So, hier endlich mein letzter Teil des Berichtes!
Nach Besichtigung der Fertigung auf dem Land ging es zurück in die Stadt, wo sich neben den Büros auch die Entwicklung befindet. Dort trafen wir auf Mikkel Nymand, einen Tonmeister (übrigens einer aus der allerersten Truppe, die sich in Dänemark so nennen darf), der uns den restlichen Tag über begleitete.
Nach anregenden Gesprächen bei leckeren Sandwiches ging es über zu einigen praktischen Hörbeispielen. Topo wird hier sicher noch Video-Material zu präsentieren haben; ich schreibe euch so lange ein paar Dinge nieder.
Interessanterweise ging es bei diesen Praxisbeispielen meist nicht darum, die legendäre Qualität der DPA-Mikrofone in den Vordergrund zu stellen, sondern wir hatten die Chance, mit hochwertigem Material die Unterschiede zwischen verschiedenen Mikrofonbauarten und -anwendungen selbst zu hören. Praxisbeispiele gefällig?
- Die Vorleserin
Im Haus befindet sich ein Tonstudio: Ein Aufnahmeraum und eine abgetrennte Regie. Im Aufnahmeraum saß eine deutsche Mitarbeiterin, die aus einem deutschen Märchenbuch vorlas. Warum deutsch? Weil die deutsche Sprache viele Plosivlaute hat. Diese Mitarbeiterin haben wir nun mikrofoniert: Mit Headsets, Lavaliermikros, Mikros auf Stativen und Tischmikros. Die Signale gingen in ein Pyramix System und wurden alle auf denselben Pegel gebracht. (Denn schon minimal mehr Lautstärke lässt das lautere Signal im ersten Moment subjektiv besser erscheinen.)
Bei den gemachten Aufnahmen konnten wir dann schön die jeweiligen Spuren 1:1 miteinander vergleichen und praktisch hören, wie sich diverse Kapsel-Bauarten, Abstand von der Signalquelle, reflektierende Begrenzungsflächen etc. auswirken. Sehr interessant!
- Der Deutsche
Es folgte ein ähnlicher Test. Diesmal nicht im akustisch optimierten Aufnahmeraum, sondern in einem leeren, rechteckigen Raum der absichtlich so gebaut wurde, dass er akustisch viele Nachteile hat. Hierfür suchten wir uns einen Dummen aus unseren eigenen Reihen, der als Erzähler herhalten musste. Der Test wurde allerdings nur mit zwei Headsets gemacht und sollte den Unterschied zwischen Kugel und gerichteter Charakteristik verdeutlichen.
Die erste Stufe war, den Erzähler in diesen Raum zu stellen. Schon hier war der Unterschied zwischen Niere und Kugel deutlich zu hören. Viel krasser wurde dieser bei der zweiten Stufe: Im Raum wurde ein Rauschgenerator angeschaltet!
Ich spare mir die Worte - wir haben noch Medien-Material für euch, sodass ihr die Unterschiede selbst nachvollziehen könnt.
- Der Vergleich
Das war jetzt tatsächlich ein Produktvergleich. Ein
DPA D:Facto II
lief über ein Midas Venice Pult in eine d&b Anlage. (Details zur Signalkette gibt es, wenn ich wieder auf die gemachten Bilder Zugriff habe.) Verglichen wurde dies gegen diverse Top-Modelle anderer renommierter Hersteller. Ich stand meist selbst hinter dem Pult und kann sagen: Da wurde nichts gefaked!
Martin hat ja auf Seite 2 schon darüber geschrieben. Ich für meinen Teil habe schon erwartet, über eine hochwertige Anlage feine Unterschiede zwischen einem 500 €- und einem fast 900 €-Mikro hören zu können. Aber dass diese SO deutlich ausfallen, hat mich wirklich sehr überrascht! Sowohl in Punkto Klang als auch Handgeräusche und Koppelfestigkeit.
Ich kann nur empfehlen, sich dieses Mikro mal selbst im Vergleich zu anderen anzuhören. Selbst wenn es nicht im fraglichen Preisbereich liegt - es öffnet einem wirklich die Ohren dafür, was möglich ist.
Zur Koppelfestigkeit kann ich mir diese kleine Anekdote nicht verkneifen: Das d:facto II war grade aktiv und mit ziemlich hohem Pegel auf die Monitore gegeben. Und plötzlich - niemand hätte es erwartet - pfeift's wie Sau!!! Einer meiner Mitreisenden ist vor Schreck rückwärts gelaufen, der andere hat einen Sprung in die Luft getan. Einer hat dann mit rotem Kopf gestanden: Wenn er ein neues Mikro in die Finger bekommt, testet er das immer mal auf seine eigene Art auf Koppelfestigkeit. Und das geht so: Er nimmt das Mikro, kniet sich langsam hin und hält es mit der abgedämpften Seite in Richtung Monitor. Dann dreht er es langsam, bis er hört, wie sich eine Rückkopplung aufbaut und nimmt es dann schnell wieder vom Monitor weg.
Nun ist das d:facto aber kein Mikro wie jedes andere... Sein Aufnahmebereich ist für Sänger gut ausreichend, aber außerhalb dieses Bereiches ist es extrem bedämpft. Und da auf den Monitoren wirklich gut Saft war, wurde es dann auch kurzzeitig mal
ziemlich laut...
- Die Funkstrecken
DPA hat mehrere Adapter, um verschiedene Kapseln auf verschiedene Funkstrecken aufzusetzen. Da die Kapseln vorpolarisiert sind, wird hierbei übrigens keine Phantomspeisung benötigt!
