Fuzzrocious
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Review Tokai LS 2 Q
Seit 2010 ist die gute Tokai Paula nun schon meine feste Weggefährtin. Nachdem ich also viel Praxiserfahrung mit ihr sammeln konnte, habe ich mich entschlossen mal wieder ein Review zu schreiben. Japanische Tokais sind aufgrund von Lizenzproblemen in Deutschland des Öfteren nur schwer zu bekommen. Viele haben sich diese Instrumente ja auch aus England besorgt, nicht aber ich. In meinem Fall konnte ich sie tatsächlich in einem normalen Laden testen und vergleichen. Ich habe auch ein Modell mit Open Book Headstock erwischt. Kein Knubbel oder abgerundetes Kopfteil. Seiner Zeit hab ich da nicht drauf geachtet. Hab wohl Glück gehabt.
Über die Zeit kamen da natürlich noch mehr Vergleiche hinzu, nicht zuletzt zahlreiche Powerstrats, welche verzweifelt versucht haben, qualitativ auf einer Ebene mit der Tokai in meinem Gitarrenständer zu existieren. Eine Jackson SL 3 bzw. eine Charvel Pro Mod San Dimas mussten mich beide verlassen. Momentan macht sich eine Jackson DK 2 aus der Pro Serie sehr, sehr gut neben ihr! Ja, ich bin gewissermaßen ein großer Bewunderer japanischer Gitarrenbaukunst. Eine Yamaha SG würde mich auch noch interessieren. Der Sinn hinter HSS Strats als Zweitinstrumente liegt in soundlicher Flexibilität und natürlich auch in dem Punkt, dass ich es mir leisten kann.
Klar, der Vergleich zwischen Strat und Paula ist soundlich eigentlich unvernünftig. Letzten Endes war ich aber mit den Vergleichsinstrumenten nie so zufrieden wie mit der Paula. Bis zur Jackson DK 2 zumindest .
Nun aber zum Review!
Vorgeschichte:
Seit 2007 war eine Dean ML 79 FL mein Hauptinstrument. Der Sound meiner Band wandert von Thrash Metal über Doom, Stoner bis hin zu Progressiver Musik. Auch einige Postrockelemente sind vertreten. Die Dean wird diesen Anforderungen objektiv gerecht. Sobald man anfängt, Geld zu verdienen ändert sich aber die eine oder andere Ansicht diesbezüglich natürlich. Mit zunehmender Praxis erhöhen sich dann auch die Anforderungen an das allgemeine Niveau des eigenen Equipments.
Seit 2005 hatte ich zuvor eine schwarze Epiphone LP Standard in schwarz in meinem Besitz, welche mich 2008 aus Geldgründen verlassen musste. Nachdem die Dean in den Hauptfokus geriet und die Paula zu der Zeit nur verstaubte ( vorallem, weil mich der eingebaute EMG 81er nicht mehr anmachte), verließ sie mich zu Gunsten einer PS 3, der ersten Rücklagen für einen neuen Amp und natürlich erhöhtem Alkoholkonsum . Problematisch bei der Bauart der Les Paul soll das hohe Gewicht bzw. die nicht optimale Bespielbarkeit in den höheren Bundlagen sein. Da ist ja auch ein dicker Holzklotz im Weg. Damals hat mich das auch gestört. Was hat sich innerhalb der 2 Jahre also geschmacklich geändert, dass ich mittlerweile mit einer Tokai glücklich bin?
In meinem Review zur Dean habe ich mich auch auf die Optik der Gitarre bezogen. Das Erscheinungsbild einer Dean ML ist riesig und ebenso auch der Koffer für dieses Teil. Der Transport ist vergleichsweise einfach ein richtiger Akt. Der Cogitarrist hatte damals eine schlanke Ibanez RG LH gespielt, welche in ihrer kleinen Tasche mal eben so im Auto verschwand und ich musste für den Deansarg schon beinahe die Rückbank umklappen. So erinnerte ich mich zu jener Zeit gerne an die Epiphone Les Paul, welche doch in ihrer kleinen Tasche so kompakt und leicht verstaubar war. Man, so schlimm war das Teil doch auch nicht. Soundlich war sie ja auch in Ordnung.
Als dann erfolgreich der Platz für das duale Studium ergattert wurde und 2010 endlich eigenes Gehalt in die Kasse floss, ich aber dennoch bei Hotel Mama wohnen bleiben durfte, kam ich wie jeder andere vernünftige Musiker auf die Idee, doch endlich mal den Schritt in die nächste Klasse zu wagen. Doch welche Form sollte es werden? Welches Budget sollte gesetzt werden?
