Uli
Mod Emeritus
Der Fender Pawn Shop Mustang Bass unterscheidet sich nicht nur optisch vom bisherigen Mustang, er bringt auch unter anderem eine modernere Elektrik mit. Zu meiner Entscheidung zu diesem Bass kam es, da ich in meiner aktuellen Band mittlerweile einige Sachen spiele, die flotte Riffs auf den untersten Bünden erfordern, weshalb mit kurzen Fingern auf einem Longscale oft nach ein paar Minuten die Grenze des entspannten Spielens überschritten ist. Ich hatte deshalb beschlossen, mich für diese Zwecke nach einem neuen Shortscale umzusehen. Wie so oft beim ersten Kennenlernen ist ein wichtiges Kriterium die Optik, dann die Zweckmäßigkeit, aber auf keinen Fall wollte ich wieder ein Instrument kaufen, nur weil es mir gefällt, Anspielen war also Bedingung.
Ideal war dafür ein trüber Wintertag, ich hatte praktisch den Laden für mich und verschwand für mehr als eine Stunde in einem der Testräume. Die acht Kandidaten meiner Wahl waren:
- Duesenberg Starplayer --> sehr schönes Teil...vielleicht etwas schwerer als erwartet, aber da er ohnehin etwas über meinem Budget liegt, will ich den Test gar nicht erst vertiefen...
- Epiphone Rumble Kat --> klanglich ok, mir persönlich aber etwas zu unhandlich und ohne PU-Umschalter, der optische Killer ist für mich aber das billig wirkende Control Panel, das vom Viola übernommen wurde...
- Fender Pawn Shop Mustang --> stand anfangs gar nicht auf meiner Speisekarte, da auch erst seit Januar 2013 im Handel...seine Features weiter unten...
- Gibson SG Reissue --> wäre so eine Art Jugendtraum. Der Bass ist überraschend leicht, die Regelung aber etwas mühsam, da es keinen Pickup-Umschalter gibt und erstaunlicherweise klingt die 400€ billigere Faded-Variante wesentlich flacher, obwohl doch angeblich die gleiche Elektrik verbaut ist...
- Hagstrom Viking --> war wegen der Optik ursprünglich mein Favorit, gibts in 4 Farben, hat sehr umfängliche Klangregelungsmöglichkeiten.
- Höfner Club --> die Made in Germany-Version ist der Leichtgewichtsrekordhalter...klingt allerdings genauso wie mein Violinbass und liegt auch mit fast 2k€ erheblich über dem Budget...
- Ibanez AGB200 --> war zunächst Mitfavorit wegen der Optik, insbesondere die neue Violinfarbe finde ich sehr gelungen. Leider kann er im Grunde nur einen einzigen Klang, der Klangregler scheint völlig wirkungslos, selbst die Pickups unterscheiden sich nicht sonderlich...und der Hals ist mir im Vergleich zu den Mitbewerbern auch etwas zu klobig...
- Squier Vintage Modified Mustang --> die günstigere Mustang-Variante mit Singlecoil, optisch insofern dem Original etwas näher als der Pawn, klingt aber auch dünner.
- der Fender Pawn Shop Mustang
- der Gibson SG
- der Hagstrom Viking
Gegen den Gibson habe ich mich entschieden, weil mir Klangregelung und Handling etwas unkomfortabler vorkamen als beim Fender, Der Hagstrom blieb auf der Strecke, weil er mir letztlich für den Bühneneinsatz etwas zu filigran ist, mit den umfangreichen Klangregelmöglichkeiten wäre ich sicher irgendwann noch klargekommen.
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Übrig blieb insofern der Fender Pawn Shop Mustang, den es in drei Finishes gibt. Der weiße und der rote kommen mit einem seltsamen Rallyestreifen , den ich aber so abtörnend fand, daß ich mich für den (zugegebenermaßen etwas altbackenen) sunburst entschieden habe, der aber den gleichen Klang ohne Streifen hinkriegt...
Ansonsten fällt der Mustang vielleicht sogar bei der eingangs von mir als 'wichtigem Kriterium' bezeichneten Optik hinten runter. Er sieht fast aus, wie der Kinderbass einer Hausmarke, die Kopfplatte wirkt etwas überdimensioniert und ein einziger Pickup mit zwei armseligen Reglern sind nicht wirklich was für Poser. Auf den zweiten Blick wirkt er dann aber doch recht wertig mit dem großen Custom Humbucker, der mittig in einer 4lagigen weißen Perloid Platte trohnt.
