen. Das Mikro liefert von sich aus bereits ein Spektrum, das für meinen Geschmack und meine Stimme ziemlich optimal ist. Gleichzeitig ist auch der Ausgangspegel bereits ordentlich, so dass nur wenig Gain am Pult erforderlich ist. Der oben angesprochene Frequenzganz mit Low-Cut, linearen Mitten und Hochmitten und leicht angehobenem Brillanzbereich holt die Stimme gut nach vorne und verhindert ein Matschen in den Tiefen und Mitten.
Besonders erfreulich ist außerdem, dass das d:facto II höchst unempfindlich gegen Griff- und Trittschallgeräusche ist. Ich klopfe live gerne mal den Takt mit dem Fuß mit, was nicht jedes Mikro mag, wenn es sich im Ständer befindet - das d:facto II aber ist hier absolut robust. Auch beim Herausnehmen aus der oder Einsetzen in die Klemme kommt es nicht zu nervigen Rumpelgeräuschen, ohne dass man hier besonders vorsichtig oder zaghaft sein müsste. Das ist mehr als angenehm, da man live einfach der eigenen spontanen Dynamik beim Umgang mit dem Mikro folgen kann, ohne sich groß Gedanken machen zu müssen.
Naturgemäß haben Bühnen-Kondensatoren gegenüber dynamischen Livemikrofonen meist mit einer höheren Koppelanfälligkeit zu kämpfen. Eines der bestechendsten Merkmale des d:facto II ist daher für mich, dass es auch diese Schwäche nicht zu kennen scheint - weder im Proberaum noch im Liveeinsatz auf der Bühne habe ich Probleme mit Feedback bekommen. Das ist besonders erfreulich, weil das Mikrofon gleichzeitig sehr durchsetzungsfähig im Bandkontext (in meinem Fall: E-Leadgitarre, E-Rhythmusgitarre, E-Bass und Schlagzeug) ist, so dass die, sicherlich vielen meiner Sängerkollegen bekannten, Kämpfe beim Finden eines Pegels, der noch nicht koppelt und trotzdem die Soundwand der Mitmusiker überwinden kann, entfallen.
Das gilt übrigens auch für mehrstimmige Arrangements, wie der folgende Mitschnitt zeigt (aufgenommen mit einem Zoom H1): Unsere Sängerin singt in diesem Fall über ein Sennheiser e935; die Zweitstimme über das d:facto II ist transparent und schmiegt sich an; in den Solopassagen ist der Klang druckvoll und griffig.
Hörprobe Livemitschnitt: https://app.box.com/s/qobiqkof3dkvmks1jhs7
Fazit
Das DPA d:facto II ist ein rundum hochwertiges Mikrofon mit schlichter, eleganter Optik, angenehmem Handling und überzeugendem Klang, der sich durch Feinheit, Brillanz und Kernigkeit auszeichnet. Schade ist, dass der Low-Cut nicht, wie bei manchen Mitbewerbern, schaltbar ist, da vor allem tiefere Stimmen etwas Wärme und Wumms in den Tiefen verlieren könnten. Das Mikrofon besticht durch Durchsetzungsfähigkeit, Koppelfestigkeit und einer außerordentlichen Resistenz gegen Griffgeräusche und Trittschall. Im direkten Vergleich hält es mit Großmembranern für Studio- und Liveeinsatz nicht nur mit, sondern kann durchaus vorbeiziehen. Dieser hohen Anzahl an Vorzügen steht ein durchaus stolzer Preis gegenüber, der sich zumindest teilweise durch das flexible Adapterkonzept auf alle etablierten Drahtlossysteme relativiert. Wer allerdings sowieso rein kabelgebunden unterwegs ist, muss für sich entscheiden, ob das Preis-Leistungsverhältnis dennoch stimmig ist, erhält aber in jedem Falle ein Livemikro der absoluten Oberklasse, das seinesgleichen sucht.
Vielen Dank geht an dieser Stelle an Mega Audio und Peter Brüning für die gute und sympathische Zusammenarbeit und die unkomplizierten telefonischen Absprachen bezüglich des Versands und des zeitlichen Rahmens!
Allgemeines
Das d:facto II ist ein Kleinmembran-Live-Kondensatormikrofon des dänischen Herstellers DPA. Eine Besonderheit des Mikrofrons ist das dahinterstehende modulare Konzept: So ist das d:facto II nicht als "starre" Mikrofonausführung gedacht, sondern in gleich zweifacher Hinsicht flexibel einsetzbar. Zum einen lässt sich die mitgelieferte Supernierenkapsel gegen weitere aus dem DPA d:dicate-System austauschen, zum anderen ist das Mikrofon per Adapter vom kabelgebundenen Anschluss umrüstbar auf alle gängigen Wireless-Systeme von Shure, Sennheiser, Sony, Wisycom und weiteren Anbietern.