Nach einer solchen Extremform wie der Dean fühlte ich mich wieder zu klassischen Formen hingezogen. Eine SG wäre eine Möglichkeit gewesen. Irgendwie musste es aber etwas flexibles sein, was auch ordentlich Druck ausüben konnte. So kommt natürlich auch eine Les Paul wieder in Frage. Optisch war die Les Paul Form ja eigentlich immer mein Liebling. Ich hatte mir zu der Zeit dann vorgenommen, nüchtern und neutral das Thema Bespielbarkeit und Les Paul und somit mein ursprüngliches Problem mit dieser Bauart noch mal auf die Schüppe zu nehmen. Das natürlich unabhängig von Markenfetischen oder ähnlichem.
Der Musik Produktiv in Ibbenbüren hatte zu der Zeit noch einige japanische Tokais im Angebot. Über diese Gitarren hat man zu der Zeit (und heute auch) ja viel Gutes gehört. Gibson Gitarren Kann man ja quasi überall anspielen. Somit fand der Test und der späterer Kauf dann in Ibbenbüren statt.
Das Budget betrug ungefähr 1100 Euro. Für dieses Geld bekommt man bei Gibson eher etwas in Richtung Studio Les Paul. Bei Tokai halt eine LS 2, welche früher LS 95 oder 100 hieß. Im Laden konnte ich von allem mehrere Vergleichsmodelle testen. Die Studiopaulas konnten im Klang und in der Bespielbarkeit für mich nicht mit den Tokais mithalten. Im Hinterkopf hatte ich dazu natürlich noch die im Board weit verbreitete Meinung, die Hausmarkentonabnehmer von Tokai seien eher mäßig im Klang. Wenn die Tokais mit scheinbar doofen Tonabnehmern schon besser im Klang waren als die Gibson Paulas, wie gut musste die Tokai Paula dann erst mit anderen Tonabnehmern klingen? Noch dazu hatten die Tokais auch Bindings verarbeitet und nicht eine so abgespeckte Optik. Dafür verzichte ich gerne auf einen Markenfetisch bezüglich Gibson Gitarren. Mich hatten die Tokais einfach überzeugt.
Von drei Tokais (Ebony, Lemon Drop oder HCS mit Quilted Maple Top) habe ich mich dann für die HCS Variante mit wunderschöner Wolkenahorndecke entschieden. Dazu habe ich wegen einer kleinen Macke am Holz noch einen Koffer dazu bekommen. Das ganze ging für rund 1200 Euro über den Tisch. Die ersten Gehälter waren also sinnvoll verplant!
Specs:
Hier nun die Specs aus dem Internet. So ganz im Kopf habe ich die selber auch nicht mehr. Dürfte aber weitestgehend aktuell sein.
[FONT="]LS2-Q[/FONT][FONT="][/FONT]
[FONT="]BODY TOP: [/FONT][FONT="]Selected Canadian Quilted Maple+Maple Top[/FONT]
[FONT="]BODY BACK:[/FONT][FONT="] Selected African Mahogany Back, 2-Piece[/FONT]
[FONT="]NECK:[/FONT][FONT="] Selected African Mahogany, 1-Piece, Set-Neck, Long Tenon[/FONT]
[FONT="]FINGERBOARD:[/FONT][FONT="] Rosewood[/FONT]
[FONT="]FRETS: [/FONT][FONT="]Jumbo, polished [/FONT]
[FONT="]SCALE: [/FONT][FONT="]625/312.5mm[/FONT]
[FONT="]BRIDGE:[/FONT][FONT="] FABER ABRM-59NG , Brass saddles[/FONT]
[FONT="]TAILPIECE:[/FONT][FONT="] FABER TP-59NG, Aluminum Tailpiece[/FONT]
[FONT="]NUT(width):[/FONT][FONT="] Bone(43.0mm)[/FONT]
[FONT="]INLAY:[/FONT][FONT="] Celluloid[/FONT]
[FONT="]PICKUPS:[/FONT][FONT="] FABER PAF-Vintage [/FONT]
[FONT="]POTS: [/FONT][FONT="]ALPS
[/FONT]
[FONT="]Verarbeitung:
[/FONT]
[FONT="]Bereits im Laden gefiel mir sowohl bei den Gibson Instrumenten wie auch bei den Tokais die Verarbeitung. Ich muss echt sagen: meine Erwartungen gingen in die Richtung, einige Mängel durchaus verschmerzen zu können. Lack muss ja nicht perfekt sein. Ein Instrument darf ja auch in Würde altern und die kleinen Macken liebt man ja irgendwann auch. Man identifiziert sich dann halt ein Stück mehr mit seinem Instrument. Macken kommen eh dazu, ob man will oder nicht. Ich will kein Hochglanzinstrument, welches im Seidenköfferchen nur in der Ecke verweilt. Die Tokai, die es für mich werden sollte hatte eine kleine Macke am Korpusbinding. Vermutlich von einem Kunden im Laden. Die Macke befindet sich quasi an der Oberseite, gut sichtbar beim Spielen. Mir war das egal. [/FONT]
[FONT="]Bei Tokai typisch sind weiter die kleinen Feinheiten an den Trapezinlays. Wenn man genau hinschaut bemerkt man, dass an den spitzen Ecken maschinell rund ausgefräst wurde, dann die Inlays eingesetzt wurden und dann die Ränder aufgefüllt wurden. Von Hand scheint das wohl wesentlich aufwendiger zu sein. Bei den Gibson Instrumenten war das nicht der Fall. Den Unterschied erkennt man aber kaum. Die spitzen Ecken der Trapezinlays lassen sich maschinell halt nur schwer fräsen^^.
