Sonuus i2M Musicport

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Ben zen Berg
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Der Sonuus i2M Musicport ist ein Audio/Midi-Interface, das ein analoges Audio-Signal in ein digitales Audio- und in ein Midi-Signal konvertiert. Das 7,5 x 3 x 3 cm kleine Gerät hat einen 6,35 mm mono Klinkeneingang und einen USB-Standardausgang, über den auch die Stromversorgung läuft. Das i2M hat vier Modi, optimiert für Gitarre, für Voice/Wind, für 4-Saiten- oder für 5-Saiten-Bässe. Es ist für mich eine Alternativen zum Keyboard, wenn ich gute Bendings, Falls oder Runs brauche. Genau in diesem Bereich ist der Sonuus i2M Musicport mit einer präzisen Bending-Option über +/-3!!! Oktaven so etwas wie ein Special Agent.

Ein Teppich für Solisten

Meistens wird der Musicport als Guitar-II-Midi-Konverter angeboten, dafür wurde es auch optimiert. Guitar-II-Midi ist aber wohl eines der schwierigsten Gebiet für einen Analog-to-Midi-Wandler. Sonuus bietet mit diesem Gerät aber sehr viel mehr Möglichkeiten – eigentlich kann damit jeder Solist elektronisch angefettet werden. Einen Sänger im Chorus mit Streichern zu doppeln, einen Streicher mit Ambient-Teppich zu unterlegen, einem einzigen Bläser hier und da Terzett-Sätze unterzumischen.... Alles machbar, da das i2M nicht nur Analog-to-Midi arbeitet sondern auch ein digitales 16-bit Audiosignal liefert (44.1 oder 48 kHz). Beide Signale können gleichzeitig verarbeitet werden.
Ich bin Multi-Instrumentalist. Ich spiele Keyboard, Bass, Drums und Saxophon – alles auf unterschiedlichem, nicht besonders hohem Niveau, denn eigentlich bin ich Gitarrist. Ich bin kein Live-Musiker sondern der Studiotüftler, dort kann ich auch meine Schwächen an den Keys & Drums mittels “retouching” gut kaschieren. Manche Sachen gehen mir am Keybord nur schwer von der Hand, andere Sachen kann man mit einem Keyboard gar nicht realisieren. Und so hab ich immer nach einem Midi-Interface für meine Gitarre gesucht.

Das Marktumfeld

Natürlich kenne ich GK-3 und GR-55 oder VG-99, aber das kostet mindestens 700 €. Das Meiste, was ich dafür bekomme, will ich gar nicht. On Top muss ich mir noch was großes Fieses auf die Gitarre kleben (oder was kleines Fieses mit einer größeren Bastelaufgabe). Ja, es gibt Graphtec’s Ghost hex und es gab AXON’s Guitar to MIDI Systems, aber das sind für mich nur andere Parameter in der gleichen Kette.
Seit einigen Wochen ist nun endlich das Fishman Triple Play auch in Deutschland erhältlich... schon interessant. Aber: man muss wieder etwas hässliches auf die Gitarre kleben und in den Promo-Videos glänzt das Teil bei der Verarbeitung von Akkorden auch nicht wirklich. Anyway, das Triple Play macht irgendwie sechsmal das gleiche wie das i2M: Alles was analog eingereicht wird, wird in ein Midi- und ein Digitales Signal umgewandelt.

Die Guitar-II-Midi-Problematik

Und genau mit dem “Alles was kommt wird umgewandelt” fangen die Probleme beim Guitar-II-Midi an. Nicht nur die bewusst gespielten Töne sondern jegliches Spielgeräusch wird Frequenz-entsprechend in Midi umgewandelt. Was laut genug ist, wird als neuer Impuls gewertet. Der Auslöser kann jedes (noch so kleine) Rutschen, jedes Berühren und jedes Loslassen der Saiten sein. Auch wenn man sehr sauber spielt, schummeln sich hin und wieder noch vereinzelte Ghost Notes dazu. Die Empfindlichkeit ist völlig unterschiedlich und ist abhängig von den Frequenzen und den Attack-Werten des jeweiligen Klangerzeugers, dessen Mapping und natürlich von den eingestellten Gates in den Midi-Zohnen.
Im Studio sind die Ghost Notes nicht das große Drama, per Mausklick können sie schnell gelöscht werden – aber Live? Da sehe ich das Ganze eher in Richtung Ambient Pad, das sphärisch in den ausklingenden Ton einfadet.

