Geigen Restauration/ Wertschätzung Lohnt sich das für meine Geige?

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So habe von meinem Uropa die Geige geerbt?
So zu meinen Fragen, kann mir jemand was über die Geige sagen(Nachbau(evtl echt): evtl was muss gemacht werden und wie teuer kann das werden/lohnt sich die Reperaturkosten/Zeitwert.
P.s. habe 2 Jahre Geige gelernt wäre dann halt ein Widereinstieg!!

Zur Geige:
Ein Nachlass aus Süddeutschland
Im Korpus ist ein Handschriftlicher Zettel eingeklebt:
Jacobus Stainer in Absom(oder. Absam)
unleserlich 1680

ähnelt. dem unten abgebildeten in der Schriftart lediglich das S etwas anders
 
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Boah, rein optisch würd ich mich sofort verlieben! - Die Frage bleibt natürlich der Klang...
Ist denn auf den ersten Blich etwas kaputt, außer der Saite und dem Bogen? Klappert was (außer einem losen Stimmstock)?

Da ich mich nicht so sehr auskenne, würde ich zum Geigenbauer gehen und ihn nach seiner Meinung fragen - wenn nichts großes repariert werden muss, ordentliche Saiten drauf (wenn der Stimmstock steht) und dann weiter hören ;) :great:

Ich denke, fiddle taucht hier mal auf und schreibt seine GB-Meinung ;) :)
 
Hi sanderbasser,

ich hatte mich mal eine Zeit lang etwas intensiver mit Jacobus Stainer beschäftigt.
Stainer, Jakob. — Absam (Tirol). Geb. 14. Juli 1621 in Absam, gestorben Ende 1683

Es gibt nur noch wenige Exemplare von ihm und deine Geige vom Opa ist leider keine.

Deine Geige stammt mit größter Wahrscheinlichkeit aus der Blüte der Mittenwalder Manufaktur-Zeit zwischen 1830 - 1890.
Markneukirchen ist auch möglich, da aber aus Süddeutschland, würde ich eher auf Mittenwald tippen.
Aus einem kürzlich entdeckten Artikel über Manufakturen und derer Geschichte (geschichtliche Lücken schließen :D):
"die bekanntesten Firmen sind Neuner & Hornsteiner und J. A. Baader & Co aus Mittenwald, beide gegründet 1810) sammelten Instrumente von verschiedenen Geigenbauern ein, und verkauften sie in alle Welt weiter. Nur ein Teil der Instrumente wurde von den eigentlichen Geigenbauern signiert; viele trugen (wenn überhaupt) die Namen der Geigenverleger oder imitierte Zettel mit den klangvollen Namen alter Meister.
Nach und nach gingen die Geigenverleger dazu über, nicht nur fertige Instrumente aufzukaufen, sondern die Herstellung arbeitsteilig zu organisieren: so gab es Korpusmacher, Halsmacher, Schneckenschnitzer, Wirbeldreher, Besaiter und Lackierer, die ihrer spezialisierten Tätigkeit in Heimarbeit nachgingen. Den Geigenverlagen waren aber auch Sägewerke und eigene Werkstätten angeschlossen. Große Stückzahlen konnten so zu günstigen Preisen hergestellt werden, um die Nachfrage nach einfachen und billigen Instrumenten zu befriedigen. Was, wieviel und zu welchen Preis produziert wurde, wurde maßgeblich von den Verlegern bestimmt. Das führte dazu, dass in Mittenwald Mitte des 19. Jahrhunderts kaum noch ein Geigenbauer ein Instrument vollständig alleine herzustellen vermochte."

Jacobus Stainer hat niemals solch einen plumpen Löwenkopf geschnitzt, die Form des Instruments hat auch nichts mit Strainer zu tun.
Für mich ein klarer Fall zu obiger Historie.
Sehr wertvoll ist sie sicher nicht - ein Geigenbauer sollte sich das Instrument mal aus der Nähe anschauen.
Die Bilder reichen für eine vernünftige Beurteilung nicht aus.

Wenn ich eine sehr schwachen Verdacht auf Kosten für die Wiederinstandsetzung wage, dann sehe ich hier 250+ Euro,
sofern keine Risse in Decke und Boden repariert werden müssen.

