Ben zen Berg
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Ich habe nach der Legende vom endlosen Sustain gesucht. Ahorn auf Mahagoni, der geleimte Hals ebenfalls aus Mahagoni... Aber!!! Bitte mit Single Coils. Das klingt nach Les Paul Special oder einer Kopie von Paula Spezial. Ich wollte aber nicht mehr als 500 € ausgeben und finde Goldtop oder 3TSB gar nicht schön. Das hört sich nicht besonders außergewöhnlich an... ist aber auf dem Markt erst ab 650 aufwärts zu finden.
Bei einer Anfrage hier an Bord kamen einige interessante Vorschläge, das für mich passende war aber nicht dabei. Und so habe ich gegoogelt und gegoogelt und gegoogelt. Es hat sich gelohnt. Irgendwann habe ich Michael Kelly Patriot Vintage Antique Violin Satin gefunden. Der Name sagt schon, in welche Richtung es geht...
Bei den Sound-Demos, die ich im Netz gefunden habe, höre ich das, was ich suche: Vom jazzigen old school Single Coil Sound über bluesige Neck-PU-Sounds bis zu Latin und den frühen Santana Sounds.
Nun, ich bekomme keine feuchten Augen wenn man mir flamed Maple zeigt, aber bei 430 € konnte ich nicht mehr nein sagen - die Order ging raus.
Die Specs
Drei Tage später kam das Gerät bei mir an. Nicht (wie ich es von Thomann gewohnt bin) sicher in einem Umkarton verpackt, sondern nur in einer Gitarrenschachtel... Es waren aber keine Spuren von Feuchtigkeit oder anderen äußerlichen Einwirkungen zu sehen und so nahm ich das Paket freudig an - natürlich wurde es auch sofort geöffnet.
Die Gitarre hat den Transport unbeschädigt überlebt, im inneren des Kartons waren noch ausreichende Schutzpolster. Wie erwartet, kommt keine scharfe Axt zum Vorschein sondern eine Grande Dame, die etwas verklärt in die Vergangenheit blickt.
Der erste Eindruck
Die Gitarre wirkt äußerst wertig! Und es folgen positive Überraschungen. Der Body hat einen Ahorn-Aufleimer und der Hals hat einen Graphit-Steg - beides wurde nirgendwo erwähnt. Die Bundstäbchen sind sauber verarbeitet und auf Hochglanz poliert - ebenso wie das Griffbrett! Ja, das Fretboard glänzt deutlich mehr als das Satin Finish, es fühlt sich "mega-smooth"; an und die Bendings perlen butterweich von der Hand.
Der Hals ist für Mahagoni schon recht dünn, ich fürchte direkt um das endlose Sustain. Doch der erste Anschlag, trocken über alle leeren Saiten, lässt den Klang in der Ewigkeit verhallen. Wow, sie klingt unpluged obertonreicher als meine Voll-Mahagoni-HH-Paula und hat deutlich mehr Sustain.
Das vierlagige Binding wurde sehr sorgsam angebracht. Die Saitenlage ist mit knapp 3 mm im zwölften Bund Ok. Die Intonation ist perfekt, die Bundreinheit stimmt. Durch die spezielle Halsverbindung lässt sich die Gitarre bequem bis in die hohen Lagen spielen. Den dünnen Hals sehe ich neutral, da ich keine kurzen Finger habe und den Hals beim Spielen nicht eng umfasse. Die Groover-Mechaniken stimmen gewohnt feinfühlig, die D'Addario-Saiten sind OK (es sind halt Standard-Saiten) und können erst einmal auf der Gitarre bleiben. Auspacken, stimmen und losspielen... So ein gutes Set-up habe ich noch nie bekommen. Selbst der Abstand des Neck-PU zu den Diskantsaiten ist kleiner als zu den umwickelten Saiten. Jetzt aber ran an den Amp...