Meine Lead-Synth-Guitar

Anders als mit dem Fishman Triple Play, kann man mit dem Sonuus i2M Musicport keine Akkorde einspielen. Das kann ich mit dem Keyboard eigentlich ganz gut, dazu habe ich es mir auch nicht geholt. Nein, eben schnell eine Bassline... das geht mit der Gitarre viel schneller. Vibrato, Bendings, Hammerings... wenn ich das mit dem Pich Bend Wheel versuche, rappelt der ganze Keyboardständer. Das Ergebnis ist aber nicht wirklich brauchbar.
Mit dem Musicport kann man im Sampler-Bereich ein virtuelles Sax, eine Klarinette oder andere Woodwinds mit Bendings und Hammerings zum Leben erwecken. Für Violine, Cello oder Posaune Runs & Falls mit dem Bottleneck erstellen... ach, eine frettless Bassline auch per Bottleneck, das macht schon Spaß. Und wenn die Bending-Optionen richtig eingestellt sind, brauche ich hierzu nicht einmal ein Bottleneck.
Ich liebe elektronische Musik, für mich geht eine kleine Sonne auf, wenn ich die Lead Synth Libraries öffne... Und wenn meine Gitarre nicht nur clean oder crunch sondern auch noch frequenzmoduliert wabbern kann... Da werde ich (als Rhythmiker) schnell zum Lead-Synth-Gitarrist. Und funky Stakkato-Riffs gehen auch gut. Hier kann man, je nach verwendeten Klangerzeuger, auch gut die Spielgeräusche mit einbinden.

Quick & dirty?

Das i2M ist schnell integriert. Schließt man das Gerät per USB-Kabel an, wird es sofort von der DAW erkannt. Quick? Ja, aber nur was Einbindung angeht. Und Dirty? Nein, nicht beim Spielen und nicht beim Auswählen der virtuellen Instrumente, der Sythies, der Sounds und Samples. Habt Ihr einem Keyboarder mal bei der Suche nach dem richtigen Sound beobachtet? Genau an der gleichen Stelle befindet man sich jetzt. Wer die Bedienung eines Multi-Effektpedals schon als etwas komplexer empfindet, der sollte nicht über einen Guitar-II-Midi-Konverter nachdenken. Das i2M schleust die Gitarre ins Elektroland ein, mit schier unendlichen Möglichkeiten an Klangreglern, Frequenzen, Signalkurven, Emulatoren, Modulatoren, Filtern und Füllkurven. Natürlich muss man nicht an jedem Knöpfchen drehen, aber das große Angebot an fertigen Instrumenten von Komplete oder Reason kann schon abschreckende Wirkung haben.

Die Praxis

Im User Manual (nur in englischer Sprache) wird darauf hingewiesen, das die besten Ergebnisse mit einem Neck PU erzielt werden. Auf YouTube behaupten manche User, dass Humbucker eher ungeeignet sein sollen. Ich finde einen Versuch mit meiner Paula aber nicht so dramatisch viel schlechter. Die hat aber auch sehr Hochmitten-betonende Humbucker und – sind da wirklich mehr Ghost Notes oder bilde ich mir das nur ein? Mit einer Piezzo-Nylon-String-Kombi bekomme ich die besten Ergebnisse, wenn die Klangerzeugung Attack-Werte wie Jack Russel hat. Aber nur im Pitchbend-Mode, im Chromatic-Mode werden fast alle Hammerings und Pull Offs ignoriert. Stahlsaiten auf Piezzo bringen total willkürliche Töne hervor, Mini Humbucker hab ich nicht mehr getestet (kann ich nachholen, wenn jemand das gerne wissen möchte).
Will man aber alles, was das i2M kann, muss man sich die Desktop Editor Software von der Sonuus-Homepage runterladen. Damit kann man das i2M sehr umfangreich auf Spielweise und Klangerzeuger einstellen. Ein Manual (wieder nur in englischer Sprache) erklärt auf 19 Din A 5 Seiten die Funktionen. Das PDF ist ausreichen, aber nicht intensiv bebildert, und beinhaltet ca. 15 reine Textseiten, auf denen alles verständlich und ohne Ausschweifung abgehandelt wird. Da ist schon einiges Möglich und ich werde hier nur einiges anreißen.

