@Dora: Im anderen Thread beziehst du dich ausschließlich auf die Gitarre, also ging ich davon aus, dass das dein ursprüngliches Instrument war. Oben schreibst du von günstigem Gruppenunterricht (40 €/Monat), für mich nahe liegend, dass damit auch Gitarre gemeint war, zumal das das einzige Instrument ist (außer Blockflötenkindergruppen), wo ich das kenne. War dann wohl ein Missverständnis, tut mir leid. Im anderen Thread erwähnst du Probleme mit dem Saitenwechsel und dem Stimmen, fragst nach der Bedeutung von Vorzeichen, Wiederholungszeichen und Bindebögen und gibst an, dass du Lieder, deren Melodie du nicht kennst, nicht spielen kannst, weil du den Rhythmus nicht aus den Noten ablesen kannst. Das ist alles legitim, aber GUTER Instrumentalunterricht hätte das vermitteln müssen, es sei denn, er ging nur über 3 Monate oder du warst noch im Grundschulalter. Wenn du Gitarre natürlich autodidaktisch gelernt hast, sieht es anders aus, aber auch auf deinem anderen Instrument hätten gewisse theoretische Dinge im Kurs vermittelt werden müssen - Wie spielt man z.B. fremde Stücke mit dem Instrument, wenn man den Rhythmus nicht lesen kann? Die Kenntnisse, mit denen du jetzt bei der Flöte aufbaust, sind deinen Fragen nach ausgesprochen rudimentär, klar, besser als nichts, aber nicht viel. Hättest du das Geld für die Gruppenstunden in 1-2 Jahre guten Einzelunterricht im Teeniealter gesteckt, würdest du heute vermutlich auf einem ganz anderen Niveau anfangen. Denn dabei erklärt sich die ganze "komplizierte" Theorie normalerweise von selbst.
Das alles soll keine Kritik an dir sein, ich finde es ausgesprochen bewundernswert, dass du dich mit dem bisschen Vorwissen autodidaktisch an ein neues Instrument wagst. Ich kritisiere lediglich die Qualität eines Unterrichts, der zwar vermutlich Spaß gemacht hat, aber offenbar recht uneffektiv war. Ich würde so etwas einfach nicht empfehlen, da ich weiß, was bei gutem Unterricht mit dem gleichen Geldeinsatz herauskommen können hätte. Denn meiner Meinung nach ist das erste Ziel jeder Art von Instrumentalunterricht, eine (einfache) notierte Melodie spielen zu können. Anders ist (zumindest im klassischen Sektor) weder selbstständiges Musizieren noch das Zusammenspiel mit anderen/ fremden möglich - Und warum sonst lernt man ein Instrument?
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@Zebulon: So wie du jetzt schreibst, hattest du doch bereits eine musikalische Ausbildung, offenbar zu 100% von der Gesellschaft finanziert. Warum hast du dieses wertvolle Startkapital nicht genutzt? Altflöte + interessantes Notenbuch zu Weihnachten wünschen und mit Freunden gemeinsam weitermusizieren wäre ja jetzt nicht so der Aufwand gewesen. Ja klar, du warst jung, du hattest keine Lust, es gab wichtigeres. Wäre heute sicher anders, aber diese Angebote sind eben auf Jugendliche beschränkt. "Der Zug ist abgefahren" bedeutet (zumindest bei uns im Süden) übrigens nur, dass es eine Möglichkeit gab, die dir aber heute definitiv nicht mehr zur Verfügung steht (eben der günstige Kinderunterricht), nicht, dass du es nicht mehr lernen kannst.
Da schlägt vermutlich auch das 2. Problem zu: Was nichts kostet, ist nichts wert. Meine Eltern haben in meinen Unterricht viel Geld gesteckt, entsprechend waren sie sehr dahinter her, dass ich auch weiterhin im Orchester oder mit einer Freundin zusammen spiele und im Chor singe. Wenn ich aufgehört hätte, würde ich mich heute wirklich schlecht fühlen.