[/FONT]
[FONT="]Die Mechaniken laufen auch recht stimmstabil. Probleme mit der Stimmung hatte ich bis jetzt auch noch nie. Die Oktavreinheit ist derzeit auf D Standard eingestellt. Ich spiele sie immer mit 12er Sätzen. Die Saitenlage ist schön flach eingestellt. Damit hat sie keine Probleme.
[/FONT]
[FONT="]Rein optisch fand ich die Tokais im Laden alle makellos, jedenfalls soweit ich das beurteilen kann. Die Gibson Les Pauls spielten in derselben Liga. Ich konnte und kann also nicht klagen.
[/FONT]
[FONT="]Bespielbarkeit:
[/FONT]
[FONT="]Kommen wir nun also zu den subjektiven Themen wie Bespielbarkeit und danach zum Sound. Was kann ich denn objektives zum Thema Bespielbarkeit sagen, was nicht so wahnsinnig subjektiv rüberkommt? Kurzum: ich hab mich an die Paula gewöhnt. Ich kann kein anderes Instrument so gut spielen wie diese Les Paul. Ist halt meine Hauptgitarre und quasi mein zuhause. In mittlerweile 2,5 Jahren hat sich mein Spielverhalten komplett an sie angepasst. Vielleicht haben Powerstrats es auch gerade deswegen so schwer bei mir.
[/FONT]
[FONT="]Was hier auf dem Papier gesagt werden kann ist, dass die Tokai weder 50s noch 60s Neck besitzt. Tendenziell eher ein Zwischending. Ich kenne die beiden anderen Neckformen. Die Tokai liegt dazwischen. Gefällt mir ganz gut. Ein Kollege, der stolzer Besitzer einer Traditional Paula ist, empfindet den Hals der Tokai zumindest als gleichwertig bespielbar wie den Hals seiner eigenen Paula. Die Meinung teile ich. Was das für Leser hier heißt? Nichts. Mir gefällt der Hals sehr. Gerade über die Zeit hinweg hat mir dieser nie Krämpfe beschert, er war nie zu dick, nie zu dünn. Für Leute, die sich nicht zwischen 50s und 60s Neck entscheiden können kann diese Paula also eine gute Alternative darstellen.
[/FONT]
[FONT="]Kopflastigkeit wäre hier noch ein weiterer Punkt. Im Vergleich zu seiner SG ist sie gut ausbalanciert. Als Kopie der klassischen Les Paul mit Massivbauweise ohne Hohlräume oder ähnliches ist sie entsprechend schwer. Kopflastigkeit würde ich ihr nicht attestieren. Klar, sie hat keine optimal ausbalancierten Gurtpins, sondern orientiert sich an einem Instrument aus den Fünfzigern. Moderne Instrumente sind ja auch darauf ausgelegt, diese Kopflastigkeit eben nicht zu haben. Bei der Paula hat man früher gar nicht erst darüber nachgedacht. Ein wenig gegendrücken muss man manchmal schon. Das Spiel behindert das aber nicht. Zumindest in meinem Empfinden keineswegs.
[/FONT]
[FONT="]An sich ist sie vom Spielverhalten her halt typisch Les Paul. Die kurze Mensur tut ihr übriges. Absolutes Flitzefingergesäbel ist hier sehr gut möglich. Sie macht sehr viel Spaß und animiert auch irgendwie dazu.[/FONT]
[FONT="]Sound:
[/FONT]
[FONT="]Ein weiteres subjektives Thema. Ich habe ja schon erwähnt, dass ich den Sound echt super fand, auch mit den Ab Werk Tonabnehmern. Diese versuchen in meinen Ohren in die Richtung eines klassischen 57er PAFs zu gehen, tatsächlich gelingt ihnen das nicht so ganz. Sie wirken teilweise etwas muffig und nicht so wohlig fett und fuzzy. Dennoch sind sie klanglich vollkommen in Ordnung. [/FONT]
[FONT="]Für mich sollte aber Ersatz her. Das war mir von vornerein klar. Da lässt sich natürlich auch drüber diskutieren. Ein Kollege von mir würde jetzt sagen, er würde sich nie ein Instrument für 1200 Euro kaufen, von dem er wüsste, dass er die Specs im Nachhinein noch modifizieren müsste damit es seinen Anforderungen vollends entspricht. Ich sehe das anders. Ich habe beim Antesten im Laden bereits das Potential der Tokai für mich entdeckt. Mit entsprechender PU Bestückung könnte sie eine richtige Perle werden, einer Standard für 2000 Euro vom Niveau her gleich gestellt. Aber welche Tonabnehmer sollten es werden?
