Betablocker vs Lampenfieber/Auftrittsangst/Prüfungsangst

Ich bin bei weitem kein Profimusiker aber aus meiner geringen Bühnen- und aber dafür sehr großen Prüfungserfahrung (und eine Matheprüfung ist wirklich der Horror), ist für mich die beste Bekämpfung gegen die Aufregung eine gute Vorbereitung. Wenn man sich dann immer wieder klar macht dass man es kann, verschwindet da die Angst. Jedenfalls bei mir!
Als Profimusiker ist es vielleicht ganz anders aber die Sache mit den Musikerpsychologen klingt für mich sehr sinnig, denn beim musizieren ist es wie beim Sport oder Mathe: 80% sind Kopfsache, der Rest ist mental! (Und dort kriegt man ggf. auch die Betas her...)
 
ZEIT: Konstantin Wecker war damals auf Koks. Sie auch?
Dauner: Für mich war das, wie für die meisten zu der Zeit, eine interessante Droge, weil ich sehr gut damit arbeiten konnte. Wir wussten alle, wie gefährlich das ist, es war aber auch toll. Wir haben hochintensive Konzerte gespielt, der Konstantin und ich, endlos lange Konzerte auch, und wie es so ist: Das Schlimmste kommt immer nach dem Konzert, da hängt man dann ab und findet kein Ende, mit Drogen noch schwerer als ohne. Heute hab ich mit alldem nichts mehr zu tun. Aber es war eine wunderbare Zeit.

aus der Zeit vom 30.12.2010

Bei einem meiner ersten wichtigen Konzerte, bei dem ich im Mittelpunkt stand (Klaviertrio, eigene Kompositionen, eigene Ansagen etc.), war ich vor dem Konzert sehr aufgeregt. Mein Bassist kam zu mir und fragte mich: "Bist du aufgeregt?" "Ja!" "Du mußt das umwandeln in Spielfreude." Ich habe damals direkt verstanden, was er meint, ich bin in mich gegenagen, es hat sofort funktioniert und funktioniert seitdem jedesmal.

Bei meinem ersten Klavier-Solo-Auftritt hatte ich ein Klavier, das mir überhaupt nicht lag, aber ein fachkundiges Publikum. Ich hatte eine Stunde zum Einspielen und habe in dieser Stunde das Klavier malträtiert, getreten, geboxt, verflucht und war verzweifelt. Als das Konzert begann, habe ich mich an den Satz meines damaligen Bassisten erinnert und bin mit Überzeugung auf die Bühne. Ich war im ersten Set nicht zufrieden mit mir, aber in der Pause hat mir ein fachkundiger Freund versichert, daß er davon nichts gemerkt habe. Ich war erleichtert und das zweite Set war dann die reine Freude, der reine Spaß an der Musik.

Die Aufregung umwandeln in Spielfreude! Ich habe geübt, ich kann mein Zeug. Ich weiss inzwischen, daß dem Publikum gefällt, was ich mache, und das liegt nicht an der technischen Virtuosität, sondern an der künstlerischen Darbietung. Bühne ist für mich inzwischen einer der schönsten Orte des Seins. Ich tue das, was ich am liebsten tue: Klavierspielen. Das Publikum hat Spaß, mir zuzuhören und zuzuschauen. Was will man mehr?

Viele Grüße,
McCoy
 
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Ich habe geübt, ich kann mein Zeug.

Neulich hab ich was drüber gehört, dass man sich Aufregung wärend des Übens ankonditionieren kann. Also wenn eine Stelle öfter mal schief geht, obwohl man den Song eigentlich kann, ist es möglich, dass sich dieser Fehler einbrennt und dann zur Angst führt "was ist wenns doch schief geht".
Da ist es dann tatsächlich auch nicht die Frage von "noch mehr üben" um die Sicherheit zu gewinnen.
 
Neulich hab ich was drüber gehört, dass man sich Aufregung wärend des Übens ankonditionieren kann.

Man kann sich alles Mögliche anlernen, genauso wie ablernen. Darin liegt ja der Nutzen von gut eingeübten Entspannungstrainings, so etwas funktioniert wirklich.