Es kann sich lohnen - das hängt aber von der Grundsubstanz ab und die entscheidet über den möglichen Wert.
Ein angestochener Bassbalken, z.B. kann das ganze Bild kippen und sie ist nur noch was für die Wand..
(das hat was mit der Herstellung zu tun un den daraus ableitbaren Beschaffenheiten)

cheers, fiddle
 
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Hi,

Der Löwenkopf hat seine Zunge noch. Dass soll, so hab´ ich´s mal gelesen, bei den heute noch existierenden "Löwen" nicht mehr ganz so oft der Fall sein. Vielleicht macht sie das ja ein bisschen wertvoller.:)

Grüße
Kylwalda
 
Wenn du selber darauf spielen willst lohnt sich der Gang zum Geigenbauer auf jeden Fall, würde ich sagen - Es sei denn, sie hat wirklich verborgene Großschäden oder klingt nach gar nichts. Für 250€ kriegst du wahrscheinlich eher keine gut eingerichtete wirklich wohlklingende Geige auf dem Markt. Und wenn du Glück hast und nicht allzu anspruchsvoll bist, reichen ja vielleicht ein neuer Kinnhalter, eine neue D-Saite und ein Stück Wirbelseife, um sie spielbar zu machen, plus eine Neubehaarung des Bogens. Ich kenne genug Hobbygeiger, die sogar mit abgegriffenem Griffbrett, alten Saiten und schwergängigen Wirbeln leben. Aber wenn das Geld zum "perfektionieren lassen" nicht weh tut, empfiehlt es sich trotzdem, macht das Leben (und Lernen) leichter ;-)
Optisch finde ich sie auch schön, meine ist so ähnlich, war mit 10 Jahren voll mein Beuteschema! Ich denke mal, sie verkauft sich im Zweifelsfall besser als eine vergleichbare "normale" Gelbbraunrote.
Wenn natürlich verborgene Großbaustellen entdeckt werden (=wirtschaftlicher Totalschaden, Dekowert), dann zu ebäh ab 1€ - Mit Fotos wie den obigen und einer ähnlich ahnungslosen Beschreibung geht da oft überraschend viel...
 
Vielleicht bittest Du den/die Geigenbauer/in mal um eine kostenlose "Schnellexpertise". Eine Fachkraft wird im Rahmen einer kurzen Begutachtung wesentlich mehr erkennen als ein interessierter Laie und sollte danach zumindest einen groben Anhaltspunkt für den Zeitwert angeben können.

Noch ein paar Worte zur Signatur. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich spiele momentan kein Streichinstrument und glänze dementsprechend im einschlägigen Unterforum weit gehend durch Abwesenheit, habe jedoch früher Geige gespielt und mich intensiv mit der Geschichte des Streichinstrumentariums beschäftigt, insbesondere mit Stainer-Instrumenten und deren Nachahmungen. Man möchte kaum glauben, was da alles möglich ist.

Nicht nur Geigen, sondern auch Geigenzettel sind längst zum Sammelobjekt geworden und wurden deshalb aus wertvollen Meistergeigen herausgetrennt und teilweise durch Fälschungen ersetzt. Natürlich wurden sie auch zum Signieren fragwürdiger oder unechter Instrumente verwendet. Es gibt also echte Meistergeigen mit gefälschten Etiketten und umgekehrt. Sehr oft sind jedoch Instrument und Etikett falsch. Es gibt auch Extremfälle wie die einst von Paul Klee gespielte Geige. Sie könnte als grobe Anlehnung an ein Stainer-Instrument durchgehen und stammte vermutlich von einem Geigenbauer, der diese Bauweise regelmäßig und ohne jede Betrugsabsicht praktizierte. In ihrem Inneren befand sich ein falscher Stainer-Zettel, der wie der von Dir gezeigte Zettel zu den sog. Fis-Zetteln gehört.