[/FONT]
[FONT="]Ich bin im Fuzz und im Highgain zuhause. Der Bridge Tonabnehmer sollte also schon ordentlich reinhauen. Ein EMG kam aber nicht in Frage. Der 81er war nicht mein Fall, nachdem dieser Jahre in meiner Epiphonepaula war. Auch der SH 8 Invader in der Dean wäre zu viel des guten gewesen. Die Bässe würden nur so dahinschwabbeln. Ein dicker, mittiger Ton sollte her. So kam ich nach einigem Blättern auf den Gibson Dirty Fingers Humbucker. Azriel hatte einen Gebrauchten übrig und so habe ich mir das Teil in meine Tokai gebombt. Der füttert schon sehr gut an, aber klingt noch sehr artikuliert. Er stellt für mich den Kompromiss zwischen High Output mit Fun Faktor (also beschönigend im Klang) und SH 4 mäßiger Ehrlichkeit dar. Auch, wenn Azriel den scheinbar nicht mochte: mir gefällt er sehr gut. Ich meine, der PU wäre auch in der Lou Pallo Les Paul Signature von Gibson verbaut.
[/FONT]
[FONT="]Gleichzeitig hatte Azriel auch noch einen Typ für einen sahnigen Neck PU: der Seymour Duncan Pearly Gates in der Neck Position war seiner Ansicht nach eine gute Idee für mich. Bei diesem PU handelt es sich um einen leicht modifizierten Neck Tonabnehmer , welcher diesen Les Paul typischen Mid Scoop am Neck super unterstützt. Mich hat er von Anfang an überzeugt. Besonders im Vergleich zum Tokai PU macht er einen absoluten Oberklasse Eindruck. Dazu muss aber noch gesagt werden, dass ich nicht mehrere Tonabnehmer bestellt, eingebaut und verglichen habe. [/FONT]
[FONT="]War das soundliche Ergebnis denn dann auf einer Ebene mit einer Les Paul Standard? Ja, zumindest auf einer Ebene mit der Traditional meines Kollegen. Das war unser beider Meinung. Mit den 57er PAFs in der Traditional spielt sie aber eher in einer klassischeren Liga als meine LP mit High Output. Aber von den klanglichen Möglichkeiten würde ich sie zumindest als gleichwertig einschätzen.
[/FONT]
[FONT="]Fazit
[/FONT]
[FONT="]Die Tokai Les Pauls genießen neben vergleichbaren Kopien wie FGN oder Edwards einen guten Ruf als Alternative zum Original. Leider kann ich dem interessierten Leser keinen Vergleich zu diesen Instrumenten anbieten. Meiner Meinung nach geben sich die Instrumente wahrscheinlich nicht viel. Ich würde Interessenten empfehlen, die Instrumente dieser Marken in einem 1:1 Test zu vergleichen. Qualitativ überschneiden die sich vermutlich durchgehend. Der Vergleich dürfte aber in der Praxis nur schwer durchführbar sein, weil die meisten dieser Instrumente ja eher selten in den Musikläden sind.[/FONT]
[FONT="]Was kann ich denn neben den positiven Punkten negatives zu der Tokai sagen? Nicht viel. Vielleicht würde man für den Preis, den ich samt Modifikationen mittlerweile in sie investiert habe auch schon eine gebrauchte Standard bekommen. Auf der anderen Seite kostet eine gebrauchte LS 2 ja selten mehr als 900 Euro in der Bucht. Die Tonabnehmer würde ich noch am ehesten als Schwäche bezeichnen.[/FONT]
[FONT="]Wer also auf der Suche nach einer guten LP Kopie ist, keine Lust auf Chambering oder ähnliches hat und dennoch eine authentische LP Optik haben möchte (abgesehen vom großen G ) ist bei Tokai gut beraten. Der Blick auf den Gebrauchtmarkt lohnt sich ebenso wie ein Neukauf. [/FONT]
- - - Aktualisiert - - -
Achja, Fotos gehören natürlich auch dazu! Ein paar optische Veränderungen sind selbstverständlich auch noch dazu gekommen. Mir gefällt das schwarz einfach ein Stück besser als die Cremeoptik!
