Tritonus-Substitution OHNE Tritonus

EgoMe
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Liebe Musikkollegen,

Vielen Dank für eine Klärung des folgenden Problems:

Bei einer Tritonus-Substitution (TT) einer (Zwischen)Dominante kann diese deshalb ersetzt werden (auch "chromatische" Überlegungen, aber melodische Rücksichtnahmen), weil beide den gleichen TT aufweisen, zB "f-h" bei G7 : Db7. So weit, so klar!
Manchmal findet sich dabei aber ein Ersatz durch DbM7 (also mit großer Sept). Das führt doch dazu, dass die wesentliche Grundlage dieses Ersatzes (nämlich der gemeinsame TT) nicht mehr gegeben ist! Und zusätzlich ist dieser M7 ja auch noch jener Ton, der die Auflösung zur (Zwischen)Tonika vorwegnimmt. Beispiele gäbe es zur Genüge, zB "Early Autumn" (Burns-Herman): Der A-Teil in Eb-Dur besteht (in jeweils ganzen Takten, in Grundstruktur) aus einem "chromatisierten Quintfall": EbM7 - D7 - DbM7 - C7 - CbM7 - Bb7 - Eb.

Aber auch einige Standard-Turnarounds, wie zB.
anstatt 2-taktig F wird gespielt: Eb7 / AbM7 - gm7 / Gb7 ; oder
anstatt 2-taktig fm7 wird gespielt: fm7 / AbM7 - DbM7 / GbM7

Und dann soll es sogar Fälle geben, in denen beim "chromatisierten Quintfall" auch durch einen m7 "tritonus"-substituiert werden dürfte, wobei nun dessen "b3" darin den Tritonus verhindern würde. Ich habe leider kein konkretes Beispiel gefunden, aber gelesen habe ich an verschiedenen Stellen davon.

Nun meine konkrete Frage: In vielen Ableitungen wird ganz besonders darauf hingewiesen, dass der Tritonus ein so wesentliches Klangelement wäre. Wenn er dann aber bei grundlegenden Sequenzen so einfach "fallen gelassen" werden kann...??? Oder ergeben sich diese substituierten M7 bzw m7 über ganz andere Mechanismen, zB den MI aus den verschiedenen moll-Modi??? Ich habe bisher keine schlüssigen Erklärungen dafür gefunden...

Vielen Dank & lg
 
Eigenschaft
 
Ich habe das selbe Problem vor langer Zeit auch schon einmal aufgeworfen ... und, soweit ich mich jetzt erinnern kann, ist das ganze aber ohne konkrete Ergebnisse im Sande verlaufen ...

Ich bin selbst schon oft auf Musikstellen gestoßen, wo an der Stelle, an der eigentlich ein bII-7 (als TT-Vertreter von V7) stehen "müßte", ein bIImaj7 stand. Das hat mich früher, als ich mit der Theorie noch nicht so vertraut war, nie gestört. Aber seitdem ich wußte, daß z.b. die ganzen schönen Turnaround-Variationen, die es da draußen gibt, allesamt durch TT-Substitution erklärt werden (können), und die verborgene Kraft des TT-Ersatztes in der Identität des TT in Ursprungs- und Ersatzakkord liegt, seitdem ich das alles weiß ... seitdem habe ich mich auch zu fragen begonnen, wie denn die hier besprochenen Stellen "funktionieren". Meine persönliche (!) Erklärung: Die chromatische Bass-Bewegung und (meist) einige gleiche Töne in Ziel- und TT-Ersatzakkord reichen, damit das ganze funktioniert.

LG - Thomas
 
Ich habe das selbe Problem vor langer Zeit auch schon einmal aufgeworfen ... ist das ganze aber ohne konkrete Ergebnisse im Sande verlaufen ...

Hallo turko,

vielen Dank für deine Reaktion. So wie's aussieht, würden wir auf eine fachlich fundierte Antwort wohl noch länger warten müssen...! Es gibt wohl Fragen, die nicht beantwortet werden wollen (ich habe da so meine Erfahrungen...), oder aber die Antwort ist trivial und wir haben sie uns bereits selbst gegeben, nämlich: "es ist einfach so"! Ein paar gemeinsame Töne hier, ein paar zumindest "näherungsweise" erfüllte Mechanismen (wie Tritonus, modaler Austausch, SDM, Chromatik...) da, ...
..."gewürzt mit etwas Fantasie ...
denn grau ist alle Theorie"...

Nachdem mir dies als Erkenntnis aber nicht reichte, habe ich intensiv weitergeforscht, und glaube die richtigen Antworten gefunden zu haben (unter Verweis u.a. auf Kemper-Moll "Jazz & Pop Harmonielehre", und John Valerio "Intros, endings & turnarounds")!

