[Review] Fender Mando-Strat

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Disclaimer: Ich bin seit über 20 Jahren Gitarrist, und gelegentlich spiele ich auch Bass. Ich habe keine paar Wochen Erfahrung auf der Mandoline. Wem also manches in diesem Review naiv vorkommt, der kann sich freuen, dass er abgeklärter durch die Mandolinenwelt wandelt als der Autor dieser Zeilen, tut dies aber idealerweise still und/oder ohne Häme ;)

Mando-Strat05.jpg


Geschichte
Leo Fender war kein Musiker. Nachdem er mit der Telecaster den elektrischen Instrumentenbau 1950 revolutioniert hatte glaubte der: Das (also Solidbody, magnetische Tonabnehmer, Baukastensystem) geht doch auch mit anderen Instrumenten. Darunter war, abseits der Gitarren, ein Entwurf, der die Musikgeschichte für immer veränderte – der Precision Bass. Und einer, der weitgehend unbemerkt an ihr (der Geschichte) vorüber ging. Nämlich die „Fender Electric Mandolin“. Zwischen 1954 und 1971 wurden nur etwa 3.000 Stück gebaut. Tony Bacon schreibt: Der Preis lag bei $169.50, und damit ungefähr auf dem Niveau eine Telecaster.
Bei Sammlern hieß das Instrument „Mandocaster“, ein Name, den Fender nie offiziell verwendete, und der deshalb heute eine elektrische Mandoline von Eastwood bezeichnet.

Mich reizte …
an diesem Instrument vor allem seine Geschichte. Wahrscheinlich kaufte ich es, weil es ein recht genaues Reissue des seltenen Klassikers zu sein versprach - laut Fender wurde die Bridge mit derselben Maschine gefertigt, wie beim Original. Und weil der Preis passte, und weil es weniger Platz wegnimmt als eine Gitarre. Es wäre also übertrieben zu sagen, ich wollte unbedingt Mandoline spielen – auch wenn ich in einer Band spiele, in der ich eine Mandoline durchaus mit etwas mehr Übung einsetzen kann.

Aufbau
Fender nennt das Reissue aus indonesischer Produktion „Mando-Strat“. Nicht gerade originell, aber auch nicht unpassend. Der Korpus nimmt unübersehbar Strat-Anleihen, samt der Cutaways. Der mit einer süßen, kleinen Vierpunkt-Basisplatte verschraubte Hals könnte eine Miniaturausgabe eines Strat-Halses sein mit seinen vier Vintage Style Mechaniken, dem Truss-Rod mit Halsfuß-Zugang und der Kopfplatte. Weiterhin verrät der Katalog: Die Saiten verlaufen über 24 Bünde auf 35 cm Mensur. Der Single Coil mit seinen vier Polepieces sitzt unter einer geschlossenen Kappe.

Verarbeitung
An der Verarbeitung gibt es wenig zu mäkeln. Die Lackierung ist sauber ausgeführt, die Halstasche passt, die Bundenden sind nicht scharf. Die Hardware und Elektronik wurden sauber verschraubt. Nur das Pickguard liegt im Bereich des unteren Horns nicht ganz nahtlos auf, aber das fällt kaum auf. Das Setup aus dem Karton war ganz ordentlich, mit einer Ausnahme: Eine Sattelkerbe war scheints einen Tick zu tief, die Saite schnarrte. Hätte man zurückgehen lassen können, ich entschied mich aber für eine Übergangslösung: Eine Doppellage Alufolie einklemmen und später mal einen wertigeren Sattel einbauen.

Spielen
Wie gesagt, ich nähere mich der Materie „Mandoline“ von Null. Erst mal lernte ich die Stimmung G-D-A-E, dann ein paar Akkorde. Die meisten Intervalle denkt man sich, merkte ich, spiegelverkehrt zur Gitarre. Klingt einfach, aber bis das automatisiert ist, in meinem Alter … Inzwischen kann ich in der ersten Lage die meisten Dur-Akkorde spielen, genug für die ersten Erfolgserlebnisse (Punk) also ;)

Mando-Strat02.jpg


Sound
Die Literatur beschreibt den Klang der historischen „Electric Mandolin“ als dünn und drahtig, vor allem auf die fehlenden Doppelsaiten zurückzuführen. Man könnte auch sagen: Nackt im Wald. Daran haben die Ingenieure für die Neuauflage scheinbar etwas gewerkelt, für einen ansatzweise akustischen Charakter am Amp ist mir der Ton voll aufgedreht eher zu fett und zu schrill. In den Höhen präsent und knackig wie eine Fender-Gitarre, aber auch mit deutlichem Mittenanteil. Natürlich deutlich weniger Tonentfaltung als bei einer Gitarre, durch die straffe Saitenspannung und die kurze Mensur. Dreht man den Volumenregler zurück, klingt es deutlich weicher und nützlicher für einfache Akkordbegleitungen.
Am verzerrten Ton muss man etwas schrauben. Klingt recht schnell harsch, was aber auch an den wenig zerrfreundlichen Intervallen gängiger Mandolinenakkorde liegen kann. Eine kleine Verstimmung wird da schnell zur fiesen Dissonanz …

Nach den ersten echten Proben zeigt sich: Ein vollwertiger Mandolinen-Ersatz ist die "Mando-Strat" nicht, eher ein eigenständiges Instrument. Sehr schön klingen klare, laute Zupfpassagen, volle Akkorde wirken dagegen etwas spartanisch.

Alles in allem …
Eine spannende Sache! Für mich begann die Reise ins Mando-Land sicher mehr aus Liebhaberei, aber mal schauen, wo sie mich noch hinführt. Vielleicht darf sie ja schon bald für 1-2 Songs mit auf die Bühne. Schlepp ich lieber, als eine Humbucker-Gitarre für 1-2 Songs …

Größenvergleich: Ganz schön mini ...