Mit 869,- € hat das d:facto II einen stolzen Preis im Vergleich zu etablierten Konkurrenten wie dem Shure Beta 87A, dem Sennheiser e965, dem Audio Technica AE5400 oder dem Neumann KMS 105, welcher sich aber durch dieses modulare System durchaus ein wenig relativiert. Die Adapter liegen dabei preislich bei jeweils 210,- €. Das macht das das Mikrofon natürlich nach wie vor nicht gerade preisgünstig, erlaubt aber eine Einsatzvielfalt und Kombinationsfähigkeit mit bestehender Drahtlostechnik, die in dieser Form einzigartig sein dürfte und für viele Anwender sehr attraktiv sein kann. Wer hingegen sowieso kabelgebunden auftritt, wird von dem Konzept allerdings weniger profitieren und muss sich mit den "herkömmlichen" Vorzügen des d:facto II begnügen. Doch auch so hat der Däne durchaus einiges zu bieten.
Optik und Haptik
Das d:facto II besticht unmittelbar mit einer schlicht-eleganten, sehr hochwertig anmutenden Optik und tadelloser Verarbeitung. Der im oberen Bereich konisch geschwungene, im unteren Bereich gerade ausgeführte Schaft ist mattschwarz lackiert und somit unempfindlich gegen "Dappser" auf der Oberfläche. Die feinen Akzente wie der weiße Ring und die ebenfalls weiße, unaufdringliche Typenbezeichnung unterstreichen den eleganten Look. Auch der längliche, leicht eiförmige Korb ist schwarz und wird in der Mitte von einem Ring umfasst. Das Mikrofon erinnert von der Grundform her somit leicht an eine Mischung aus dem Shure Beta 87A und dem Sennheiser e965; das Verhältnis aus Schaftdicke und Korb ist aber ausgeglichener und vermeidet die "Wasserkopf-Optik" des 87er.
Mit über 300 g ist das d:facto II verhältnismäßig schwer, aber sehr ausbalanciert gewichtet. Es liegt gut und griffig in der Hand (jedenfalls wenn man das Mikrofron gebrauchsgemäß auch am Schaft hält und nicht zu der bei Tonis - und mir - verhassten "Würgerfraktion" gehört, die glaubt, ein Mikro sei nur dann richtig gehalten, wenn Daumen und Zeigefinger den halben Korb zerdrücken ). Auch bei verschiedenen Haltewinkeln, welche sich je nach Genre häufig finden (Rock/Pop: senkrecht auf den Mund gerichtet, Jazz/Swing: nach unten abgewinkelt, evtl. am Kinn abgestützt), und den damit zwangsläufig einhergehenden Änderungen der Handhaltung, greift sich das Mikro stets bequem.
Offizielle Fotos: http://dpamics.smugmug.com/Dpadfacto/
Sound
Ein Blick auf den Frequenzgang (siehe: http://www.dpamicrophones.com/en/products.aspx?c=item&category=278&item=24492#diagrams) verrät: Zwischen 200 und 5000 Hz weist das d:facto II eine so gut wie lineare Wiedergabe auf. Frequenzen unterhalb von 100 Hz hingegen sind deutlich zurückgenommen - das d:facto verzichtet also auf etwas Wärme, vermeidet so aber auch Stör- und Nebengeräusche sehr gut. Im Gegensatz zu bspw. dem Sennheiser e965 oder dem Audio Technica AE5400 ist dieser Low-Cut aber nicht schaltbar.
Auch auf die bei der Konkurrenz fast schon obligatorische Anhebung im Präsenzbereich ab 2 kHz verzichten die Dänen dankbarerweise. So kommt es nicht zu überbetonten Zischlauten. Wer Sorge hat, dass die Stimme dadurch nicht weit genug nach vorne kommt, kann sich beruhigen lassen: Ein Durchsetzungsproblem hat das d:facto II definitiv nicht. Darüber hinaus weist der Frequenzgang noch eine breite Anhebung um 12 kHz herum auf, welche für zusätzliche Brillanz und Leichtigkeit des Klangs sorgt, ohne dabei zu spitz zu werden. Insgesamt besticht das Mikro also mit einem klaren und feinen, tendenziell eher hellen Sound.