Die Bezeichnung ist wohl andersartig zu interpretieren, als wir es taten! Tritonus im Begriff Tritonussubstitution bezieht sich nicht auf den Tritonus "im" Akkord, sondern auf den Ersatz des Akkordes "im Abstand" einer verminderten Quint (Tritonus). Damit ist ein wesentlicher Teil unserer einschränkenden Überlegung weggefegt (warum der "gemeinsame" Tritonus der beiden Akkorde in Darstellungen dann immer so hervorgehoben wird, entzieht sich meiner Erkenntnis)! Beim Ersatzakkord mit großer Sept (M7) bleiben dann immer noch genügend "hinleitende" Töne und der Basslauf übrig, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.

Und den Tritonus-Ersatz eines m7 bzw. durch einen m7 löst man einfach, indem man den bezüglichen ii7 einfach zwischendurch zu einem II7 (Zwischendominante) macht und dann..., bzw. indem man (in Subst-Ketten) den sub(m7) in einen funktionalen Zusammenhang als "bezüglichen (vi7)- ii7" zum nachfolgenden subV7 bringt.

Ich habe folgende konkrete Aussagen dazu gefunden:

..."A tritone substitute is a chord of similar quality whose root is a tritone away from the original chord..." - beachte: "similar quality" und "root away from"!

..."Tritone substitution can be used with the original IM7-vi7-ii7-V7 turnaround progression ... The (resulting) IM7-bIII7-bVI7-bII7 is often changed to (all) major 7th chords... These progressions can be mixed to form various combinations..." - beachte: "can be mixed"!
zB (Mix-Besonderheit): CM7 - Eb7 - AbM7 - DbM7 - CM7 kann entweder als entsprechend substituierte 1-6-2-5-1 verstanden werden (siehe vorstehend), oder die drei Akkorde in der Mitte werden als "Rückung" verstanden, die als V7-IM7-IVM7 interpretiert wird.

..."Minor 7th chords can be used on bIII and bVI as tritone substitutes for vi7 and ii7 respectively."
Also für CM7-am7-dm7-G7-C6 wäre zB CM7-ebm7-abm7-Db7-C6 als 1-6-2-5-1 anzusehen, die drei Akkorde in der Mitte also als ("substituierte") bezügliche vi7 - ii7 des subV7.

Lassen wir einmal melodische Einschränkungen weg, scheint damit alles (einfach) geklärt zu sein!

Und wenn ich diese Überlegungen (nunmehr "auf eigene Gefahr") weiterführe, dann wäre zusätzlich zu überlegen: Wenn man in einer 6-2-5-1 als "6" einen A7 (bzw. am7, siehe oben...) einsetzt, also A7(bzw. am7)-dm7(bzw. D7)-G7-C, dann könnte man diesen ja "vielschichtig" tritonus-substituieren. Grundsätzlich wäre dies Eb7; diesen könnte man nun (siehe oben) durch EbM7 ersetzen; man kann diesen einen "b9" (= Quint des ursprünglichen A7/am7) anfügen; und man kann den 5Klang dann verkürzen, und erhält somit:

Eb7 --> Eb7b9 --> (verkürzt) g°7 = bb°7 = db°7 = e°7
EbM7 --> EbM7b9 --> (verkürzt) gm6 = em7b5

Wenn hier stattdessen auch die Anfügung einer großen None zulässig sein sollte (was ich nicht beurteilen kann, besonders beim M7 aber viel besser klingt als der b9), dann ergäben sich noch weitere Substitutionsmöglichkeiten (wie zB: gm7 = Bb6 oder gm7b5 = bbm6...).

Es wäre nun interessant, ob diese fortgesetzte Ableitung korrekt ist, und all diese zusätzlichen Akkorde als (verkürztes) Tritonus-Substitut (im weiteren Sinne) gelten?

(Zusätzlich müsste man wohl all das auch mit dem A7 selbst machen können...)

Danke & lg
 
Aber hieße "smilar quality" nicht, daß die TT-Sub eines Dom7-Akkords auch ein Dom7-Akkord sein muß/soll, und damit unsere ganzen schönen Überlegungen hinfällig wären ... ?

Thomas

PS: Anmerkung zu Deiner KONKRETEN Turnaround-Überlegung: In der Tat ist für mich persönlich das primäre TT-Sub-Kriterium, und nehme sie auch so vorrangig wahr, der TT-Abstand der Grundtöne. Daß es da draußen unendlich viele Akkorde gibt, die sich die selben Töne teilen, die aber situativ verschieden interpretiert werden (können), steht (für mich) auf einem ganz anderen Blatt.