Insofern gibt es auch nicht viel über weitere Features zu berichten...er hat keine, weshalb ich ihn anfangs auch nicht als ernsthaften Kandidaten wahrgenommen habe. Ein Bass mit nur einem Pickup? Der kann doch eigentlich keine wirklichen Klangvariationen zulassen!
Der Anschluß an einen Amp bringt dann aber schonmal die erste Überraschung: Hatte ich den Gain-Regler bei allen anderen Testkandidaten etwa auf 4 stehen, geht beim Mustang ohne Ohrstöpsel gerade mal 2. Ich hatte ja schon einiges an Bässen, aber einen passiven Tonabnehmer mit einem derart hohen Output ist mir bisher noch nicht untergekommen. Fender selbst bezeichnet ihn nur als 'Fender®-Designed Humbucking Pickup', er ist wohl auch der augen- (und ohren)fälligste Unterschied zur Squier Version, die mit einem Splitcoil-Pickup kommt wie der P-Bass.
Vielleicht ist die string-through Bauweise auch mit Schuld am hohen Output, sie wird ja oft bei kleineren Bässen gewählt, um das Sustain zu erhöhen. Durch die stärkere Anbindung der Saite als dies bei einer 'normalen' Brücke der Fall ist, wird die Schwingungsübertragung auf den Korpus erhöht, wodurch auch das Sustain ansteigt.
Sehr verblüffend war für mich auch die Tatsache, daß der Klangregler eine kontinuierliche Veränderung des Klangbildes bewirkt, also praktisch in jeder Stellung einen anderen Klang erzeugt, was man so von den meisten passiven Klangreglern eher nicht kennt. Verbreitet sind ja oft Schaltungen, bei denen nur im letzten Zehntel des Poti-Drehbereiches wirklich eine Tonänderung stattfindet - oft nichtmal eine vorteilhafte.
Diese Klangregelung läßt aus meiner Sicht den vermeintlichen Mangel des fehlenden zweiten Pickups gegenstandslos werden, im Vergleich mit dem Gibson sind durch die Regelung des Fender zwar tiefere Bässe aber nahezu gleich starke Höhen erreichbar, was bei der mittigen Position des Tonabnehmers sehr erstaunlich ist.
Da ich ja immer alles aufschrauben muß, habe ich mir natürlich auch hier einen Blick in den 'Kontrollraum' gegönnt und erfreut festgestellt, daß man den Mittelabgriff des Humbuckers (rot-weißes Kabel) auffällig herausgeführt hat und die Lötverbindung mit einem Stück Schrumpfschlauch isoliert hat. Das kommt in meinen Augen einer Einladung gleich, hier mit einer Splitcoil Schaltung zu experimentieren, was im einfachsten Fall auch ganz ohne optische Veränderung geht, wenn man ein Push-Pull Poti verwendet.
Dadurch daß der Bass wohl an Handlichkeit kaum zu überbieten ist, läßt sich bei der Kürze der Mensur auch problemlos in unmittelbarer Nähe der Brücke spielen, was im Bedarfsfall einen harten Anschlag und Klang ermöglicht. Der Hals ist unglaublich schnell, was für mich auch einer der ausschlaggebenden Punkte für den Kauf war - aber spätestens das muß jeder für sich selbst ausprobieren, solche Einschätzungen sind immer etwas subjektiv da sie mit individuellen Parametern wie zB der Hand- bzw Fingergröße zusammenhängen.
Bedingt durch die 30"-Mensur ist die Saitenspannung geringer als bei einem Longscale oder gar einem 35" Bass, was die Anwendung als Slapper weitgehend ausschließt. Bei nicht zu hartem Schlag lassen sich zwar einzelne Slaps erzeugen, Pops scheppern dann aber schon und so kann das nur als gelegentliche Garnierung verstanden werden, aber nicht als ernst zu nehmende Hauptanwendung, darüber muß sich der Käufer vorher im Klaren sein. Für mich ist das kein Thema, denn da ich auf einigen Bässen slap-untaugliche Flatwounds spiele, mußte ich bisher zum Slappen ohnehin einen anderen Bass (mit Rounds) nehmen, da ändert sich also nichts.
