Jay
HCA Piano/Spieltechnik
Roland RD-64 Review
Mit dem RD-64 adressiert endlich mal ein Hersteller die Bedürfnisse des gemeinen Großstadtpianisten. Es mag eine Nische sein, aber wer in Städten mit astronomischen Immobilienpreisen Proberäume mit vier anderen Bands teilen und wegen Parkplatzmangels mit Öffis fahren muss, der weiß wovon ich rede. 64 Tasten, 111cm lang, 13 kg schwer - das sind mal die außergewöhnlichen Eckdaten für ein Stagepiano. Dazu passt das Gerät haargenau in ein Nord Rucksackbag, was noch deutlich mehr Mobilität erlaubt als die Standardtasche von Roland.
Bedienung
Das Look&Feel entstammt Rolands Controller Serie (A-49, A-88), was bedeutet, das Bedienfeld ist links und nicht oben. Dadurch wird das RD-64 etwas länger als es sein müsste, bleibt aber schön schmal. Ob so oder doch anders die bessere Lösung ist, dazu hat wahrscheinlich jeder seine individuelle Ansicht. Insgesamt ist das Bedienfeld sehr übersichtlich und praktisch, z.B. mit extra Tasten für Oktavverschiebung. Die einzelnen Soundbänke können direkt angewählt werden und haben separate Buttons für die jeweils drei Untervarianten. Keine Doppelbelegung, alles auf einen Blick, das ist für live unschlagbar.
Aus Pianistensicht sind die diversen Controllerfunktionen natürlich fraglich. Das kombinierte Modulations- und Pitchrad ist ohnehin nicht die beste Lösung, dazu sticht der Joystick beim Verpacken unangenehm hervor. Zumindest weniger störend ist der berührungslose Controller (D-Beam), der mit bestimmten Funktionen belegt werden kann (Volume, Pitch). Dagegen ist der 2-Band-Equalizer ein sehr praktisches Feature im Bandkontext.
Anschlüsse&Zubehör
Kurz und knapp, es ist alles da, was man erwartet, mit Ausnahme eines Midi-In. Außerdem hat auch das RD-64 den Makel des externen Netzteils. Der Stecker ist immerhin (leicht) gesichert und das Netzteil hat ein separates Kabel mit Schuko, man blockiert also nicht zwei Plätze am Verteiler. Der Eingang fürs Haltepedal ist halbpedalfähig und ein entsprechendes Pedal wird mitgeliefert. Ein Aufsatz-Notenständer ist leider nicht verfügbar.
Was auffällt ist der geringe Ausgangspegel sowohl über Kopfhörer als auch per Line-out. Besonders wenn noch eine DI-Box dazwischen hängt, kann das live zu Diskussionen mit dem Tontechniker führen. Gemessen an meiner persönlichen Erfahrung ist das der größte Minuspunkt des RD-64.
Sound
Im Vordergrund stehen zwei sehr gut abgestimmte Pianosounds. Piano 1 ist auf realistische Nachbildung ausgelegt und sollte unbedingt mit beiden Effekten (Resonanz, Enhancer) gespielt werden. Dann entwickelt sich solo und in kleinen Besetzungen eine Soundfülle und Dynamik, die umfangreichen pianistischen Ausdruck ermöglicht. Piano 2 (Bright Piano) klingt alleine etwas blechern, ist aber sehr gut für den Bandeinsatz, wenn mehr Durchsetzungsfähigkeit und ein aufgeräumterer Sound erforderlich sind. Ich habe beide Pianos bereits eingesetzt, nutze momentan allerdings ausschließlich Piano 1 in der beschriebenen Konfiguration.
Alle anderen Sounds sind Vintage-Brot&Butter (Rhodes, Wurli, Clav, Orgel), aber passend gewählt für das Gerätekonzept. Es gibt keine Strings, die ich aber auch nicht vermisse. Zu jedem Sound können zwei "typische" Effekte zugeschalten werden, z.B. Tremolo und Phaser für die E-Pianos oder Auto-Wah und Overdrive fürs Clav. Der Reverb, der wie die anderen Effekte nicht verändert werden kann, ist für meinen Geschmack zuviel.