Der Sound
Gain drehe ich knapp auf ein Viertel, alle anderen Amp-Potis in Mittelstellung, keine FX. Ich starte auf der Brücke und bin überrascht. Kein klingeln, kein kreischen... der Bridge-PU klingt erstaunlich kultiviert. Viel mehr vermisse ich ein wenig Dampf. Auch fällt er von der Lautstärke ein wenig gegenüber dem Neck-PU ab. Also doch noch ein Mini-Schraub-Job, damit der Bridge-PU etwas näher an die Saiten kommt. Das gleicht den Pegel aus, macht aus einem zahmen Wesen aber keine Brückenfurie... Es klingt schon schön - aber ein bisschen mehr Dreck würde nicht schaden. Ich hör' erst mal weiter und schalte den Hals-Tonabnehmer zu.
Na bitte, geht doch. Jetzt wird ein schöner transparent, glockiger Ton geliefert, mit glasklaren Höhen und leicht grollenden unteren Mitten - perfekt für Jazz, Funk und all den Sachen, die mit brillantem Clean-Sound glänzen wollen. Sehr differenziert, sehr dynamisch... selbst leicht ";gestreichelte"; Töne werden glaubhaft rüber gebracht.
Das Sahneschnittchen
Jetzt wird aber endlich zum erhofften Filetstück gegriffen - wie klingt der Hals-PU??? Wow, wow und noch mal wow. Wer will, kann mit diesem Pick-up den ganzen Schmerz dieser Welt zum Ausdruck bringen. Je nachdem, wie ich die Gitarre bearbeite, kann der Ton flüstern, brüllen, wimmern, heulen, pochen, jammern und jaulen oder einfach nur schön stehen bleiben. Mit sonorer Wärme und leicht crunchigen Mitten liefert der Neck-PU ein breites Spektrum. Im Vergleich zur Mittelstellung geht die Transparenz aufgrund der crunchigen Mitten etwas verlohren. Dafür wird aber noch mehr Dynamik geboten.
Wenn ich ein wenig mehr Gain rein bringe, wird das vom Neck-PU eher behäbig aufgenommen. Der Bridge-PU ist aber spitz wie Lumpi auf jedes Gramm Gain. Schnell sind beide Pick Ups gleichberechtigte Partner und auf der Brücke ist auch genügend Dreck im Spiel. Ich schleife noch ein wenig Studio-Hall und einen Hauch von Chorus ein und spiele im siebten Himmel.
Wirklich alles propper?
Nein, natürlich nicht. Es war wohl die Poliermaschine, mit der das Griffbrett auf Hochglanz gebracht wurde... Zwei kleine glänzende Stellen sind auf dem Satin Finish am Hals. In der engen Rundung des Cut Aways sind unter dem Finish noch Werkzeug-Spuren zu erkennen, ein kleiner Absatz wurde nicht ausgeschliffen. Außerdem sind im Cut Away und auf dem Horn zwei hellere Flecken - Spachtelmasse, die nicht abgeschliffen wurde oder in das Holz eingezogen ist. An diesen Stellen war das Holz jedenfalls nicht mehr für Beize empfänglich. Es sind kosmetische Fehler, und irgendwo muss ja auch am Preis gedreht werden bei einem Straßenpreis unter 500 €... Auf der Prioritätenliste der Qualitätskontrolle vermute ich an oberster Stelle Hardware, Set-up und Frontaloptik.
Was mir nicht gefällt
Brücke und Saitenhalter haben unterschiedliche Materialfarben (nicht krass, aber ersichtlich). Auch wenn die Hardware aus mattem Messing besteht - die Messingschrauben zwischen den verchromten Pool-Screws ist ein No-go. Und die Poti-Knöpfe finde ich auch nicht schön. Schrauben und Köpfe werde ich austauschen.
Fazit
Das Gesamtpaket der Gitarre ist absolut stimmig, der Style passt perfekt zum Sound. Auch wenn die Optik jetzt nicht so 100 % meins ist... Ich liebe schrullige Gitarren, es passt schon. Sollte ich einmal zweifeln, muss ich sie nur in die Hand nehmen, einstöpseln und mich in eine andere Welt spielen...
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Ach ja, Michael Kelly hat die Produktion der MKPVASV zum Jahreswechsel eingestellt, der ein oder andere Händler hat aber noch welche...
