Trau mir einfach mal zu, daß ich nach 30 Jahren als Gitarrist und Harp-Spieler ungefähr weiss, wieso ich sowas schreibe.
30 Jahre ist ja schon recht ordentlich. Doch dadurch wird man ja nicht zum alleinigen Verkünder der Wahrheit.
Es geht nicht um Sound, oder um die Frage, ob man mit einem Modeling-Amp Blues spielen KANN.
Klar kann man das. Wird nur beschissen klingen.
Ich hab schon "Bluesmen" gehört und gesehen, die seit Jahrzehnten mit einer Art "bluesman-tag" unterwegs sind, mit 10 Kilo-Euro-Equipment anrücken, dabei aber so langweilig und vorhersehbar spielen, dass man auf Anhieb 95% ihrer Phrasen direkt wiederholen kann. Aber es gibt auch Kollegen, die einen Mustang III irgendwo hinstellen und den selbsternannten Blueskoryphäen zur Not mit einer Harley Benton Gitarre den Skalp vom Kopf spielen.
Nicht, weil der Amp nichts taugt, sondern, weil ein Anfänger mit dem Einstellen von 20.000 Optionen überfordert ist (...)
Ähm, ein Anfänger auf der Gitarre mag zwar anfangs gewisse Schwierigkeiten haben, seinem Instrument hochwertige Klänge zu entlocken, doch er ist nicht automatisch ein Dummkopf in jeglicher Hinsicht. Ein Modeling-Amp hat zunächst Gain, Volume und eine Klangregelung. Doch im Gegensatz zu einem herkömmlichen Verstärker bildet er eben den Klang verschiedener Verstärker nach. Das ergibt einen weiteren Parameter -> Verstärkerauswahl. Zusätzlich können Modeling-Amps diverse Effekte nachbilden, was den Vorteil hat, dass man sie nicht kaufen muss, um sich einen ersten Eindruck zu verschaffen. Jemand, der z.B. ein Autoradio, einen Fernseher oder gar einen Computer ansatzweise bedienen kann, sollte auch mit einem Modelingverstärker zurecht kommen.
Hinzu kommt, dass Modelingverstärker heutzutage schon ziemlich nah rankommen und es erlauben, eine Vorauswahl zu treffen, in welche Verstärker-Richtung man sich später mal orientiert.
(...) und ihn das gewaltig vom wichtigsten ablenkt: Lernen, SAUBER zu spielen und seine OHREN zu benutzen.
Gut, das kann passieren. Viele Möglichkeiten können für Ablenkung sorgen. Der Modeling-Amp ist eine Möglichkeit, ein brauchbarer (Röhren-)Amp eine andere.
Der imo schnellste Weg dahin ist übrigens: gar keinen Amp benutzen!!
Einspruch! Euer Ehren.
Ich habe Gitarristen kennengelernt, die immer "trocken" geübt haben. Das Ergebnis war, dass sie überhaupt nichts über's Dämpfen der Saiten wussten. Die E-Gitarre ist die eine Hälfte des Instruments, der Verstärker die andere. Es ist sogar sehr wichtig
irgendwann mal wenn man das grundlegende Gitarrenspiel ein wenig beherrscht,
wirklich laut zu spielen. Denn sonst kann man es nicht und erlebt eine böse Überraschung, wenn es mal gefordert ist.
Aber, wenn man schon einen braucht, dann sollte es einer sein, der dem werdenden Gitarristen KEINE Chance lässt, seine Fehler hinter einer gnädigen Effektsosse und Gaiiiiiiin zu verstecken und sich selbst zu bescheissen.
Wie jemand sein Zeug verwendet, wird man kaum mit Posts in einem Forum beeinflussen können. Man kann einen Modeling-Amp knallhart und ehrlich einstellen, andererseits auch einen Röhrenamp mit Overdrive und Delay völlig versuppen. Ist in diesem Fall kein echtes Kriterium.
Diese Billig-Modeler - grade die Mustangs - sind Spielzeuge und klingen auch so.
An dieser Stelle staune ich stellvertretend für alle, die ansonsten schon etwas bezüglich der Mustangs geäussert haben, mal 3 große Fragezeichen.
Gerade die Mustangs gelten in Fachkreisen als äusserst brauchbar, was die Fender-Models angeht. Die Marshall-Sachen sind auch ok, Peavey und Mesa Boogie geht ebenfalls in Ordnung, einzig über Vox könnte man noch streiten. Aber "Spielzeug und klingt auch so" ist meiner Ansicht nach völligstens daneben, sorry.
@TE: 2.000 Euro würde ich an Deiner Stelle keinesfalls ausgeben. Am Anfang braucht man nur Sachen, die funktionieren. Später, wenn man selbst einigermaßen spielen kann, sieht man das ganze Zeug aus einem anderen Blickwinkel.
Eine (preiswerte) aber wirklich gute Option wäre der Bugera V22. Ein ehrlicher Röhrenamp mit einem wirklich guten und vor allem fetten Clean-Sound. Auch der Overdrive-Sound ist sehr brauchbar, - Metal geht damit aber nicht. Im Zweifelsfall ein Amp, der gerne diverse Effektgeräte akzeptiert und für die paar Kröten (knapp 300.- €) mehr als überzeugend klingt. (Für Insider: Ich kenne keinen besseren Amp, der mit einem "Zehndrive" überzeugender einen LowGain-Dumble-Sound hinkriegt.)
Eine weitere Option wäre der Fender Mustang III v2. Ebenfalls für knapp 300.- € bietet dieser Verstärker diverse Verstärker-Models und Effektgeräte, die es einem erlauben, auszuprobieren, in welche Richtung man gehen könnte. Zum Mustang III würde ich greifen, weil man diesen Verstärker auch ohne Software einigermaßen bedienen kann. (Display) Ausserdem reichen die 100W mit dem 12" Speaker auch zukünftig für Sessions oder Bandproben. Sollte ich einen Nachteil dieses Verstärkers nennen: Der Phaser ist nicht so prall... klingt leider etwas statisch.
Gruss, Dietlaib