Echte Stainer-Zettel sind mit "Jacobus Stainer in Absom prope Oenipontum mpia", gefolgt von der Jahreszahl, beschriftet, wobei "mpia" für "manu propria" steht. Also bis auf das fehlende Verb und ggf. fehlende Akkusativ-Objekt ein kompletter Satz, frei aus dem Lateinischen übersetzt: "Von Jakob Stainer in Absom bei Innsbruck eigenhändig gebaut." Man muss dazu wissen, dass Absam im dortigen Dialekt Absom heißt und Latein damals, zumindest unter Gebildeten, die Weltsprache war. Außerdem nahm Stainer auf Innsbruck Bezug, obwohl Hall viel näher lag. Hall wäre aber in der damaligen Zeit, als auch Bad Reichenhall häufig nur Hall genannt wurde, eine eher ungenaue Angabe gewesen. Offenbar legte Stainer Wert darauf, dass er auch für potentielle Besteller aus dem Ausland leicht zu finden war, deshalb auch die Signatur in lateinischer Sprache. Und da Stainer, wie man aus verschiedenen Begebenheiten schließen kann (beispielsweise wollte er niemals Lehrlinge aufnehmen und somit eine Schule im eigentlichen Sinne begründen, sondern in der "Stainer-Dynastie" einzigartig bleiben), ein sehr selbstbewusster Kunsthandwerker war, der seinen Wert genau kannte, durfte der Zusatz "mpia" nicht fehlen. Aus demselben Grund gilt es beinahe als sicher, dass Stainer sein Leben lang nur handgeschriebene Zettel verwendete, also auf gedruckte (und gewissermaßen unpersönlichere) Zettel verzichtete.

Da sich der Vergleich zwischen Original und Fälschung vor 1900 viel schwieriger gestaltete als heute und sich Zettelfälscher keinen Reim auf die Zeichenfolge "mpia" machen konnten, wurde daraus auf einigen gefälschten Zetteln ein ebenso unerklärliches "fis". Ein Fis-Zettel mit der Jahreszahl 1659, entweder der von Dir gezeigte oder ein ähnlicher, wurde dann regelrecht zur Konfektionsware. Es handelt sich bei diesem Zettel also um eine nach heutigen Maßstäben plumpe Fälschung, die nichtsdestotrotz in zahllosen Büchern als angeblich echt abgebildet wurde.

Interessant ist auch, dass über Stainers Lebensdaten, sein Werk und sein äußeres Erscheinungsbild lange Zeit die wildesten Fantasien kursierten, weil kein Portrait von ihm existierte und die fraglichen Tauf- und Sterbebücher nicht auffindbar waren. Irgendwann tauchte die Zeitangabe 1621-1683 auf und galt etwa 100 Jahre lang als korrekt. Erst später stellte sich heraus, dass Stainers jüngerer Cousin väterlicherseits denselben Namen trug und das mutmaßliche Geburtsdatum von ihm stammte. "Unser" Stainer kam 1617, also kurz vor Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges, zur Welt. Wegen der desolaten Situation in seinem Heimatland zog er es vor, seine Lehrjahre in Oberitalien zu verbringen. Nach Cremona kam er jedoch nur kurz. Zumindest zu Beginn seiner Meisterjahre baute er auch Gamben. Stainer saß wegen Ketzerei im Gefängnis und litt im Alter an einer Geisteskrankheit. Er zog sich 1682 aus dem Erwerbsleben zurück und starb, wie schon früher bekannt, im nachfolgenden Kalenderjahr.
 
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Ich würde auch eindach einen Geigenbauer besuchen und fragen ;) Ich war in der gleichen Situation, die Geige war auch wesentlich mehr beschädigt (und auch "gefälscht") und hat sich nach einer Restauration als schönes Instrument mit außergewöhnlichem Klang entpuppt, das zwar Profis nicht ausreichen würde, aber meinen Ansprüchen völlig genügt :)
Sollte es bei dieser Geige ähnlich sein (sie ist ja in einem recht guten zustand), lohnt sich das meiner Meinung nach, auch als wiedereinstiegsinstrument ^^
 
Ich wusste um 1990 auch nur sehr wenig über unsere "Familiengeige" und investierte quasi auf blauen Dunst hin 270 DM in die fällige Instandsetzung. Nach der damaligen Einschätzung soll sie etwa 1.000 Mark wert gewesen sein, was damals dem Preis für 2-3 Fabrikgeigen entsprach. Der Klang ist ganz ordentlich, und die einzelnen Register verhalten sich in Lautstärke und Klangfarbe ausgewogen zueinander. Jedenfalls habe ich diese Investition nie bereut. :)
 

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