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Azriel
Mod Emeritus
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Specs:
- Mahagoni Korpus und Hals
- Palisander Griffbrett
- Trapez Inlays
- Gibson Dirty Fingers Humbucker am Steg und Hals
- MinEtune Mechaniken
Preis:
- ohne MinEtune 849 Euro
- mit MinEtune 999 Euro
1. Eindruck
Wie die meisten günstigen Gibsons der Tribute-Serien, wirkt auch die 70s sehr spartanisch und auf das Notwendigste reduziert.
Direkt angeschaut habe ich mir den Sattel, da dieser in der Vergangenheit der große Schwachpunkt der Günstig-Gibsons war und leider auch immer noch ist. Sehr billig und vor allem nicht sauber verarbeitet. Die Saitenführung ist in eine völlig andere, als im Sattel eingekerbt. Stimmstabilität adé.
Dies zeigte auch der spätere Praxistest.
Das Palisander-Griffbrett sieht sehr offenporig, rau und ungepflegt aus. Auch sieht man ein paar winzige Kratzer. Richtig poliert wurde hier nicht. Ist zwar nur eine Kleinigkeit und stört beim Spielen nicht wirklich, ist für eine so teure Gitarre aber ärgerlich.
Die Trapez- bzw. Blockinlays sind dagegen sehr sauber eingesetzt und auch sonst zeigt die Gitarre keinerlei Mängel, Lackschäden oder sonstige Dinge auf.
Gewicht und Kopflastigkeit:
Direkter Vergleich einer Gibson SG Menace, Gibson SG Ebony Special Bj'93 und der Gibson SG 70s Tribute.
Menace: 3,0 Kg
70s Tribute: 3,0 Kg
Ebony Special: 3,4 Kg
Die Kopflastigkeit bei allen dreien ist da, wobei die Menace und die 70s Tribute deutlich kopflastig sind. Aber beide nehmen sich da nicht viel. Die Ebony ist die schwerste von den dreien, hat den dicksten Lack und den fettesten Popo und, wenn man das mal sagen darf, klingt auch am besten und fettesten.
Das MinEtune-System hat also nicht unbedingt viel Einfluss auf die Kopflastigkeit einer Gitarre, dürfte aber natürlich auch nicht förderlich sein. Wie viel das System nun wirklich wiegt, kriegt man wohl nur raus, wenn man es abbaut und wiegt. Das habe ich mich aber nun nicht getraut.
Der Ton:
Direktvergleich nur Anziehen und ploppen lassen der A-Saite Clean Steg Humbucker
Ebony Special mit Häussel Wild Honey vs. Menace (original Pus) vs. 70s Tribute
Gibson SG Ebony vs Menace vs 70s Tribute
Clean:
- Hals: sehr klassischer, schöner Gibson Ton
- Mitte: leicht S-style-artig, gefällt mir grundsätzlich gut
- Steg: sehr twängiger Ton, prima für bluesiges oder country mäßiges
Wie man Clean hört, hat man aufgrund des knackigen Outpus der Dirty Fingers schnell Probleme, den Sound wirklich clean zu bekommen.
Soundsample clean:
Crunch:
- Hals: auch hier sehr klassisch und macht dem Namen 70s Tribute alle Ehre
- Mitte: schöner warmer und bluesiger Ton
- Steg: sehr metallischer (Heavy Metal, ihr wisst schon) Ton und auch mit relativ wenig Zerre drückt der Dirty Finger sehr ordentlich. Wer allerdings einen eher klassichen PAF-Sound sucht, wird damit nicht glücklich. Selbst wenn er am Tone- und Volume-Poti rumwerkelt.
Soundsample Crunch:
Gain:
- Hals: ordentlich singender Ton, aber mit erstaunlich wenig Sustain.
- Mitte: singt immer noch recht schön, aber hier macht sich der Steg-Humbucker bemerkbar und gibt mehr Biss. Für Rhythmus-Gitarre durchaus brauchbar.
- Steg: Hier zeigt der Dirty Finger, wofür er eigentlich konstruiert ist. Metal, Metal und nochmal Metal. Hat irre viel Bass und drückt wie Hölle.
Soundsample Gain:
Handling
Was soll man groß sagen. Es ist halt eine SG und spielt sich genau wie jede andere. Halsprofil ist das typische D, wie man es eben kennt. Die Breite des Griffbretts variiert aber bei allen meiner drei SGs.
Das breiteste Griffbrett hat die Menace, dann kommt schon die Tribute, während meine Special das schmalste Griffbrett besitzt. Letzteres kommt meinen recht kurzen Griffeln aber sehr zu gute.
Und um nochmal auf den Ton zurückzukommen: Die Dirty Fingers liefern zwar für den ersten Höreindruck einen guten Ton, aber wenn man mal ein wenig gespielt hat und auf seine persönlichen Vorlieben hört und gerade einen typischen 70er Jahre Ton erwartet, sind die DF eine Fehlbesetzung. Viel zu viel Output und zu wenig Wärme. Und gegen einen Burstbucker 1, einen 57er Classic oder sogar gegen den von mir so ungeliebten 490er verliert der Hals-PU deutlich.