Z.B., daß ein Dm7b5 eigentlich dasselbe ist wie ein Fm6, und daß diese Akkorde untereinander ohne Qualitätsverlust und ohne Spannungsniveau-Unterschied austauschbar sind (es handelt sich genaugenommen ja nur um eine Akkord-UMKEHRUNG) ... all das möchte ich gar nicht in die TT-Sub-Überlegungen miteinbeziehen.

Wie überhaupt mein ganz persönlicher Ansatz der ist, daß ich versuche, alles, was die großen und weniger großen Kapazunder je gespielt haben, und was augenscheinlich funktioniert (hat), bewußt zu hören, und in mein persönliches Harmonie-Vokabular aufzunehmen. WARUM es funktioniert, ist für mich von untergeordneter Wichtigkeit. Ich will aber gerne einräumen, daß es da auch sicher andere Zugangsweisen gibt ....

LG-Thomas
 
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Aber hieße "smilar quality" nicht, daß die TT-Sub eines Dom7-Akkords auch ein Dom7-Akkord sein muß/soll, und damit unsere ganzen schönen Überlegungen hinfällig wären ... ?

... ich lese eigentlich einen "Freibrief" heraus: similar als "ähnlich / ungefähr" und nicht als "(art)gleich"..., was durch den dort später folgenden Text ja auch bestätigt werden dürfte... (oder ich fehl-interpretiere)...
http://dict.leo.org/ende/index_de.html#/search=similar&searchLoc=0&resultOrder=basic&multiwordShowSingle=on
lg
 
Ich will jetzt nicht unnötig darauf herumreiten ... aber ich verstehe es als "similar Chor-QUALITY", also eine gleiche/ähnliche Akkord-QUALITÄT.

Und Dom7 versus Maj7 sind eben grundverschiedene Akkord-QUALITÄTEN ...

Aber sei es wie es sei ...

Danke jedenfalls für Deine Mühe in diesem Ermittlungsfall.

Thomas
 
Ich will jetzt nicht unnötig darauf herumreiten ...

hallo turko,

ich fasse dies keinesfalls als "herumreiten" auf, ganz im Gegenteil! Es ist wichtig ein Thema auch "auszudiskutieren", wenn man schon damit beginnt - sonst wäre es ja verlorener Aufwand... Und da uns (bisher) sonst niemand weitergeholfen hat, müssen wir es eben "mit unseren Mitteln" versuchen...

Ehrlich gesagt, eigentlich stimme ich dir zu! Wenn es um Akkord-"Qualitäten" geht, dann gibt es ja nicht so viele grundsätzlich unterschiedliche, und ein M7 ist eben weit entfernt von einem (dom)7. Aber es hat halt - zunächst - so schön gepasst ;)

Nun kam mir aber eine andere Idee! Wenn die "Qualität" gleich bleiben soll, warum gehen wir dann nicht davon aus, dass die (Zwischen)Dominante VOR deren Substitution eben AUCH ihre Qualität wechselt, was zwar hinsichtlich der "Ausgangslage" mit entsprechenden Überlegungen zu verbinden wäre, aber das eigentliche TT-Problem löst (schließlich wird der gleiche "Trick" ja auch bei zu substituierenden m7 angewandt)! Und dann würde der bezügliche Satz "A tritone substitute is a chord of similar quality whose root is a tritone away from the original chord..." ja auch wieder exakt passen..., selbst wenn man "similar" deutlicher durch "identical" ersetzt... Und wenn's dann auch noch gut klingt... :gruebel:

lg, Walter
 
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T´schuldigung meine lange Antwortdauer ... aber ich war unterwegs ...

Zur Frage: Das hieße doch, daß bei einem handelsüblichen Turnaround (wie etwa: Cmaj7 - A7 - D7 - G7 ), der einer Bearbeitung unterzogen wurde und letztlich endet als Cmaj7 - A7b913 - D7#9 - Dbmaj7/9 (und so auch funktioniert), man das ursprüngliche G7 (die Dominante !) auf Gmaj7 ändern müßte, nur, damit es zur Theorie paßt ...!!??

Mir persönlich erscheint das ziemlich weit her geholt ... wenn ich es überhaupt richtig verstanden habe ... da ist mir die Erklärung mit chromatischem Baß lieber ...

LG - Thomas
 
G7 (als Dominante zu C-Dur) durch Dbmaj7(9) austauschen? Jo, machen kann man alles, man hat dann eine Dominante durch eine SDM Funktion ausgetauscht - und die Dominante ist weg - wir schließen plagal.