Mando-Strat06.jpg


Kopfplatte mit improvisierter Sattelkerbe

Mando-Strat04.jpg

Mando-Strat03.jpg
 
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Sehr gutes Review, sogar mit geschichtlichem Hintergrund! :great:


Die Sache mit dem Sattel ist natürlich ärgerlich, ganze 4 Sattelkerben hätten sie ja schon hinbekommen können.
Bei einer Mandoline mit verstellbarer Brücke wäre vielleicht darüber was möglich gewesen, aber das betrifft dann zumindest auch die E-Saite mit und ist auch keine echte Lösung.

Ein paar Fragen hab ich zu Pickup und Elektronik:
E-Mandolinen neigen dazu, dass die hohe E-Saite etwas leiser ist als die A-Saite. Das hat zwar den Vorteil, dass sie leer angespielt nicht so durchknallt, ist aber beim Lagenspiel merkbar.
Die Epi Mandobird ist mMn in der Bezeihung ganz schlecht und bei der Kentucky KM-300 E musste ich den Pickup etwas schräger stellen.
Wie schlägt sich die Fender Mando-Strat in der Bezeihung?
Und in welchem Bereich "wirkt" bei der Tone-Poti?
 
Hi, an der Brücke die Saitenlage zu kompensieren, habe ich natürlich versucht - hat aber nicht funktioniert, da das (kräftige und hässliche) Schnarren tatsächlich nur leer gespielt und nur auf dieser Saite entsteht. Da hätte man einen halben Zentimeter Saitenlage einstellen können, und es hätte nichts gebracht. Das, was ich gemacht habe, hat dagegen funktioniert, sonst hätte ich die Mandoline tatsächlich zurückgeschickt ...

Möglicherweise bedämpft das die A-Saite ja auch etwas? Jeedenfalls ist mir das beschriebene Problem nicht aufgefallen. Ich glaube aber auch, es lässt sich über die Saitenreiter und die PU-Schrauben ganz gut kompensieren.

Das Tone-Poti funktioniert sehr gut, von wie geschrieben ziemlich grell bis richtig dumpf. Als Gitarrist ist man ja gewohnt, es (wie auch VOL) meistens ganz offen zu lassen, das funktioniert bei diesem Instrument nicht so gut - man muss schon etwas mit den Potis arbeiten.

Eine Gegenfrage: Ich habe überlegt, ob eine leichtere Saitenstärke sinnvoll wäre. Durch den straffen Zug greift es sich in höheren Lagen doch sehr hart. Andererseits könnte damit die Stimmstabilität abnehmen, und da muss man es durch die fehlenden Obertöne einer akustischen Mandoline eben doch sehr genau nehmen ...

Hast Du dazu (dünnere Saiten) nen Tipp?
 
Saiten ist bei der Mandoline ein Fall für sich, da sind sich die Hersteller gar nicht einig, ganz besonders was die A-Saite angeht.
Es gibt Medium Sätze mit dünner A 014 (Gibson) und Light Sätze mit A 015 (GHS). GHS hat dann bei Medium schon A 016
Also wunder dich nicht, dass das ganz uneinheitlich ist. ;)
Ich tendiere bei akustischen Mandolinen eher zur dickeren A, die hat eh den wenigsten Zug.
Bei meiner E-Mando habe ich aber eine Ausnahme gemacht. Einmal wegen dem sonst leiseren E und auch, damit wenigstens die A-Saite leichte Bendings zulässt.
Ich spiele deshalb momentan diesen Nickel-Satz (wollte auf der E-Mando keine Bronze)
https://www.thomann.de/de/daddario_j67_mandoline_set.htm

Eventuell kannst du dich daran orientieren und auch normale E-Gitarrensaiten nehmen.
Bei der E kannst du auch auf E 010 runter gehen.
G und D können ruhig Medium-Stärke haben.

Oder brauchst du unbedingt Ball End?
Dann gibt es nicht viel Auswahl, die dürften dir zu stark sein:
https://www.thomann.de/de/fender_2250l.htm
Dann mach das gleich mit E-Gitarrensaiten.
 
Hiho,

bei Schneider-music gibt es Einzelsaiten für E-Gitarren, loop- und ballend.
Diese verwende ich für meine irish-Buzze (Piezo), wie für meine E-Mandoline mit magnetischem PU.
Die gibts dort in allen Stärken und so kann man sich einen guten Satz zusammenstellen, aber ums
Ausprobieren wirst du nicht drumherum kommen..

Toller Bericht über die Fender und über die Historie..

Dafür gibts Kekse :D

cheers, fiddle
 
Hey ho Kyp

Wie's der "Zufall" nun so will; bin ich tatsächlich mal über ein Review gestolpert, wo ich weder bewusst danach gesucht hätte oder noch sonstwie wohl drauf gekommen wäre...Smiley Lesen.gif
Ich wusste zwar dass es von Epiphone die Mandobird (4- und 8-Saiter) gibt doch die Mando-Strat selbst, kannte ich bis dahin noch gar nicht...wirklich ein interessantes Teil!
Frage mich grade; ob ich im Studio ausnahmsweise doch nicht noch Platz für eine Mando-Strat hätte? :D Der "hübsche Preis" von ca. 290€ reizt mich irgendwie....mal überlegen..

...und für alle die sich noch fragen, wie die Kleine nun klingt; gibt's hier auf Youtube ein kleiner Soundcheck - clean & angezerrt...

Danke Dir kypdurron; tolles Review & tolles Instrument :great:

Gruss Biskaya
 
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