Aber das ist natürlich ein klarer Fall von Geschmackssache.
Kommen wir zum MinEtune-System.
Insgesamt funktioniert dies recht gut. Aber es hakt doch öfters mal. Ich durfte auch beobachten, dass ein oder zweimal bei den hohen Saiten (H bzw. E) um einen Halbton falsch getuned wurde.
Auch hat das System öfters mal Probleme den Ton überhaupt zu finden und stimmt hin und her. Wie schon geschrieben vor allem bei den höheren, dünnen Saiten. Ob das Auswirkungen vom schlecht gekerbten Sattel sind, kann ich aber nicht beurteilen.
Zeitersparnis bringt das System auch nicht.
[vid]https://www.musiker-board.de/videos/Gibson-MinEtune-desktop[/vid]
Hier handgestoppte Zeiten:
MinEtune:
E auf OpenD: 44 sek.
OpenD auf E: 21 sek. (schnellste Zeit, aber auch absolute Ausnahme)
Manuell (mit anderer Gitarre und gewöhnlichen Mechaniken):
E auf OpenD: 49 sek.
OpenD auf E: 45 sek.
Die manuellen Werte waren dann für mich überraschend. Ich bin bisher davon ausgegangen, dass von Hand Stimmen wesentlich schneller von statten geht. Aber gut.
Seine Vorteile dürfte das System im Live-Einsatz haben, wenn der Gitarrist gleichzeitig Sänger ist. Tunen und Interagieren mit Publikum dürfte dann kein Problem mehr sein.
Seine Nachteile liegen erstmal in ganz profaner Hinsicht, nämlich im normalen Spielbetrieb.
Wenn ich es gewohnt bin, die Saiten sehr hart anzuschlagen, stimmt man die Saiten auch mal gern etwas straffer, also minimal höher als normales Tuning. Oder vielleicht mag man es auch anders herum. Das ist mit diesem System anscheinend nicht möglich. Zumindest habe ich das in der kurzen Zeit nicht herausgekriegt.
Außerdem fangen die Saiten bei tiefen Tunings (Ganzton tiefer) schon gehörig an zu schlabbern. Vom Spielgefühl finde ich persönlich das sehr unschön.
Sollte das System mal ausfallen, ist der Manuell Betrieb mit diesen Mechaniken auch sehr schwierig. Durch die andere Übersetzung muss man schon sehr viel mehr drehen, um eine ähnliche Wirkung zu erzielen, wie mit normalen Mechaniken.
Die Stromversorgung für das System kommt übrigens durch einen kleinen Akku. Dieser wird mit einem Netzwerkkabel aufgeladen. Ladezustand wird wenigstens angezeigt und der Akku ist wohl auch umweltschonender als Knopfzellen. Allerdings wird kein Ersatzakku mitgeliefert. Heißt, ist der Akku hin, hat man eine eingeschränkt funktionsfähige Gitarre und auf Tour dürfte es auch nicht immer einfach sein, dass System mal schnell aufzuladen.
Der Akku hält laut Handbuch für ca. 300 Tunings. Wie hoch die Lebensdauer des Akkus ansich ist, kann ich allerdings nicht beurteilen. Das wird man sehen.
Fazit:
Ob man wirklich 12 verschiedene Tunings braucht plus die Möglichkeit 6 eigene zu kreieren und abzuspeichern, finde ich zumindest fraglich. Vor allem da viele aufgrund der Saitenspannung eher suboptimal zu bespielen sind.
Einen Zeitvorteil konnte ich mit dem System nicht erkennen. Große Nachteile aber auch nicht. Ist die Stromversorgung aber weg, ist das Stimmen sehr unhandlich.
Die Gitarre selbst bewegt sich mit knapp 1000 Euro im Preissegment der normalen Studios oder sogar im Bereich einer Gibson Midtown Custom und muss sich mit diesen messen lassen. Die normalen 70ties ohne Min-Etune kosten ca. 850 Euro. Aber auch zu diesem Preis fand ich diese SG nicht besonders prickelnd.
Rein optisch und vom puren Spielgefühl und vom Ton her bewegt sich die Tribute eher auf Melody Maker Niveau und ist dafür entschieden zu teuer. In dieser Preisklasse finde ich persönlich sowohl bei den LPs die Studio-Serie als auch die Ebony Specials deutlich wertiger.
Mein persönliches Fazit:
- Ist das Min-Etune funktionsfähig? Ja.
- Ist dieses System innovativ? Definitiv.
- Braucht man dieses? Der normale Gitarrist eher nicht. Anfängern würde ich davon sogar eher abraten, da es doch viel vom Lernen und sich mit Tunings beschäftigen wegnimmt.
- Würde ich die Gitarre kaufen? Klares Nein. Dazu wäre sie mir im direkten Vergleich nicht wertig genug. Und für das Min-Etune hätte ich persönlich auch keine Verwendung.
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