Es ist z.B. nicht gerade günstig, sich über Fehler andauernd stark zu ärgern, weil die Gefühle grundsätzlich "mitgelernt" werden. Wenn man Pech hat, wird das Ärgern zu einer unbewussten Strategie, unter Aufregung die Fehlerquote nach oben schnellen zu lassen. Gesteigertes Lampenfieber als Ausdruck von Versagensängsten wäre dann leicht nachvollziehbar, wenn auch keine Lösung.
Cool bleiben und und die fehlerhafte Stelle langsam und sauber zu üben, bis sie sitzt, ist da besser geeignet, um im Wohlfühlbereich zu bleiben.
Wie jeder Musiker weiß, sollten bei Fehlern in einer öffentlichen Aufführung sichtbare und unsichtbare Regungen besser unterbleiben und einfach weitergespielt werden. So bleibt man eher in der Konzentration auf die Musik.

Allgemein formuliert, wenn ein Mensch (außerhalb der Pubertät) andauernd mehr mit seinem Innenleben beschäftigt ist anstatt mit dem, was er tut oder tun soll (z.B. Musik auf hohem Niveau spielen), dann wäre das m.E. ein Hinweis auf den Nutzen einer qualifizierten psychologischen Beratung und geeigneter Maßnahmen.

Unter dem Gesichtspunkt Lernen und Angst äußert sich hier der bekannte Psychiater Manfred Spitzer:
 
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Hier hat (immerhin) ein Professor sogar direkt zu Betas geraten, um die Lebensqualität zu erhöhen, damit man sein Leidenschaft entspannt verfolgen kann.

Allgemein formuliert, wenn ein Mensch (außerhalb der Pubertät) andauernd mehr mit seinem Innenleben beschäftigt ist anstatt mit dem was er tut oder tun soll (z.B. Musik auf hohem Niveau spielen), dann wäre das m.E. ein recht sicherer Hinweis auf den Nutzen einer qualifizierten psychologischen Beratung.
Ich habe mal diese beiden Zitate, auf die ich im einzelnen kurz eingehen werde, ausgewählt. In der letzten Zeit habe ich mit sehr vielen Leuten aus den unterschiedlichsten (musikalischen) Bereichen über dieses sehr ernste Thema unterhalten. Vielerorts ist es ein Tabuthema. Betroffene Musiker sind häufig hilflos und stehen buchstäblich allein mit ihrem Problem.
Um es noch mal ganz deutlich zu sagen. Egal was die betroffenen Musiker einnehmen, ob´s Betablocker, Drogen, Alkohol, Medikamente oder Kombinationen von allen sind, letztendlich - und da waren sich alle drüber einig, mit denen ich darüber gesprochen habe - senken diese Substanzen mindestens die Konzentrationsfähigkeit, wenn nicht sogar die Koordinationsfähigkeit, die man braucht um 100%ige Leistung abzurufen. Ich kann es absolut nicht nachvollziehen, warum ein Professor jemanden raten kann Betas zu nehmen. Was für eine "Lebensqualität" hat man, wenn man sich ruhig stellen muss um gewisse Situationen überhaupt bewältigen zu können?
Viel war auch von "Druck" die Rede, Leistungsdruck, Druck, den der Dirigent, der Manager, die Kollegen, etc ausüben. Zudem Angst vor Versagen, vor Publikum, Prüfung(en) usw. Lampenfieber! Meist können und beherrschen die Musiker ihr Instrument. Es liegt also nicht daran, dass sie nicht ausreichend vorbereitet sind, oder nicht ihr Instrument im Griff haben. Sie kommen schlichtweg einfach mit der Situation nicht zurecht. Ganz übel sieht´s dann bei den Musikern aus, die zu härteren Drogen greifen müssen. Einfach aus dem Grunde, weil irgendwann ein Bierchen, ein Wein, ein kleines Gläschen Sekt, eine Beruhigungstablette usw nicht mehr gereicht hat. Musiker, die so weit sind, dass sie von Alkohol, Tabletten, etc abhängig geworden sind, haben es ganz schwer. Zum einen die Sucht vor den anderen geheimzuhalten und zum anderen sich nicht einzugestehen, dass man abhängig ist. Diese Leute meinen solange alles im Griff zu haben, bis sie auf der Bühne, oder im Orchestergraben gar nichts mehr geregelt bekommen. Dann ist es meist zu spät! Und von solchen Situationen habe ich im Zuge der Gespräche eine Menge gehört. Plus die, die ich selbst erlebt habe, erschreckend viele! Es gibt aber auch Musiker, die sich dann "krank" melden. Oft eine ganz heikle Sache, da man im Profibreich sich auch nicht so mirnichtsdirnichts krank melden kann. Zudem man das so früh ansagen muss, so dass noch für Ersatz gesorgt werden kann. In beiden Fällen, kommt es zu Unfriedenheit bei den anderen Musikern. Niemand lässt sich gerne von einer nach Alkohol stinkenden Sopranistin ins Gesicht singen! Niemand möchte, dass sich sein Kollege plötzlich (unter Koks) nackt auszieht und nur mit Mühe von einem Techniker "gerettet" werden kann usw.
Wenn es soweit schon gekommen ist, ist es schwierig für den betroffenen Kollegen Verständnis aufzubringen. Dann ist das Problem offensichtlich. Aber es gibt ganz viele Musiker, bei denen das nicht offensichtlich ist. Trotzdem muss und sollte es mögliich sein in beiden Fällen den Betroffenen helfen zu können.

