Uli
Mod Emeritus
Wer meine letzten Amp Reviews verfolgt hat, weiß inzwischen, daß ich ein Freund kleiner, aber leistungsstarker Komponenten bin. Der Grund liegt zum einen natürlich in Gewicht und Ladevolumen der Teile aber auch an der Tatsache, daß ich für die meisten Gigs unserer Größenordnung einfach keinen Ampeg Kühlschrank oder Marshal Fullstack brauche, von den Proben mal ganz zu schweigen.
Während ich meinen 1x10 Promethean Combo bei der Probe alleine, bei größeren Räumen mit meinem 1x15 Neo-Selbstbau kombiniere, habe ich den G&K Mini bisher immer an dem 1x12 Eden Würfel gespielt, was allerdings nur 140W freiläßt, weil ich die Eden Box aus Gründen der Kombinierbarkeit als 8Ω Version gekauft hatte. Nicht zuletzt aus dem Grund steckte mir schon länger die Hartke Hydrive 112 in der Nase, die neben anderem ein in der Klasse nahezu einmaliges Feature aufweist: sie läßt sich von 8Ω auf 4Ω umschalten, womit sich den allermeisten Klein-Tops ihre Gesamtleistung entlocken läßt, sofern sie nicht die 300W Belastungsgrenze der Box überschreitet.
Die Eden EX112 werde ich auch behalten, da sie auch ihre Vorzüge hat, gelegentlich werde ich hier insofern die Features der beiden Boxen gegenüberstellen., denn bei zwei 12" Boxen mit gleicher Belastbarkeit bietet sich sowas ja geradezu an.
Äußeres:
Als erstes fällt ins Auge, daß die Hartke Box deutlich größer erscheint, was an der Tatsache liegt, daß man ihr einen zuschaltbaren Hochtöner spendiert hat, auf den Eden verzichtet, die dem Speaker stattdessen nur einen Zusatzkonus aufgeklebt haben. Umso verblüffender ist dann aber die Tatsache, daß beide Boxen mit etwa 13,7kg nahezu identisch schwer sind. Das wiederum liegt im Wesentlichen daran, daß der Eden Lautsprecher mit konventionellem Ferrit Magnet bei 300W Belastbarkeit ein ordentlicher Klotz ist, während man bei Hartke auf einen leichten Neodym Antrieb gesetzt hat, der das Zusatzgewicht für Hochtöner und größeres Gehäuse wieder wett macht. Diese teurere Technik schlägt sich mit einigen anderen Zusatzfeatures auf den Preis nieder, weshalb die Hartke Box derzeit auch ca 130 teurer ist als die Eden.
Insgesamt erscheint die Hartke Box etwas wertiger, was aber bei dem deutlich höheren Preis jetzt auch nicht wirklich verwundert. So hat sie eine Tolex-Oberfläche und geschraubte Metall-Schutzecken, die Qualität des Tragegriffs schätze ich ähnlich ein, beide sind aus Metall, bei Hartke passend zu den Ecken verchromt.
Während bei der Eden Box der einzelne mittige Tragegriff an der Hinterkante stimmig erscheint, verwundert es zunächst bei Hartke, daß der einzige! Tragegriff an der Seite ist. In der Praxis heißt das entweder, man trägt die Box in Vorhalte und kann dann nichts gleichzeitig transportieren oder man ergreift sie am seitlichen Griff mit einer Hand und kippt sie bei Hochheben zwangsläufig erstmal mit der ungeschützen Unterkannte über den Boden...beim Abstellen gibt es das gleiche Problem, denn an der dem Griff gegenüberligenden Gehäuseseite sind keine Gummifüße - also steht die Box am Parkplatz mit dem Tolex erstmal im Dreck!
Beim Anschlußpanel dagegen punktet die Hartke Box ganz eindeutig. Während es bei Eden als Anschlußterminal eine einzige versenkte Klinkenbuchse gibt, hat die Hydrive 112 alles was das Herz begehrt: jeweils 2 Speakon und 2 Klinkenbuchsen, den schon erwähnten Impedanz-Umschalter, sowie einen zweistufigen Schalter, mit dem der Hochtöner zu- oder abgeschaltet - oder um -6dB abgeschwächt betrieben werden kann.
Gerade bei den verwendeten Lautsprechern hat man nicht gespart. Als Hochtöner kommt ein 'echter' Titanium Compression Horn zum Einsatz und nicht etwa so ein Scherzartikel wie ein Piezo Horn, beim Neodym Tieftöner hat man den inneren Teil mit Aluminiumkonus versehen, was eine höhere Steifigkeit und somit klarere Klangdefinition erzeugen soll und nebenbei noch im Grenzbereich für eine bessere Wärmeabfuhr sorgen soll. Der beste Trick an diesem Lautsprecher ist aber die Doppelspule, d.h. man hat die Schwingspule mit einem Mittelabgriff versehen, so daß man eine echte Impedanzanpassung erreicht und im 8Ω-Betrieb nicht etwa lediglich dem 4Ω Chassis einen hochbelastbaren 4Ω-Zusatzwidertand vorgeschaltet hat, der dann die halbe Leistung in Wärme umsetzt. Alles schon vorgekommen!
Dieser technisch aufwändige Ansatz erweitert m.E. die verwendbarkeit der Box enorm. Ich kann sie jetzt mit dem kleinen GK MB200 sowohl als standalone mit vollen 200W betreiben, als auch mit einer weiteren Box im 8Ω-Betrieb parallelschalten.
Klang:
Hier unterscheiden sich die Boxen für mein Empfinden deutlich. Während der Hochtonkonus bei der Eden-Box lediglich dafür sorgen kann, daß die Oberwellen nicht ganz verloren gehen, wird bei der Hartke Box echter Hochton aktiv abgestrahlt. Das hört sich wertvoller an, man muß diesen Klang aber mögen!
An den sanften Klang der Eden Box, die sich aber nie mumpfig anhört, habe ich mich inzwischen gewöhnt. Die Hartke kommt deutlich transparenter rüber und wenn man den Hochtöner einschaltet, vernimmt man auch unmittelbar ein Rauschen (was aber völlig normal ist). Auch in der abgeschwächten Schaltstellung rauscht das Horn etwas, ein Aktivitätsnachweis, den man der Eden Box natürlich nicht entlocken kann.
Selbst mit abgeschaltetem Horn klingt die Box sehr klar, so daß ich für Bluessachen an Amp und Bass nachregeln mußte. Insofern ist der Einsatzbereich der Hartke Box sicher breiter als bei der Eden Box, die sich aber ideal mit anderen Boxen kombinieren läßt. Der Klang der Eden ist für mich nicht so variierbar - aber von vorneherein sehr gut. Sie ist eher ein One Trick Pony, aber diesen einen Trick beherrscht sie perfekt!
Die Hartke Box läßt sich optimal mit meiner 15er Box kombinieren, die ohne eigenen Hochton auskommt. Im Slapbetrieb tun die Obertöne schon fast weh in den Ohren, da hatte ich vorher oft Mühe, ohne Patchwechsel am Zoom B3 überhaupt aus den Mumpf-Einstellungen einer vorangegangenen Blues-Abstimmung rauszukommen.
Technische Daten Hartke Hydrive 112:
Bassreflex-Box ca. 48 x 38 x 41cm
1x12" Neodym Hybrid Cone mit Spulenanzapfung 4/8Ω
1x1" Titanium Compression Driver
Belastbarkeit: 300W
Gewicht: ca 14,7kg
Strassenpreis: August 2013 etwa 399
- Eigenschaft