pitch-mode-settings.jpg
Die Einstellung der Bending-Range muss bei Desktop Editor Software und Sythy identisch sein. Kommen Sampler zum Einsatz, muss die Banding-Range bei jedem verlinkten Sample angepasst werden.

Fine Tuning

Legato Detrection: Soll ein neuer Ton in gleicher Lautstärke des gerade ausklingenden Tons (wie z.B. bei Hammering oder Pull off) als neuer Ton (on) oder als Bending (off) gewertet werden?
Velocity Filter: Ab welcher Intensität (Midi = 7 bit = alle Parameter haben einen Bereich von 0 bis 127) soll ein Impuls erst als Midi-Tone gewertet werden? Damit können Spielgeräusche ausgefiltert werden.
Gate: Welche Töne sollen als Midi-Töne gelten? Mit E2 – D6 deckt man den ganzen Bereich eines Sechs-Saiters mit 22 Bünden ab. Werden in einem Track aber nur Töne von A2 – B4 gespielt, sollte das hier eingestellt werden. Auch so können viele Ghost Notes ausgefiltert werden.

Die Königsdisziplin


Pitch Mode: Der Grund, warum ich von dem i2M Musicport so begeistert bin. Hier gibt es zwei Modi.
a) Pitchbend: Über wie viele Halbtöne darf ein Ton verbogen werden? Möglich sind 36, also drei Oktaven!!! Und zwar nach oben und nach unten. Das schafft keine Gitarre! Wenn ich eine leere Saite anspiele und mit dem Bottleneck über die Saite nach oben gleite, bin ich – wenn ich über den aktiven Hals-PU hinaus schieße – bei ca. 24 Halbtönen. Aber jeder Moment dieses Slides, jedes Wanken, jedes Zurückweichen – sei es nun perfekt in Tune oder völlig daneben – wird eins zu eins ins Midi-Protokoll geschrieben. Ein Bendig auf der B-Saite im 10. Bund über einen ganzen Ton und beim Downbendig in den fünften Bund runter sliden – Mach das mal mit dem Pitch Bend Wheel...
b) Chromatic: Das krasse Gegenteil! Hier gibt es keine Shades mehr. Alles wird dem nächstliegenden Semitone zugeordnet. Das ist ganz hilfreich, wenn man mal Gitarren-Klavier spielen möchte. Das Ganze kann man noch nach Tonarten skalieren und wählen, ob ein falscher Ton transformiert oder ignoriert wird.

Soundbeispiele

https://soundcloud.com/frank-benzenberg/guitar-2-midi

Im ersten Soundbeispiel spiele ich ein wenig mit der Bending-Option und der Anschlagsdynamik, im zweiten geht es nur noch ums Bending.

https://soundcloud.com/frank-benzenberg/guitar-2-midi-bending-shifting

Zuerst spiele ich über die Gitarre einen Upright Bass ein, schnell und dreckig. Mit vielen Bendings, oft mit “irgendwie” leicht verzogenen Saiten. Man hört jedes Bending, aber auch jeden leicht verzogenen Ton. Als zweites spiele ich ein Lead Synth mit Bendings, Slides und Vibrato ein. Das Bending am Anfang kommt sehr gut, die Slides danach sind OK, doch das darauf folgende via Bending realisierte Vibrato turnt mich nicht wirklich. Dann spiele ich noch ein Ambient Pat mit Bendings und Slides, das für mich wirklich sehr überzeugend klingt. Besonders das Up/Downbendig mit übergangslosen, nach oben gerissenem Slide...