Was kann man tun? Als Betroffener? Als Mitmusiker, als Kollege? Welche Möglichkeiten gibt es? Und neben den hier schon genannten Tipps möchte ich noch mal näher auf das Zitat von zonquer eingehen. Eine qualifizierte psychologische Beratung ist wirklich zu empfehlen. Dadurch, dass das ein inzwischen weit verbreitetes Problem ist, gibt es Beratungsstellen, die sich darauf spezialisiert haben u.a. Musikern zu helfen. Wie findet man solche Beratungsstellen? Bei großen Orchestern gibt es Vertrauenspersonen oder Betriebsratsmitglieder, die diese Beratungsstellen kennen. An einem Konzerthaus hier in NRW werden die Beratungen sogar vom Haus bezahlt. Dabei erscheint nicht der Name des Süchtigen auf der Rechnung der Beratungsstelle. Als Kollege könnte man zusammen mit dem Betroffenen eine solche Beratung aufsuchen. Wichtig hierbei ist, dass man das Vertrauen vom Betroffenen natürlich nicht mißbraucht. Gerade z.B.bei Alkoholsucht (bei vielen immer noch eine nicht ernst genommene Sucht) ist es nicht angeraten z.B. in einer großen Runde zweideutige Witzchen über den Alkoholkonsum des Betreffenden zu machen. Hört sich selbstverständlich an, ist es aber häufig nicht!

Am allerbesten wäre es, es erst gar nicht so weit kommen zu lassen. Wenn man bei sich selbst feststellt, oder wenn einem das vermittelt wird, dass man nicht in der Lage ist sein Lampenfieber oder seine Nervösität zu kontrollieren, dann sollte man wirklich professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
 
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Der Counting Crow Sänger Adam Duritz ist Jahre lang durch die Hölle gegangen wegen seiner hohen Medikamentendosis.
Für ihn ein Kampf zwischen Wahnsinn , Therapeuten und Medikamenten. Das er überhaupt auf eine Bühne konnte, grenzt an ein Wunder.

Er hat es mal als Dauertrip beschrieben, weil die Welt ihm nicht real erscheint und auf der Bühne immer mit Medikamenten ausbalancieren musste um nicht durchzudrehen.

Aber seine Bühnenpräsenz ist einzigartig.

http://www.youtube.com/watch?v=xwXPjMb7_Mk
 
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Es geht doch nicht um Junkies. Dass Leute die Bodenhaftung verlieren und sich nur mit Stoff auf die Bühne bringen ist eine Sache.

Nach einem Beruhigungsmittel für Spitzenbelastungen zu suchen ist meiner Ansicht eine andere. Die Frage was nun beruhigungsmittel und was Droge/Doping ist ist eher Geganstand der Kontroverse. Bzw natürlich ob es generell ein probates Mittel ist und ob jemand konkret Betablocker ausprobiert hat.