Die "Gesellschaft" ist meiner Meinung nach auch nicht wirklich dafür zuständig, Hobbies zu finanzieren. Denn was hat sie davon, wenn du Flöte spielen kannst? Ich hätte auch Ideen, was ich gerne lernen würde (z.B. Reiten, Tanzen, Segeln), aber dass mir das jemand aus purer Menschenfreundlichkeit finanziert, ist meiner Erfahrung nach Utopie. Ich müsste dafür etwas machen (finde ich auch ok), entweder Geld bezahlen oder meine Freizeit einbringen, was allerdings nicht in allen Bereichen überhaupt angeboten wird (das sind die "elitären"). Weder noch habe ich zur Zeit, also dann halt nicht. Eine Gesellschaft lebt vom Geben und Nehmen aller, die heute weit verbreitete Mitnahmementalität ist etwas, was mich persönlich sehr frustriert. Unser Musikverein (wirklich gutes Blasorchester, nette Leute, gute Musik, toller Dirigent) ist gerade am Aussterben: Die Schüler der gut bezuschussten städtische Musikschule haben leider keine Zeit fürs Orchesterspiel - Solistisch lässt sich besser glänzen. Leider interessiert sich faktisch niemand für deren Kammermusikabende, aber alle freuen sich, wenn das Blasorchester irgendwo ein Fest umrahmt. Da wird also definitiv am "Bedarf" vorbei bezuschusst, die Herrschaften Selbstdarsteller haben keinerlei Mehrwert für die Gesellschaft.
Auch du schreibst ja klar: Angemessenes Geld bezahlen für den Musikunterricht möchtest du nicht, dich irgendwo engagieren erst recht nicht, du hast "andere Prioritäten". Ganz ehrlich, deine Einstellung ist für jeden, der sich gesellschaftlich engagiert, ein Schlag ins Gesicht. Ist aber heute die traurige Normalität, aus dieser Erkenntnis resultiert meine relativ schonungslose Analyse der Situation.
Ich gehöre nämlich zu denen die sich nicht damit abgefunden haben, im Gegenteil. Ich habe einen Chor gegründet für Jugendliche, die nach dem Schulchor ohne großen Geldeinsatz weiter singen wollen, aber für einen "normalen" Chor zu jung/ zu verplant/ zu qualifiziert sind, andererseits für einen richtig guten Chor nicht gut genug. Ich manage eine Kammermusikgruppe, die junge Musiker aufnimmt, die für ein "richtiges Orchester" nicht die Übezeit und für Unterricht nicht (mehr) das Geld haben, aber trotzdem spielen wollen - ebenfalls alles ehrenamtlich. Um selbst Sport zu betreiben habe ich keine Zeit mehr, aber im Sommer verbringe ich jeden 2. Samstag als Schiedsrichterin für Kinder- und Jugendliche auf dem Sportplatz, die Gage von ca. 12,- €/Tag deckt kaum die Fahrt- und Verpflegungskosten.
Ich mache das alles gern und denke, dass die Steuergelder nicht ausreichen, solche Angebote ohne Ehrenamtliche zu finanzieren. Vielleicht doktere ich dabei nur an den Symptomen rum und es wäre sinnvoller, sich politisch zu engagieren und das Problem an der Wurzel zu packen. Denn dass für Straßenbau, Bankenrettung und Altenheime mit Einzelzimmern mit eigenem Bad Steuergelder mit vollen Händen ausgegeben wird, finde ich auch tragisch. Nur bin ich leider nicht der Typ, der sich in einer Welt selbstherrlicher alter Männer durchsetzen kann.
Die so massiv bezuschusste Oper ist übrigens ein schlechtes Beispiel für Steuerverschwendung am "Armen" vorbei: In unserer kosten die Plätze auf der obersten Empore ganz 8,- €, das Theater ist noch billiger, jeweils incl. Nahverkehr. An der Abendkasse gibt es für Studenten und Arbeitslose Restkarten im Parkett ebenfalls für 8,- €. Kino ist teurer! Führt allerdings direkt dazu, dass sich meine Freundin weigert, beim Musikvereinskonzert pauschal 10,- € Eintritt zu bezahlen (Saalmiete und Dirigent sind teuer), denn zu dem Preis kann sie ja das Staatsorchester haben. Im Übrigen leiten die staatlich angestellten Musiker zahlreiche Chöre und Orchester im Umland, häufig ohne hohe Bezahlung, die Laienmusikszene hat also durchaus auch direkten Nutzen davon.