Das ist nicht verboten - aber man muss hier schon von einem Funktionswechsel sprechen. (D wurde durch N7+ ersetzt). Db7 wäre wiederum kein Problem: Das ist ein "echter dominantischer" Tritonusvertreter (N7) .

Nachtrag: Das Problem ist nur mit den "N" - Akkorden (bII). Eine V bleibt eine (dom.) V, wenn statt der D7 die D7+ erklingt.
 
Ja. Wir wissen alle hier, was eine Dominante ist. Aber das war nicht die Frage.

Die eigentliche Frage war: Was muß ein Tritonusvertreter können, daß er als solcher gelten darf?

Muß er den selben harmoniebestimmenden Tritonus (Terz-Septim) haben, wie der zu vertretende Akkord ?

Oder genügt es, daß sein Grundton einen Tritonus weit weg ist vom Grundton des zu vertretenden Akkordes ?
 
Wenn er die Funktion einer Dominante haben soll, muss er den Leitton der Dominante haben. Vergleiche mal die Wirkung einer bVI7 , gefolgt von V7 , mit der Wirkung einer bVIM7 , gefolgt von V7. Die beiden Akkorde haben miteinander kaum etwas gemeinsam. bVIM7 ist klar subdominantisch (zumindest in Moll). bVI7 fungiert als Doppeldominante.

Nachtrag: Der Neapolitaner ist auch "schon so", ganz ohne Sept, Tritonusvertreter der Dominante. Er steht allerdings der SS näher, da er deren Parallele ist. Deshalb auch die subdom. Qualität des Neapolitaners.
 
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Mir persönlich erscheint das ziemlich weit her geholt ...

... auch dazu muss ich dir zustimmen, das hat mich an der "Idee" auch gestört. Aber vielleicht muss man - insbesondere! - den G7 (als V7) vor seiner TT-Substitution (in Form eines M7) eben doch "andersartig" interpretieren. Da es offenbar tatsächlich funktioniert, muss es wohl auch eine Erklärung dafür geben.

Bitte gestattet mir, mich mit Zitaten aus meinen Vor-Beiträgen zu wiederholen (die beiden Punkte erscheinen mir wesentlich):

..."(schließlich wird der gleiche "Trick" ja auch bei zu substituierenden m7 angewandt)!" - d.h. VOR "TT"-Substitution findet eine "unsichtbare" Umwandlung statt; wenn auch die Umwandlung eines ii7 in einen II7 eine problemlose Angelegenheit darstellt, aber es ginge ums Prinzip...

... ..."Tritone substitution can be used with the original IM7-vi7-ii7-V7 turnaround progression ... The (resulting) IM7-bIII7-bVI7-bII7 is often changed to (all) major 7th chords... This progression [irrtümlich hatte ich zitiert "... these progressions..."] can be mixed to form various combinations..." (John Valerio, Seite 75; er stellt dort 12 mögliche "Mischungen" dar). Dazu die "Mix-Besonderheit": CM7 - Eb7 - AbM7 - DbM7 - CM7 kann entweder als entsprechend TT-substituierte 1-6-2-5-1 verstanden werden, oder die drei Akkorde in der Mitte werden als "Rückung" verstanden, die als I-[ V7-IM7-IVM7 ]-I interpretiert wird (also diatonisch vorgegebene M7!!! - siehe Kemper-Moll, Seite 123)... Das tonale Zentrum verschiebt sich demnach kurzfristig, und derart kann die diatonische Septakkordreihe (bezogen auf die Zwischentonika) zugeordnet werden.

Also geht's doch nur über einen (versteckten) Funktionswechsel bzw. eine Funktions"verschleierung"???

Und dann wäre da ja vielleicht auch noch der Umstand bedeutsam, dass der "Zielton" in den drei letzten Akkorden AbM7 (als Terz), DbM7 (als große Sept) und schließlich C "liegen" bleibt (vorweggenommen?) (Pedalton?). Im bIIj7 (für den V7) wird also der Leitton durch den Zielton vorweggenommen. Könnte das nicht auch irgendwie Teil der Antwort sein?

Ich hoffe, das Rätsel lässt sich doch noch lösen. Irgendwo "dort" und natürlich auch unter Berücksichtigung des "chromatischen Basses" muss eine Antwort zu finden sein! Vielen Dank für die Belebung des Themas!

lg, walter
 
Funktion, Dopeldominante, SS, ... blabla ... entschuldige, ich meine das wirklich weder abwertend noch persönlich !!

Aber geht es nicht ein wenig praxisnäher und praxistauglicher ... ? Deine "Erklärung" bringt mich zumindest keinen Schritt weiter, weil ich keinen Zusammenhang zur Fragestellung erkennen kann.

