Ich gehöre ja nun leider auch zu den Leuten, die nie ohne "Texthilfe" auf der Bühne zurecht kommen würden, zumindest nicht bei der Tanzmucke, wo wir immer so ca. 300 aktive Songs im Repertoire haben und ich etwa 60% der Songs Lead-Vocals habe.
Ich bin aber auch der Meinung, dass da ne ganze Menge Gewohnheit mit dran hängt, und man da gut was optimieren kann, wenn man seine gewohnten Wege verlässt.
Im Normalfall sieht das doch so aus (korrigiert mich, falls das bei Euch anders sein sollte): Man lädt sich den Songtext herunter, quetscht den - wenn möglich - auf eine DINA4 Seite, schreibt sich die Akkorde über den Text, und macht sich ggf. noch die eine oder andere Anmerkung. Bei mir finden sich oftmals noch Notenfragmente, Punkte, Bögen, Ausrufezeichen für Text-Phrasierungen etc.
Das Problem auch für den Nicht-Sänger ist doch, wenn man die Akkorde über dem Text hat, hängt man die ganze Zeit am Blatt, um keinen Akkord zu verpassen. Das ist das, was ich meinen Kollegen gerade versuche auszutreiben. Ich bin dazu übergegangen, die Akkorabfolgen rechts neben die Verse/Refrains etc. zu plazieren. Im Normalfall wiederholen sich doch die Abfolgen sowieso. D.h. wenn ich nicht zwingend singen muss, reicht ein Blick, und ich kann wieder wegschauen, mich dem Publikum zuwenden, anstelle die ganze Zeit gebannt auf den Text zu schauen. Hier sind wir schon bei einem vereinfachten Leadsheet, in dem lediglich der Ablauf eines Songs plus die jeweilige Akkordfolge steht, und da brauche ich, zumindest als Nicht-Sänger kein Notenpult mehr. Was den Text angeht, kann man den in den meisten Fällen auf die erste Zeile, wenn nicht sogar auf die ersten paar Wörter eines Vers- oder Refrain-Anfangs reduzieren, das sollte reichen, und man schaut auch nicht die ganze Zeit auf den Zettel. Das ist sicher ne Umgewöhnung, aber machbar, schult das Gedächtnis, kommt zigmal besser rüber, und macht sogar viel mehr Spaß! Funktioniert aber auch nur bei Songs, die man häufiger singt/spielt, und nicht bei neuen, was aber nicht heißt, dass man auch neue Songs irgendwann reduzieren kann.
Seit gut einem halben Jahr ist mein Notenpult einem iPad gewichen, und das geht zwischen meinen Keyboards völlig unter, merkt niemand mehr im Publikum. Trotzdem ich dort teilweise noch komplette Texte hinterlegt habe, rufe ich viele gar nicht erst auf, oder reduziere auch hier die Texte auf ein Minimum, um mich zu zwingen, mehr auswendig zu singen, dafür mehr in's Publikum zu schauen. Und glaubt mir, es geht nicht mehr schief, als wenn ich wie zuvor den Text mit den Akkorden komplett abgelesen habe, aber kommt viel geiler rüber so.