Hörbeispiele
Zur Veranschaulichung anbei ein paar Hörproben des d:facto II im Vergleich zu anderen Mikrofonen. Ins Rennen gehen das Rode NT1-A (Studiomikrofon, niedrigpreisig, Großmembran-Kondensator) und das Audio Technica AE 5400 (Livemikrofon, mittelpreisig, Großmembran-Kondensator). Aufgenommen wurden einmal Klangbeispiele für eine ruhige Ballade (ca. 3-5 cm Mikroabstand, außer beim Rode, da hier noch ein Popschutz vor dem Mikrofon installiert wurde) sowie für ein Rock-Pop-Stück (ca. 12 cm Mikroabstand). Im Falle des AE5400 wurde jeweils eine Aufnahme mit, wie auch ohne zuschaltbarem Low-Cut gemacht:
d:facto II, Ballade: https://app.box.com/s/eunw0ru8a9hpwtax847x
AE 5400, Ballade: https://app.box.com/s/zqtclmv5dh5w1g1cch1k
AE 5400 (Low-Cut), Ballade: https://app.box.com/s/kiwrduaxalo49zhd3axp
Rode NT1-A, Ballade: https://app.box.com/s/jpxgiv5sb10o1saz3gx2
d:facto II, Rock-Pop: https://app.box.com/s/hgjw6bm9x2abnh0zqe3f
AE 5400, Rock-Pop: https://app.box.com/s/ic84x1uf0s5os0kvw5pm
AE 5400 (Low-Cut), Rock-Pop: https://app.box.com/s/7efcxm6a4tp06r5ujmra
Rode NT1-A, Rock-Pop: https://app.box.com/s/8ewsbwjp3nt4rdep427z
(Alle Aufnahmen sind komplett unbearbeitet, kein EQ, kein Hall ... wer Unsauberkeiten findet, darf sie behalten. )
Im Vergleich zum AE5400 schneidet das d:facto II hörbar klarer und brillanter ab, vor allem bei der Ballade. Dies liegt auch, aber nicht nur am Low-Cut, wie der Vergleich der beiden AE5400-Aufnahmen mit und ohne denselben zeigt - wird dieser beim AE5400 aktiviert, nähern sich die beiden Mikrofone klanglich einander zwar stärker an, wie auch die Spektralanalyse unten dokumentiert, dennoch bleibt das d:facto II in Sachen Brillanz ein Stück voraus. Wie oben bereits angesprochen, geht durch den Low-Cut natürlich auch eine gewisser Grad an Wärme und "Kuschligkeit" verloren, dafür sind aber auch die Nebengeräusche deutlich reduziert. Was man hier priorisiert, ist sicherlich eine Geschmacks- und Stilfrage und gerade tiefere Stimmen könnten sich ihres Markenzeichens "beraubt" fühlen - erklingen dafür aber präsenter und transparenter im Gesamtsound.
Das Rode NT1-A nimmt im Vergleich zu den beiden Livemikrofonen freilich noch ein paar mehr Details und Feinheiten, aber auch mehr Nebengeräusche und Raumklang auf, was auch an der Spektralanalyse zu erkennen ist. Stellenweise wirkt das Rode vergleichsweise blechern, während das d:facto zwar eine gewisse "Kernigkeit" im Klang aufweist, aber immer samtig bleibt.
Durch die Nahbesprechung sind die Pop- und Plosivlaute zwar bei allen Aufnahmen der Ballade deutlich vernehmbar, dennoch lässt sich im Vergleich erkennen, dass der Popschutz des d:facto II mehr als ordentlich ist.
Sollte bisher beim Leser der Eindruck entstanden sein, dass das d:facto II aufgrund seines hellen, brillanten Klangs vor allem für feinen oder filigranen Gesang geeignet sei, zeigt spätestens die Rock-Pop-Aufnahme, dass der Däne auch "Schmackes" kann: Der Sound ist klar, präsent und durchsetzungsfähig. Die Unterschiede zum AE5400 treten hier weniger deutlich hervor; bei eingestelltem Low-Cut des AE5400 klingen beide Mikrofone weitestgehend ähnlich, wobei das d:facto II abermals etwas heller und seidiger wirkt. Wird der Low-Cut des AE5400 deaktiviert, präsentiert sich dieses unten rum durchaus mit mehr Wumms als das d:facto II, was je nach Stimme zwar für einen zusätzlichen Boost sorgen, live aber auch schnell "matschen" kann.
Für das Rode NT1-A gilt abermals, dass es zwar insgesamt noch detailreicher aufnimmt, aber eben auch dazu neigt, stellenweise zu spitz zu klingen.
Insgesamt positioniert sich das d:facto II also mit einem eher höhenbetonten, klaren, detailreichen und kernigen Klang, der die Gratwanderung zwischen Präsenz und Schärfe sehr erfolgreich meistert und zwar detailreich wiedergibt, Störgeräusche aber erfolgreich vermeidet.