Der Turnaround Cmaj7 - A7b913 - D7#9 - Dbmaj7/9 "funktioniert", obwohl der letzte Akkord kein Dom7-Akkord ist, und obwohl er nur mehr EINEN Leitton der Dominante hat. Nach meinem Harmonie-Gefühl funktioniert und wirkt Dbmaj7 auch wie eine Dominante.

Die Frage ist nun: WARUM ?

Neuer, alternativer Erklärungsversuch: GTL (Guidetone-Line), die man kennt, und die wirkt und funtioniert (Töne G - Bb - A - Ab - G)

Thomas
 
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Aber geht es nicht ein wenig praxisnäher und praxistauglicher ... weil ich keinen Zusammenhang zur Fragestellung erkennen kann.

hallo turko,

ich stehe auf klare Aussagen, also absolut kein Problem der (ursprünglichen) Wortwahl (bin allerdings auch kein "Gelehrter" und versuche nur, mich terminologisch richtig auszudrücken)...

...aber ich denke doch ein Problem des Lösungsweges. Wenn wir nicht versuchen, mit etabliertem Vokabular / Technik die Lösung zu finden, oder zumindest einzugrenzen, wie sonst sollen wir sie - kommunikativ - finden können? Wir wissen ja, dass es funktioniert - und das "wie" bzw "warum" müssen wir identifizieren. Oder andere dazu "animieren", uns bei der Suche zu helfen... aber auch die werden sich der etablierten Terminologie bedienen müssen - wie soll es anders funktionieren?

Also müssen wir wohl die Theorie bemühen oder uns einfach damit zufrieden geben, dass es eben praktisch funktioniert - mir würde dies allerdings nicht reichen! Und der Zusammenhang zur Fragestellung ist - zumindest für mich - offenkundig; aber natürlich kann ich mich da auch irren!

lg, walter
 
Der Turnaround Cmaj7 - A7b913 - D7#9 - Dbmaj7/9 "funktioniert", obwohl der letzte Akkord kein Dom7-Akkord ist, und obwohl er nur mehr EINEN Leitton der Dominante hat. Nach meinem Harmonie-Gefühl funktioniert und wirkt Dbmaj7 auch wie eine Dominante.

Die Frage ist nun: WARUM ?
Thomas

Warum? Ich hatte geschrieben: "Der Neapolitaner ist auch 'schon so', ganz ohne Sept, Tritonusvertreter der Dominante" . D.h. bII (egal ob mit oder ohne Sept) funktioniert bereits dominantisch zur I. Er hat aber eine Doppelfunktion - weniger eindeutig als die Dominante.

Ein Dur-Akkord, der sich einen Halbton nach unten fortsetzt, dominiert diesen Akkord. Ich könnte das jetzt mit der Wirkungsverwandschaft von Akkorden im Kleinterzabstand begründen - Tritonus-Abstand ist doppelte Kleinterz. (Der Vollverminderte nutzt dieses Prinzip "voll" aus.) Ich höre das auch so. Ich hatte da einen Streit mit CUDO, ob bIII die Tonika vertritt. Nach meinem Hörempfinden (und meinem "blabla") ist das so
.
Der Neapolitaner ist nach meinem Empfinden keine Subdominante. Er ist ein - sehr auffälliger - Austauschakkord zur Dominante.

Ein ähnliches Chamäleon ist der IIm7b5. Ist auch keine "reine" Subdmominante.

IIm7b5, V, bII - alles Austauschakkorde des Vollverminderten.
 
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IIm7b5, V, bII - alles Austauschakkorde des Vollverminderten.

kann mich deiner "Halbton nach unten _dominiert_..." Argumentation anschließen - klingt logisch (und "beinhaltet" auch chromatischen Bass), ...
...aber woher kommt plötzlich der Vollverminderte (diesfalls wohl als Septakkord und nicht als Dreiklang gemeint)???
JEDER 7b9 ist doch verkürzt ein solcher... allerdings ist der m7b5 ein verkürzter natural 9... und als "Austauschakkord" wieder nur unter entspr "Zugeständnissen" möglich...

(interessiert mich wirklich, weil ich gerade "alles" zum Verminderten zusammentrage)...

Danke & lg,
walter
 
Und der Zusammenhang zur Fragestellung ist - zumindest für mich - offenkundig; aber natürlich kann ich mich da auch irren!

Ich kann mich noch viel mehr irren ... aber für mich ist er halt nicht so offenkundig. Aber ist ja auch wurscht ... es ging mir auch nicht um die Vermeidung von Fachvokabular, sondern um dessen (laut meinem Empfinden) falsch angebrachte Verwendung.

