Moin Julian!
Na, Du hast aber ganz schön auf den Deckel bekommen hier
Nun, wir waren alle mal jung.
Du kannst solche Sätze wie "etwas Besonderes sein" nicht einfach so 'raushauen. Denn das qualifiziert alle anderen ab. Kein Wunder, wenn darauf verschnupfte Antworten kommen.
Also. Ich denke, Du hast durchaus (normales) Talent, aber auch viele Baustellen. Ist ja eigentlich alles zur Sprache gekommen hier.
Aber eine wichtige Sache fehlt mir. Spiele nie schneller, als Du selbst hören kannst. Das tust Du nämlich. Du haust Noten heraus, bevor die gerade gespielte in Dein Bewusstsein gekommen ist.
Musik machen heißt nicht zuletzt, sondern als erstes ZUHÖREN. Sich selbst, den anderen (Mitmusikern/Backing Track/dem Ablauf, der in Deinem Kopf statt findet)
Du bist aber so stark davon beseelt, um jeden Preis schneller zu sein, dass Du Dich selbst überholst.
Noch etwas: Schnell spielen, flashy Licks und so. Das ist eine zweischneidige Sache. Ich glaube ja, dass es hilft, das Instrument zu beherrschen. Denn man muss viele, viele Schwierigkeiten aus den Weg räumen, um dorthin zu kommen. Aber auf der anderen Seite ist es relativ einfach, mit schnellen Licks Dramatik und Intensität vorzutäuschen. Es ist unendlich viel schwerer, die gleiche Intensität mit wenigen Noten hinzubekommen. Das merkt man aber erst, wenn man es mal geschafft hat diese Killerlicks aus dem Ärmel zu schütteln.
Dieses ganze mechanische Zeug kann man recht einfach lernen. Dafür gibt es mittlerweile ja komplette Schulen. Viel, viel schwerer ist es hingegen, seine Musikalität zu entwickeln, es zu seiner eigenen Sprache werden zu lassen.
Ich halte Dir zu Gute, dass Du Dir die Tipps hier zu Herzen nimmst und mit Dir selbst abmachst. Jedenfalls solange Du noch nicht da bist, wo Du gern wärest. Später dann wird es darauf ankommen, dass Du Dich nicht von jeder Kritik aus der Bahn werfen lässt, sondern ein stabiles musikalisches Selbstbewusstsein entwickelst, und Du weißt, was Du kannst und natürlich auch, was Du nicht kannst.
Du kommst aus der Nähe von Frankfurt? Du wirst dort bestimmt einen guten Lehrer finden. Einen, der Dich weiterbringt, und der Dich auch im Zaum hält.
Ach, 10.000 Stunden konzentriertes Üben wirst Du schon investieren müssen, um dorthin zu kommen, wo Du hin willst. Vielleicht auch nur 6000 Stunden. Aber das sind die Dimensionen, über die wir hier reden. Zehn Jahre lang jeden Tag drei Stunden sind ein Daumenwert, wenn es darum geht, ein Instrument wirklich in einer Form virtuos zu beherrschen, dass Du das meiste, was man so spielen könnte, auch wirklich spielen kann.
So, und sieh zu: Und sei ehrlich zu Dir. Nichts ist härter. Glaub mir
Grüße Thomas