Seit 2010 ist die gute Tokai Paula nun schon meine feste Weggefährtin. Nachdem ich also viel Praxiserfahrung mit ihr sammeln konnte, habe ich mich entschlossen mal wieder ein Review zu schreiben. Japanische Tokais sind aufgrund von Lizenzproblemen in Deutschland des Öfteren nur schwer zu bekommen. Viele haben sich diese Instrumente ja auch aus England besorgt, nicht aber ich. In meinem Fall konnte ich sie tatsächlich in einem normalen Laden testen und vergleichen. Ich habe auch ein Modell mit Open Book Headstock erwischt. Kein Knubbel oder abgerundetes Kopfteil. Seiner Zeit hab ich da nicht drauf geachtet. Hab wohl Glück gehabt.
Über die Zeit kamen da natürlich noch mehr Vergleiche hinzu, nicht zuletzt zahlreiche Powerstrats, welche verzweifelt versucht haben, qualitativ auf einer Ebene mit der Tokai in meinem Gitarrenständer zu existieren. Eine Jackson SL 3 bzw. eine Charvel Pro Mod San Dimas mussten mich beide verlassen. Momentan macht sich eine Jackson DK 2 aus der Pro Serie sehr, sehr gut neben ihr! Ja, ich bin gewissermaßen ein großer Bewunderer japanischer Gitarrenbaukunst. Eine Yamaha SG würde mich auch noch interessieren. Der Sinn hinter HSS Strats als Zweitinstrumente liegt in soundlicher Flexibilität und natürlich auch in dem Punkt, dass ich es mir leisten kann.
Klar, der Vergleich zwischen Strat und Paula ist soundlich eigentlich unvernünftig. Letzten Endes war ich aber mit den Vergleichsinstrumenten nie so zufrieden wie mit der Paula. Bis zur Jackson DK 2 zumindest .
Nun aber zum Review!
Vorgeschichte:
Seit 2007 war eine Dean ML 79 FL mein Hauptinstrument. Der Sound meiner Band wandert von Thrash Metal über Doom, Stoner bis hin zu Progressiver Musik. Auch einige Postrockelemente sind vertreten. Die Dean wird diesen Anforderungen objektiv gerecht. Sobald man anfängt, Geld zu verdienen ändert sich aber die eine oder andere Ansicht diesbezüglich natürlich. Mit zunehmender Praxis erhöhen sich dann auch die Anforderungen an das allgemeine Niveau des eigenen Equipments.
Seit 2005 hatte ich zuvor eine schwarze Epiphone LP Standard in schwarz in meinem Besitz, welche mich 2008 aus Geldgründen verlassen musste. Nachdem die Dean in den Hauptfokus geriet und die Paula zu der Zeit nur verstaubte ( vorallem, weil mich der eingebaute EMG 81er nicht mehr anmachte), verließ sie mich zu Gunsten einer PS 3, der ersten Rücklagen für einen neuen Amp und natürlich erhöhtem Alkoholkonsum . Problematisch bei der Bauart der Les Paul soll das hohe Gewicht bzw. die nicht optimale Bespielbarkeit in den höheren Bundlagen sein. Da ist ja auch ein dicker Holzklotz im Weg. Damals hat mich das auch gestört. Was hat sich innerhalb der 2 Jahre also geschmacklich geändert, dass ich mittlerweile mit einer Tokai glücklich bin?
In meinem Review zur Dean habe ich mich auch auf die Optik der Gitarre bezogen. Das Erscheinungsbild einer Dean ML ist riesig und ebenso auch der Koffer für dieses Teil. Der Transport ist vergleichsweise einfach ein richtiger Akt. Der Cogitarrist hatte damals eine schlanke Ibanez RG LH gespielt, welche in ihrer kleinen Tasche mal eben so im Auto verschwand und ich musste für den Deansarg schon beinahe die Rückbank umklappen. So erinnerte ich mich zu jener Zeit gerne an die Epiphone Les Paul, welche doch in ihrer kleinen Tasche so kompakt und leicht verstaubar war. Man, so schlimm war das Teil doch auch nicht. Soundlich war sie ja auch in Ordnung.
Als dann erfolgreich der Platz für das duale Studium ergattert wurde und 2010 endlich eigenes Gehalt in die Kasse floss, ich aber dennoch bei Hotel Mama wohnen bleiben durfte, kam ich wie jeder andere vernünftige Musiker auf die Idee, doch endlich mal den Schritt in die nächste Klasse zu wagen. Doch welche Form sollte es werden? Welches Budget sollte gesetzt werden?