Bei einer Anfrage hier an Bord kamen einige interessante Vorschläge, das für mich passende war aber nicht dabei. Und so habe ich gegoogelt und gegoogelt und gegoogelt. Es hat sich gelohnt. Irgendwann habe ich Michael Kelly Patriot Vintage Antique Violin Satin gefunden. Der Name sagt schon, in welche Richtung es geht...
Bei den Sound-Demos, die ich im Netz gefunden habe, höre ich das, was ich suche: Vom jazzigen old school Single Coil Sound über bluesige Neck-PU-Sounds bis zu Latin und den frühen Santana Sounds.
Nun, ich bekomme keine feuchten Augen wenn man mir flamed Maple zeigt, aber bei 430 € konnte ich nicht mehr nein sagen - die Order ging raus.
Die Specs
- Halskonstruktion: Set-neck,
- Korpus: Mahagoni,
- Hals: Mahagoni,
- Griffbrett: Palisander,
- Bünde: 22 Jumbo,
- Mensurlänge: 628 mm,
- Griffbretteinlagen: Abalone Block,
- Brücke: Tune-O-Matic / Stop Bar,
- Mechaniken: Grover,
- Tonabnehmer: MK 90-Plus,
- Regler: 2x Tone, 2x Volume,
- Saiten: D Addario,
- Hardware: Satin Gold,
- Finish: Antique Violin Satin
Drei Tage später kam das Gerät bei mir an. Nicht (wie ich es von Thomann gewohnt bin) sicher in einem Umkarton verpackt, sondern nur in einer Gitarrenschachtel... Es waren aber keine Spuren von Feuchtigkeit oder anderen äußerlichen Einwirkungen zu sehen und so nahm ich das Paket freudig an - natürlich wurde es auch sofort geöffnet.
Die Gitarre hat den Transport unbeschädigt überlebt, im inneren des Kartons waren noch ausreichende Schutzpolster. Wie erwartet, kommt keine scharfe Axt zum Vorschein sondern eine Grande Dame, die etwas verklärt in die Vergangenheit blickt.
Der erste Eindruck
Die Gitarre wirkt äußerst wertig! Und es folgen positive Überraschungen. Der Body hat einen Ahorn-Aufleimer und der Hals hat einen Graphit-Steg - beides wurde nirgendwo erwähnt. Die Bundstäbchen sind sauber verarbeitet und auf Hochglanz poliert - ebenso wie das Griffbrett! Ja, das Fretboard glänzt deutlich mehr als das Satin Finish, es fühlt sich "mega-smooth"; an und die Bendings perlen butterweich von der Hand.
Der Hals ist für Mahagoni schon recht dünn, ich fürchte direkt um das endlose Sustain. Doch der erste Anschlag, trocken über alle leeren Saiten, lässt den Klang in der Ewigkeit verhallen. Wow, sie klingt unpluged obertonreicher als meine Voll-Mahagoni-HH-Paula und hat deutlich mehr Sustain.
Das vierlagige Binding wurde sehr sorgsam angebracht. Die Saitenlage ist mit knapp 3 mm im zwölften Bund Ok. Die Intonation ist perfekt, die Bundreinheit stimmt. Durch die spezielle Halsverbindung lässt sich die Gitarre bequem bis in die hohen Lagen spielen. Den dünnen Hals sehe ich neutral, da ich keine kurzen Finger habe und den Hals beim Spielen nicht eng umfasse. Die Groover-Mechaniken stimmen gewohnt feinfühlig, die D'Addario-Saiten sind OK (es sind halt Standard-Saiten) und können erst einmal auf der Gitarre bleiben. Auspacken, stimmen und losspielen... So ein gutes Set-up habe ich noch nie bekommen. Selbst der Abstand des Neck-PU zu den Diskantsaiten ist kleiner als zu den umwickelten Saiten. Jetzt aber ran an den Amp...