Das Thema Flatwounds verdeutlicht auch eine weitere Bauart-bedingte Einschränkung: durch die string through Konstruktion sind Flats eher weniger angesagt, denn denen tut ein 90° Knick meistens sehr weh - und ein solcher ist erforderlich, um die aus den Führungshülsen des Bodies vertikal herausgeführten Saiten in die Horozontale Parallele zum Griffbrett zu bekommen. Andererseits ist es auch fraglich, ob der Grundsound des Mustang nicht ohnehin unter Flatwounds eher leiden würde, denn der ist bereits recht tief und würde durch Flats wohl noch eine weitere Höhenbegrenzung erfahren, die man vielleicht nicht unbedingt als Verbesserung wahrnehmen würde. Ich werde zumindest vorerst die Rounds drauflassen, bei einem ohnehin anstehenden Saitenwechsel kann man ja immernoch mal ein Experiment mit Flatwounds machen...
Mit im Paket ist eine Tasche, die mir recht chinesisch-durchschnittlich bis billig vorkommt, obwohl sie als Luxus angepriesen wird. Ich persönlich bin ja eher ein Freund von Hardcases, aber nur deshalb wollte ich jetzt auch keinen Gibson kaufen, bei dem ein Koffer dabei gewesen wäre...Mal sehen, wie ich mich daran gewöhne, so lange noch keine Welttournee ansteht, wird es der Gigbag auch tun, cases für Shortscales sind ja nicht dick gesät.
Hergestellt wird der Pawn Shop Mustang übrigens mittlerweile in Mexico, wogegen ich im Unterschied zu vielen anderen potenziellen Käufern keine Vorurteile habe, da ich von dort bereits mehrere gut verarbeitete Instrumente habe.
Was ich so im ersten Ansatz sehen konnte war optimal verarbeitet, für ca. 750,-€ kann man das ja bei so einem ansonsten eher mager ausgestatteten Instrument auch eigentlich verlangen. Der reguläre Fender Mustang (der nicht aus dem Pfandhaus kommt) wird - oder wurde - meines Wissens in Japan hergestellt, was aber ohnehin nur einen Einfluß auf die Verarbeitung hat, da die verbauten Teile von den gleichen Zulieferern und oft auch aus der gleichen Produktion sind.
Eine kleine Schlamperei habe ich dann doch gefunden: die Tugbar war nicht richtig festgeschraubt (was ich aber erst auf den Makrofotos gesehen habe. Da mußte ich doch glatt Hand anlegen und der Schraube eine weitere Umdrehung verpassen.
Fazit:
Ich denke, der Pawn Shop Mustang ist kein Bass für jedermann, man muß ihn schonmal in die Hand nehmen und beurteilen, ob einem der unglaubliche Klang das geringe Poser-Potenzial wert ist. Ich habe recht kleine Hände und ich mag ein bißchen Understatement, insofern ist er für mich ideal und ich kann zumindest das Antesten jedem empfehlen, der einen extrem handlichen Shortscale mit richtig erwachsenem Klang sucht.
Diesen Klang werde ich die Tage noch zu konservieren versuchen und stelle ihn dann hier rein, auch wenn PC-Lautsprecher imho nicht wirklich geeignet sind, um einen Bassklang zu beurteilen.
Technische Daten:
Modell: Pawn Shop Mustang® Bass
verfügbare Farben:
3-Color Sunburst
Olympic White with Stripe
Candy Apple Red with Stripe
Material:
Body: Erle (Lackierung Polyester)
Neck: C-Form, Mensur 30" (shortscale), Ahorn (Lackierung Polyurethan)
Griffbrett: Palisander 19 Medium Bünde,
Breite am Sattel=39mm, Breite am 15.Bund=55mm
Gewicht: 3,8kg
Pickup: Fender®-Designed Humbucker
1 Volume Regler, 1 Klangregler
Werkssaiten: Fender® 5250XL NPS, (.040-.095)
Case/Gigbag: Fender® Deluxe Gig Bag
Preis im März 2013 ca 750,-€
- Eigenschaft
Anhänge
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