Aber streiten wir uns nicht darum. Wahrscheinlich haben wir da zu verschiedene Zugänge. Und wenn Dir RCMADs Ausführungen helfen, soll mir das mehr als recht sein.

LG - Thomas
 
Nimm einen V7 und erhöhe den Grundton um einen Halbtonschritt - du bist beim dom. Vollverminderten. Ist funktionsgleich. Nimm einen Vollverminderten und erhöhe einen Ton um einen Halbtonschritt - du erhältst einen m7b5. Erhältst du einen IIm7b5, ist nun der Tonikagrundton "drinnen" - aber deshalb ist der IIm7b5 noch lange keine Subdominante. (b6 will nun zu 5, 2 zu b3...). Mit einem nachgeschalteten V entsteht, wenn man das als Klangverschmelzung denkt, ein V7b9 mit Vorhalt V4 zu V3. IIm7b5 ist also sowohl selbst bestimmend zur I(m) wie auch passende Prädominante zu V.

Die Sache mit der Grundtonerhöhung geht natürlich bei jedem Akkord. Man kann es auch umgedreht machen: Nimm einen DDv und 6 wird zu b6 erniedrigt. Du bekommst bVI7. Ist Dominante auf die folgende V(7). Klassisches Konzept. Die Grundtonerhöhung funktioniert natürlich mit jedem X7, der einen passenden Xv daraus macht. Es gibt nur 3: Dv, DDv und DDDv, letzterer ist der aus I7 gewonnene Vollverminderte , man könnte ihn auch als (S)v bezeichnen, da er dominantisch zur Subdominante ist.

Nimm I7 und setze mit IV7 fort. I7 ist Zwischendominante zur IV7. Wohin könnte IV7 ? Zur bVII. bVII ist aber nicht leitereigen - der Beginn mit I7 lässt das Ohr nicht notwendig auf mixolydisch schließen. Die Durterz in der I ist einfach stärker und wir sind in Dur.
Wohin könnte IV7 noch gehen? Zu IIIm. IIIm kommt natürlich nicht: Wir spielen nämlich I7 IV7 I7 etc. Wir hören trotzdem die typische "bluesige" Subdominante, nämlich als (Zwischen)-Neapolitaner , also als Zwischendominante , zur IIIm. Wir hören die Klangerwartung einer Ellipse.

Darf man in diesem Zusammenhang - also IV , ein Akkord in subdominantischer Stellung - die 7 gegen 7+ tauschen ? Dürfen tut man schon - aber dann haben wir die typische Subdominante mit ihrer typischen Dissonanz: IVM7. Die Klangerwartung von IIIm stellt sich nicht ein. Und auch wenn dann IIIm tatsächlich kommt, hören wir immer noch IV eher als Subdominante (zur I) denn als Neapolitaner zur IIIm. Beziehungsweise: Das geübte Ohr mag beide Funktionen zugleich hören.

Für Moll:
Aus diesem Grund funktioniert auch bVIM7 nicht dominantisch zu V. bVI "sitzt" nun mal auf subdominantischer Stellung. Eine Progression ... bVIM7 V7 Im7, das klingt der Übergang bVI 5 wesentlich anders als bei bVI7 V7. Jedenfalls nach meinem Klangempfinden.

bII und V (wie auch III und bVII) haben aber, bezogen auf Im, dominantische Stellung. Also sind sowohl bII als auch V dominantisch, egal ob sie mit 7 oder 7+ erweitert werden. Sie vertragen beide eine "Majorisierung" und ihre (dom.) Funktion bleibt erhalten, auch wenn sie, nach meinem Hörempfinden, etwas abgeschwächt wird. Aber gerade das kann ja besonders schön klingen.

In der "Mondscheinsonate" ist die Akkordprogression Im Im7 bVI bII .... und die bII klingt hier butterweich. Nicht dominantisch. Weil die bVI eine enorme Anziehungskraft besitzt und dem Ohr erscheint Im Im7 bVI bI gegen IIIm IIIm7 I IV austauschbar - es ist noch nicht klar. Also "macht" das Ohr aus bII eine Subdominante. Deshalb klingt der Neapolitaner hier "geheimnisvoll" , sehr weich. bIIM7 würde diesen Charakter nicht verändern. bII7 allerdings schon. Dann wäre nix mehr "Mondscheinsonate".

So, genug "BlaBla".
 