Nach einer solchen Extremform wie der Dean fühlte ich mich wieder zu klassischen Formen hingezogen. Eine SG wäre eine Möglichkeit gewesen. Irgendwie musste es aber etwas flexibles sein, was auch ordentlich Druck ausüben konnte. So kommt natürlich auch eine Les Paul wieder in Frage. Optisch war die Les Paul Form ja eigentlich immer mein Liebling. Ich hatte mir zu der Zeit dann vorgenommen, nüchtern und neutral das Thema Bespielbarkeit und Les Paul und somit mein ursprüngliches Problem mit dieser Bauart noch mal auf die Schüppe zu nehmen. Das natürlich unabhängig von Markenfetischen oder ähnlichem.
Der Musik Produktiv in Ibbenbüren hatte zu der Zeit noch einige japanische Tokais im Angebot. Über diese Gitarren hat man zu der Zeit (und heute auch) ja viel Gutes gehört. Gibson Gitarren Kann man ja quasi überall anspielen. Somit fand der Test und der späterer Kauf dann in Ibbenbüren statt.
Das Budget betrug ungefähr 1100 Euro. Für dieses Geld bekommt man bei Gibson eher etwas in Richtung Studio Les Paul. Bei Tokai halt eine LS 2, welche früher LS 95 oder 100 hieß. Im Laden konnte ich von allem mehrere Vergleichsmodelle testen. Die Studiopaulas konnten im Klang und in der Bespielbarkeit für mich nicht mit den Tokais mithalten. Im Hinterkopf hatte ich dazu natürlich noch die im Board weit verbreitete Meinung, die Hausmarkentonabnehmer von Tokai seien eher mäßig im Klang. Wenn die Tokais mit scheinbar doofen Tonabnehmern schon besser im Klang waren als die Gibson Paulas, wie gut musste die Tokai Paula dann erst mit anderen Tonabnehmern klingen? Noch dazu hatten die Tokais auch Bindings verarbeitet und nicht eine so abgespeckte Optik. Dafür verzichte ich gerne auf einen Markenfetisch bezüglich Gibson Gitarren. Mich hatten die Tokais einfach überzeugt.
Von drei Tokais (Ebony, Lemon Drop oder HCS mit Quilted Maple Top) habe ich mich dann für die HCS Variante mit wunderschöner Wolkenahorndecke entschieden. Dazu habe ich wegen einer kleinen Macke am Holz noch einen Koffer dazu bekommen. Das ganze ging für rund 1200 Euro über den Tisch. Die ersten Gehälter waren also sinnvoll verplant!
Specs:
Hier nun die Specs aus dem Internet. So ganz im Kopf habe ich die selber auch nicht mehr. Dürfte aber weitestgehend aktuell sein.
[FONT="]LS2-Q[/FONT][FONT="][/FONT]
[FONT="]BODY TOP: [/FONT][FONT="]Selected Canadian Quilted Maple+Maple Top[/FONT]
[FONT="]BODY BACK:[/FONT][FONT="] Selected African Mahogany Back, 2-Piece[/FONT]
[FONT="]NECK:[/FONT][FONT="] Selected African Mahogany, 1-Piece, Set-Neck, Long Tenon[/FONT]
[FONT="]FINGERBOARD:[/FONT][FONT="] Rosewood[/FONT]
[FONT="]FRETS: [/FONT][FONT="]Jumbo, polished [/FONT]
[FONT="]SCALE: [/FONT][FONT="]625/312.5mm[/FONT]
[FONT="]BRIDGE:[/FONT][FONT="] FABER ABRM-59NG , Brass saddles[/FONT]
[FONT="]TAILPIECE:[/FONT][FONT="] FABER TP-59NG, Aluminum Tailpiece[/FONT]
[FONT="]NUT(width):[/FONT][FONT="] Bone(43.0mm)[/FONT]
[FONT="]INLAY:[/FONT][FONT="] Celluloid[/FONT]
[FONT="]PICKUPS:[/FONT][FONT="] FABER PAF-Vintage [/FONT]
[FONT="]POTS: [/FONT][FONT="]ALPS
[/FONT]
[FONT="]Verarbeitung:
[/FONT]
[FONT="]Bereits im Laden gefiel mir sowohl bei den Gibson Instrumenten wie auch bei den Tokais die Verarbeitung. Ich muss echt sagen: meine Erwartungen gingen in die Richtung, einige Mängel durchaus verschmerzen zu können. Lack muss ja nicht perfekt sein. Ein Instrument darf ja auch in Würde altern und die kleinen Macken liebt man ja irgendwann auch. Man identifiziert sich dann halt ein Stück mehr mit seinem Instrument. Macken kommen eh dazu, ob man will oder nicht. Ich will kein Hochglanzinstrument, welches im Seidenköfferchen nur in der Ecke verweilt. Die Tokai, die es für mich werden sollte hatte eine kleine Macke am Korpusbinding. Vermutlich von einem Kunden im Laden. Die Macke befindet sich quasi an der Oberseite, gut sichtbar beim Spielen. Mir war das egal. [/FONT]
[FONT="]Bei Tokai typisch sind weiter die kleinen Feinheiten an den Trapezinlays. Wenn man genau hinschaut bemerkt man, dass an den spitzen Ecken maschinell rund ausgefräst wurde, dann die Inlays eingesetzt wurden und dann die Ränder aufgefüllt wurden. Von Hand scheint das wohl wesentlich aufwendiger zu sein. Bei den Gibson Instrumenten war das nicht der Fall. Den Unterschied erkennt man aber kaum. Die spitzen Ecken der Trapezinlays lassen sich maschinell halt nur schwer fräsen^^.