Der Sound
Gain drehe ich knapp auf ein Viertel, alle anderen Amp-Potis in Mittelstellung, keine FX. Ich starte auf der Brücke und bin überrascht. Kein klingeln, kein kreischen... der Bridge-PU klingt erstaunlich kultiviert. Viel mehr vermisse ich ein wenig Dampf. Auch fällt er von der Lautstärke ein wenig gegenüber dem Neck-PU ab. Also doch noch ein Mini-Schraub-Job, damit der Bridge-PU etwas näher an die Saiten kommt. Das gleicht den Pegel aus, macht aus einem zahmen Wesen aber keine Brückenfurie... Es klingt schon schön - aber ein bisschen mehr Dreck würde nicht schaden. Ich hör' erst mal weiter und schalte den Hals-Tonabnehmer zu.
Na bitte, geht doch. Jetzt wird ein schöner transparent, glockiger Ton geliefert, mit glasklaren Höhen und leicht grollenden unteren Mitten - perfekt für Jazz, Funk und all den Sachen, die mit brillantem Clean-Sound glänzen wollen. Sehr differenziert, sehr dynamisch... selbst leicht ";gestreichelte"; Töne werden glaubhaft rüber gebracht.
Das Sahneschnittchen
Jetzt wird aber endlich zum erhofften Filetstück gegriffen - wie klingt der Hals-PU??? Wow, wow und noch mal wow. Wer will, kann mit diesem Pick-up den ganzen Schmerz dieser Welt zum Ausdruck bringen. Je nachdem, wie ich die Gitarre bearbeite, kann der Ton flüstern, brüllen, wimmern, heulen, pochen, jammern und jaulen oder einfach nur schön stehen bleiben. Mit sonorer Wärme und leicht crunchigen Mitten liefert der Neck-PU ein breites Spektrum. Im Vergleich zur Mittelstellung geht die Transparenz aufgrund der crunchigen Mitten etwas verlohren. Dafür wird aber noch mehr Dynamik geboten.
Wenn ich ein wenig mehr Gain rein bringe, wird das vom Neck-PU eher behäbig aufgenommen. Der Bridge-PU ist aber spitz wie Lumpi auf jedes Gramm Gain. Schnell sind beide Pick Ups gleichberechtigte Partner und auf der Brücke ist auch genügend Dreck im Spiel. Ich schleife noch ein wenig Studio-Hall und einen Hauch von Chorus ein und spiele im siebten Himmel.
Wirklich alles propper?
Nein, natürlich nicht. Es war wohl die Poliermaschine, mit der das Griffbrett auf Hochglanz gebracht wurde... Zwei kleine glänzende Stellen sind auf dem Satin Finish am Hals. In der engen Rundung des Cut Aways sind unter dem Finish noch Werkzeug-Spuren zu erkennen, ein kleiner Absatz wurde nicht ausgeschliffen. Außerdem sind im Cut Away und auf dem Horn zwei hellere Flecken - Spachtelmasse, die nicht abgeschliffen wurde oder in das Holz eingezogen ist. An diesen Stellen war das Holz jedenfalls nicht mehr für Beize empfänglich. Es sind kosmetische Fehler, und irgendwo muss ja auch am Preis gedreht werden bei einem Straßenpreis unter 500 €... Auf der Prioritätenliste der Qualitätskontrolle vermute ich an oberster Stelle Hardware, Set-up und Frontaloptik.
Was mir nicht gefällt
Brücke und Saitenhalter haben unterschiedliche Materialfarben (nicht krass, aber ersichtlich). Auch wenn die Hardware aus mattem Messing besteht - die Messingschrauben zwischen den verchromten Pool-Screws ist ein No-go. Und die Poti-Knöpfe finde ich auch nicht schön. Schrauben und Köpfe werde ich austauschen.
Fazit
Das Gesamtpaket der Gitarre ist absolut stimmig, der Style passt perfekt zum Sound. Auch wenn die Optik jetzt nicht so 100 % meins ist... Ich liebe schrullige Gitarren, es passt schon. Sollte ich einmal zweifeln, muss ich sie nur in die Hand nehmen, einstöpseln und mich in eine andere Welt spielen...
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Ach ja, Michael Kelly hat die Produktion der MKPVASV zum Jahreswechsel eingestellt, der ein oder andere Händler hat aber noch welche...
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