Tastatur
Das Spielgefühl ist wirklich hervorragend gelungen. Die von Roland IvoryFeel getaufte etwas rauhere Oberfläche vermittelt die Griffigkeit, die man von Klavieren gewohnt ist und lässt gar nicht erst dieses Keyboard-Plastiktasten-Feeling aufkommen. Für ein Stagepiano ist die Tastatur relativ schwer gewichtet, was wiederum ein sehr realistisches Verhalten darstellt. Der Rebound ist dadurch - vermutlich konstruktionsbedingt - etwas träge, das kann beim schnellen Wiederholen des selben Tons hinderlich sein. Insgesamt aber ist die Tastatur ein erheblicher Fortschritt zu den vorhergehenden Mittelklassetastaturen bei Roland und per se schon ein Kaufargument.
Eine kleine Sache noch
Ich hatte einmal den Vorfall, dass mir das Piano bei einer längeren Probe während des Spielens(!) einfach ausgegangen ist. Lag nicht am Strom, alle anderen Geräte liefen durch. Mit einem Powercycle musste ich es manuell wieder starten. Ich vermute, dass es am internen Sleep Timer lag (4h), der fälschlicherweise auch ansprach obwohl das Piano benutzt wurde. Ich habe den Sleep Timer deaktiviert, aber falls noch jemand ein ähnliches Problem hat(te), lohnt vielleicht eine kleine Testreihe.
Fazit
Super Konzept, gut umgesetzt mit allenfalls kleinen Schwächen, dazu ein konkurrenzfähiger Preis. Bei mir ist das RD-64 seit einigen Monaten sowohl Home- als auch Bandpiano, weil es einfach für beide Rollen hervorragend geeignet ist, auch wenn ich an zwei oder drei Stellen wegen der begrenzten Anzahl Tasten die Pianoparts rearrangieren musste. In der Übersicht bedeutet das:
+ Konzept
+ Tastatur
+ Pianosound
+ Preisleistungsverhältnis
+ 2-Band-EQ inklusive
o Effekte nicht editierbar
o keine genau passende Tasche von Roland
- geringer Ausgangspegel
- Pitchmodulationjoystickwheel
- eingeschaltete Effekte werden nicht gespeichert
Mit dem RD-64 adressiert endlich mal ein Hersteller die Bedürfnisse des gemeinen Großstadtpianisten. Es mag eine Nische sein, aber wer in Städten mit astronomischen Immobilienpreisen Proberäume mit vier anderen Bands teilen und wegen Parkplatzmangels mit Öffis fahren muss, der weiß wovon ich rede. 64 Tasten, 111cm lang, 13 kg schwer - das sind mal die außergewöhnlichen Eckdaten für ein Stagepiano. Dazu passt das Gerät haargenau in ein Nord Rucksackbag, was noch deutlich mehr Mobilität erlaubt als die Standardtasche von Roland.
Bedienung
Das Look&Feel entstammt Rolands Controller Serie (A-49, A-88), was bedeutet, das Bedienfeld ist links und nicht oben. Dadurch wird das RD-64 etwas länger als es sein müsste, bleibt aber schön schmal. Ob so oder doch anders die bessere Lösung ist, dazu hat wahrscheinlich jeder seine individuelle Ansicht. Insgesamt ist das Bedienfeld sehr übersichtlich und praktisch, z.B. mit extra Tasten für Oktavverschiebung. Die einzelnen Soundbänke können direkt angewählt werden und haben separate Buttons für die jeweils drei Untervarianten. Keine Doppelbelegung, alles auf einen Blick, das ist für live unschlagbar.
Aus Pianistensicht sind die diversen Controllerfunktionen natürlich fraglich. Das kombinierte Modulations- und Pitchrad ist ohnehin nicht die beste Lösung, dazu sticht der Joystick beim Verpacken unangenehm hervor. Zumindest weniger störend ist der berührungslose Controller (D-Beam), der mit bestimmten Funktionen belegt werden kann (Volume, Pitch). Dagegen ist der 2-Band-Equalizer ein sehr praktisches Feature im Bandkontext.