Das Video ist einfach nur ein Mess around. Alles wurde live eingespielt, ich habe auf den fünf unterschiedlichen Spuren (Instrumenten) jeweils maximal 4 Takes aufgenommen, nichts korrigiert und nichts quantisiert, lediglich drei Flageolett-Töne gelöscht. Meine Webcam hat definitiv höhere Latenzen als der Sonuus i2M Musikport...

Fazit

Das Teil ist kein Wunderknabe, man kauft einfach State of the Art. Aber daraus wird auch kein hehl gemacht. Viel mehr wird im Manual einfach und trocken erklärt, was geht und wie man was optimieren kann. Das ist nichts für den Gitarristen, der die einfachen Dinge mag. Es ist was für Klang-Bastler, mit gutem Preis-/Leistungsverhältnis. Schau ich auf die Konkurrenz, muss ich das Preis-/Leistungsverhältnis sogar auf triple A hochstufen.
 
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Ach ja, ich habe gar nichts zur Latenz geschrieben. Ab A2, also ab der leeren A Seite, bemerkt man beim Spielen Latenzzeiten. Diese steigen aber auf den verbleibenden fünf Halbtönen dramatisch an, so dass dieser Bereich beim Spielen zur gefühlten No-Go-Area wird. Aber - fällt mir das nur beim Spielen auf? In dem Video spiele ich am Ende der Bass Lines G->G#->A. Auf dem "Upright Old Nightclub" und auf dem "8 Bass Selecta with Wobble". Vom "Upright Old Nightclub" habe ich nur eine Sequenz, also 2 Takte, gelooped. Den "8 Bass Selecta with Wobble" habe ich die vier Durchgänge (also 8 Takte) an einem Stück belassen (im zweiten Durchgang ist der 9. Takt dann gelooped). Obwohl ich gerne musikalisch Druck mache und ein wenig vor dem Beat spiele kann man bei diesen drei Noten eine Verzögerung hören.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Danke für den sehr ausführlichen und informativen Testbericht !
 
Moin,

da wurde aber noch wenig zum Testbericht geantwortet.

Das Gerät scheint mit der Latenz aber schon recht hinfällig. Wie will man mit so einem Gerät arbeiten, wenn es diverse Töne erst wesentlich später verarbeitet?
Ansonsten kann man damit ja einiges an Unsinn treiben ... beeindruckend. Ich persönlich mag keine Synth-Sounds, mir ist der kram im GT-10 schon zu viel. Ich mag es pur, aber jedem das seine. Ich mag zumindest Einblicke in andere Richtungen ;)

Danke für das Review, gibt Kekse.
 
Vielen Dank.
@ DeadboZ: Ich finde die Latenz ist nicht wirklich das große Thema, weil ich es nur bei leerer E-Seite, F und Fis als störend empfinde. G und Gis haben nur eine leichte "Schwammigkeit" - ich habe aber auch eine wirklich schnelle CPU. Wenn es wirklich mal stört, spiele ich eine Quart höher und transformiere es direkt per Midi wieder um fünf Semitones nach unten.
Ich hab' das i2M noch nicht mit einem Bass getestet. Die YouTube-Reviews von Bassisten sagen aber oft nichts Gutes... Nicht nur die Latenz, auch die Ghost Notes scheinen mit dem Bass ein größeres Problem zu sein.
 
Schöner wäre es gewesen, wenn man das Latenz-Problem einfach nicht hätte und auf solche Tricks nicht zurückgreifen müsste. Vielleicht lässt sich das durch ein Update noch steuern. Wenn der Rest vernünftig ankommt liegt es wohl nicht am Gerät.

Viel Spaß mit dem Bass.
 
Physik kann man nicht updaten...
die vergrösserte Latenz ergibt sich aus der Periodenlänge der Schwingung ;)

cheers, Tom
 
Ich habe ein weiteres YouTube-Review gefunden - mit Sax. Sehr schöne Demo.

 

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