Liveeinsatz
Im Bandkontext erweist sich das d:facto quasi als sowas wie ein "Plug and Play"-Wunder: Zumindest für meine Stimme lässt es sich "wartungsarm" einsetzen: EQ-Einstellungen am Mischpult beschränkten sich im Livetest auf ein Minimum und bis auf eine leichte Anhebung der Mitten um 800 Hz habe ich auf Anpassungen verzichtet und alle Potis auf 12 Uhr belassen. Das Mikro liefert von sich aus bereits ein Spektrum, das für meinen Geschmack und meine Stimme ziemlich optimal ist. Gleichzeitig ist auch der Ausgangspegel bereits ordentlich, so dass nur wenig Gain am Pult erforderlich ist. Der oben angesprochene Frequenzganz mit Low-Cut, linearen Mitten und Hochmitten und leicht angehobenem Brillanzbereich holt die Stimme gut nach vorne und verhindert ein Matschen in den Tiefen und Mitten.
Besonders erfreulich ist außerdem, dass das d:facto II höchst unempfindlich gegen Griff- und Trittschallgeräusche ist. Ich klopfe live gerne mal den Takt mit dem Fuß mit, was nicht jedes Mikro mag, wenn es sich im Ständer befindet - das d:facto II aber ist hier absolut robust. Auch beim Herausnehmen aus der oder Einsetzen in die Klemme kommt es nicht zu nervigen Rumpelgeräuschen, ohne dass man hier besonders vorsichtig oder zaghaft sein müsste. Das ist mehr als angenehm, da man live einfach der eigenen spontanen Dynamik beim Umgang mit dem Mikro folgen kann, ohne sich groß Gedanken machen zu müssen.
Naturgemäß haben Bühnen-Kondensatoren gegenüber dynamischen Livemikrofonen meist mit einer höheren Koppelanfälligkeit zu kämpfen. Eines der bestechendsten Merkmale des d:facto II ist daher für mich, dass es auch diese Schwäche nicht zu kennen scheint - weder im Proberaum noch im Liveeinsatz auf der Bühne habe ich Probleme mit Feedback bekommen. Das ist besonders erfreulich, weil das Mikrofon gleichzeitig sehr durchsetzungsfähig im Bandkontext (in meinem Fall: E-Leadgitarre, E-Rhythmusgitarre, E-Bass und Schlagzeug) ist, so dass die, sicherlich vielen meiner Sängerkollegen bekannten, Kämpfe beim Finden eines Pegels, der noch nicht koppelt und trotzdem die Soundwand der Mitmusiker überwinden kann, entfallen.
Das gilt übrigens auch für mehrstimmige Arrangements, wie der folgende Mitschnitt zeigt (aufgenommen mit einem Zoom H1): Unsere Sängerin singt in diesem Fall über ein Sennheiser e935; die Zweitstimme über das d:facto II ist transparent und schmiegt sich an; in den Solopassagen ist der Klang druckvoll und griffig.
Hörprobe Livemitschnitt: https://app.box.com/s/qobiqkof3dkvmks1jhs7
Fazit
Das DPA d:facto II ist ein rundum hochwertiges Mikrofon mit schlichter, eleganter Optik, angenehmem Handling und überzeugendem Klang, der sich durch Feinheit, Brillanz und Kernigkeit auszeichnet. Schade ist, dass der Low-Cut nicht, wie bei manchen Mitbewerbern, schaltbar ist, da vor allem tiefere Stimmen etwas Wärme und Wumms in den Tiefen verlieren könnten. Das Mikrofon besticht durch Durchsetzungsfähigkeit, Koppelfestigkeit und einer außerordentlichen Resistenz gegen Griffgeräusche und Trittschall. Im direkten Vergleich hält es mit Großmembranern für Studio- und Liveeinsatz nicht nur mit, sondern kann durchaus vorbeiziehen. Dieser hohen Anzahl an Vorzügen steht ein durchaus stolzer Preis gegenüber, der sich zumindest teilweise durch das flexible Adapterkonzept auf alle etablierten Drahtlossysteme relativiert. Wer allerdings sowieso rein kabelgebunden unterwegs ist, muss für sich entscheiden, ob das Preis-Leistungsverhältnis dennoch stimmig ist, erhält aber in jedem Falle ein Livemikro der absoluten Oberklasse, das seinesgleichen sucht.
Vielen Dank geht an dieser Stelle an Mega Audio und Peter Brüning für die gute und sympathische Zusammenarbeit und die unkomplizierten telefonischen Absprachen bezüglich des Versands und des zeitlichen Rahmens!
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