Die Geschichten über Junkies im Rock/Popbereich kennen wir ja zu Hauf.

Dass auch Orchestermusiker in so großer Zahl zum Stoff greifen war mir nicht so ganz neu, aber man glaubt es immer kaum. Tatsächliches Zitat:
Dirigent nach dem Konzert zum Solocellisten: "Wie kann man besoffen nur so schön spielen?"
Cellist: "Ganz einfach - ich übe auch besoffen"
Ok der Typ war Finne... :)

Tatsächlich ist die moralische Frage sehr interessant: sind Betablocker = Doping?
Ist jemand, der lähmende Auftrittsangst hat gehalten die Bühne zu verlassen oder ist es legitim auf BB zurück zu greifen?
Und wenn: ist es seine Sache oder bringt das den kleinen Jesus zum Weinen?

Dass sich diverse Rockstars in Kriesen befinden und zum Stoff greifen um sich zu motivieren usw ist meiner Meinung nach (!) eine andere Sache.
 
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***
1. Tatsächlich ist die moralische Frage sehr interessant: sind Betablocker = Doping?
2. Ist jemand, der lähmende Auftrittsangst hat gehalten die Bühne zu verlassen oder ist es legitim auf BB zurück zu greifen?
3. Und wenn: ist es seine Sache oder bringt das den kleinen Jesus zum Weinen? ***

(* Zahlen 1-3 von RJJC eingefügt...)

Tja, meine Meinung zur Einnahme von Drogen jeder Art (um überhaupt arbeiten zu können) habe ich ja bereits weiter oben dargelegt.
Zu deinen Fragen kann ich, als jemand der individuelle Freiheit als eines der höchsten Güter ansieht, nur einfachste "Binsenweisheiten" abgeben:

zu 1.: ja, Betablocker sind Doping, wenn sie für den von dir beabsichtigten Zweck eingesetzt werden.

zu 2.: kann und will ich nicht beurteilen, aber ich denke, jemand der derartige Bühnenangst hat, sollte darüber mal nachdenken, ob ihm der Stress wirklich gut tut...

zu 3.: ist so lange "seine Sache", solange er wegen Spätfolgen nicht der Allgemeinheit (Solidarprinzip der Krankenkassen) auf der Tasche liegt.

RJJC
 
Tatsächlich ist die moralische Frage sehr interessant: sind Betablocker = Doping?
Ist jemand, der lähmende Auftrittsangst hat gehalten die Bühne zu verlassen oder ist es legitim auf BB zurück zu greifen?
Und wenn: ist es seine Sache oder bringt das den kleinen Jesus zum Weinen?

Ich weiss der Thread ist alt, aber es juckt mich nun schon in den Fingern...
Das Problem kenne ich ganz gut, wir geben Unmengen an Psychopharmaka, Tendenz steigend, ab.
Leute, die auf 100% Leistung pochen und deshalb jemanden mit Angststörungen von der Buehne jagen wollen, sind im Verbund Teil des Problems und mitverantwortlich dafuer, dass es heute soviele Patienten mit generalisierter Angststörung und sozialer Phobie ueberhaupt erst gibt. "Leistungsgesellschaft" nennen wir das dann und viele scheitern daran, die ihnen eingeimpften Erwartungen an sich selbst zu erfuellen.
Mit Musik, Prüfungen und Bühnenpräsenz hat das erstmal garnix zu tun. Ich weiss nicht ob allen bewusst ist, in welch irren Mengen heutzutage Psychopharmaka verschrieben werden. Das betrifft den Friseur und die Dame an der Supermarktkasse genauso, wie den Künstler.
Das zum moralinsauren Teil der Postings.