Im Rahmen dessen hat man Tests gemacht, in denen ein Profi-Sänger immer wieder den selben Part eines Songs immer gleich performt hat, vor jeweils unterschiedlichen Funksystemen, alle mit der d:facto II Kapsel bestückt.
Wir haben uns ausführlich Zeit genommen, um die Spuren miteinander zu vergleichen. Das Ergebnis hat mich überrascht: Die klanglichen Unterschiede sind vorhanden, aber minimal! Von den getesteten Systemen hatte das Sennheiser SKM 2000 die Nase vorn, aber selbst das deutlich niederpreisigere Sony-System (genaue Bezeichnung ist mir leider entfallen) war nicht sehr weit davon entfernt.
Funksysteme unterscheiden sich hauptsächlich durch ihre Features - Ausfallsicherheit, Reichweite, maximale Anzahl paralleler Strecken etc... klanglich nehmen sie sich wirklich nicht viel! Nicht mit im Test war die doch recht beliebte Line6 XD V70 Strecke. Auf meine Nachfrage sagte Mikkel mir, dass sie erst kurz nach diesem Test die Zertifizierung der d:facto II Kapsel für dieses System bekommen haben. Auch diese Funkstrecke wurde dann so einem Test unterzogen und hat sich seiner Aussage nach sehr gut geschlagen.
- Auflösung
Zuletzt der Teil, der mich persönlich am nachhaltigsten beeindruckt hat. Mikkel war in New York, um das dortige berühmte Philharmonie-Orchester aufzunehmen. (Mit DPA und Schoeps Mikros.
) Man hatte ihn gefragt, weil sie einen dänischen Komponisten gespielt hatten. Die Aufnahme wurde mit 32 Bit Wortbreite gemacht (eigentlich nur DAW-intern interessant, für die Wandler reichen 24 Bit) und - das war für uns von Interesse - in DSD Auflösung. Dabei wird das Signal 8x so oft abgetastet wie auf einer Audio-CD, also mit 352,8 kHz. Für mich interessant, weil ich angeblich bessere Qualität durch höhere Auflösung für Voodoo gehalten habe. Bis zu diesem Tag.
Vorweg: Die höhere Frequenz wegen der möglichen Speicherung von Tönen über 20 kHz braucht kein Mensch. Mikkel mochte uns auch keine stichhaltige technische Erklärung liefern; seine Vermutung zielt in die Richtung, dass Transienten viel feiner abgebildet werden können. Die Aufnahme war in Stereo als auch in 3D abgemischt. Er hat sie uns dann mit 352,8 kHz und im Vergleich mit 44,1 kHz vorgespielt. (Nebenbei bemerkt, den DAD Wandler [Digital Audio Denmark] den er da im Rack hat, ist echt geiler Sch**ß, wenn ich das mal so sagen darf!!)
In der 3D Mischung sind mir die Unterschiede vor allem in der Lebendigkeit der Aufnahme aufgefallen. Hat man die höhere Auflösung gehört, klangen die Instrumente in der niedrigeren Auflösung irgendwo flach, unaufgeregt, fast langweilig. Während ich, der ich jetzt nicht ausgesprochener Klassik-Fan bin, bei der höheren Auflösung wirklich mit den Instrumenten "mitgehen", mitfiebern konnte. Das hat übrigens nichts mit "das erste mal ist es noch spannend" zu tun. Wir haben uns die Aufnahmen oft angehört und der Effekt hat sich immer wieder auf die gleiche Weise gezeigt.
In der 2D Mischung hatte die mit der höheren Auflösung für mich deutlich mehr plastische Tiefe. Noch mal: Es war immer die jeweils exakt selbe Mischung, nur mit anderer Samplerate ausgespielt. Ich bin mir sicher, hätte man die Signale gesplittet und schon von Anfang an mit unterschiedlicher Samplerate aufgenommen und (exakt gleich) gemischt, wären die Unterschiede noch viel deutlicher zu hören gewesen! So sind sie zwar nicht direkt ins Gesicht gesprungen, waren aber zweifellos da.
Zum "Spaß" haben wir uns die Stereo-Mischung noch als mp3 angehört. Na ja, so wirklich spaßig war das gar nicht
Datenrate von 192 kbps, oder waren's sogar 256... also doch das, was ich davor als brauchbar eingestuft hätte. Im Vergleich zur besten Qualität dann einfach nur grausam. Wir haben uns das alle gar nicht lang anhören wollen. Interessant fand ich, dass mich die Reduktion der Informationen in den Höhen, obwohl vorhanden, weniger gestört hat als die Fragmente im Mitteltiefton bis Bass. Der Ausklang von Instrumenten war hier keineswegs natürlich, sondern eher in Stufen vernehmbar.
All diese "Demonstrationen" und vor allem die letzte haben auf mich mächtig beeindruckt und tun es immer noch. Wie schon geschrieben: Es war viel mehr als einfach "nur" die Produktion zu besichtigen und ein paar Produkte anzutesten. Es war auch viel praktische Erfahrung dabei, auch solche, die nicht direkt mit DPA-Produkten zu tun hat. Gerade das hat mir gezeigt, das man bei DPA nicht nur irgendwelche Produkte baut um sie zu verkaufen, sondern wirklich "Qualität lebt". Und ich durfte einen Einblick bekommen und dies auch selbst erleben und nachvollziehen. Vielen vielen Dank dafür! Auch wenn es anstrengend ist, hinterher seitenweise darüber zu schreiben - es hat sich gelohnt
MfG, livebox
P.S. Abends ging es dann noch zum Essen und hinterher in einen Jazz Club. Drei mal dürft ihr raten, mit welchen Mikrofonen der ausgestattet war?!
P.P.S. Bilder folgen, sobald ich Zugriff darauf habe. Auch eines über eine interessante Form, eine Bass Drum abzunehmen...