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hallo zusammen,

@ RMACD

danke für die ausführliche Beantwortung meiner Zusatzfrage, basierend auf dem Umstand, dass du in deinem Beitrag (#15) unvermittelt den Vollverminderten ins Spiel gebracht hast. Die "textliche" Darstellung verstehe ich. Seine Konstruktionsprinzipien, Ableitungen und Einsatzmöglichkeiten sind mir grundsätzlich bekannt. Als interessant finde ich jedenfalls immer, einen neuen Blickwinkel darauf zu werfen, aber... (und BITTE, das wäre nicht als "herbe Kritik" zu verstehen)...

... ich habe nicht herausgefunden, was du "spezifisch" damit zum Thema (d.h. Problemlösung für TTS-M7) beitragen wolltest. Einzig deine Aussage "...bII und V haben aber, bezogen auf Im, dominantische Stellung. Also sind sowohl bII als auch V dominantisch, egal ob sie mit 7 oder 7+ erweitert werden. Sie vertragen beide eine "Majorisierung" und ihre (dom.) Funktion bleibt erhalten..." scheint grds. themenrelevant. Obgleich ich nicht erkennen kann, wie die logische Ableitung dieser Aussage aus dem vorstehenden Text entstand und was sie mit dem Vollverminderten zu tun hat...

... UND: soweit ich es verstehe, sind "Stellungsdominanten" (uneigentliche Dom) gerade dadurch gekennzeichnet, dass sie KEINE dominantische Funktion (kein Leitton!, keine "charakteristische Dissonanz" durch hinzugefügte 7) haben, sondern einfach nur im Quintverhältnis zu anderen stehen (zB in Dur die Nebendreiklänge vii zu iii zu vi zu ii...). ... Wie lässt sich dann davon sprechen, dass "ihre (dom.) Funktion bleibt erhalten..." - es kann nicht erhalten bleiben, was gar nicht besteht!? Und welche Relevanz hat dies dann im Zusammenhang mit der Qualität (dom7 versus M7) der bei diesen definitionsgemäß gar nicht vorhandenen "charakteristischen Dissonanz"???

Auch deine Aussage "...Aus diesem Grund funktioniert auch bVIM7 nicht dominantisch zu V..." löst unser Problem nicht. Vielmehr "verschlimmert" es, weil nunmehr ein weiterer Teil der TTS-M7-"Kette", der praktisch aber funktioniert, theoretisch einer anderen Begründung bedürfte...

In beiden Fällen beziehst du dich auch ausdrücklich auf moll, welches wir in unserer Problemdarstellung aber gar nicht angesprochen hatten; was gilt also für Dur...?

... Bei allen Fragen verbleibt (in Hintergrund) wieder nur die schon vorher von dir eingebrachte "Halbton nach unten _dominiert_..."-Argumentation..., die mir logisch und zweckmäßig erscheint. Aber der Vollverminderte hat damit mE gar nichts zu tun...

...oder aber ich missverstand deinen Beitrag in einem wesentlichen Punkt...?

Kurze Anmerkungen:

- im 1. Absatz, 3. Satz, meintest du wohl: "... und erhöhe nach entspr Umkehrung den höchsten Ton daraus um einen Halbtonschritt..."; Erhöhung der anderen 3 Töne ergäbe ja ganz andere Akkorde...

- im Absatz "Mondscheinsonate", 3. Satz, sprichst du vom bI, dürftest wohl aber den bII meinen?

Sorry für mein ev. "BlaBla..." bzw. "falsch angewandtes Fachvokabular", aber ich habe versucht, so präzise zu formulieren, wie es mir (als Amateur) eben möglich ist...(;-))...


@ turko & RMACD

als Threadersteller möchte ich mich abschießend bei euch beiden aufrichtig bedanken, da ihr mE zur Erhellung der Problemlösung wesentlich beigetragen habt - ich dürfte meine Antwort (und einige weiterführende Ideen) gefunden haben - VIELEN DANK!

Bemerkenswert finde ich, dass manche derer, die hier im Theorie-Forum sonst immer ihren wertvollen(!) Textbeitrag leisten, beharrlich zum gegenständlichen Thema schwiegen. Was soll man daraus ableiten...?

lg, walter
 
EgoMe;6977319 ... ich habe nicht herausgefunden schrieb:
...bII und V haben aber, bezogen auf Im, dominantische Stellung. Also sind sowohl bII als auch V dominantisch, egal ob sie mit 7 oder 7+ erweitert werden. Sie vertragen beide eine "Majorisierung" und ihre (dom.) Funktion bleibt erhalten...[/I]" scheint grds. themenrelevant. Obgleich ich nicht erkennen kann, wie die logische Ableitung dieser Aussage aus dem vorstehenden Text entstand und was sie mit dem Vollverminderten zu tun hat...
Nimm Dv : 2 4 b6 7 ! Alteriere b6 nach unten. Du bekommst V7. Alteriere nun statt dessen 2 nach unten. Du bekommst bII7. Das ist der konstruktionstechnische Zusammenhang. Mehr nicht - aber immerhin.