Betablocker! Die koennen nach aerztlicher Absprache ein Segen sein. Ist man da mal gut eingestellt, dann funktioniert das ganz wunderbar. Die senken ja nicht einfach die Herzfrequenz, sondern besetzen wirklich die Rezeptoren fuer Arenalin und Noradrenalin. Was auch die beruhigende Wirkung erklärt. Technisch schlechter spielt man dadurch sicher nicht (wenn Präparat und Dosis passen), drum stehts auch auf der Dopingliste bei Sportarten die Konzentration und Geschicklichkeit erfordern. Im Schiessport zum Beispiel geradezu ein Wundermittel.
Ist das also Doping? Ja sicher, aber relevant ist das nur im Sport. Bringt man sich damit um? Eher nicht, wenn man nicht selbst experimentiert. Klar ist das off label use, aber es sollte sich ein Arzt finden lassen, der einen korrekt einstellt. Dann ist das gut vertraeglich und das Nebenwirkunsspektrum ist erfreulich.

Ist es legitim BB zu nehmen? Ist es! Warum soll man nicht zu einem Medikament greifen um eine Krankheit zu behandeln. Es handelt sich immerhin um eine ICD-10 Diagnose. Keiner hat Probleme etwas gegen Infekte oder Zahnschmerzen zu nehmen. Nur wenns um den Hirnstoffwechsel geht, werden alle panisch und schreien sofort "Junkie".

Berufswechsel! Das Problem zieht man immer mit. Mit derartigen Symptomen kämpft man so oder so. Ich bin schon als Techniker mit ner Panikattake im Krankenhaus gelandet, obwohl keiner Notiz von mir genommen hat :)
Derartige Situationen erlebt man also auch in anderen Berufen und privat immer wieder, unternehmen muss man ohnehin etwas. Sei es medikamentös oder sonstwie. Und medikamentös ist bei weitem nicht so schlimm wie oft angenommen.
Die Drogenvergleiche sind da absolut unangebracht. Allenfalls insofern, als dass es viele Drogenopfer nicht geben muesste, wenn man sie rechtzeitig entsprechend behandeln wuerde.

cu
martin
 
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Ich kenne das aus meiner Studienzeit nur zu gut, Stichwort mündliche Prüfungen. Mein Hausarzt hat mich damals auf das frei verkäufliche dysto-loges S hingewiesen, gibt es z.B. als Lutschtabletten. Hier kommt die Passionsblume als natürlicher Wirkstoff zum Einsatz, Nebenwirkungen sind keine bekannt. Vielleicht kannst du einen Arzt deines Vertrauens mal darauf ansprechen, mir haben sie sehr geholfen. Die Einnahme sollte kein Dauerzustand sein, aber gerade für solche "Stress Situationen" habe ich vieles mit meinem Hausarzt probiert, unter anderem die eingangs genannten Betablocker oder das klassische Baldrian / Hopfen. Der Erfolg mit diesen Mitteln war allerdings gering, es hängt halt immer davon ab, wie der eigene Körper darauf anspricht.
 
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Ich weiss der Thread ist alt, aber es juckt mich nun schon in den Fingern...
Das Problem kenne ich ganz gut, wir geben Unmengen an Psychopharmaka, Tendenz steigend, ab.
Leute, die auf 100% Leistung pochen und deshalb jemanden mit Angststörungen von der Buehne jagen wollen, sind im Verbund Teil des Problems und mitverantwortlich dafuer, dass es heute soviele Patienten mit generalisierter Angststörung und sozialer Phobie ueberhaupt erst gibt. "Leistungsgesellschaft" nennen wir das dann und viele scheitern daran, die ihnen eingeimpften Erwartungen an sich selbst zu erfuellen.
Mit Musik, Prüfungen und Bühnenpräsenz hat das erstmal garnix zu tun. Ich weiss nicht ob allen bewusst ist, in welch irren Mengen heutzutage Psychopharmaka verschrieben werden. Das betrifft den Friseur und die Dame an der Supermarktkasse genauso, wie den Künstler.
Das zum moralinsauren Teil der Postings.

