Worum es vielmehr ging, das waren die genannten Argumente, (zu komplizierte Rhythmen, Soundprogrammierung, keine Aufzeichnungen/Notizen, Unersetzbarkeit von Musikern, komplexe Grooves, Extravaganz einer Band etc.). Und da sehe ich es ähnlich wie Roon, gmaj7 und WilliamBasie...zumindest im Fall von Cover-/Tributebands. Wer sich selbst als Musiker in seiner (Cover-)Band für unersetzlich hält, tja...der hat wohl noch nicht mit anderen _halbwegs_ professionellen Musikern zusammengearbeitet...oder aber er hat sich selbst ein solch gigantisches Luftschloss gebaut, dass er von dessen Türmen den Boden der Tatsachen nicht mal mehr mit dem Fernglas erkennen kann.
Will sagen, du könntest dieselben Arrangements wie ich a)
noch umfangreicher und detaillierter, b) mit um ein weites Vielfaches ausgefeilterem Sound und c) innerhalb eines Nachmittags zusammenbauen, beispielsweise Fantasy auflösen in einzelne Blasinstrumente, die bei mir noch fehlenden Bläser und Synths auch noch einbauen, dann auch noch die Percussion übernehmen, und bräuchtest für den ganzen Klimbim ein paar Stunden.
Die gängigen 70er und 80er Jahre Disco, Funk & Soul-Geschichten sind eigentlich Standard (ja, auch EW&F, Nile Rodgers und Konsorten). Das spielen auch ambitionierte Amateure mehr oder weniger vom Blatt runter.
Wie weit geht ihr ins Detail bei EW&F? Originalarrangement? Voller Orchestersatz? Rhythmussektion auch bei komplexen, esoterischen Sachen (Jupiter etc.) 1:1 repliziert statt glattgezogen? Wie lange braucht ihr pro Song?
Ich hab mir mal eure Interpretationen von "Don't look any further" und "In the Stone" angehört auf Youtube. Das hat mich nicht umgehauen, bzw. seh ich nicht, dass nur ihr das so spielen könnt. Ich will nicht vorschnell urteilen. Gibt es noch weitere Songbeispele die deine These untermauern?
Die sind ja auch nichts Weltbewegendes. DLAF ist Eigenarrangement, die Band wollte es so, außerdem
extrem einfach.
In The Stone ist ein bißchen aufwendiger, aber keine Erzmagiernummer. Das Intro kommt bis auf die Trompeten von meiner Seite vom Sequencer (6 Spuren, glaube ich). Ansonsten liegen ganz unten die Saxophone, in der Mitte ein Quick&Dirty-Eigenbausound aus drei Trompeten, die sich per Fußtaster in einen Durdreiklang auflösen, ganz oben liegen Streicher (leider nicht genügend Tasten, um am Anfang vom Never-Never-My-Darling-Teil die Akkorde legen zu können), und den brassartigen Leadsynth im Refrain übernimmt der MicroKorg mit eigener Klangerzeugung. Mit mehr Tasten ließe sich da mehr rausholen (sofern nach wie vor mit zwei Keyboardern gespielt wird), mit Sequencer und Click zum Drummer ließe sich viel, viel mehr rausholen, denn da fehlen noch sehr viele Spuren.
Mehr ist aber nicht drin, mir fehlen Zeit (Vollzeitjob bis abends, eine Stunde Fahrzeit pro Richtung zum Probenraum, ich muß bis 20:00 aus dem Probenraum raus sein, weil dann das Hoftor abgeschlossen wird) und Möglichkeiten (Bandsetup ist nicht 1:1 bei mir zu Hause ein zweites Mal vorhanden) für bessere und aufwendigere Sachen.
Andere Beispiele gibt's nicht, weil unsere Gigs meist nicht gefilmt werden. Aber Boogie Wonderland ist noch heftiger als In The Stone, und Fantasy ist noch heftiger als Boogie Wonderland, das geht für mich nur zu spielen, indem ich mitten im Song zwei Kanäle am Submixer mute. Wie gesagt, ich spiele jeweils so nah am originalen Studio-Arrangement, wie es mir irgendwie möglich ist.
Natürlich könnte ein Profimusiker, der pro Woche 80-100 Stunden und mehr Zeit hat zum Programmieren und die Sounds obendrein von einer maximal zwei Jahre alten Workstation, einem maximal zwei Jahre alten Nord Stage und einem aktuellen MacBook holt statt aus uralten Romplern und auch nicht taufrischen virtuell-analogen Synthesizern, das Ganze noch aufwendiger und realistischer machen. Wahrscheinlich kann man den am Donnerstagabend vor einem unserer Gigs anrufen, und er hat meine Arrangements nach Gehör bis Sonnabend fertig, und zwar besser als ich selber und mit allem, was ich auch spiele, wenn nicht noch mehr. Könnte vielleicht dann auch noch zusätzlich die Parts unseres anderen Keyboarders mit übernehmen.
Aber in der Amateur-Keyboarderklasse, die einen Gig vor zweistelligen Zuschauerzahlen zu dreistelligen Gagen (für die ganze Band) nicht ablehnt, sind solche Leute bedeutend schwerer zu finden.
Martman