Anschlüsse&Zubehör
Kurz und knapp, es ist alles da, was man erwartet, mit Ausnahme eines Midi-In. Außerdem hat auch das RD-64 den Makel des externen Netzteils. Der Stecker ist immerhin (leicht) gesichert und das Netzteil hat ein separates Kabel mit Schuko, man blockiert also nicht zwei Plätze am Verteiler. Der Eingang fürs Haltepedal ist halbpedalfähig und ein entsprechendes Pedal wird mitgeliefert. Ein Aufsatz-Notenständer ist leider nicht verfügbar.
Was auffällt ist der geringe Ausgangspegel sowohl über Kopfhörer als auch per Line-out. Besonders wenn noch eine DI-Box dazwischen hängt, kann das live zu Diskussionen mit dem Tontechniker führen. Gemessen an meiner persönlichen Erfahrung ist das der größte Minuspunkt des RD-64.
Sound
Im Vordergrund stehen zwei sehr gut abgestimmte Pianosounds. Piano 1 ist auf realistische Nachbildung ausgelegt und sollte unbedingt mit beiden Effekten (Resonanz, Enhancer) gespielt werden. Dann entwickelt sich solo und in kleinen Besetzungen eine Soundfülle und Dynamik, die umfangreichen pianistischen Ausdruck ermöglicht. Piano 2 (Bright Piano) klingt alleine etwas blechern, ist aber sehr gut für den Bandeinsatz, wenn mehr Durchsetzungsfähigkeit und ein aufgeräumterer Sound erforderlich sind. Ich habe beide Pianos bereits eingesetzt, nutze momentan allerdings ausschließlich Piano 1 in der beschriebenen Konfiguration.
Alle anderen Sounds sind Vintage-Brot&Butter (Rhodes, Wurli, Clav, Orgel), aber passend gewählt für das Gerätekonzept. Es gibt keine Strings, die ich aber auch nicht vermisse. Zu jedem Sound können zwei "typische" Effekte zugeschalten werden, z.B. Tremolo und Phaser für die E-Pianos oder Auto-Wah und Overdrive fürs Clav. Der Reverb, der wie die anderen Effekte nicht verändert werden kann, ist für meinen Geschmack zuviel.
Tastatur
Das Spielgefühl ist wirklich hervorragend gelungen. Die von Roland IvoryFeel getaufte etwas rauhere Oberfläche vermittelt die Griffigkeit, die man von Klavieren gewohnt ist und lässt gar nicht erst dieses Keyboard-Plastiktasten-Feeling aufkommen. Für ein Stagepiano ist die Tastatur relativ schwer gewichtet, was wiederum ein sehr realistisches Verhalten darstellt. Der Rebound ist dadurch - vermutlich konstruktionsbedingt - etwas träge, das kann beim schnellen Wiederholen des selben Tons hinderlich sein. Insgesamt aber ist die Tastatur ein erheblicher Fortschritt zu den vorhergehenden Mittelklassetastaturen bei Roland und per se schon ein Kaufargument.
Eine kleine Sache noch
Ich hatte einmal den Vorfall, dass mir das Piano bei einer längeren Probe während des Spielens(!) einfach ausgegangen ist. Lag nicht am Strom, alle anderen Geräte liefen durch. Mit einem Powercycle musste ich es manuell wieder starten. Ich vermute, dass es am internen Sleep Timer lag (4h), der fälschlicherweise auch ansprach obwohl das Piano benutzt wurde. Ich habe den Sleep Timer deaktiviert, aber falls noch jemand ein ähnliches Problem hat(te), lohnt vielleicht eine kleine Testreihe.
Fazit
Super Konzept, gut umgesetzt mit allenfalls kleinen Schwächen, dazu ein konkurrenzfähiger Preis. Bei mir ist das RD-64 seit einigen Monaten sowohl Home- als auch Bandpiano, weil es einfach für beide Rollen hervorragend geeignet ist, auch wenn ich an zwei oder drei Stellen wegen der begrenzten Anzahl Tasten die Pianoparts rearrangieren musste. In der Übersicht bedeutet das:
+ Konzept
+ Tastatur
+ Pianosound
+ Preisleistungsverhältnis
+ 2-Band-EQ inklusive
o Effekte nicht editierbar
o keine genau passende Tasche von Roland
- geringer Ausgangspegel
- Pitchmodulationjoystickwheel
- eingeschaltete Effekte werden nicht gespeichert
- Eigenschaft