Das finde ich einen interessanten Punkt. Ich denke auch, dass wir immer mehr die Tendenz dazu haben zu sagen: "da gibt´s doch ne Pille dagegen" und das finde ich schon bedenklich. Natürlich muss jeder für sich abwägen, da möchte ich auch überhaupt nicht irgendwen über einen Kamm scheren.
Aber der entscheidende Punkt ist glaube ich, dass man sich selbst immer fragen sollte:
WIE MÖCHTE ICH MIT MIR UMGEHEN?
Nicht zuerst: was sind die Anforderungen, die an mich gestellt werden? Sondern: Was ist mir selbst gegenüber respektvoll? Oder wo übergehe ich vielleicht meine eigenen inneren Grenzen, so dass ich äußeren Anforderungen gerecht werde?
Diese Grenze ist manchmal sehr dünn und ich habe das Gefühl, die Anforderungen, die an uns gestellt werden, werden in den letzten Jahren immer höher, alles geht immer schneller, wir sollen immer leistungsfähiger sein. Da muss man sich regelmäßig fragen, nicht nur zum Thema "Betablocker": will ich da mitmachen? Ist es das wert? Oder gibt es einen Weg, bei dem ich meine eigenen Grenzen bewusst nicht übergehe, um auch LANGFRISTIG gesund zu bleiben?
Eine zeitlang kann man das natürlich machen: Pille einwerfen oder einen trinken, damit man ruhig ist. Aber was ist in ein paar Jahren? Möchte ich wirklich so leben?
Es ist ja MEIN Leben und ich entscheide, wie ich damit umgehe.....
 
"Mitmachen" bleibt dir eventuell nicht erspart. Wenns um Berufliches geht kannst du dich nur schlecht ausklinken, ohne dass es existenzbedrohend wird. Da erlebe ich im Verwandtenkreis selbst mit, wie der Job die Leute voellig zermuerbt und der Arzt freudig SSRI's verschreibt.

Wenns ums Hobby und hier speziell ums Lampenfieber geht, ist das natuerlich alles egal und du kannst gesuendere Wege einschlagen. Von mir gibts Videos, da sieht man aus 15m Entfernung, wie mir die Knie auf der Buehne schlackern. Sieht aus wie im "sharp dressed man" Video :)
Dann kam die uebliche "Karriere" mit grotesken Ritualen, Alkohol, Benzos. Klappte natuerlich auch nicht zufriedenstellend.
Geholfen hat da nur ein Bandwechsel. Mittlerweile kann ich sogar nüchtern Blickkontakt mit dem Publikum halten. Frueher undenkbar.

Das geht aber nur, weil mir jeglicher Ehrgeiz fehlt. Sonst muesste ich wohl oder uebel wieder medikamentös etwas unternehmen. Was aber als Dauerlösung etwas risikobehaftet ist. Wie man ja auch taeglich bei irgendwelchen Promis sieht, die in dem Job zugrunde gehen.

cu
martin
 
Hallo Dodl,
ich kenne das auch, wenn bestimmte Situationen wirklich herausfordernd sind. Ich habe "gute" Erfahrungen mit Lampenfieber :D, oder ich sollte besser sagen: ausführliche Erfahrungen damit....
Ich habe aber für mich begriffen, dass mein Lampenfieber nichts ist, was ich unterdrücken muss, sondern etwas, das ich anschauen kann und wo ich sehr viel über mich selbst lernen kann. Oftmals glauben wir, "tough" sein zu müssen, um durchzukommen. Das ist ja ein weit verbreitetes Glaubensmuster, und die Gesellschaft versucht es uns jeden Tag auch glauben zu machen. Aber: ich glaube nicht mehr daran. Und vor allem glaube ich, dass in einem Bereich wie der Musik es eigentlich nur wertvoll und zuträglich ist, wenn man z.B. durch Lampenfieber auf seine sensiblen Seiten stößt und lernt, sie zu integrieren und an den richtigen Platz zu setzen.
DAS ist meiner Meinung nach das Problem: wir lernen nicht, mit diesen inneren Ressourcen richtig umzugehen. Wir lernen nicht, diese verschiedenen Anteile in uns selbst anzuschauen und sie "anzusprechen". Dadurch beginnen sie dann, sich "selbständig" zu machen und sich in unserem Leben auszuagieren.
Eine der "Geschenke", die mir mein Lampenfieber gemacht hat, ist zu lernen, diese inneren Anteile bewusst wahrzunehmen und sie in die richtigen Bahnen zu lenken. Dann ist das Ganze nicht mehr dieser ewige Kampf, sondern die eigene Kreativität und Ausdrucksfähigkeit kann große Sprünge nach vorne machen.
Viele Grüße!
 
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