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[FONT="]Die Mechaniken laufen auch recht stimmstabil. Probleme mit der Stimmung hatte ich bis jetzt auch noch nie. Die Oktavreinheit ist derzeit auf D Standard eingestellt. Ich spiele sie immer mit 12er Sätzen. Die Saitenlage ist schön flach eingestellt. Damit hat sie keine Probleme.
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[FONT="]Rein optisch fand ich die Tokais im Laden alle makellos, jedenfalls soweit ich das beurteilen kann. Die Gibson Les Pauls spielten in derselben Liga. Ich konnte und kann also nicht klagen.
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[FONT="]Bespielbarkeit:
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[FONT="]Kommen wir nun also zu den subjektiven Themen wie Bespielbarkeit und danach zum Sound. Was kann ich denn objektives zum Thema Bespielbarkeit sagen, was nicht so wahnsinnig subjektiv rüberkommt? Kurzum: ich hab mich an die Paula gewöhnt. Ich kann kein anderes Instrument so gut spielen wie diese Les Paul. Ist halt meine Hauptgitarre und quasi mein zuhause. In mittlerweile 2,5 Jahren hat sich mein Spielverhalten komplett an sie angepasst. Vielleicht haben Powerstrats es auch gerade deswegen so schwer bei mir.
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[FONT="]Was hier auf dem Papier gesagt werden kann ist, dass die Tokai weder 50s noch 60s Neck besitzt. Tendenziell eher ein Zwischending. Ich kenne die beiden anderen Neckformen. Die Tokai liegt dazwischen. Gefällt mir ganz gut. Ein Kollege, der stolzer Besitzer einer Traditional Paula ist, empfindet den Hals der Tokai zumindest als gleichwertig bespielbar wie den Hals seiner eigenen Paula. Die Meinung teile ich. Was das für Leser hier heißt? Nichts. Mir gefällt der Hals sehr. Gerade über die Zeit hinweg hat mir dieser nie Krämpfe beschert, er war nie zu dick, nie zu dünn. Für Leute, die sich nicht zwischen 50s und 60s Neck entscheiden können kann diese Paula also eine gute Alternative darstellen.
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[FONT="]Kopflastigkeit wäre hier noch ein weiterer Punkt. Im Vergleich zu seiner SG ist sie gut ausbalanciert. Als Kopie der klassischen Les Paul mit Massivbauweise ohne Hohlräume oder ähnliches ist sie entsprechend schwer. Kopflastigkeit würde ich ihr nicht attestieren. Klar, sie hat keine optimal ausbalancierten Gurtpins, sondern orientiert sich an einem Instrument aus den Fünfzigern. Moderne Instrumente sind ja auch darauf ausgelegt, diese Kopflastigkeit eben nicht zu haben. Bei der Paula hat man früher gar nicht erst darüber nachgedacht. Ein wenig gegendrücken muss man manchmal schon. Das Spiel behindert das aber nicht. Zumindest in meinem Empfinden keineswegs.
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[FONT="]An sich ist sie vom Spielverhalten her halt typisch Les Paul. Die kurze Mensur tut ihr übriges. Absolutes Flitzefingergesäbel ist hier sehr gut möglich. Sie macht sehr viel Spaß und animiert auch irgendwie dazu.[/FONT]
[FONT="]Sound:
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[FONT="]Ein weiteres subjektives Thema. Ich habe ja schon erwähnt, dass ich den Sound echt super fand, auch mit den Ab Werk Tonabnehmern. Diese versuchen in meinen Ohren in die Richtung eines klassischen 57er PAFs zu gehen, tatsächlich gelingt ihnen das nicht so ganz. Sie wirken teilweise etwas muffig und nicht so wohlig fett und fuzzy. Dennoch sind sie klanglich vollkommen in Ordnung. [/FONT]
[FONT="]Für mich sollte aber Ersatz her. Das war mir von vornerein klar. Da lässt sich natürlich auch drüber diskutieren. Ein Kollege von mir würde jetzt sagen, er würde sich nie ein Instrument für 1200 Euro kaufen, von dem er wüsste, dass er die Specs im Nachhinein noch modifizieren müsste damit es seinen Anforderungen vollends entspricht. Ich sehe das anders. Ich habe beim Antesten im Laden bereits das Potential der Tokai für mich entdeckt. Mit entsprechender PU Bestückung könnte sie eine richtige Perle werden, einer Standard für 2000 Euro vom Niveau her gleich gestellt. Aber welche Tonabnehmer sollten es werden?