... UND: soweit ich es verstehe, sind "Stellungsdominanten" (uneigentliche Dom) gerade dadurch gekennzeichnet, dass sie KEINE dominantische Funktion (kein Leitton!, keine "charakteristische Dissonanz" durch hinzugefügte 7) haben, sondern einfach nur im Quintverhältnis zu anderen stehen (zB in Dur die Nebendreiklänge vii zu iii zu vi zu ii...). ...
Quintverbundene Akkorde (moll) haben natürlich keinen Leitton und die Septime ist (relativ) funktionslos. Wenn die Akkorde aber Tritonusvertreter werden würden, wäre die kl. Septime plötzlich Leitton. Eine bVIm7 hätte (als Tritonusvertreter der IIm) einen Leitton zur V. Sie hätte sogar einen Leitton zur I. Der Akkord wäre harmonisch gar nicht so leicht zu deuten - man würde ihn wohl anhand der real vorliegenden Akkordprogression bewerten.

Insofern ist die Feststellung, dass eine bII7, die also einen Leitton zur I hat (die kl. Septime), ihre dom. Funktion auch bei Umwandlung in eine bIIM7 behält, nicht trivial. Es geht hier um einen Tv - nicht um '"das Original" V, das keine Septime braucht, um den Leitton vorzubringen, da der bereits in der Terz liegt.

Bei Subdominanten hat aber ein 7maj Akkord ganz sicher keine dom. Wirkung. Schreibt man bVI subdom. Qualität zu, dann ist bVIM7 erst recht Subdominante. Natürlich kann man bVIM7 vor die V setzen - aber nur als Prädominante, vergleichbar eine IV oder IIm. Dass ich hier Im angeführt hatte, liegt daran, dass ich mich nicht auch noch mit der Alteration b6/6 herumschlagen wollte. b6 leitereigen ist nur in moll zu haben.

Wie lässt sich dann davon sprechen, dass "ihre (dom.) Funktion bleibt erhalten..." - es kann nicht erhalten bleiben, was gar nicht besteht!? Und welche Relevanz hat dies dann im Zusammenhang mit der Qualität (dom7 versus M7) der bei diesen definitionsgemäß gar nicht vorhandenen "charakteristischen Dissonanz"???
bII7 hat ja sowohl dom. Stellung als Leitton über die 7. Weil sie beides hat, "darf" die 7 in eine 7+ umgewandelt werden.

Es ist eine Frage der Hörweise, ob man den Akkorden grundsätzlich eine hörbare Funktion beimisst und ob man diese primär auf die Ausgangstonart oder relativ auf den Folgeakkord bezieht. Ich höre Akkorde stark auf die Tonika bezogen - in Moll allerdings viel deutlicher als in Dur. Deswegen solche Aussagen wie: "bVIM verliert seine dom. Funktion und taugt 'nur' noch als Prädominante".

Auch deine Aussage "...Aus diesem Grund funktioniert auch bVIM7 nicht dominantisch zu V..." löst unser Problem nicht. Vielmehr "verschlimmert" es, weil nunmehr ein weiterer Teil der TTS-M7-"Kette", der praktisch aber funktioniert, theoretisch einer anderen Begründung bedürfte...
In beiden Fällen beziehst du dich auch ausdrücklich auf moll, welches wir in unserer Problemdarstellung aber gar nicht angesprochen hatten; was gilt also für Dur...?
... Bei allen Fragen verbleibt (in Hintergrund) wieder nur die schon vorher von dir eingebrachte "Halbton nach unten _dominiert_..."-Argumentation..., die mir logisch und zweckmäßig erscheint. Aber der Vollverminderte hat damit mE gar nichts zu tun...
s.o, s.o.
Kurze Anmerkungen:

- im 1. Absatz, 3. Satz, meintest du wohl: "... und erhöhe nach entspr Umkehrung den höchsten Ton daraus um einen Halbtonschritt..."; Erhöhung der anderen 3 Töne ergäbe ja ganz andere Akkorde...

Nimm Dv! 2 4 b6 7. Erhöhe 7 um einen Halbton. Du erhältst: 2 4 b6 1 = IIm7b5.


- im Absatz "Mondscheinsonate", 3. Satz, sprichst du vom bI, dürftest wohl aber den bII meinen?

Ich habe da nichts von "bI" geschrieben.
 
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