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[FONT="]Ich bin im Fuzz und im Highgain zuhause. Der Bridge Tonabnehmer sollte also schon ordentlich reinhauen. Ein EMG kam aber nicht in Frage. Der 81er war nicht mein Fall, nachdem dieser Jahre in meiner Epiphonepaula war. Auch der SH 8 Invader in der Dean wäre zu viel des guten gewesen. Die Bässe würden nur so dahinschwabbeln. Ein dicker, mittiger Ton sollte her. So kam ich nach einigem Blättern auf den Gibson Dirty Fingers Humbucker. Azriel hatte einen Gebrauchten übrig und so habe ich mir das Teil in meine Tokai gebombt. Der füttert schon sehr gut an, aber klingt noch sehr artikuliert. Er stellt für mich den Kompromiss zwischen High Output mit Fun Faktor (also beschönigend im Klang) und SH 4 mäßiger Ehrlichkeit dar. Auch, wenn Azriel den scheinbar nicht mochte: mir gefällt er sehr gut. Ich meine, der PU wäre auch in der Lou Pallo Les Paul Signature von Gibson verbaut.
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[FONT="]Gleichzeitig hatte Azriel auch noch einen Typ für einen sahnigen Neck PU: der Seymour Duncan Pearly Gates in der Neck Position war seiner Ansicht nach eine gute Idee für mich. Bei diesem PU handelt es sich um einen leicht modifizierten Neck Tonabnehmer , welcher diesen Les Paul typischen Mid Scoop am Neck super unterstützt. Mich hat er von Anfang an überzeugt. Besonders im Vergleich zum Tokai PU macht er einen absoluten Oberklasse Eindruck. Dazu muss aber noch gesagt werden, dass ich nicht mehrere Tonabnehmer bestellt, eingebaut und verglichen habe. [/FONT]
[FONT="]War das soundliche Ergebnis denn dann auf einer Ebene mit einer Les Paul Standard? Ja, zumindest auf einer Ebene mit der Traditional meines Kollegen. Das war unser beider Meinung. Mit den 57er PAFs in der Traditional spielt sie aber eher in einer klassischeren Liga als meine LP mit High Output. Aber von den klanglichen Möglichkeiten würde ich sie zumindest als gleichwertig einschätzen.
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[FONT="]Fazit
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[FONT="]Die Tokai Les Pauls genießen neben vergleichbaren Kopien wie FGN oder Edwards einen guten Ruf als Alternative zum Original. Leider kann ich dem interessierten Leser keinen Vergleich zu diesen Instrumenten anbieten. Meiner Meinung nach geben sich die Instrumente wahrscheinlich nicht viel. Ich würde Interessenten empfehlen, die Instrumente dieser Marken in einem 1:1 Test zu vergleichen. Qualitativ überschneiden die sich vermutlich durchgehend. Der Vergleich dürfte aber in der Praxis nur schwer durchführbar sein, weil die meisten dieser Instrumente ja eher selten in den Musikläden sind.[/FONT]
[FONT="]Was kann ich denn neben den positiven Punkten negatives zu der Tokai sagen? Nicht viel. Vielleicht würde man für den Preis, den ich samt Modifikationen mittlerweile in sie investiert habe auch schon eine gebrauchte Standard bekommen. Auf der anderen Seite kostet eine gebrauchte LS 2 ja selten mehr als 900 Euro in der Bucht. Die Tonabnehmer würde ich noch am ehesten als Schwäche bezeichnen.[/FONT]
[FONT="]Wer also auf der Suche nach einer guten LP Kopie ist, keine Lust auf Chambering oder ähnliches hat und dennoch eine authentische LP Optik haben möchte (abgesehen vom großen G ) ist bei Tokai gut beraten. Der Blick auf den Gebrauchtmarkt lohnt sich ebenso wie ein Neukauf. [/FONT]
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Achja, Fotos gehören natürlich auch dazu! Ein paar optische Veränderungen sind selbstverständlich auch noch dazu gekommen. Mir gefällt das schwarz einfach ein Stück besser als die Cremeoptik!
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